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IS..Jahrgang Ireitag, cken 25. November 1S21 Nr. 274 Mer Tageblatt «WS Mz-Ig-r für »as krzs-dirg« »»»»sprech-Anschluß Nr. »I. ... . . —. . . »v> u,» »»«»m««. L.l.gramm,, «a,»blatt ^u»,r,g.b«r,r. Dieses Statt enthält öle amtttchrn Sekanntmachungen Seo Nate» -er Vtaöt fine. P»gfih»<i.»ont4, stmt Lüp»tg Nr. IN». Das Wichtigste vom Tage. Dio deutsche Regierung wird gegen die AuS- fühv ungen Br tandS in Washington wegen der deutschen Kriegsgefahr eine Note an die Entente st aaten richten und die Sache auch im Reichstag rtchtigsteNen. » Wie dir Londoner Blätter melden, wird amtlich »«stritten, daß irgendein Zusammentreffen zwischen Lloyd George und Hugo StinneS ver einbart worden sek, * Eine Denkschrift des Bundes der briti schen Industrie erklärt den Reparationsplan in seiner jetzigen Gestalt für undurchführbar. * Lloyd George hofft noch immer, in der Lage zu sein, zur Abrüstungskonferenz nach Wa shington gehen zu können. Rampf dem Wucher! lv»n »n!«r»m Berlin», Mitarbeit»».) Wie so ost schon wirb auch.jetzt wieder der Brunnen zugedeckt. nachdem das Kind hineingefallen ist. Ter preußische Innenminister hat einen Erlatz zur Bekämp fung des Wuchers an die preußischen Regierungspräsi denten und den Berliner Polizeipräsidenten hinausge geben. und dem volkswirtschaftlichen Ausschuß des Reichstags hat der Staatssekretär Huber den Erlaß einer Verordnung zur Einschränkung des wilden Aufkaufs wesens angekündigt, nachdem seit ungefähr Monatsfrist in jedem deutschen Haushalt Sorge und Verzweifluno mit am spärlich gedeckten Tisch sitzen und dec Ausver kauf Deutschlands so weit gediehen ist, daß heute z. B in ganz Berlin kein halbes Dutzend Leinwandiaschen- tücher mehr auizutreiben ist. Beim Ausbruch einer Krankheit Pflegt man mit größter. Beschleunigung den Arzt zu Hilfe zu rufen. Die Aerzte, die dem neben allen anderen Gebrechen nun auch noch vom Wucher hetmgesuchten deutschen Volke Hilfe bringen konnten, die Regierungen, haben das Krankheitsfieber erst zu so hohen Graden steigen lassen, daß es sich unvermeidbar in immer wieoerkehrenden Lohn- und Gehalisforde- rungen, in.Streikdrohungsn, in Plünderungen Luft ma chen mutzte und, wenn es nach dem Willen der kommu nistischen Trahtzieyer geht, möglicherweise noch zu Un ruhen führen kann. Immerhin kommen diese Erlasse wenigstens noch nicht zu spät, wenn sie ixeilich bei aller Energie, den der, Erlaß des preußischen Innen ministers atmet, auch nur einen Anfang darstellen. Geht Man auf die Gründe dieser neuen Wucherer- scheinung zurück, die wie ein Parasit vom Körper des deutschen Volkes sich nährt, so findet man als den ur sprünglichen Herd der Krankheit, als zentrale.Ursache, wie bet aller Unbill, die uns widerführt, den Frie- denSverirag von Versailles und tn dessen Folge die katgstrophale Entwertung, der. Mark nach dem vberschlesischen Diktat. Im Laufe weniger Wo chen hat sich der Dollar um das drei- bis vierfache ver teuert . und da Amerika für uns die Quelle vieler Roh stoffe ist, so ist deren Preis dementsprechend in die Höhr gegangen. Die Verteuerung! von Fertigwaren oder Halb fabrikaten aus solchen Rohstoffen wächst also auf.einem natürlichen Boden, Anders liegt es mit den Produk ten^ die wir im eigenes Lande fabrizieren. Tie innere Kaufkraft der Mark war bis vor kurzem noch bei weitem nicht so tief gesunken, daß sich, eine Recht fertigung für die maßlose Preissteigerung solcher Wa ren fand, wenn