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1». Jahrgang. Donnaben-, -rn iS. Juni 1-21. Nr. 140. < Fuer Tageblatt:;:?LS _ ... ^.,„ -«» „I »" « ß»«n»n*>» «»«»»« *'»««"4 « »»»—»'»"< »" »'e»- »,;«««<« v«ch »»»1 «»»« «4N kl» -,«« ««e- «- »I» n,«-»»-,». I «Pf,., n p,«., ».— M--I. 1^"" -fA^"'E.!EM»«^-44» »4»«k 4^4 «««. , »l< 4«, p»ft »,st«U« ,I»k««I>IheIIch I».K M«i«, 4.44 ^u,,,d«st.U«». s»»«» aU» I »»>»!,«»»»»,»m, V, f,»»,!»,«. , mir ,.,m. »», ,.»»r Im «.» Ian- *^Itzr i>I»« »«»t«», »«« 4», H»f»ab« -LH»«, »II N-««.»«' I 4», »x-4 .1.1,' »4»' »" »I«. 4-«,« «d«W Vas Wichtigste vom läge. Tie Elnzelentwaffnung der bayrischen Gin Wohnerivehr en« .die während der General' strelltag« stillgestanden hatte, ist wieder aufge- nommen worden «nd konnte reibungslos wet- trrarfüviet werden!. In der frantzöfischen Kammer erklärte Mi« nisterpräsident Briand, im Augenblick halte er jede Auseinandersetzung, über di« Lage im nahen Osten für verfehlt. . , Lord Eurzon ist gestern abend in Baris ein- getroffen. Er wird heute vormittag mit Briand eine Besprechung haben. Tie in den englischen Baumwollspinne reien zwischen den Arbeitgebern und Arbeitern ent standenen Aohndtfferenzen find beig.«legt. » Tie Führer der republikanischen Partei im amerikanischen Repräsentantenhaus und im Senat haben die baldige Beilegung Her Meinungsverschiedenheiten über die Reso lution wegen der Wiederherstellung des Friedens zustandes mit Deutschland angekünvigt. Teureres Brot? SW. Im Reichstag hat man sich in den letzten Ta gen 5m Anschluß an das Gesetz über das so^enann e Umlageverfahren wieder einmal sehr ausgiebig über das deutsche Ernährungsproblem unterhalten, und wenn man di« Verhandlungen auf eine einzige Formel zu rückführen will, .so würde diese heißen: Vor dem end gültigen Ende der Zwangswirtschaft! Das Umlageverfahren soll bekanntlich dem ReichsecnährunaS- rninisterium die Möglichkeit schaffen, durch eine Art Schatzgräberwirtschaft, _d. h. durch Aussammlung mehrerer Millionen Tonnen Getreide den Uebergana zur freien Wirtschaft ohne Rückschlag und mrt lücken loser Versorgung besonders der minderbemittelten Kreise zu ermöglichen. Es zeigte sich nun, daß die Meinun gen darüber, ob die Zwangsbewirtschaftung des Brot getreides tatsächlich schon aufzuheben sei, noch immer geteilt sind, .obgleich man nicht gerade sagen rann, daß die Zahl der Freunde der Zwangswirtschaft noch ir gendwie erheblich sei. Nicht einmal die Unabhängigen haben sich in der Person ihres ersten Sachverständigen auf.diesem Gebiete, -es Abgeordneten Tr. Hertzfeld, vor behaltlos zu ihren Gunsten erklärt, obgleich ein Antrag der U.S.P. sich in diesem Sinne aussprach und das Um lage, und Uebergangs-Verfahren ablehnt«. Ihre Gegen füßler waren die Teutschnationalen, die die sofortige Einführung der freien Wirtschaft verlangten und sich darüber hinaus noch dafür etnsetzten, daß der Landwirt schaft der Uebergang zur freien Wirtschaft in jeder Be ziehung erleichtert werden müsse. Zwischen diesen bei den Tendenzen stand der Antrag -er Regierungspar teien im Sinne der Annahme des Gesetzes der Regie rung Md zwar unter der Voraussetzung, daß die tn dem Entwurf vorgesehenen WorratSmengen von drei Mil lionen auf Zweieinhalb Millionen Tonnen herabzusetzen seien. Tie Mehrheitssozialdemokratie hatte gegen da» Umlageverfahren Bedenken, weil sie die Zwanasbewirt- schaftung nicht preisgeben wollte, und auf der anderen Seite war die Deutsche Volkspartei wieder mit dem Umt- lageverfahren nicht zufrieden, .weil si« die freie Wirr schaft Herbeisehnte. Tie Gründe für dieses schwankend« Verhalten sind in der Richtung zu suchen, daß man von der Freigabe des Getreideverkehrs eine erheblich« Verteuerung des Brotpreises befürchtet, denn man ist.sich natürlich darüber