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7 -M<?° /Anzeiger für oas ^rzgeoirse ZsEZ Lrleoramm,. Las.blatt -<uerrzg,b!ro«. dieses Statt enthält öle amtlichen Sekanntmachungen öes Nates -er Gtaüt /rue. p»stfch.ck,«onto, Fm. L«lp„s Nr. 1»»». Nr. 2S6 Dienstag, äen iS. November 1S2I IS. Jahrgang Das Wichtigste vom Tage. TaS R ei'ch'Skab i nett behandelte gestern die schwe benden Fragen der R e p a r a t i o n s v « r h a n d l n n g e n und.der Kredits ktion der Industrie. An den Beratungen nahmen neben den Ministern die Staats sekretärs der beteiligten Ressorts teil. Präsident Harbins hat gestern nachmittag um 4 Uhr die Pro k l amation u nt erze i ch n e t. in der der Friede zwischen Amerika und Deutsch land erklärt wird. Offiziell'! wird angekündigt, daß in der heutigen Sitzung der Washingtoner Konferenz Bal four «ine Rede halten werde, in der er im Prin zip -en amerikanischen Vorschlag wegen dec Ein schränkung der Rüstungen zur See anneh men .werde. Die österreichtschen Bundestruv p« n habe» gestern die vorgeschriebene Marsch linie ohne Störung erreicht und wurden auch gestern von de Burgenländern sehr herzlich empfangen. Der Versailler Vertrag unci äle deutsche Veberseeschifsahrt. W. W. Mit berechtigtem Stolz durften wir im Ver laus der letzten Jahrzehnte vor dem Krieg auf die Ent wicklung unserer Handelsschisfahrt blicken. Der Bestand der deutschen Seeschiffe stieg von 3558 Einheiten mit 1 433 413 Neno-Reg.-Tonnen Inhalt und einer Besatzung vorn 40 449 Mann im Jahr 1892 auf 1935 Einheiten mit 33 200 071 Netto-Neg.-Tonnen Inhalt und 83 898 Mann Besatzung im Jahr 1914. Bereits während des Weltkriegs verloren wir durch Beschlagnahmungen neu- serer in ausländischen Häfen liegenden lleberseeschiffe einen beträchtlichen Teil unsrer Hnndelsflvtre. Tas Versailler Diktat hat unsre Handelsflotte dann völlig vernichtet Unsre Gegner zeigten in den Anöliefernngs- Maßnahmen (Anhang 3 zum 8. Teil des Friedensdoku ments) deutlich, worum e-s ihnen im Grund zu tun war: nämlich um ote möglichst restlose Zertrümmerung del deutschen Handels. Von Deutschland wurde ver langt! die Auslieferung aller fertigen oder im Bau befindlichen Handelsschiffe von 1600 und mehr Reg.- Trnnen, ferner der Hülfie aller fertigen oder im Bau befindlichen Handelsschiffe von 1000 bis lttOO Tonnen Außerdem soll Deutschland seine SchiffSneubanten jähr lich bis zu 200 000 Tonnen Gesamtiuhalt den Alli ierten ausliefern. Diese! Lieferungen werden Deutsch land auf Revai aiivnsloiiio laufend gutgefchriebcn. Wi« diese Verrechnung indessen von unseren Gegnern ge handhabt wird, zeigt dec 222. Sitzungssbertcht der Pa riser WiedergulniachuugÄommission, nach dem Deutsch land die bis zum 1. Mai d, I. äbge tiefer le u 2153 407 Brutto-Reg.-Tonnen Schiffsraum mit nur 745 Millionen Gnldmark gutgeschcieben werden. Diese Berechnung be traf jedoch nur die auf Grund der AuSlieferuugSdestim- inungen den Alliierten übergebenen, nicht jedoch die in den feindlichen Häfen schon früher beschlagnahmten, zum Teil besonders großen Ueberseeschiffe. Sie ist da her-^lückenhaft und rechtswidrig. Der deutsche Schiffs raum beträgt zurzeit, abgesehen von einigen ueugebau-- ten und unter großen geldlichen Opfern zurückaekauflen Schissen, nur etwa eine Million Tonnen. Die Dampfer flotte allein weist sogar nur 0,5 Millionen Tonnen auf. Desto erfreulicher ist es, daß unsere großen, Schtff- sahrtSgesellschaften danach streben, die deutsche Flagge wieder zur Geltung zu bringen und sie auch an fernen Küsten wieder regelmäßig