auch eine Preissteigerung in nicht allzu unbescheidenen Grenzen wohl zugestanden werden konnte. Nun aber traten zwei Erscheinungen ein, die eine voll kommene Preisverwirrung auf dem Markt hervorriefen. Tie «rste war der Ausverkauf. Deutschlands durch as,AuS1 and. In allen Grenzgebieten des Reiches »setzten wahrhafte Völkerwanderungen aus dem benachbarten Ausland ein, die mit Hilfe ihrer höher sichenden Valuta für lächerlich geringe Summen die Geschäfte geradezu auskauften. Nach dem Grundsatz von Angebot und Nachfrage trieb dieser Massensturm natur gemäß die Preise in schwindelnde Höhen. Langsam trieb dies« Welle über da» ganze Reich hin. Hier aber ktam dazu noch ein andere». Angesichts der rapide» Leerung ihrer Läger sagten sich die Geschäfte, daß sie die neue Ware um so viel teurer würden einkaufen müssen, und schlugen diesen erhöhten Einkaufspreis alsbald aus, die alte Ware. Dieses unerfreuliche Spiel wiederholte sich in zahlreichen Fällen mit prompter Sicherheit bei jedem neuen Sturz der Mark. ES sind nicht wenige Fäll« nachweisbar, tn denen im Laufe einer Woche die vor handene War« mehrfach neu und jeweils um einen nicht kleinen Prozentsatz -Sher ausgezeichnet worden ist. Labei Sandelte e» sich häufig.um Ware aus Inlands produkten. Steigt indessen di« Mark wieder, so hat man einen doppelten Schnitt gemacht. Mit der allgemeinen Verteuerung der gesamten Lebenshaltung lassen sich solche Wucherprakttken keinesfalls rechtfer tigen. Freilich trägt Pa» Publikum selbst einen großen Teil der Schuld durch die sinnlose Ham steret, die wieder eingesetzt hat. Sie hat gar manchen unreellen Geschäftsmann in Versuchung geführt, die Konjunktur auszunutzen und die Ware zurückzuhalten. Der reelle Geschäftsmann, der ehrliche, reell« Handel steht dieser Wucherpraxis mit voller Ableh nung gegenüber und wird deshalb das Eingreifen der Behörde mit Freuden begrüßen und an seinem Teil unterstützen. Wenn diese Erlasse ab.er ihr Ziel er reichen sollen, so müssen sich dazu zahllose freiwillige Helfer.melden. Helfer aber ist jeder Käufer, in vorderster Linie jede Hausfrau.. Besonders be grüßenswert ist eS, daß die Untersuchungen nicht etwa beim letzten Verkäufer, der häufig genug auf dce Preis gestaltung kaum einen Einfluß ausübt, Halt machen, sondern daß sie sich bis zur Urquelle, dem Prozu- zenien, erstrecken sollen. Man darf nicht die kleinen Diebe hängen und die großen laufen lassen. In dien weitesten Kreisen der Bevölkerung, vor. allem in denen dev.Arbeiter, der Angestellten, der Kleinrentner und deS intellektuellen Mittelstände», dem es heut« fast am schlechtesten ergeht, ist die Erbitterung über die immer weiter fortschreitend« Verelendung, so hoch gestiegen, daß mit harter Faust zugegrisfen werden mutz. Dem Schie berunwesen auf dem Kartoffel- und Ledermarkt mutz energisch Halt geboten werden, und härteste Strafe — wo Geldstrafe leicht getragen werden kann, Freiheits strafe — mutz jeden Wucherer und Schieber «reffen. Die großen Meister von Versailles haben uns mit der Peit sche gezüchtigt: müssen wir uns von den eigenen Lands leuten nun noch mit Skorpionen züchtigen lassen!' Englische Pläne zur Minderung der Reparationslast. Denkschrift -es öun-es -er englischen In-uftrien. Die immer bedrohlicher werdende Verschlechterung der weltwirtschaftlichen Lags hat das Reparations- Problem. in dem einsichtige Politiker und .Finanz leut« aller Länder die Hauptquelle aller Schwierigkei ten sehen, mehr und mehr in