einig, -atz sine ge wisse Steigerung des Preises sich schon iim Hinblick auf.die Auswirkungen des Ultimatums auch auf die sem Gebiete nicht vermeiden lassen wird, aber man. sieht doch auch mit Besorgnis voraus, daß eine ungebührliche Erhöhung des Brotpreises zu schweren innenpolitischen Komplikationen führen könnt». GS. ist. .daher zu be dauern, -atz z. B. der Abgeordnete Tusche di« Pflicht der Landwirte zur höchsten Anstrengung 5m Sinne einer Ntedrighaltung des Brotpreises nur. ganz.oben hin streift«, denn eS wär« das Uebelste vom Uebeln, wenn der Gegensatz zwilchen Stadt und Land, anstatt endlich abgebaut zu werden, sich.unter Umstän den schärfer als bisher zusvitzen würde. Die bolschewistische Welle in Vberschlesien. vorrückt« der iMeraMlrrten Trupp««. — D«r russisch« Agitator Rckdek i« Obrrschleste«? Tie Lag« in Oberschlesien stellt sich nach den vor liegenden Nachrichten so dar, .baß einzeln« Orte der Kreis« Kosel, Ratibor und Großstrehlttz in d« Nähe der von den Polen gehaltenen Lint« von den iw- teralliierten Truppen besetzt wurden- Auch tn den Kreisen Rosen berg, Lubllnitz und TarnowitzM! die Besetzung im Gange. Guttentag wurde von den Engländern besetzt, Tarnowitzund zwei kleiner« Ort« wurden Yon den Insurgenten befreit. In oberschW-< scheu Kreisen hält man di« Art d«S Vorgehens d« in teralliierten Truppen nicht für geeignet, die schwere Sorg« der Bevölkerung zu zerstreuen. Tie polnischen Banden lösen sich, sobald die interalliierten Truppen in Gicht kommen, auf, und die Insurgenten erscheinen, nachdem sie ihre Waffen vergraben baben, jim nächsten Dorfe als friedlich« Bauern wieder. Hinter dem Rücken der interalliierten Streitkräfte bilden sie dann Banden, di« jeder Disziplin und Führung ent behren. Nach den vorliegenden Meldungen dürfte es sicher sein, daß.sich in den noch von den Insurgenten besetzten Gebieten tatsächlich «in« bolschewistische Welle bemerkbar macht. Da der Aufstand im Zeichen des Niederganges steht, so ist «S erklärlich, daß-di« mit leeren Versprühungen gespeisten Insurgenten dem Ein fluß der, Kommunisten zugänglicher werden. Tie von den Zeitungen gebrachten einzelnen Nachrichten lassen sich nicht nachprüfen; doch geht auS den Erzählungen von Flüchtlingen hervor, daß die Gefahr des Umschla-i genS der Jnfurgentenbewegung inS Bolschewistische be steht. Nach Mitteilungen vertrauenswürdiger Amerika ner soll sich in der kritischen Zeit der russische Agitator Nadekin Oberschlesien aufgehalten und Besprechun gen mit Korfanth gehabt haben, dem er den Vor schlag Lines autonomen Sowjetoverfchlesien, das von der russischen Regierung unterstützt würde, machte. Deutsche zuständige Stellen erklären, daß ihnen von einem Aufenthalt Radeks tn Oberschlesien oder im übrigen Deutschland nichts bekannt sei. Nach anderen Nachrichten soll jedoch der Aufenthalt sowirtrusstfcher Führer tn Oberschlesien einwandfrei festgestellt sein. «kntschek-ung über Gberschlesterr? Tie Narodni Listh meldet aus Brüssel: Hier und in London sind Gerüchte im Umlauf, -atz -er Vertrag über Oberschlesien tn den Hauptzügen bereits fertig gestellt ist. Deutschland soll alle wichtigen Gru benzentren OberschlefienS erhalten, während Polen durch günstige Regelung auf anderem Gebiete entschädigt wird. Außerdem soll Polen ein bestimm ter Prozentsatz von Rohmaterialien und Fertigfabrikaten aus Oberschlesien garantiert werden. Neu« Massenflucht aus dem oberschlesischen Industriegebiet. Aufs neue hat eine Massenflucht aus dem Industrie gebiet eingesetzt. In Oppeln sind über 3000 Flüchtlinge angekommen. Ter Ententezug, der täglich von Oppeln bis Kattowitz führt, ist bei Hindenburg beschossen wor den. Zwei Franzosen wurden verletzt. Durch das Ein rücken der Engländer in Zembowitz. sind die Polen ge nötigt worden, ihrs Angriffe auf.PruSkau einrustellen. Tis englischen Streitkräfte sind jedoch zu schwach!, um di« deutsche Bevölkerung vor den Drangsalierungen per Polen zu schützen. Ter italienische Oberst Salviont hat angeordnet, daß auf dem rechten Oderufer OrtSweh- ren gebildet werden. Ter Belagerungszustand Mr Ratibor ist aufgehoben worden. Englische Truppen find tn Ratibor, Kl.