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/luer Tageblatt WMZ Mnzeiger für -as Erzgebirge MW L,i«-ramm«, Laoiblatt flu,»k,s*b«rg«. vlefes Hlatt rnthült -le amtlichen Sekanntmachungen -es Nates -er Gta-t ^lue. p»gsch»ck.n»nt»> Nmt Qips«, n». les». Nr. 234 Donnerstag» äen 6. Oktober 1921 16. Jahrgang Das Wichtigste vom Tage. Ti« zweite Tagung des Bölkerbunves wur- ds gestern beendigt. « Nach einer noch der Bestätigung bedürfenden Meldung soll W i e n anstelle des teueren Genfs Sitz des Völkerbundes werden. * Ludendorfs hat einem amerikanischen Presse vertreter gegenüber den Pla'n eines gemein- s ch as tli'ch en Fe ldz u ge.s Deutschlands, Fr a «k- reichS. Englands und Amerikas gegen Sow ie tr uchl and zur A u sr o 11 u n g d es B o l f ä> e w i s- muS entwkckelt. ' * Eine Wiener Zeitung will erfahren "iaben, die Konferenz ln Venedi g werde niöglicherweise n I chr ab geh alten werden, da England und Frniik- reich ihr bi» jetzt nicht Hugvstimml hätten Lord Brchee erklärte kn Newhvrk in einer Ncdc, seft'er Ansicht nach liege die Gefahr eines künf tigen Krieges auf dem europäischen Fest lande', aber nicht im Stille,« Ozean Oberschlesien vor cler Entscheidung. Von Neichsminlster a. D. Dr. Gothel», M. d. N. Mit verhaltenem Atem wartet das deutsche Volk auf die in naher Aussicht stehende Entscheidung des Völker bunde» über das Schicksal Oberschlestens. Nach allem, was es.seit den Tagen des Waffenstillstands, seit dem mit seire.i Bedingungen in krassem Widerspruch stehen den Frisdeusvectrag — dein Betrug von Versailles, wie ihn John Maynard Keynes treffend genannt hat — erlebt hat, ist sein Glaube, nicht mehr groß, daß man ihm, das; man aber auch hem oberschlesischen Volke die Gerechtigkeit zuteil werden lässt, ans die e» nach dem Abstimmungsergebnis vollen Anspruch hat. In diesen Tagen ist das N e ch tsg u l a ch te n veröffentlicht wor den, das der Nechtsbetstand des Präsidenten Wilson David Hnntec Miller auf der Pariser Friedenskon ferenz über die ,Zugehörigkeit Oberschlesiens erstattet hat. Ter berühmte Staatsrechiler kommt darin zu dem Schluß, daß nach dem Friedenüvchstrag Oberschlesien un- getvilt und daß e» nach dem Abstimmungsergebnis bei Deutschland bleiben mässe. An dem Beispiel der Entscheidung des Völkerbundes über das Verbleiben Alands bei Finnland zeigt er, daß sich der Völkerbund mit sich selbst in schärfsten Widerspruch setzen würde, wenn er eine Teilung Oberschlesiens beschließen würde. Auch fachlich würde eine solche das größte Unrecht an dem oberschlesischen Volk, selbst an denen sein, die f-iir Polen votiert Huben. Tenn Oberschlesien ist wirt schaftlich wie kulturell ein unteilbares Ganze. Ist wie eine große Fabrik, in der die einzelnen Be triebsabteilungen einander zuarbetten. Mitten durch diesen großen Fabrikraum', soll eine, scharfe Tren- nuugömauer gezogen werden, die das Jneinanderarbet-- teu der einzelnen Teile und Maschinen unmöglich macht? Eins Landes- und Zollgrenze soll durch ein Gebiet mit gemeinsamer Wasserversorgung, gemeinsamer Llekirtzi- calS« und Straßenbähnwirlschait gezogen werden'? Keine noch so weitgehenden Zoll- und VerkehrserleicksterunZen an der .Grenze können die Lebenshemmungen ausglei- chen, die damit ötntreten würden. Sie können das umso weniger, als die politischen Zustände Polens eine scharfe Grenzkontrolle unbedingt erforderlich machen, soll nicht die