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1ö. Jahrgang. / vas ErAArbirge ,!'K.-Lmk'.;! I L^rL^L '-" " --"" -"»WL'. '" I '^^'"^.«NLW.7^« '""" Nr. 142. Vleustag, -ea 21.^oni 1-21. Das Wichtigste vom rage. Der Staatsanwalt hat in dem Prozeß gegen den Armenier Teilirian, der den ehemaligen türkischen Grotzwesir Talaat Pascha er^chotz Revision eingelegt. Don den bei einer Schlagwetterexplosion auf der Zeche Mont Cenis bei Hern« Berun- glückten sind nach einer amtlichen Meldung bis gegen 2 Uhr letzte Nacht 8 8 Tote und 7 3 Verwundete, darunter 26 Schwerverletzte« geborgen worden. * Der HauptauSschutz des österreichischen NatioMalrates hat einen Antrag angenommen, den Präsidenten der Wiener Polizeidtrektion Schober zum Bundeskanzler zu designieren und ihn mit der Bildung des Kabinettes zu be auftragen. Ter dänische Ministerpräsident Neergard erklärte in einer Versammlung in Odense, die Regierung könne die Forderung der Industrie auf Er höhung der Zölle zum Schutze gegen die deutsche Einfuhr nicht erfüllen. Vie Setelllgung <ier alllletten Staaten an tieulsenen InNGrieunternelnnungen. W.W. In der französischen und enalvchen Presse tauchen immer wieder Meldungen auf, wonach die Ga - rantiekoMMission eine Beteiligung ver alliierten Staaten an den deutschen Jndustrieunternehmungen, ins besondere an den Bergwerken im Ruhrrevlec, verlangt. Dieser Gedanke ist ausführlich erörtert in einem Gut achten, das die genannte Kommission den alliierten Ka binetten am 30. Mai übergeben hat. Hier ist «ine Ge- samtbetejiligung der in der Garantiekommtssion vertre tenen Staaten mit zunächst fünf Milliarden Gold mark vorgesehen. In Deutschland lehnen alle am Wirt schaftsleben beteiligten Kreise diesen Gedanken ab. Tie deutsche Industrie hat im letzten Jahre infolge der Ent wertung -eK Geldes einen schweren Kampf gegen alle Ueberfremdungsversuche führen müssen. Tie meisten Aktiengesellschaften haben zu dem in anderer Beziehung nicht ganz unbedenklichen Mittet der Ausgabe von W or- zugsaktien mit mehrfachem Stimmrecht ge griffen. Trotzdem hat sich das Eindringen ausländischer Interessenten in deutsche Aktiengesellschaften nicht über all vermeiden lassen. Infolgedessen wurde ziemlich all gemein ein gesetzlicher Schutz gegen etwaige schäd lichen Einflüsse des an deutschen Jndustrieunternehmun gen beteiligten ausländischen Kapitals gefordert. Alle diese Bemühungen wären aber nutzlos, wenn eS der Entente gelänge, ihre Forderungen auf eine allgemeine Beteiligung an der deutschen Industrie durchzudrücken. T-ie Absichten ver Garantiekommission in dieser Bezie hung Md noch nicht ganz klar. Anscheinend ist geplant, dis Aktiengesellschaften und Gesellschaften m. b. H. zur Erhöhung ihrer Grundkapitalien um eine bestimmte Quote durch ein besonderes Gesetz zu zwingen und die neugeschaffenen Anteile in die Hände der ge nannten Kommission zu überführen. Tementsprechend würde die Entente einen weitgehenden Einfluß und Ein blick bet den deutschen Jndustrieunternehmungen erlan gen. Ta unsere ehemaligen Kriegsgegner zugleich un sere stärksten Konkurrenten auf dem Weltmarkt sind so wäre dieser fremde Einfluß gleichbedeutend mit einer vollkommenen Auslieferung der deutschen Industrie an ihre Konkurrenz. Daß die Garantiekommission ihr be sonderes Augenmerk auf die Bergwerke im Rührreoier gerichtet hat, liegt ganz im Sinne der französischen Politik, -ie immer nach neuen Möglichkeiten sucht, mW Frankreichs herrschende Stellung am kyg- tinentaten Kohlenmarkt auf Kosten Deutschlands zu erweitern und zu befestigen. Diese Pläne verfolgen das gleiche Ziel wie die beabsichtigte Auslieferung -er oberschlestschen Bergbaurevier« an Polen