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Mer Tageblatt für äoa Lpraostwa» BMMR /««Air»^irr ,»»r ouv ^rAnevirne -s-LL«- »«rnspttch-stnschlu» Ne. j,nr-.a.n°mmhm.^^.,pü..ft.... Telegramm«, Lageblatt -»ueer-geblrg«. vleses vlatt enthält öle amtlichen Bekanntmachungen öes Kates -er Etaöt /sue. Postscheckkonto, flml Leipzig Nr. 1»e», Nr. 2S6 Freitag, äen 9. Dezember 1921 16. Jahrgang Das Wichtigste vom Tage. Tie Grenzführungskomm ission hat gestern, die vorläufig« d eu 1 f ch - p ol n'is ch e G re n - e tm Kreis Htndenburg. festgelegt. Heute beginnet die Greuz- führung tm Kreis Beuchen, mit deren Beendigung die Aufgabe der Grerrzführungskommtssion vorläufig abgefch lassen ist. « Ter englische Botschafter Lord d'Aber- non ist gestern abend aus London nach Berlin zu rück gekehrt. Die Rückkehr des französischen Botschafters Laurent wird heute erwartet. * Frankreich sucht Fühlung mit England in der Moratoriumfrage. Lsuchenr reist zu diesem Zwecke nach England. Der irische Friedensschluß wird in der Lon doner Presse mit begeisterten Artikeln be grüßt. Der König ist, wie er an den Ministerpräsi denten telegraphierte, überwältigt vor Freude. Das Nvistern im Gebälk. lBon unserem Berliner Mitarbeiter.) Besondere Ereignisse werfen ihre Schatten voraus und wenn ein Gebäude ins Wanken gerät, soll sieb wochenlang vorher im Gebälk ein Knistern bemerkbar machen. Im Organismus des deutschen Rei ches kann man schon beinahe von einem Krachen im Gebälk reden, und es ist höchst« Zeit, daß tatkräftige Stützungsaktionen etnsetzen. Freilich hat es we nig Sinn, Stützen in ein Gebäude zu fügen, dessen Ein sturz damit doch nicht aufgehalten werden kann. Von der deutschen Wirtschaft und dem deutschen Reiche wird man freilich nicht sagen können, daß auf sie der letz tere Vergleich zuträfe. Wir wollen auch ganz dahinge stellt sein lassen, ob man dieses Bild auf dis gegen wärtige Reichsregierung anwenden kann. Nur darf man an offensichtlichen Tatsachen nicht blind vyrübergehen. TaS Berliner Zentrumsorgan hat jetzt an die Parteien eine allgemeine Aufforderung.zur Mitarbeit im Kabinett Wirth ergehen lassen. Es unterliegt dei nem Zweifel und ist gerade von demokratischer Seite immer aufs nachdrücklichst« hervorgehoben worden, daß wir eine weitausgedehnte, brettfundierte Mitarbeit der Parteien für die Lösung, der schwierigen GegenwartSauf- gaben brauchen. Sobald jetzt die Ergebnisse der Lon doner' Verhandlungen vorltegen, sobald man er seh sw kann, ob der Gedanke einer großen Koalition bei der Entente guch das erforderliche Verständnis und den Willen, Unmögliches in Mögliches zu verwandeln, findet, daß dann auch eine Regierung geschaffen werden muß, die die volle Gewähr dafür bietet, das Mögliche ?,u erfüllen. Alle solche Fragen müssen aber ausschließ lich gach sachlichen Gesichtspunkten gewürdigt werden. ES geht nicht an, auf der einen Sette hartnäckig auf be stimmten Persönlichkeiten zu bestehen, auf der anderen Sette aber diese selben Persönlichkeiten von vornherein zu verwarfen., Tie Germania hat ihre Einladung er gehen lassen, bevor noch sich auch nur einigermaßen Übersehen läßt, ob dem Kabinett Wirch die Lösung der schwebenden Probleme gelingen kann. Sie HM da mit ein Echo hervorgerufen, das gerade das entgegen» gesetzte ihrer Absichten bedeutet. In einem Leitartikel der amtlichen Korrespondenz detz Deutschen Volksl- partet wird gesagt: Bor allen Dingen darf kein Zwei fel darüber obwalten, daß nach der einhelligen Auf fassung der Deutschen Volkspavtei