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uer Tageblatt Jahrgang. Vkenstag, -en SS. August 1-21. »«AM,»!, druck- u.vrrlsßi Kuri dmck» u. v«il»«-e»f«u>»»ft m. »at. Mu«. «ilearamm « Mtk«lk«i «„«»lack Mu,»»,e» «« 2-rnfpr««« Mi»schluß Nr.» monuttlch Mn>«»,«npr,>s,i dl, ß,»,n„sp,Ii,n« P,M»,II, »»,» »,r,u Nuum kür Mur«««,» «u« Mu, un» »,m t>,,!rl«ch»,'»nd»«l p.ftuunatt.n un» drl.Nr«,,' »,»">"' o,»,"un,«n '» « - - — ' —— Nr. L-2. Das Wichtigste vom Lage. In einer Verordnung de» Reichspräsi denten werben zum Schutze der Republik Si ch erheits matz nahm en getroffen. Tie linksstehenden Blätter veröffentlichen Auf rufe der Sozialdemokraten und der Unab hängigen. zu Massendemonstrationen am Mittwoch nachmittag zuv Sicherung der Republik und gegen die Reaktion. » Ter Nachfolger Er'zbe.rgerö im Reichstage wird der württem bergt sch« Land ragSab ge ordnete Groß^sein, da der bei der Neichstagswahi als nächster auf der Liste des Zentrums stehender H a n bei s kämme v sek retär Joseph Schuler ver zichtet hat. » Ter Matin meldet, daß die deutsche GoldMil liarde am Sonnäbend vollzählig und ord nungsgemäß zu Händen der R e P a r a t i v u s k o m - Mission gezahlt worden ist. Sonntag nachmittag 5 Uhr wurde im Ausmärligen Amt in Berlin ein Wirtschaftsabkommen nii l Italien unterzeichnet. Tas Abkommen wird heute veröffentlicht werden. Ausruf zum Schuh äer äemokratrscheu Republik. Vie Not -es vaterlan-es. Tie Neichsregierung hat nachstehenden Aufruf er lassen: Schon seit geraumer Zeit erfüllt die Reichs regierung mit Besorgnis, daß die öffentlichen Eitlen !n Deutschland immer mehr in Verfall geraten und die Grundlagen von Reich und Staat zu erschüttern drohen. In einer Zeit, in der alle Kräfte der Nation darange'etzt werden müssen, die moralischen, sozialen und wirtschaftlichen Schäden des Krieges zu heilen, geht eine zügellos.e Agitation immer offener ans Werk, die politischen und staatlichen Fundamente zu untergraben, .auf denen sich der Neubau des Deutschen Reiches erheben soll. Tie Sprache der Pres.se. die diesen unheilvollen Bestrebungen dient, wird von Tag zu Tag deutlicher; sie zeigt, daß der Plan gewissen loser Elemente und Gruppen, die den gemeinsamen Um sturz der verfassungsmäßigen Ordnung betreiben, in N euere Kreise des Volkes getragen werden soll. Offen und in rohester Form wird in solchen Organen und in Versammlungen zu G e wäl t t a te n an politischen Geg nern, sogar zum Morde aufgefordert. Augenscheinlich halten die Führer dieser Bewegung die Zeit für ge kommen, in der ihre Ziele nicht mehr verschleiert zu werden brauchen, sondern offen bekannt werden dürfen. Tie Neichsregierung wird von dieser Bewegung als ein Klüngel unfähiger, schwächlicher und undeutscher Poli tiker dargestellt, deren Beseitigung patriotische Pflicht sei. Neben und in den Parteien, die in parlamentari scher Opposition stehen, gewinnen in letzter Zeit Organi sationen, Vereins, Gruppen und Persönlichkeiten an Bedeutung, die aus Haß gegen die demokratisch republikanische Staatsform offen zur Verach tung Fer Verfassung und Uebertretung der Gesetze auf- sordern. . ! , Tie Not des Vaterlandes macht es zur doppelten Pflicht, mit harter Hand diesem Treiben teils gewissen loser, teils verblendeter Element« entgegsnzmreten. Ein schwerer Winter steht Deutschland bevor: noch lasten auf ult» die schwerdrückenden Folgen «ine» verlorenen Kriege», noch ist Oborschlesien dem Reich nicht gesichert. Seine Erhal tung, für welche die Regierung seit Monaten zäh und nicht aus sichtslos kämpft, kann durch einen ossenen Ausbruch in- nerer Zwistigkeiten in Frage gestellt werden. Der po litische Kredit des Deutschen Reiches darf nicht erschüttert wer den in dem Augenblick, in dem wir den Anspruch aus