bezw. an das Volnischvfranzöstsche Kapital. Tie ablehnende Haltung Deutschlands gegenüber derartigen Projekten mutz von vornherein mit aller Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht werden. zwangsweise Zurückhaltung eines äeutschen Diplomaten. Auf.Grund von Originaldokumenten teilt die B. Z. am Mittag mit, datz der frühere deutsche LegationSsekre- tär Arnold Holtz und sein Dolmetscher Carmeltch noch fetzt in Frankreich in Strafhaft zurückgehalten werden. Holtz war seinerzeit der deutschen Gesandt schaft in Abessinien als Attaches zugeteilt und wurde im April 1917 als amtlicher Kurier mit großem diplo matischen Patz von Addis-Abeba nach Berlin gesandt. Bald nach ihrer Ausreise wurden beide durch französische Eingeborenentruppen noch aus neutralem Gebiet in Afrika festgenommen und ins französische Dschibuti ge bracht. Ihre Gefangennahme ist.nach dem bekannt««- wordenen Material durchaus zu Unrecht erfolgt. Dennoch wurden sie unter der Anklage, französische Sol- baten zur Desertion verführt zu haben, vor ein Krieg«, gericht gestellt und dort, sowie einige Monat« später vom Zivilgericht wegen Mordversuch au» dem Hinterhalt zum Tode verurteilt. Ter Pariser Kassationshof hob jedoch da» Urteil auf. G» trat eine neue Verhand lung ein, und in dieser wurden sie zu leben »läng licher Zwangsarbeit verurteilt, die sie nunmehr in Caen verbützen. Nach der Rückkehr de« deutschen Ge sandten aus Abessinien legte die deutsche Botschaft iw Paris die Beweise für die Kuriereigenschaft der in Haft gehaltenen vor und setzte die Wiederaufnahme de» Verfahrens durch. Bei dem schleppenden Gang des französischen Wiederaufnahmeverfahrens wird jedoch sicherlich noch geraume Zeit verflietzen, bis die Ange legenheit zum Abschluß gebracht ist. Tas Auswärtige Amt hat sich nunmehr verpflichtet gefühlt, beiden not leidenden Gefangenen Geldmittel zur Verfügung zu stellen. Leider ist, wie die B. Z. zu melden Weitz, die im Februar angewiesene Geldsumme bis zum 29. Mai, dem Datum des vorliegenden Briefes aus Caen, noch nicht an ihrem Bestimmungsort eingetroffen. Solange sich die deutsche Regierung und ihre auswärtigen Or gane nur auf höfliche Hinweise und Bitten beschränken werden, können sie auch in dieser Angelegenheit, die in ihrer groben Rechtswidrigkeit einfach empörend ist. kaum etwas Positives erreichen. Tr. Mayer dürfte keinen Augenblick Ruh« lassen, die sofortige Freilassung -er zurückgehaltenen Herren mit allem Nachdruck zu ver langen. Datz ein solcher Fall überhaupt noch möglich ist, beweist von neuem, daß -ie Deutschen im Auslande als völlig vogelfrei betrachtet werden. Beschleunigte Regelung äer oberschlesischen Aage? Wichtige Seschlüsse kn Paris. Wie Matin mitteitt, haben Ministerpräsident Briand und Lord Curzon den Beschluß gefaßt, die drei alli ierten Kommissare in Oppeln mit Nachdruck auf- zufordern, nun endlich ihre Berichte für die Grenzfestsetzung zu erstatten. Sie sollen sich eini gen, und man habe ihnen sehr ernstlich mit der Ent sendung von Sachverständigen gedroht, die an ihre Stelle treten sollen. Nach Pertinax im Echo de Paris habe Lord Curzon erklärt, was auch- Petit Parisien bestätigt, daß nach der Ansicht seiner Regierung das Industriegebiet Oberschlesiens unteil bar sei. und daß, angesichts der von Deutschland erziel ten Mehrheit seine Zuerkennung an da« Deut sche Reich nicht verhindert werden könne. An Stellv General Leronds habe Curzon eine hohe Per sönlichkeit, -ie außerhalb des Heeres stehe, vorgeschlagen. Tie im März und April verhängten Zwangsmaßnahmen am Rhein will Curzon aufgehoben haben, .während Briand diese Frage dem Obersten Rat Vorbehalten will. Nach Journal soll ein