-Althammer, Ferdinandshof, Salesche, Poppitz, Guttentag und Kostellitz eingetryffen, franzö sische Truppen in Kl.-Althammer und Kostellitz; außer dem sind Jakobswalde von Franzosen, Lubom und Nensa von Italienern besetzt. Tätlichkeiten im äeutschen Reichstage, die Interpellation über -en Mor- an Garels. Im Reichstage wurde gestern die Interpellation -er Unabhängigen wegen der Ermord ungdeSbay- rischen Landtagsabgeordneten GareiS ver handelt. Abg. Unterleitner (Unabh.) begründet« die Interpellation. ES Handels sich, nicht um VW Tat eines Einzelnen, sondern um die Bekundung eine politischen System«. Gareis wußte zu viel. Er führte den Kampf gegen die bayrische Justiz und Poli zei. Er hat die Mürderzentrale festgestellt, .da« Funk tionieren des Geheimdienstes aufgedeckt, hat das Spitzel wesen und alle Machenschaften aufgedeckt, -ie mit der bayrischen Königshartei Zusammenhängen. Die Press« hat ihn zum Landesverräter gestempelt, penn Gareis bestand aus .Einhaltung und Durchführung -es Ultima tums, war gegen die Orgesch und Einwohnerwehren. Er kämpfte gegen die Absplitterungsabsichten Bayerns, aber er trieb auch kein« sogenannt« nationale Politik. Er war ein Gegner de- Abg. Heilwund vor allem per VerftändigungSwünsche, Welche der Abg. Heim gegen über Frankreich hegte. Dasselbe Bayern, das jeden Deutschen al» Ausländer behandelt, ist «in Hort für die Ludendorff und Ehrhardt geworden, ,di« Feinde der Republik! Ti« Arbeiterbewegung wird nie- Lergehalten, Uebergriffe und Mordanschläge sind an der Tagesordnung. Ein Täter wird nie gefunden. Auch! den Mörder von Gareis wird man nicht finden. Red ner greift die Regierung v. Kahr« und den Münchener Polizeipräsidenten auf» schärM an und nennt die Kul- »Urzustände in München^ eine Kulturschand«. Ter Mt«A- bacher Anzeiger fordert direkt zum Mord auf. Ihm ge schieht nicht». Tiefe» Blatt hat dazu aufgesordert, d«N Hund GareiS totzuschlagen. Dem Entwaffnung»kom- missar hat er geraten, sich für die Rückkehr gleich «in Zinkherz mitzubringen- Al» Redner davon spricht^ daß man tn Bayern ejrst.5000 Kommunisten an die Wand stellen wollt«, da st« keine Deutschen seien und kalt gemocht werden wüßten, ruft Abgeordnet« Mittel mann (D. VP.)r Da haben Bi« recht! DofoM springen mehrer« kommunistisch« Abgeordnete, darunter der Aba- Bartz, auf thti lo» und greifen ihn un ter lautem Gvschref tätlich an. ES encheht elne wüste Szene. Mehrer« Abgeordnete springen dazu, ohne Ruhe stiften zu können. Tie weiblichen Abgeordneten Frau Behm (Tnakl.) und Frau An sorge (Goz.) bemühen sich, die Streitenden auSelnanderzubringen. Präsident Lü bs verläßt seinen Sitz und die Sitzung W da mit aufgehoben. Die erregten Szenen gehen auch nach Schluß der Sitzung weiter. Schluß gegen S Uhr. Präsident Löb« teilt um 3 Uhr 10 Min. mit. daß jer die Sitzung noch! nicht wieder eröffnen wolle. Um S Uhr 15 Mn. werd« der AeltestenauSsch utz zur Feststellung de» Tatbestandes zusammentreten. Bei . Wiederaufnahme der Sitzung gegen 5V- Uhr füllen noch immer erregt« Gruppen den Saal. Präsident Löb«; Ter AeltestenauSschuß hat ver sucht, den häßlichen Zwischenfall autzuklären. Redner verliest den stenographischen Bericht und konstatiert, daß, wenn der Vorgang Ich unbestritten so zugetragen hätte, er dem Abg. Mittelmann zweifellos Sine Rüge erteilt hätte. Aber der Abg.Mittelmann Habs» festgestellt, daß leine Bemerkung