Freizügigkeit Ar alle Verbrecher, für den Waffen schmuggel, für alle JnsurrektionS- und VepgewaliigungS. bestrebungen gewissenloser polnischer Abenteurer ge schaffen werden. Man müßte geradezu einen liefen Schützengraben mit Stacheldrahtverhauen und elektrisch geladenen Drähten ziehen, um etrle neue Grenze zu bil den, für die nun einmal all« natürlichen VorauSfetznn- gen, .Flußläuse, Gebirgszüge gsw. fehlen. Würde doch die Grenze mitten durch bebaute Straßen Ähren I Auch der oberschlesischen Bevölkerung, die den Lüt gen und Verdrehungskünstegl Korsantys Glauben schen kend für Polen votiert hat, bemächtigt llch heute die schwerste Gorge über eine Teilung Oberschlesiens. Käme es zu einer Volksabstimmung, ob Oberschlesien geteilt werken solle, so würden wohl 99,9 Prozent Ar die Un teilbarkeit und damit Ar sein Verbleiben bei Deutsch land stimmen. Denn jeder empfindet das schreiende Un recht da» ihm damit zu gefügt wird. Ist doch zu be fürchten, daß ein« dahingehende Entscheidung de» Völ kerbund«» zu neuen schweren Unruhen in Oberschlesien führen wird. Di« schwer« Wtr,tschaft»kxfse > die heut« aus der ganzen Welt lastet und mit der die Kato strophenhauss«, die mit der MarVentwertung an Deutsch land vorübergehend geschaffen ist, grell kontrastiert, bericht vor.allem auf dem Wahnsinn de» tzrtedenk vertrage-, auf per Zerschlagung aufeinander angewie sener Wirtschaftsgebiete. Sie must aufs Empfindlichste verschärft werden, wenn nunmehr.auch Oberschlesien zer schlagen werden sollte. Wir wissen ohnehin nicht, wie wir auch nur die nächsten Reparatio'nLraten aufbringen sollen. Man appelliert an den Opfersinn und die Hilfs bereitschaft von Handel und Industrie zur Devisenbe schaffung. Kann auf diese noch gerechnet werden, wenn ihre Kreise sich angesichts einer ungünstigen Emswei- dung über Oberschlesien sagen müssen: Es ist doch älles vergebens; unser klares Recht wird weiter vergewaltigt die Wurzeln unserer wirtschaftlichen Kraft werden ab gehauen. Und ist das Kabinett Wirth noch möglich, wenn die Voraussetzungen, unter denen es gebildei wur de, hinfällig werden? Ist dann überhaupt noch eine Negierung möglich? Das deutsche Volk Hal den Glau ben verloren, daß e.S noch Gerechtigkeit in der Welt findet. Ihm diesen Glauben wdederzugeben, wäre eine heilige Aufgabe. Ter mit der Entscheidung in der oberschlesischen Frag« betraute Völkerbund sollte dabei eingedenk des Schillerschen Worte» sein: Der Mensch heit Würde ist in Eure,Händ gegeben; bewahret sie! Jur NoalMonsbMung. Der Geschäftsführende ' Ausschuß der Deutschen Volkspartei hielt am 3. Oktober in Berlin eine Sitzung ab, in der Reichstagsabgeordneter Tr. Stresemanu über die bisher in der Frage der Regierungsumbildung gepflogenen Verhandlungen berichtete. Er kam dabei' zu dem Schluß, daß sich außen- wie innenpolitisch sehr wohl ein sachliche» Programm aufstellen lasse, das von der Volkspartei bis zur Sozialdemokratie vertreten wer den könne. Auch auf die S t'e «erfrage n lasse sich dieses Gemeinschaftsprogramm auSdehnen, wenn die Sozialdemvkratte einstweilen noch gemachte Vorbehalte fallen lasse, und wenn abgewartet werbe, welchen Ver lauf die Verhandlungen zwischen Negierung und Indu strie über die freiwillige Beschaffung ausländischer Geld mittel nehmen würd«n. Bis diese Klarstellung eefolgt fei, hätten weitere offizielle Verhandlungen über die Koalitionserweiterung