Oberschle. sien auf die Grundsätze 'der Demokratie gründen, Ebensowenig' kann es geduldet werden, daß durch politische Unruhen die wirt schaftliche Kraft Deutschlands geschwächt wird, die zur Abtra gung der schweren un« auserlegten Lasten aus» höchst« ange spannt werden muh. Nur durch dauernd, ungestörte Arbeit kann ös gelingen, Reich und Volk über die schweren Zeiten hinweg,u. führen, in denen Teuerung und steuerliche Höchstleistung neben einander hergehen. In dieser Lag« des Vaterlandes die Verfassung und Ee- setze antasten oder verächtlich machen, heißt, eine zweite, in Wahrheit erst vernichtend« Niederlage und damit den Verfall de» Reiches vorbereijen. Die RetchSregierung lst deshalb entschlossen, daS zu tun, was die Zettumstände und di« Provokationen der Gegner der Verfassung gebieterisch erheischen. Tie. Ber- 'assung, die die demokratischen Forderungen der Frei beit der Presse, der Vereine und der Versammlungen verwirklicht, gewährt zugleich die Möglichkeit, diese Freiheiten zu beschränken, wenn diese zur Beseitigung der Verfassung selbst und aller Freiheit schlechthin miß braucht werden. Von dieser Befugnis, die dem Reichs präsidenten zusteht, wird durch den folgenden Er laß Gebrauch gemacht. Di« Sktch«r«gftr»ng hofft und ist überzeugt, dah all« r«cht- lich drnkmden und zum Wiederaufbau des Vaterland«» willigen Deutschen hinter st« treten und mit ihr zum Schutz de, Verfassung änd der S«s«tz« zusammemvirken. St« wird mit unerbittlicher Streng« gegen j«d« Auflehnung vorgehen und fordert all« Organe de» Reiche, und der Länder aus, in völliger Unparteilichkeit und ohne Ansehen d«, Person der Verordnung rücksichtslos Geltung ,u oeirfchassen. . . .. , Di e Reich Sregferung.. gez. T-r, Wirch. , . Sicherheitsmaßnahmen für -as Reich. Eine Verordnung des Reichspräsidenten bestimmt, daß zwecks Wiederherstellung der öffentli chen Sicherheit und Ordnung im Reichsgebiet 1. periodische Druckschriften, deren Inhalt zu, gewaltsamen Aenderung oder Beseitigung der Verfassung, zu Gewalttaten gegen Vertreter der republikanischen demokratischen Staatssorm und zum Ungehorsam gegen die Gesetze ausfordert oder anreizt oder eine Billigung oder Verherrlichung solcher Handlungen darstellt oder die versassungsmähigen Organ« ver ächtlich macht, bis zu 1t Tagen verboten werden können, 2. daß Versammlungen, Bereinigungen, Aufzüg« und Kundgebungen verboten werden können, wenn die Besorg, nts begründet ist, dah in den Versammlungen Erörterungen stattsinden, welche die eben genannten Handlungen zum Gegen stand haben. Reichspräsident und Reichskanzler haben mit dieser Verteidigung der Republik die gesetzlichen Wege nicht verlassen, .da nach Artikel -18 der N.-V. der Reichsprä sident eine Anzahl Artikel der Verfassung außer Kraft setzen kann. Ter Wortlaut der Verordnung richtet sich offen und im wesentlichen gegen die äußerste Rechte. Sitzung -es Neichskabinetts. Im Tienstgebäude des Reichspräsidenten und unter dessen Vorsitz hat gestern eine eineinhalbstündige Be ratung des Nei'ch'skabtnett's stattgefunden, dis sich mit der innerpolitische Lage beschäftigte. Ter Reichs kanzler war noch in der Nacht nach Berlin zurückgekehrt. Die abwesenden Minister waren durch ihre Räte ver treten. An den Beratungen nahm auch der Staats kommissar für die öffentliche Ordnung . Tr .Weiß mann teil, .der nach der Sitzung mit dem Reichswehr minister Tr. Gehler noch eine Besprechung hatte. Gegenstand der Erörterungen war die Ermordung Erzbergers und die sich daraus ergebenden inner- pv.irischen Folgen. Ter Potsdamer Vorfall gehörte gleichfalls in den Kreis der BessPrechungspunkte. Es scheint der Eindruck vorzuherrschen, daß die Macht mittel des Reichswehrministers genügen,, um et waige Unruhen im Keime