Nur den Worten: Div Kommunisten sind keine Deut schen gegolten habe, und daß er (Löbe) Vie Wort« vom Kaltmachen gar Nicht gehört hab«. Nichtsdestowe niger müsse er auch! Vie Worte deS Abg. Mitwlmann als durchaus ungeboten bezeichn«« und ihm «in« Rüge erteilen, noch schärfer aber dem Abq. Remmel«, der sich zu einem tätlichen An griff hab« hinreißen lallen. Er appelliert o» das HauS. dafür zu sorgen, daß unsere Berhandlungen sich in anständiger Form vollziehen, sonst.könn ten wir einpacken. Er bitte also, den Platz vor der Tri büne in Zukunft freizulassen, um eine Wiederholung solcher Zwischenfälle zu verhindern. Abg. Unter lettner (Unabh.) fährt nunmehr in feiner Red« fort. Er schildert die allgemeine Empörung, welch« die Schand taten der bayrischen Regierung überall im Reiche, spe ziell in Baden, .hervorgerufen hätten. Ter Bayerischen Vollspartei rufe er zu, eS sei die höchst« Zrtt, daß sie mit Kahr Schluß mache. (Beifall lintt.) Reichskanzler Vr. Vieth: Ich verstehe manches aus der Erregung des Vorred ners. Kein Wort ist scharf genug, die hinterlistig« E» mordung des Abgeordneten Garet» zu kennzeichnen. Ter Täter muß gefunden und zur Strafe gezogen wer den. Die Frage mich den Motiven darf aber nicht zu voreiligen Schlüffen führen. Wir Müssen da» Ergeb nis der Untersuchung abwarten. Geführt wird sie mit dem größten Eifer, erschwert ivivd sie, weil der einzige Zeuge, der Abg. Ser Ving, keiner lei Angaben über die Persönlichkeit des Tä ters zu machen weiß, als daß er Gamaschen getragen hat. Staatsregierung!, Polizei und poli tische Parteien Bayerns haben das gleich« Jnteress« an der Auffindung -eS Mörder». Das Mitleid mit dem Opfer und den Hinterbliebenen bring« ich hier zum Aus druck. Damit allein ist Ihnen aber nicht gedient. La» Verbrechen muß gesühnt werden., Di« Tat, «1» Beweis, daß wir uns wieder in einer Krise be finden, bedeutet di« größte Gafährdung^inse« rer friedlichen Entwicklung. Aber di« weir- gehenden Angriffe des Vorredner» auf Vie bayrische Re gierung schießen über das Ziel hinau», wenn auch feine Erregung begreiflich ist. So wenig Bayern an der Wei marer Verfassung sich vergangen hat, so wenig wer den wir uns erlauben, an de rbahri sch enRe- gterung LU rütteln. Auch in der Kritik werden wir vorsichtig sein. ES muß aber zugegeben werden, haß sich in der letzten Zeit in SÜddeutschland^ wicht bloß.in Bayern, von der Rechten geduldet« Presseorgan« ge bildet haben, welch« die Trennung de» Süden» vom Norden zum Ziele habet» und von Süden her die Reaktion wieder ein.führen wolle«. Un» ist viele- vorgeworfen Korden. Wir hätten, um fett« Pfründen zu ««langen, unser« Posten erstrebt. Red ner erwähnt ein deutsch-national«« Pamphlet, daß di wüstesten Angriffe auf.ihn enthalten habe. (Stürmisch« Unterbrechungen rechts.) Gegen diesen Kampf de» Haffe», gegen diese» politische Treib« gegen »tatzela» Personen mutz eingeschritten werd««. Der Reichsprä sident mutz wenigsten» autzerhalb d«S politischen Kamp, fe» stehen. Man mutz Hm doch- nächste», daß er vom ersten Tage seiner Tätigkeit an feine Pflicht al» deut scher Mann getan hat. (Lebhafte Zustimmung.) Sies« VerwildeÄung der Sitten, die seit zwei Jahren fortschvet- t«t, mutzt« sich zu solchen Taten entladen, wie wir sie all« erlebt haben. (Stürmischer Protest rechts. Pfui-, ruf«, Rufe r Temagogt« l) Diese Atmosphäre, bildet ein« Gesahr für die Einheit des Reiche». WolHn wir dies« Atmosphäre kläre», so müssen wir di« Fragen d«s Londe» im ganze» Rahmen der süddeutschen Per- hältnisse zu klären suche». Die Entwaffnungsak tion in Bayer» schreitet günstig fort, Me «» das Ultimatum bedingt. Latz wir mit allen Kräften dem Tag zustreben, wo auch dl« letzte Spur de» Ausnahme- rustandeö verschwinden kann, will ich Hier auf» neue