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Nr. 9. Nu« A>g«blatt und vnpig« für da» VqgMkge. Uattag, dm ll. Janmr l-ßb, ii» ck ndiimciW vm s« der Amtshemptmannschaft Schwarzenberg. Am Id. Januar 1SL4 finden nach dem Willen der sächsischen Regierung und auf Beschluß der früheren sozialistischen-kommunisttschen Landtag», «ehrhett in sämtlichen sächsischen Ortschaften Neuwahlen für die Gemeindevertretung Ihr seid wohl wahlmüd«? Ihr haltet die Wahlen für nebensächlich und unwichtia, weil es sich dabei IM? NM die Gemeinde handelt* Wer io den«, der weiß nicht, wa» am IS. Januar 1924 für ihn selbst, für die Gemeinde und für unser Sand dabei auf dem Spiele fleht. Der weiß nicht, da- für diese Neuwahlen in der an» l. April verkündeten neuen „Gemeindeordnung für den Freistaat Sachsen" erst ein vSMg neues politische» Gesetz geschaffen worden ist. Wa» in Deiner Gemeinde vorgeht, geht Dich aber noch näher und unmittelbarer an, al« da«, wa« im Land und Reich geschieht. Darum hast Du ein Recht, aber auch die Pflicht, zu wissen, wa« auf Grund des Gemeindereformgesetzes nach dem IS. Januar 1984 aus Deiner Wohngemetnd« wird. Was also ist der Inhalt des neuen Gesetze?? Bisher wurde in der Verfassung der Gemeinden vernünftigerweise unterschieden zwischen Stadt, und Landgemeinden. In Aukunft hört da« auf. Alle sächsischen Gemeinden, ob e« sich um ein Dorf von 100 (Anwohnern oder um eine Großstadt mit vielen Hunderttausenden handelt, werden künftig einheitlich und gleichmiistig organisiert werden. Das ist echt sozialistische Denkart! Natürliche Unterschiede werden einfach geleugnet, und alle über denselben Gleichheitskamm geschoren Warum? sagt die Begründung de« neuen Gesetzes, indem eö dort heißt, daß die Belange der Arbeiterklasse überall die Gleichen seien. Richt da» Interesse der Allgemeinheit, sondern da» mißverstandenv Interesse einer Klaffe, eines Bevöll kernngstettes, soll also ausschlaggebend sein. Bisher stand es gesetzlich genau fest, was die Gemeinde al» Gemeindeangelegenheit zu betrachten hatte. An Auskunft bestimmt die herrschende Mehrheit, was sie als Gemetndeangelegenheit erklären und behandeln will. Der Willkür ist also Tür und Lor geöffnet, und der Zufall einer Mehrheit entscheidet Uber da« Wohl und Wehe einer Gemeinde. Di« Kosten dieses Verfahrens trägst Du, denn di« finanzielle Erhaltung der Gemeinde durch Reich und Staat wird nach den Richtlinien der Reichs* regierung sehr bald aufhören. Gin OrtSgesetz muß sich die Gemeinde nach dem IS. Januar selbst geben, wodurch jede Gemeinde eine eigen« neue Gemeindeverfafsung erhalten wird. Auch dis Höhe Deiner (künftig beträchtlichen) Gemeindesteuern und die Art Deiner persönlichen Dienste für die Gemeinde wird ein solche« Ortgesetz bestimmen, sofern Dir nicht durch ortSpoltzeiltche Bestimmungen solche Dienste einfach aufgezwungen werden. Eine Gemeindekammer in Dresden wird als Auffichtsorgan und Gericht über jeder Gemeinde stehen. Die 10 Betfitzer dieser Kammer werden vom Landtag, d. nach parteipolitischen Gesichtspunkten gewählt. Bisher wurden die Angelegenheiten Deiner Gemeinde vom Eemeinderat verantwortlich verwaltet. ÄN Auskunft liegt die ganze maßgebende Verwaltung allein in den Händen der Gemetndeverordneten. Warum? sagt wieder die Begründung de« Gesetzes. Die Arbeiterschaft, so heißt es, sei jetzt zu vorherrschendem Einfluß gelangt; da« müsse auch in der Gemeinde