den Vordergrund gerückt. Dio Notwendigkeit, endlich einmal herzhaft und ohne Voreingenommenheit an die Lösung dieses Problems heranzugehen, wird heut« Wohl in keinem Lande be stritten, außer in Frankreich,, wo. man mit blinder Hartnäckigkeit nach der stereotypen Formel Politik macht: Deutschland kann und muß zahlen! Bislang ist es Frankreich — wie die letzten Verhandlungen mit der Reparationskommission gezeigt haben — auch gelungen, sein« Verbündeten im Schlepptau seiner VergeltungS- polttik zu behalten. Daß. das nicht mehr lange so bleiben wird, darauf deuten mancherlei Anzeichen hin. Besonders bemerkenswert ist in dieser Hinsicht eine Kundgebung der Hauptvrgantsalion der englischen In dustrie, über die folgender Trahtbericht vorltegt: In einer Denkschrift des Sonderausschusses des Bunde» der britischen Industrien heißt eS über die.Behandlung der Frage der. deutschen R.eva- raiionon. der ReParattonSplan in seiner gegen wärtigen Gestalt sei undurchführbar, und jeder Versuch, ihn mit Gewalt durchzuführen, müsse zum Zusammenbruch Deutschlands führen. Auf die jetzige Weise werde es schwierig sein, irgendein« Entschädi gung von Deutschland zu erlangen. Ferner wird aus geführt : Wir stimmen darin vollkommen überein, daß Deutschland bis zum Maße seiner Fähigkeit zahlen soll; wir sind jedoch der Ansicht, daß, um unserer Industrie den geringstmöglichen Schaden zuzufügen, die alliierten Regierungen neue Vereinbarun gen suchen sollten, indem sie die Bedingungen in ver schiedenen Richtungen abändern, und, wenn möglich sogar bereit sein sollten, unter Berücksichtigung der Annahme dieser Abänderungen durch Deutschland die Last zu erleichtern, die Deutschland auferlegt ist. Am Schluß per Denkschrift heißt e-r Wir haben cS für nölig gehalten, tn dieser Denkschrift eingehend ausgearbettel« Vorschläge zu bezeichnen, die wir un terbreiten. Wir fordern die britische Regierung drin gend auf, unsere Vorschläge ernst und dringend tzu erwägen. Ta» ist so ziemlich da» genaue Gegenteil von dem, waSt der tn Part» zusammengetyetene französische Handelskammertag in einer Entschließung über die Finanzlage Deutschland» gesagt hqt. Daß di« Ding« wirklich so liegen, wie eS in der Kundgebung der eng lischen Industrie -um AuSdmck kommt, hat di» Red«, di« der Reichskanzler am DienStag jm Meuersusschuß de» Reichstag«» gehalten hat, aus» neu« allen, die sehen wollen, deutlich vor Augen geführt: Reparation im Ausmaß de» Londoner Ultimatum» ist unmöglich? diese in fast allen Ländern aufkeimende Erkenntnis ist da» Ergebnis der Von dem Kanzler ein- geleiteten Erfüllung-Politik, die — wie sich nun zeigt — wirklich nicht eine Politik sklavischer Selbstovierung, sondern eine Politik der Ueberjzeugung durch Tatsachen ist. Daß. sich diese Erkenntnis von heut« aus morgen in die Tat gmsetzen werd«, glauben auch wir nicht. Datztt sind die Fragen, um die «» sich hier handelt, zu kom pliziert. und die Widerstände, die sich geltend machen, zu stärk. Aber die Tinge sind im Fluß. La» geh: auch- aus folgendem Pariser Trahtbericht hervor: Wie der Mattn aus Washington meldet, er klärte ein höherer amerikanischer Beamter, wenn' di« gegenwärtige Konferenz mit einem Mißerfolg ab schließt, würden die Bereinigten Staaten etwa» spä ter eine international« Handel»- und Ft- nanZkonferenz etnberusen. Auf dem Programm dieser Konferenz werde die Frage der Wechselkurs« die deutschen Wiedergutmachungen sowi« di« allgemein« Lag« de» Welthandel» stehen. D«r