keinen Zweck. Im übrigen wur de auch hier die Ansicht vertreten, daß die Regierungs umbildung in Preußen und im Reich gleichzeitig vor genommen werden müsse. — Gleichzeitig bringt die Nationalliberale Korrespondenz einen Artikel, in dem sie von neuem eine Koalition mit den Unabhängi gen ab lehnt. Sie begründet dies damit, daß der Hinzutrttt der Unabhängigen sofort eine starke Ver schiebung des Schwergewichts nach links zur Folge ha ben würde, so daß man in Wirklichkeit von einer Ne gierung der Mitte gar nicht mehr sprechen könnte. Wenn das Gleichgewicht wieder heraestellt werden sollte, müßte mau dann unbedingt auch den Beitritt der Tentschna- lionaleu verlangen. Gegen eine solche Losung wnd in dem Artikel aber mit Recht eingewandt, daß eine so starke Verbreiterung schwerlich eine Festigung der Regierungs grundlage wäre, ganz abgesehen von der Unmöglichkeit, so viele Köpfe unter einen Hut zu bringen Zentrum unv Demokraten müßten sich der Tatsache bewußt seiu, daß die Erörterung über, die Hinzuuahme der Unab hängigen zu den Koalitiousyerhandlungen nur eine Epi sode sein und bleiben würde. Heute früh um !> Uhir wer den die Verhandlungen bet Stegeriva ld fortgesetzt, um zu versuchen, eine gemeinsame programma tische Grundlage zu finden. Tabei wird die Tent- sche Volkspartei Gelegenheit haben, sich über den Ge-' danken einer Koalition von Cohn bis Campe zu äußern. Noch rechtserl DäS längst Erwartete ist Ereignis geworden. Am dewisch-Uait o nal en Laaer (zunächst nicht Partei» ilnd.fraklionömäßig verstanden) ist eine Bewegung' im Gange. UeberraschenderweIs? aber nicht derart, daß «Uva ein Drang nach links- in Erscheinung tritt, sondern im Gegenteil nach rechts. Dies« Noch rechtseren nen nen sich deutsch-s Wz tale Partei, Die Voss. Ztg. macht dazu folgende Miüeilüngen: ES wird gefordert, daß allen fremden AusbeutunaSplänen der entschlossen« Wille zur völkischen Selbstbehauptung emgegnigestel.lt werde; der Versailler, Vertrag wird nicht anerkannt. Es wird Welfer vtzpsichert, daß innerhalb de» VvtVeS keine Unterschiede mehr gelten sollen, außer zwischen Arbeitern unv Faulenzern. In der Beitritts erklärung muß man versichern, daß man weder jüdi scher Abstammung, noch jlidt'sch versippt ist; alle nach! dem 1. 8. 1914 eingewanderteil Juden und sonstigen Ausländer sollen ausgewiesen werden; die deutschen Juden sollen unter Fremdeilrecht gestellt werden, und! man will nur religiös« Ueberzcugungen dulden, Vie mit germanischen Rechts- und Sittenanschauungen nicht tm Widerspruch.stehen- T«r Aufruf schließt nut dem sozialen Programms«»! Eine Vermögen-Höchst grenze soll allgemein festgesetzt werden, für die Ar« beiter wird Beteiligung am Gewinn de» Unternehmer»! verlangt, und alle indirekten Steuern werden verwor« fen! — Da haben wir also die Abfoiwerung der deutsch-völkischen Grupp« von den Deutschnationalen, die Hergt in München noch in letzter Stunde zu verhindern gewußt har, jetzt aber« nicht mehr auszuhalten vermag. In den Kreisen per! Teutschnationalen Parteileitung sieht man dem Trei ben dieser Richtung, die recht» ungefähr dieselbe Stak lung.einnehmen wollen, wie links di« Kommunisten, mit offensichtlichem Unbehagen zu und will nicht» von ihnen wissen, weil kür die mekr oder weniger, törichten Streiche dieser Ultras die ganz« Rechte verantwortlich gemacht wird. Wie wett dieser neue parteipolitische Spaltpilz