di« Wirthsche Er- MllungSpolittk unmöglich und daß sie diese nicht »nttzumachen imstande ist. In einem Kabinett, das die Wtrihschc ErfttllungSpolttik auf.ihr Programm setzt, ist für die Vertreter der Deutschen Volkspartet kein Platz. — Wir halten diese Sätze mindestens für ebenso unglück lich gl» die Aufforderung der Germania. Die Wirth, sche Erfüllungspolttik ist nach der vberschlestschen Ent, fchctdttng schon unmöglich geworden, und der Reichs kanzler Wirth hat bereits selber von einer modifizierten Erfüllung-Politik gesprochen. Die volk-parteilichen Aus lassungen konnten leicht der Vermutung Raum geben, daß die Volkspartet auch einer modifizierten Erfüllungs- Pvltltk abgeneigt fei, WM mit der« Ergebnissen des Stutt garter Parteitag» kaum M vereinbaren wäre. Aber gerade deshalb hätte man dief« mißverständlichen Aus führungen lieber vermieden gesehen. Dennoch kann man an der Tatsache nicht vorübergehen, daß die Deut sche Volkspartet sich offenbar gegen etn« Mitarbeit unter Dr. Wirth festgelegt hat. Man darf daxum le'hv Wohl sagen, daß «» tm Gebälk der Regierung Wirth zu knistern -»ginnt. Lm übrigen darf man -ei dieser Gelegenheit fest- stellen, daß in lenen Parteien, deren! Mitarbeit an ir gend einer Regierung in absehbarer Zett nicht in Fra- ge kommt, sich gleichfalls starke zwiespältig« Strömun gen zeigen. Tie Deutsch nationalen haben aller- dingS wieder einmal die Einigkeit dadurch hergestellt, indem sie vor ihrem völkisch-antisemitischen Flügel rest los kapituliert haben. Anders steht es bei ihren Gegen füßlern auf der äußersten Linkest. Die Unstbhän gi§ e Sozialdemokratie ist trotz der Spaltung von Halle noch in zwei Lager geschieden. Jüngst brachte die Frei heit einen Artikel, der zur Einigung aufrisf. Tiefer Artikel entfesselte bei den radikalen Berlinern Um Ro senfeld und Ledebour stürmische' Entrüstung. Umgekehrt faßte ihn dcks Organ der Kommunisten als eine Hin neigung zur K.P.D. aus, worüber wieder die kommu nistische Arbeitsgemeinschaft um Paul Levi in schrillen Spott ausbrach. Es herrscht augenblicklich in den links radikalen Kreisen die stärkst« Zerrüttung. und obwohl soeben zwei Parteihäuser eingestürzt sind be ginnt es doch schon wieder in den vielen kleineren Not bauten zu knistern. Aber für die deutsche Politik sind diese Erscheinungen ziemlich nebensächlich. Sie sollen hier auch nur der parteipolitischen Orientierung wegen registriert werden. Dagegen muß man wünschen und hoffen daß die .größeren Parteigefüge der Mitte mög lichst intakt bleiben. Sie sind berufen, das Vaterland aus den schlimmen Nöten der nächsten Zeit zu erretten. HUnd eS wäre eine Wohltat, wenn man sich endlich dazu entschlösse, einer dringend notwendigen politischen Entwicklung den Weg nicht durch vorschnelle Entschlüsse zu verbauen. Teuerung unä Löhne. den Kleinrentnern und Pensionären am allergrößten? bot einem Teil der Angestellten und Beamten etwas weniger groß und bet den Arbeitern relativ am we nigsten groß erscheint, in ihrer absoluten Wirkung aber auf eine Herabsetzung der Lebenshaltung der überwiegenden Mehrzahl der deutschen Bevölkerung um mehr als 50 Prozent herauskommt. Diese Herab setzung der Lebenshaltung läßt sich — das haben die Vorgänge der letzten Monate klär erwiesen — selbst durch die Intensivsten Lohnbewegungen nicht wettma- chon. Auf Grund von amtlichen Statistiken läßt sich vielmehr der Nachweis führen, daß die Spanne zwischen Arbeitseinkommen und Lebenshaltung im Laufe der Zett immer größer geworden ist. Diese Tatsache