zu zeigen. So nimmt, toie kürzlich verlautbart wurde, der Norddeutsche Lloyd im -Anfang des nächsten Jahres die unmittelbar« Ver bindung .mit den Vervtnigten Staaten von Amerika wieder ans und hat zu diesem Zweck vchi Neujahr ab in Newhork wieder ein« eigene Llvhd-Ver- tretuitg eingerichtet. Eigen« Passagierdampfer des Norddeutschen Lloyd werden im Februar 1922 den Dienst Bremen-Newhork wieder aiifuehmen. Außerdem hat diese Gchtsfahrtgesellschust beschlossen, den Frachtdampser- dtenst von Bremen nach Brafilient den st« bereits seit September 1920 mit zwei eigenen Dampfern betreib,i, durch Einstellung ihres neuen auf der Stettiner Vulkan werft erbauten Dampfer» Minden zu erweitern, der am 14. Dezember zum ersten Ma! von Bremen nach Mosche Janeiro und Santos abgebt und, auch zur Be förderung einer kleinen Anzahl von Passagieren ein gerichtet ist. Auch die Wiederaufnahme de- GcbiffahrtS« dienst»» mit eigenen Schiffen nach Ostasten (von Ham burg und Bremen über Rotterdam nach Ttn^gpore, Hongkong, Shanghai, Kob» und Pok-ama) kündigt der, NmLdeulsche Llohd für di» nächst« Zukunft an- Siner Meldung der Chicago Tribüne zufolge bereitet sich auch die Hainbur.g-A me r t ka-L t n i e vor, wieder eine» regelmäßigen Schtsfsdieust nach Asien einzncichlen; sie ist zu diesem Zweck mit der Elllmnu- und Holl-Gesell,- schast in Verhandlungen '>lngetret«n. In friedlichem Weltbewerb mit den genannten Schlsfahctölinien steht endlich auch die von SlinneS finanzierte Gesellschaft, die in letzter Zeit einen bemerkenswerten Aufschwung genommen hat. Diese trägt sich .mit der Absicht Pie Schiffsverbindungen nach Südamerika aufzunehmen, und den.Bau einer Transportflotte, die dein OeltranSPvrt nach Argentinien dienen soll, in die Wege zu leiten. Tas Wiödererwachen der deutschen Ueberseeschifsähri ist ein starker Beweis für deutsche Tatkraft und deutsche Beharrlichkeit und wird sicherlich auch in der gesamten Kulturwelt als solcher gewertet werden. ' E'mWe'ißbuch über üasSaargebiet. St. Tie deutsche Regierung hat dem Reichstag ein umfangreiches Weißbuch über das Saargebiet vvrgele.gr. Dieses Weißbuch ist ebenso sehr eine Anklage gegen die französischen MilitärbefehlsHaber, die während "der Zeit des Wasfenstillstandsabkommens daö Land beherrsch ten, es zeigt aber auch, daß die vom Völkerbund einge setzte Negierungskommission keineswegs die Verwüstung des Landes nach den Prinzipien vornimmt, die vom Völkerbund feierlich verkündet worden sind. Schon ein oberflächliches Studium dieser wuchtigen Anklage schrift zeigt, daß die Negierungskvminission im Saarge biet nichts anderes ist als eine Statthalterin Frank reichs. Es zeigt ferner, daß sie drauf und dran ist, dieses rein deutsche Gebiet zu französieren. Die Lei den der Bevölkerung des Landes an der Saar werden in dieser Dokumentensammlung eindringlich dargestelst, und es ist »ur zu hoffen, daß dieses Weißbuch, das auch im Buchhandel erschienen ist, die weiteste Verbreitung im In- und Ausland findet. Zeigt doch VaS Weißbuch über das Aaäogebiet am besten, was aus deut Friedens- v er trag von Versailles geworden ist. Tie Darstellung des Notenwechsels über das Saargebiet in der Zeit zwi schen Bekanntgabe und Unterzeichnung der, Friedens!