gemeinsames Vorgehen der alliierten Regierungen bei den Regie rungen in Berlin und Warschau zur Wiederherstellung der Ordnung und Sicherheit im Abstimmungsgebiet be schlossen worden sein. Es wird davon gesprochen, datz England dem französischen Standpunkt einige Zugeständnisse machen wolle. Polnisches Eigentumsrecht in Oberschlefleak Ter diplomatische Berichterstatter der Apenee Havas will wissen, datz die Zugeständnisse der englischen Re gierung in bezug auf -ie Teilung! des Industrie beckens sich darauf beschränken würden, Polen Wohl daS Eigentumsrecht zuzuerkennen, dagegen die Ausbeutung des Bezirkes Deutschland zu überlassen.' In der wahrscheinlich im Juli stattfindenden Sitzung des Obersten Rates wird außer ver Beratung ver ober- schlesiichen Frag« auch die Aufhebung -er im März in London über Deutschland verhängten Zwangs maßnahmen angeschnitten werden. Stelgenüe Erreguyg in Gberschlesien. vilvung polnisch« Ortswehrrn. Der ZwölferauSs.chuß unterbreitete am Sonn tag der Interalliierten Kommission neue Vorschläge. Es wird aber bezweifelt, datz diese Pläne die Billigung Leronds finden. Inzwischen ist die Erregung der deutschen Bevölkerung auf einen bedrohlichen Grad gestiegen, besonder» seitdem bekannt wurde, datz in den deutschen, von dem Selbstschutz geräumten Ort schaften fich polnische OrtSwehren bilden. Die SS«b«r««g in Oberschlefien. Aus Oppeln wird gemeldet: Tie Säuberungsaktion im Industriegebiet hat die Städte Kattowitz, Kö nig »Hütte und Beuthen von den Insurgenten', die die Vorstädte seit vier Wochen unter den Augen der Franzosen besetzt hielten und den Lebensmittelverkehr abgeschnitten hatten, befreit. Myslowitz, wo Sonn abend noch die Polen waren, ist,in der Nacht zum Sonn tag von den Insurgenten verlassen worden. Die pol nische Grenze ist für die zurückkehrenden Aufständischen wieder geöffnet. Freilassung des Abgeordneten Bia». Ter ReichStagSabgeordnete BiaS, der vor einiger Zeit von den polnischen Insurgenten festgenommen und verschleppt worden war. ist guf Li« «nergischen Borstel» lungen de» Vertreter» der deutschen Regierung bei der Interalliierten Kommission am 18. Juni früh wieder fretgelassen worden. Kein Optimismus k« Serllu. Ti« optimistische Stimmung, auf die man hier und da anläßlich der Unterredung Lloyd George» mit Briand stößt, wird in den Berliner politischen Kreisen nicht geteilt. E» liege kein Anlaß vor, da», wa» über die VW- klärungen Lord CurzonS berichtet werde, al» so gan- sicher anzunehmen. Ter Standpunkt, an dem deutscher seits festgehalten werden mutz, ist die Unteilbarkeit Oberschlesiens. Deutscher Reichstag. La» Ende der Debatte über den Fall Garow. Am gestrigen Montag wurde im Reichstage die De batte über die Gareis-Jnterpellation beendet. Abft. Bazille (Tntl.): Tie Interpellation beschäftigt sich mit einer Angelegenheit, deren Aufklärung allein Sach« der Polizei, der Staatsanwaltschaft und der Gerichte, nicht aber Sache des Reichstages ist. Ter Redner ver wahrt sich und die bayrische Regierung gegen den Vor wurf reaktionärer Gesinnung. Wir wissen, daß der Staat der Zukunft nur der soziale sein kann. Wir vertreten die wahre Demokratie. (Lachen links.) Wie können sich die Unabhängigen al» GralShüter der Verfassung auffpielen, sie, die Hochverräter de» 9. No vember? (Lachen links.) Adolf Hoffmann (Kom.) ruft: Tas ist fa der reine HeiterkeitSbazittuS! (Heiter keit.).