die Teutschiiationale Partei zersetzen wirb» muß sich ja bald zeigen. Jedenfalls ist die Gründung dieser Partei eine krasse Ironie zu dem Sammlung»- ruf Martin Spahns zugunsten der großen Rechten. Das Uniformlragen. Ein neuer Erlab de, Reichskanzler«. (Amtlich wird bekanntgegeben: In Ausführung! de» Paragraphen 2 der auf Grund des Artikel« 48 der Reichsversassung zur Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung erlassenen Verordnung de» Reichspräsidenten vom 30. August 1021 (R.G.Bl. «kette 1251) wird bestimmt: Die zum Tragen der MlitÜr- uniform berechtigten ehemaligen Angehörigen der be waffneten Macht dürfen dieses Recht in folgenden Fül len ausüben: i ' 1) bei Kirchgängen an den Höhen kirchlichen und gesetzlichen Feiertagen, 2) bei wichtigen Familienfeiern chkeiten und D t <: ust j u b bl äen, 3) bei Hetchenbegängntssen von Kam«- raden. ' ! 4) bei der Teilnahme ah Festlichkeiten und kameradschaftlichen Zusammenkünften der R eichSwehr ang ehö r i g e n, 5) bei solchen feierlichen Veranstaltungen unpo litischer Vereine, hinsichtlich derer der zustän dige Wehrkreiskommauveur (MartnestationSchei) di« Teilnahme von Reichswehirangehörtgen, ausdrücklich genehmigt hat. Tie Uniform muß mit den für ehemalige Heere»- und Atari ne,angehörige vorqeschriebenen Abzeichen versehe« sein. Verboten ist das Tragen von Bän dern^ Armbinden, BereinSabzetchen und dergleichen, de ren Tragen zur Mtlktäruniform nicht ausdrücklich ge nehmigt ist. Bekleidungsbestimmungen, die für tm Dienst der FriebenskvmmNivn stehende inaktive Offi ziere gegeben sind, werden hierdurch nicht berührt. Ta» bisherige Recht der Generälseldma'rschülle zum Tragen der Uniform blxtbt unberührt. Berlin, den 3. 10. 1921. i Der Reichskanzler. gez. Tr. Wirth. Auslänäische GoläkreäiLe für Deutschland Ter Beschluß des Reichsverbandes der deutschen In dustrie, dem Reiche durch Hergäbe einer Goldanleih« auf die Sachwerte der deutschen Produkiivstände zu Helsen, hat bereits zu direkten Angeboten durch ausländische Ftnanzgruppen geführt. In erster Linie find Offerten aus den Vereinigten Staaten «iw> getroffeu. Tie Union ist durch die eigene industrielle Krise genötigt, für ihr Kapital U n kerb ring u ngsm üg lich- keilen tm Auslande zu suchen. Natürlich rechnet man in Amerika gleichzeitig damit, durch die GoldkredUe die deutsche Mark zu heben und sie dann zw stabilisieren. Tenn nur wenn das gelingt, kann Amerika darauf rech nen, Deutschland Ar seine Rohstoffe, NahrunySmiUek und Erzeugnisse wieder aufnahmefähig zu machen. Ti« amerikanischen Kredttangebvte verfolgen also nicht nur die Unterbringung de» amerikanischen Goldllberflusse», sondern gleichzeitig die Behebung der Jndustriever- stvpfung der .Vereinigten Staaten. Ob e» allerdingck möglich sein wird, Deutschlands Kaufkraft durch di« Ge währung von Goldkrediten allein zu stärken, darf noch als fraglich gelten. Man müßte darüber Hinaus un sere slnanztellen Verpflichtungen, wie Churchill sagt, auf praktisch« Dimensionen herabsetzen. Zu diesem Aweck wäre es zuvor nötig, die interalliierten Schul den zu tilgen oder doch mindesten» stark zu tlUWN,. Hier ist freilich Amerika der Hauptleidtragende, da allein England unk Frankreich ihm rund 7 Mtlliark den Dollar schulden. Bisher hat die Unkvn noch nicht« , davon wissen wollen, Kiese Schuldverpflichtungen zu zerreiß««. Die Weltgeflundung wird also noch gchch»