- bedingungen erhellt, daß keinerlei Gründe des Rechts für die Abtrennung' des Saarlandes anfzntreiben sind. Tas französische Bestreben, das Saargebiet unter eine besondere Negierung zu stellen, bedeutete nichts anders als die reichen Kohlenschüye dieses Landes für immer in die Hand zu bekommen. Dia französische Negierung arbeitet nach wie vor systematisch an dec Verwirklichung dieses Ziels. Wir haben LaS ja in den legten Tagen erst wieder erlebt, nachdem der Streit um die Einfüh rung der Frankenwährung in ein neues S.aoium ge treten ist, dadurch, daß eine saarländische Delegation die Wünsche dieses Gebiets dem Völkerbund vvrtragen will'.! Das französische Bestreben ist weiterhin ersichtlich auö^ den Versuchen, einen beisonderen Begriff Saarei nwoli- j ner zu konstruieren. Was Lio Franzosen offen und ehrlich erstreben, das will auch die RegierungSkoinniil-. sion, die ihre Ziele, allerdings unter dem Deckmantel der. Neutralität verhüllt. Aus einem Bericht der Ne- glerungskommission des Saargebiets an den Völker- bnndsrat seien nur einige Sätze, zum Schluß wieoerge- g«ben. die die Tendenz dieser Kommission auis deut lichste kennzeichnen. In dem Bericht heißt es: Tie An träge von Eltern deutscher Staatsangehörigkeit auf Er teilung der Erlaubnis, ihre Kinder in den von fran zösischen Staatsgruben eröffneten Schulen, dis im Frie- denSvertrag vorgesehen sind, einzufchreiben, werden im mer .häufiger. Und an anderer Stelle: Als natürliche Ergänzung der geplanten Reform wird die Gründung einer Technischen Hochschule ins Ange gefaßt. Preußen hatte die Errichtung einer solchen Schule systematisch hinausgeschoben, nm die Jugend des Saargebiets zum Besuch der Anstalten im Innern Preußens zu zwingen. Die Unsinnigkeit dieser Behandlung geht schon daraus hervor, daß bekanntlich Aachen Sitz einer preußischen technischen Hochschule ist. Hat Hughes nur geblufft? Nv. Die Rede des amerikanischen Staa'.Ssekreiärs Hughes auf der Konferenz in Washington hat nicht nur dort tm Kreise Ker Delegierten der verschiedenen Staa ten, .sondern in der ganzen Welt da» altergrößle Auf sehen erregt. Niemand hätte einen derart weit gehenden Abrüstungsvorschlag erwartet, und es erhebt sich nnn die Frage, welche Gründe die amo rikantsche Negierung dafür gehabt hat. Schon jetzt wird erklärt, daß die Konferenz in ihrem ganzen Umfange und während de» größten Teil» ihrer Dauer durch d-is Erörterungen über das Abrüstungsproblein in Anspruch genommen werden dürste und zwar obendrein unter ziemlich vollständiger Beschränkung aus da» Problem de» Stillen Otze an». Die Vermutungen^ daß.in Wa shington das sicherlich doch nicht weniger wichtige The ma der finanziellen Sanierung Europa» zur TiSkufsion gestellt werden würde, scheinen also enttäuscht zu wer den. Wird nun aber die Rechnung der amerikanischen Negierung gn'gehen? Es ist ganz unzweifelhaft, .daß vor allem die Engländer stark verschnupft sind, Weik sie von den Absichten des Präsidenten Harding und sei nes ersten Beraters so gar keine Ahnung gehab' haben. Tie Sache muß auch wirklich mit besonderem Geschick ge- Heimgehalten worden sein, denn gemeinhin Pflegt man, in der englischen Botschaft zu Washington über da», was im Weißen Haus vorgeh't, ziemlich genau unter richtet zu sein. Aber wenn nun auch der englische Ad miral Beatty während der Rede Hughes mit spöttischem Lächeln aus seinem Platz saß, so daß man also deutlich sah, wie -r innerlich zu ihr stand, so ist heute bereit» feslzustellen, daß dis englische Presse sich mit außer- orLentlicher Gewandtheit auf die. Ueberraschung einzu stellen gewußt hat. Die britischen Blätter schreiben nämlich mit begeisternder Geste, die amerikanischen Vorschläge seien ein großer Erfolg der — englischen Politik! Entsprechend der vorherigen. Abmachung se kundiert die französische Presse, dadurch, daß