zum Ausdruck kommen, und deshalb dürfe der Gemeinderat nicht mehr die Rolle spielen, wie bisher. Die Gemeindeverordneten sind also künftig die tatsächlich Herrschenden in der Gemeinde, ihnen können fortan für ihre Tätigkeit Diäten, Reisegelder uud Entschädigungen für erlittene GrwerbSetnbuße gewährt werden. Die Gemeinde- bürger werden also hinfort für die „ehrenamtliche Tätigkeit" ihrer Gemeindeverordneten gehörig bezahlen müssen, wenn eine Mehrheit der Gemeinde- verordneten „zeitgemäße Entschädigung" durch OrtSgesetz beschließt. Die Gemeindeverordneten überwachen den Gemetnderat, beschließen über fast alle Gemeiudeangelegenheiten, und üben so tatsächlich die gesamt« Verwaltung au«. Das erfordert Zeit, die nur wenige haben, die im Erwerbsleben stehen. Entsprechen dem Machtzuwachs der Gemeindeverordneten hat künftig der Gemetndeverordnetenvorsteher einen nahezu unbeschränkten Einfluß auf die Angelegenheiten der Gemeind». Der Bürgermeister (Gemetndevorstände gibt e« nicht mehr) hat künftig in der Gemeinde wenig mehr zu sagen. Er wird von den Gemetndeverordneten gewählt. Irgend eine Vorbildung für sein Amt braucht er künftig nicht mehr zu haben. Selbst wenn er unter „Polizeiaufsicht" wegen einer „politischen Straftat" steht, kann er Bürgermeister werden. 85 Jahre muß er allerdings alt sein. Zu seinen Vertretern, denen auch Teile der Bürgermetstergeschäfte übertragen werden dürfen, können Gemetndeälteste berufen werden. DaS kann ein schöner Posten werden für irgend welche Parteigrüßen, die man sonst nirgend« ander« unterbrtngen kann Der künftige Gemetnderat hat mit den früheren nur noch den Namen gemein. Seine Tätigkeit besteht lediglich darin, daß er die Beschlüsse der Gemeindeverordneren ausführt. In der Regel soll der Bürgermeister den Gemeinde- rat bilden. Eine bestimmte Berufsausbildung wird künftig auch von den Beamten UNd Angestellten der Gemeinde nicht mehr verlangt. Sie sollen lediglich „geeignet" sein, richtig gesagt müßte es wohl heißen, parteipolitisch geaicht. Auch dem Inhaber nicht berufsmäßiger Stellen kann die Mehrheit der Gemetndeverordneten Berufsmäßigkeit aussprechen. So sollen wieder neu« Pöstchen eingerichtet werden. DaS lieg, ganz in der Hand der Stadtverordnetenmehrheit, die jetzt auch AnstellungSbehürde ist. DaS sind einige der wichtigsten Veränderungen, die die neue Gemeindereform den sächsischen Gemeinden bringt. Diese Bestimmungen jetzt NM? -U kritisieren, nützt gar- ntcht«, denn sie sind, — von der Mehrheit des Landtages erzwungen — inzwischen geltendes Gesetz geworden. Aber ein anderes könnt Ihr tun! Da« ganze Schwergewicht der Gemeinde liegt in Zukunft bei den Gemeindeverordneten. Bon ihrer Zusammensetzung hängt nach dem IS. Januar da« ganze Schicksal der Gemeinde ab. Darum ist, wie niemals zuvor, am 13. Januar 1924 das Schicksal der Gemeinde in die Hand der wahlberechtigten Gemetndeglteder, und damit in Eure Hand gelegt. Wählt Ihr eine Linksmehrhett in die Gemeindeoerordnetenversammlung, so werden die Gemeinden zum Spielball der roten Parteipolitik werden. Wollt Ihr da« nicht, wollt Ihr vielmehr, daß allein da« Wohl der Gemeinde von Euren Gemeindeverordneten vertreten werden soll, wollt Ihr, daß nicht die Parteipolitik, sondern Sachlichkeit und Gerechtigkeit in den Gemeinden herrscht, so wählt SM 18. AaNUNr eine der bürgerlichen Liften Eueres Wohnorte»! s« diesem Sinne rufen mir alle auf AM? Wahn