zu ersticken. Der Reichskanzler über den Ernst der Lage. Der.Reichskanzler äußerte, während seines Aufent haltes zn Frankfurt a. M. der Frankfurter Zeitung.ge genüber seine Auffassung über.die politische Lage, di« er als sehr ernst betrachtet. Die Republik s.ei in Gefahr. Jetzt sei die Aufgabe derjenigen, di« bor allen anderen berufen sind, den Staat zu schützen, der verhetzenden Demagogie mit großer Entschiedenheit ent gegenzutreten. Tas werde alsbald geschehen. > Eine einheitliche sozialistische Front? Im Reichstag find gestern die Führer der sozial demokratischen Parteien und der U. S. P. D. M einer gemeinsamen Beratung zusammengetreten, in der ein heitliche Richtlinien für das Vorgehen der beiden Par teien beschlossen würden sollten. Allem Anschein nach wird der Mord an Erzberger dis einheitliche soziali stische Front verwirklichen, dis bis fetzt nur er strebt wurde,, aber in näherer Zukunft nicht erreichbar schien. Die Haltung der Gewerkschaften. Gestern nachmittag.empfing der Reichskanzler die Führer der Gewerkschaften des Allgemeinen Deut schen GewerkschaftSbundeS, . des GewerkschaftScinaeS (H.--D.) und der Afa. Diese beabsichtigten, den Reichs kanzler auf .die Erregung in der Arbeiterschaft auf merksam zu machen, die nur beseitigt werden könne durch entsprechende Maßregeln der Reichöreaierung. Ohne bestimmte Forderungen zu formulieren, soll all gemein ein festes Eingreifen gegen die antirepublika- ntschen Elemente und ein nachdrückliches Vorgehen ge gen jene Offiziere der Reichswehr verlangt werden, die offen ihre antirepublikanische Gesinnung zur Schau tra gen. Auch die Haltung der 'Justizbehörden soll zur Sprache gebracht werden. Die Gewerkschaften sind sich allerdings darüber klar, daß durch die Unabjetzbarkei't der Richter der Einflußnahme der Regierung Schran ken gezogen sind, wohl aber könne dis Regierung auf die Staatsanwaltschaften bin einwirken, daß gegen ver brecherische Anschläge extremer Nationalisten in der selben Weise vorgegangen wird wie bei Verbrechen links radikaler Elemente. Ein Ausruf an dir Mitglieder des Zentrum». Im Anschluß an den Katholikentag fand in Frank furt a. M. eine Sondersitzung der Vorstände der Zentrum Sp arteten statt, in der ein Aufruf an die Mitglieder der Zentrumspartei beschlossen wurde. Es heißt darin u. a.r Der Abgeordnete Erzberaer ist einem ruchlosen Meuchelmord zum Opfer gefallen Wer es gut mit unserem Volke Meint, der bewahre «S vor inneren Erschütterungen, der trete ehrlich auf den Bo den der Verfassung, di« das deutsche Volk und alle seine Stämme in freier Selbstbestimmung sich gegeben haben. Ta- Grab Erzberger» darf sich nicht schließen, ohne daß wir in machtvollen Kundgebungen diesem Gedanken Ausdruck geben. Tretet in. allen Gauen zu« sammen, um laut und friedlich Verwahrung /lnzu- legen gegen jeden Kampf mit vergifteten, Waffen, Se gen die verhängnisvolle BoMverhehung, gegen 1«g« ltche Gewalttat. Gelobet, treu zu stehen zur Ordnung und Verfassung im Gedenken unseres alten Wählspru ches: Für Wahrheit, Rocht und Freiheit! Auf äer Spur äer Möräer Crzbergers. Ter Leiter der Berliner politischen Polizei Regie- rungSrat Weitz wurde am 12. Juli davon in Kennt nis gesetzt, daß sich ein lunger Mann, anscheinend ein Student und früherer Offizier, in einer Ber liner Zettungsredaktion einem Redakteur gegenüber da hin geäußert hat,, daß Erzkörper ein Schädling .sei und als solcher so schnell als möglich gewaltsam beseitigt werden müsse. Gleich nachdem Weiß von diesem Vor fall erfuhr, schickte er einige Beamte in die Wohnung Erzberaers um ihm über die Aeußerung des jungen Mannes zu berichten und anzufragen, ob dieser junge Mann ihm etwa bekannt seil Erzberger war jedoch mit seiner Familie schon verreist