ste da» Hughes sch e Programm als eine Zusammenstellung auS lavier Tricks und Bluffs htnstellt, und beide zusammen befolgen, augenscheinlich auf pünktliche Weisung von oben, die Taktik, so zu. tun, als ob die einzige Regte- rung, die iich wirklich grundsätzlich ablehnend zu den amerikanischen Vorschlägen äußern könne und dürfe — Japan sei. Man setzt auseinander,, daß die amerikanische Rechnung, wenn die von Hughes vorgeschlagenen Strei chungen der Bauprogramme wirklich durchgeführt wür den, für das Jahr 1934 eine einwandsfrei« Uebev- legsnhsit an Kampfstärke aus Seife Amerikas leicht zu errechnen sei, und daß, obgleich Amerika dreißig.Schiffe streiche, also am meisten von allen, aber weniger ab» Englund und Japan zusammen, die sechSunddrethtg Schisse streichen sollen. Das wird so bewiesen, daß man sagt, Amerika wolle nicht auf die sechs großen Schlacht kreuzer vpM Hordiyp verzichten, die es ausdrücklich Weilerbauen 'volle, weil dieser Typ ihm ganz fehle. Jedenfalls steht das eine fest: Amerika hat sich «inen großen taktischen und moralischen Vorsprung.gesichert. Man wird nun sehen müssen, ob es auch die Oeffend lich kei! der Verhandlungen durchsetzen kann, gegen di» sich Japan und Englano mit allen Mitteln sträuben. Demokratischer Parteitag. (Letzter Tag.) —o— Ter Montag litt etwas unter der Abreise vieler Delegierten in die Heimat oder zu Borträgen in die Umgebung. Besonders am Nachmiltag lichteten sich die Reihen mit jeder Snnide stärker. Dabei hatten die Verhandlungen höchstes Allgemeininteresse und die Redner und Rednerinnen sprachen vielfach hinreißend. Beifallsstürme wie an diesen! letzten Tag sahen ihr« beiden Vorgänger kaum einmal. Für mehrere Vor träge deich los, der Parteitag besonder« Drucklegung und Verbrennng als Broschüre. Es herrschte ein« äußerst gehobene Stimmung. Gleich zu Beginn der Montag»* sitznug enisesselte die Flag gen frag« eine währ« Leidenschaft. Ein Hamburger Telegiener sprach für Schwarz-rot-gold, ein Bremenser für Schivarz-weitz-rot. Qnidde als Süddeutscher, Dr. Petersen als Hanseale. Frau Deutsch aus Berlin, ein junger Hamburger Ober lehrer, Minister a. D. Koch, ein Frankfurter und ein Rheinländer nahmen der Reihe nach da» Wort: und all» sprachen mit dem Herzen zu den Herzen. Wiederholte Schlußnniräge wurden abgelehnt und immer neu« Bor schläge wurden zur Lösung des Problem» «tngebrachl. Schließlich fand ein Antrag des früheren Staatssekre tärs Meyer eine überwältigende. Mehrheit, worin di« p a ri e i p o l l I t s ch e Ans n u tz n ng der Flaggenfcag« als verwerflich gebrandmarkt und die Demokrat^ sche Partei erneut auf den Schuh der Verfassung»* mäßigen Flaggen verpflichtet wird. Der Partei tag warnte aber außerdem, durch dle Fortsetzung d«W unfruchtbaren Streites dir Geschlossenheit der verfas sungstreuen Partei zu gefährden. Zn den Herzen sprach auch dle einstimmig angenom mene O b e r s ch l e s t en - Nesolutton, di« Tank und! Trengelölniis für die oberschlesischen Volksgenossen ent hielt nnd die Hoffnung auf Sieg de« Recht» und bal dige Wiedervereinigung ganz Oberschleslen- mit der deutschen Republik Ausdruck gab. Sie wurde sofort telegraphisch dein Deutschen Ausschuß in Kattowitz über mittelt. Wettere Entschließungen für baldig« Festsetzung ei nes T o t e n g e d e n k t a g e S und Erklärungen über d«n Verlust de» preußischen Handelsministerium» für di» Partei leiteten dann zu den großen Referaten über Vil- düng »frag en und zu den beruf-politischen Erörte rungen Über, di» den Tag noch bring-« gan» auMttm.