birgt dio außerordentliche Gefahr in sich, daß die ArbeitS- und Leistungsfähigkeit aller Arbeitenden, also Kopf- und Handarbeiter, mehr und mehr herabgedrückt Wird. Es ist einwandfrei festgestellt worden, daß die Ver minderung der Arbeitsleistung im Kohlenbergbau un mittelbar nach dem Kriege und schon während des Krie ges eine naturnotwendige Folge der gesunkenen LebeuSt- haltung war. Es ist weiter nachgewtesen, daß mit der Verbesserung der Lebenshaltung die Leistungsfähigkeit nicht nur der Bergarbeiter, sondern der arbeitendem Bevölkerung aller Berus« gestiegen ist. Wenn nun die Lebenshaltung der arbeitenden Bevölkerung weiter her- abgedrückt wird, wenn die Spanne zwischen Löhnen und den Kosten des notwendigsten Aufwandes sich weiter vergrößert, dann tritt als unvermeidbar« Folge wieder um eine Senkung der Volksgesundheit und vor allen Dingen der Arbeitskraft und der Arbeitsfähigkeit ein, die von schwersten Folgen für unser ohnehin geschwäch tes Wirtschaftsleben sein muß. tungttosten gähnt allo «in« unaeheure Kluft, dl« -et i gehender deutscher Hilf« möglich, und daß «» als» der ' l. R.H. Seit dem Sommer hat der Sturz dss» Mark kur's es in Verbindung mit anderen Faktoren alle Warenpreise sprunghaft in die' Höhe getrieben. In! welcher Weise die Masse der städtischen Bevölkerung da durch in Mitleidenschaft gezogen wird, ist, wie man viel fach feststellen kann, insbesondere in den Kreisen der ländlichen Bevölkerung nicht hinreichend bekannt- Das Schlemmerleben einer kleinen städtischen Oberschichi darf über dütz tatsächlich bestehende Notlage des überwiegen- genden Teiles der Bevölkerung nicht hinwegwuschen. Hier soll von den großen Gruppen der Festbesoldeten', den Angestellten, Beamten, Arbeitern gesprochen wer den, auf deren Lebenshaltung, die Teuerung geradezu verheerend gewirkt hat, ganz abgesehen von den kleinen Rentnern und Pensionären, deren Verelendung in der letzten Zeit erschreckende Formen angenommen hat Es wäre verfehlt und durch die tatsächlichen Verhält nisse nicht gerechtfertigt, wollte man den Marksturz allein für die maßlose Verteuerung aller Lebensbe dürfnisse verantwortlich machen. Selbstverständlich, hat er zu einem sehr erheblichen Teil dazu beigetragen. Bestimmt aber hätte die Teuerung nicht derart beängsti gende Formen angenommen, wäre ihr Fortschretren nicht in diesem rasenden Tempo, erfolgt, wenn nicht andere Faktoren, deren Schwergewicht im Jnlande liegt, hinzu getreten wären. Daß die wilden Angst- und Eindek« kungSkäufe des Publikums in Verbindung mit dem Ausverkauf än Pas Ausland, daß aber auch vielfach unreelle Geschäftsgepflogenheiten, daß wucherische Ausnutzung der Elends kontunkt ur die Lage wesentlich zugespitzt haben, ist unbestrittene Tatsache. Erfreulicherweise haben die großen Organisationen der Landwirtschaft und dos' Handels in öffentlichen Erklä rungen deutlich ausgesprochen, daß dtejenia^n Teile ihrer Berufsgenossen, die die Notlage der Bevölkerung wucherisch auszubeuten suchen, von ihnen auf das ent schiedenste abgelehnt und bekämpft werden. Sie haben, was in ihren Kräften stand, getan, um den fieberhaften Gowinntaumel, der sowohl Teil« des Handels und der Industrie, tote der Landwirtschaft ergriffen hat, Einhalt zu gebieten und die unverantwortlichen Elemente iw' nerhalb ihrer Rethen von sich äbzuschütteln. Diesen Be strebungen kann allerdings solange «in voller Erfolg nicht beschicken sein, als insbesondere bei der ländlichen Bevölkerung vielfach unzutreffende und schiefe Vorstel lungen