und hielt such in Jordans bad bet Bibrach zur Erholung auf. Er schickte die Akten an die dortige zuständige Polizeibehörde und er suchte sie, Erzberger davon in Kenntnis zu setzen. Erz berger schickte dann die Akten zurück und teilte mit, daß .er von dem Vorgefallenen Kenntnis genommen habe. Er bäte, sofort den Staatskommissar für die öffentliche Ordnung zu informieren. Die Ermittelun gen nach dem jungen Manne sind in vollem Gange. Bisher hat man ihn jedoch nicht auffinden können. Ge stern vormittag wurde der Redakteur im Poli/eipräst« dium vernommen, zu dem im Juli der unbekannte Siu« denr die Aeußerung über Erzberger getan hat. Ta man von den beiden Mördern Erzbergers eine genaue Beschreibung in Händen hat, so werden die Aussagen des Redakteurs über das Aeußere des Studenten mit dem der Mörder verglichen werden. Ta der Student und der eine der beiden Mörder groß und blond ist und ebenfalls einen Anzug aus Mtlitärstoff trug, so nimmt man an, daß er an dem Mord unmittelbar be teiligt war. Tie Untersuchung liegt in den Händen der politischen Abteilung der Berliner Polizei. Im Laufe des Sonntags sind verschiedene Anzeigen gegen ver dächtige Personen eingelaufen. Alle diese Spuren sind sofort ausgenommen worden. Berliner Kriminalbeamte haben gestern mtttaa auch eine Anzahl photographischer Aufnahmen an der Mord stelle gemacht. Am Nachmittag begaben sich General staatsanwalt Schlimm, Staatsanwalt Burger auS Offen bürg und mehrere Kriminalbeamte auf den KnibiS. wohin die neuen Spuren Uhren. Tie Anhalts- punkte der 'Staatsanwaltschaft habest sich Durch wertvolle Aussagen in Oppenau, von wo die drei Verbrecher nach vollbrachter Tat abgefahren sein dürften, verstärkt. Im Laufe des Montags haben die Berliner. Streiftrupp» den Einwohnern der. im Nordbezirk liegenden Ortschaf ten eine Anzahl Photographien von Personen, die als Täter in Betracht kommen könnten, vorgezeigt. Da durch sollte die Erinnerung am junge Leute, die bei ihnen gewohnt haben und verdächtig sind, erleichtert werden. So bald als möglich soll auch der Abg. Die tz zur Mordstelle gebrächt werden., Dietz, der nach .EmP- fäng.des Schusses mit dem Gesicht auf den Boden fiel, konnte nur ungenaue Angaben über die -Täter machen. kommunistische Ruhestörungen. Eine vom Verein für das Deutschtum im Aus lände in ' - Neuhaldensleben für Sonntag abend einberufene Versammlung, in der General v. L e t 't o w - V o r b e ck über den Feldzug in Ostafrika sprechen sollte, wurde von Anhängern der Linksparteien verhindert. Diese hatten bereits län gere Zeit vor Beginn der Versammlung zu Hunderten den Saal besetzt. Da außerdem vor dem Versamm lungslokal eine große Menschenmenge ein« drohend« Haltung etnnahm, so daß Zusammenstöße zu befürchten waren, wurde die Versammlung abgesagt. Erst nach längerer Zett trat wieder Ruhe ein. — Aus Wulferstedt bei Aschersleben wird gemeldet: Bei einer Fahnenweihe des hiesigen Stä'hlhelm, an der sich mehrere an dere Verein« beteiligten, wrtrden die Teilnehmer von einer Anzähl Kommunisten belästigt. Aus einem Hause fielen mehrere Schüsse, durch die verschiedene, Perso nen ver w u ndet wurden. Gin Veteran von 1870 und 1871. der ebenfalls verwundet wurde, erlag seinen Verletzungen. — Gelegentlich des Regiments feste'S der ehemäligen 7. Kürassiere (V. Seydlitz) in Halberstadt kam es zu schweren kommunistischen Ausschreitungen Ten Anläß dazu soll eine von einem Obersten ge- hätten« Rede gegeben haben. Um di« Mittagszeit, al» nur vereinzelte Personen im Festsaale anwesend wa ren, erschienen etwa 200 Mann und richteten Verwü stungen an. Die Schupo stellte die Ruhe wieder her. — Oberpräsident Hör sing hätte den vom Stahlhelm in. -all« a. S. fstr Sonntag vormittag angel«tzten Umzug, sowie den