— Am vielen Lachen erkennt man den Narren. Tie Interpellation dient nur parteipolitischen Zwecken. Ter Reichskanzler hätte di« Pflicht gehabt, die Verdächtigungen in der Interpellation zurückzuwet- sen, statt dessen hat er eine so tiefe Verbeugung tzor der äußersten Linken gemacht, daß.er nach hinten ausschlug und die Rechte mit unberechtigten Angriffen traf. (Hei terkeit.) Tie Zukunft unseres Volkes unter der Füh rung dieses Reichskanzlers kann man nur düster an sehen. (Beifall rechts, Gelächter links.) Abg. v. Schoch (D Vp.): Mir ist die heitere Stimmung der Linken nicht recht verständlich bei einer so ernsten Sache. (Sehr wahr! rechts.) Wir rücken ab von einer politischen Angriffs weise, die zum Faustrecht führt Wir verurteilen die in Bayern aufgekommene Methode, politischen Gegnern nach Versammlungen aufzulauern. Ihre Bresse (nach links) verherrlicht Hölz ,ald Nationalhelden. (Widerspruch bei den U.-Sozialisten, Abg. Mittwoch ruft: Lügen Sie doch nicht so!. Er wird deswegen vom Präsidenten Löbe zur Ordnung gerufen- Abg. v «du ld o ur ruft: Wie können Sie unsere Press« so falsch ver dächtigen!) Tie Mehrheit des bayrischen Volkes steht hinter der Regierung KahrS. Ab«. Hell« (Dsw.): > Tie Beratung der Interpellation im Reichstag ist in ihrer bisherigen Form dem Verhältnisse Bayern» zum Reiche kaum förderlich gewesen. Wir müssen in dieser Frage weise Vorsicht walten lassen, wie sie auch der Reichskanzler gefordert hat. Ter in Nacht und Ne bel verübte feige Mord ist nicht aufgeklärt. Ta ge ziemt sich Zurückhaltung und Schweigen. Wenn Vorwärts, Freiheit und Münchener Post es so hinstellen, als sei festgestellt, -atz der Mord von reaktio närer Sette verübt worden sei^so ist das eine Sünd« wider die Gerechtigkeit. (Seh!r richtig bei den Demo kraten und rechts.) Weil auch die Arbeiterschaft einge- sehen Hot, datz kein Beweis für den Verdacht eines po litischen Mordes vorliegt,, darum ist -er Generalstreik gescheitert. Man darf in der Rede des Reichskanzlers nicht eine Gehässigkeit gegen rechts sehen. (Rufe rechts: Na, na; hätte er doch geredet wie Sie.) In Bayern ist das Verlangen des Volkes nach Ruhe und Ordnung sehr verständlich, denn hier war die Revolution volksfremder und unwürdiger als anderswo. (Beifall rechts und in der Mitte.) Die Unterschied« zwischen Bolschewisten. U. S. P. und M. S. P. waren während der Rätrherrluh- keit schwer zu machen. Tie Überhitzte Stimmung und Neigung zu Gewalttätigkeiten ist auch! in München bi» auf einen ganz kleinen Kreis beschränkt. Der Geist des Volksbeobachters ist durchaus unbayrtsch. Wir erstreben die Versöhnung. Was hat die Partei de» Herrn Bazille für diese Versöhnung getan? Sie hat den wüstesten Radau-AntisemitismuS gefördert. (Sehr wahr! links.) - Sie hat nicht» getan gegen die pöbelhaften wüsten Be schimpfungen der Reichsregierung, die tatsächlich zur Gefährdung des Reichsgedankens führen. (Sehr wahr! links.) Ter mißglückte Generalstreik ist ein Anschlag gegen di« Volksfrei'heit der anderen, gegen die staat liche Ordnung. Dadurch wird der Abbau des Ausnahme zustandes nicht gefördert, den auch wir erstreben. Wir wollen Sühne, aber wir wollen darüber hinaus Wer» söhnung. (Beifall in der Mitte.) Abg. Remmel« (Kom.): Auf Bayern machen diese RetchStagSverhandlungen gar keinen Eindruck. Ter Par lamentarismus ist bankerott. Auf die Mordbuben der Reaktion macht man Eindruck nicht mit Reden, sondern nur mit der realen Macht, die die Arbeiterklosse besitzt. . (Tie Abgeordneten der Rechten haben sich während die ser Rede ausnahmslos aus dem Saal entfernt.) Abg Pfeiffer (Zentr.): Meine Bartet bedauert auf« tiefste den furchtbaren Mord an dem Abg. Garei». Wir hof fen, .datz -er Täfer bald seiner Strafe -ugeführt werden kann. Bisher ist noch kein Beweis dafür erbracht, datz national« militaristisch« Kreise den Mord verschuldet haben. Ebensowenig wie Berlin da» Reich ist, M Mün- chen da» bayrische Land. Die Judenhetze, verbunden Wit