von der Lebenshaltung großer Schichten der städtischen Bevölkerung bestehen. Tic Auffassung, daß dto Not in den Städten und dichtbevölkerten Jndustrte- baztrken gar nicht so groß sei, wie man v» darstoll«, da ja gerade die gestbesoldeten in der Lage seien durch erhöhte Lohnforderungen di« gestiegenen Waren- mrd LebcnSmittelpreis« cinzuholen, trifft tatsächlich nicht zu. Dio Gehälter der Angestellten und Beamten sind seit 1914 tm Durchschnitt um etwa da» Achtfache, die Löhne der Arbeiter vielleicht um da» Zwülifache ge- stiegen, während die Kosten der Lebenshaltung etn» Steigerung um durchschnittlich da» Zwanz tg.fach« erfahren haben. Zwischen Einkommen und LeLendhal- Ein französischer Neparalionsplan. Nachdem die Geneigtheit zu einer Revision des Re- paraitonsproblemS in England offenkundig ist, beginnt man sich auch in Frankreich langsam mit diesem Gedan ken .vertraut zu machen. Ter deutsche Botschafter in Paris Tr. Mäher ist gestern morgen in Berlin ein-, getroffen, um dem Reichskanzler Bericht zu erstatten, und man wird annehmen dürfen, daß darin die Frag« des Reparationsproblems nicht die kleinste Rolle spie len wird. Der französische Wiederausbaumtntster Lsu ch eur ist nach London gereist, mit dem Bemerken frei lich, er wisse noch nicht genau, auf welchem Gebiete sich dort die Unterhaltung bewegen werde. Ta er aber dort! sowohl mit Llohd George, wie mit Nattzeuau Zusammentreffen wird, so wird man nicht daran zu zweifeln brauchen, daß mindestens die Fragen einer Anleihe und eines Moratoriums dabei zur Spra che kommen werden. Es ist gewiß auch kein Zufall, daß der Matin gerade jetzt einen französischen ReparationS- plan veröffentlicht, dem Loucheur und Brland nicht fern stehen sollen, obgleich man das bei seinen sehr dürftigen Umerlagen kaum glauben sollte. Dieser Plan sieht eine Anleihe an Deutschland vor, die u. a. auf einem mindestens sechs bis sieben Milliarden Goldmack be tragenden Kapitalbesitz deutscher Banken und der deut schen Industrie im Ausland aufgebaut ist. Ob dieser Kapitalbesitz wirklich so groß ist, darf füglich bezweifelt werden; aber selbst wenn dem so wäre, müßte man uns auch das Zaubermittel verraten, wie er zurückzuhoien bezw zu erfassen wäre. Geradezu lächerlich, ist auch der Gedanke, daß die fremden Münzsorten, die Reisende nach Deutschland bringen und dort umwechseln, «ine nen nenswerte Erhöhung fremder Devisen in Deutschland be wirken könnten. Kann doch ein einigermaßen begüterter Amerikaner heute mit Recht fragen: was kostet Berlin? Erfreulich bei alledem bleibt immerhin, daß auch nun Frankreich dem Gedanken einer Anleihepolitik und eines Zahlungsaufschubs nicht mehr abweisend gegenüberzu stehen scheint, wenn man sich dort freilich auch einen , Plan zurechtgelegt hat, der Frankreich auch während dieser Pause nicht zu kurz kommen ließe. Die öeutschrpolnischer. Wirtschastsverhamilungen in Oberschlesten haben nun begonnen. Bei den Genfer Vorbesprechungen hat zwar der offizielle Vertreter Po lens erklärt, daß sie im Geiste der Versöhnung und de» Entgegenkommen» geführt werden sollen. Di« Maß-' nähme,r der polnischen Regierung schlagen aber dieser Erklärung geradezu in» Gesicht. Dies« hält gerade jetzt den Zeitpunkt für geeignet, möglichst Viets deutsche Ob jekte zu ltgutdteren und vertreibt dazu etn« möglichst große Anzahl Deutscher au» Polen. Aus die ser Bast» wird es kaum zu einer Verständigung kommen, können. Polen scheint sich, darüber durchaus nicht klar zu §etn, daß etn« Gesundung Polen» nur mtl wett-