ame rikanische Beamte fügte hinzu, daß di« Vereinigten Staaten sich einer Erörterung über die alliierten Schulden gegenüber Amerika auf der Wa>htngt»n«> Konferenz widersetzten, weil sie der Auffassung 'seien daß dies« Frage nur mit jeder, interessierten Rattan besonders gelöst werden könne. Diese amerikanischen Aeutzerungen stellen ein« deut liche Warnung an die Adresse der.Großmächte dar, di« durch ihre Politik der Friedensdiktate und durch ihr geheimes Widerstreben gegen ein« ernsthafte Abrüstung das wirtschaftliche Elend der Welt zu verewigen drohen. Ter Reichskanzler hat im SteuerauSschuß bereits aus den Zusammenhang des Repara> tonSProblemS mit der Wa shingtoner Konferenz hingewiesen. Ein« deutsche Kr»> ditaktion — s» erklärte er dem Sinne nach — ist aus sichtslos. wenn di« internationalen Rüstungen fort dauern und wie bisher Riesensummen tn den Strudel unproduktiver Ausgaben reißen. Gelder für «tn« Kre ditgewährung an Deutschland steh«n dann nicht Zur Ver fügung. Das heißt mit anderen Worten: In solchem Falle ist Deutschland nicht imstande, die gefordert.»» Ro» Parationsleistungen zu erfüllen. Da» wird durch Pt» Erklärungen de» vom Matin zitierten amerikanischen Staatsmannes unterstrichen. Der Weg zur Erfüllung gehr über die Rüstungsbeschränkung. Kommt si« nicht zustande, .so ist an Erlatz oder 'Hertabsetzung der Entente schulden nicht zu denken, und — wöe die Tinqe liege« — auch nicht an eine Eintreibung der deutschen Repara- ttonsverpflichtungen. Stresemann gegen den Nechtsblock Di« Loick«»» Reis« btinn«. Abg. Tr. Stresemann hielt in Offenbach «irre Rede, in. der er sich scharf gegen di« Hetze wand.e, die von der Linkspresse gegen StinneS betrieben w«rde, beson der» tm Zusammenhang mit seiner Londoner Reis«. StinneS sei ein Mann, der der deutschen Volkswirt schaft und dem deutschen Arbeiter schon viel genützt habe. Wenn wir unsere Zeit begreifen, .sagte Strese mann, müßte ein inniges Bündnis geschlossen wer den zwischen den Führern der Jndustrie und den Führern dev Arbeiter, um gemeinsam zu Über legen, wie wir zu einer vernünftigen Wirtschaft kom men. Ter Redner wandte sich scharf gegen die Deutschnationalen. Professor Martin Spahn habe gesagt daß er, Stresemann, schuld daran sei daß dev Gedanke eine» RechtSblocke» gescheitert sei. Stress- mann bekennt sich offen zu dieser Tatsache. E» wäre das grüßten Unglück, wenn wir in dieser Zeit tn zwei! Teil« zerfallen würden, in einen Rechts- und einen Linksblock. Wir müßten vielmehr dafür sorgen, daß auch.in der Sozialdemokratie diejenigen, die Aufbau arbeit treiben wollen, mit uns zusammengehen. Der innere Kampf seit auHufechten, wenn wir niür außen gesichert seien. Jetzt handle e» sich darum, dir EinheitS- sront herzustellen, soweit «» irgend möglich sei. Vor läufig Pestehe nur die Möglichkeit von der Deutsche» Volkspartei bi» -ur Sozialdemokratie. Solange di« Deutschnational« Volk-Partei für den Rechtsblock ein trete, sei st« nicht aufzunvhmen. Man sott« di« Leut» von link» nicht -urückwetsen, wenn st« Mitarbeiten wo^ len. In bezug auf die Erfüllung st«h« er auf dem Standpunkte, daß e» nicht angängig sei, jetzt zu.sagen, daß wir nicht zahlen könnten. ES wäre ein Fehler da» Angebot der Industrie mit der Entstaatlichung der Eisen bahn zu verkoppeln. Das Kredttangebot w«rde «twa 000 Millionen Goldmark bringen. Dann könnt«« Witz uns verständigen über «in« and«r« Regeluna dsr Vs- -ahlung. Er halt« - such. für. ganz vsrsthtt, .daß dis