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1b. Jahrgang. Dienstag, öeu 31. Mak 1921 Nr. 124 Nathenau Meäeraufbaumirnster. Tie auf Antrag des Reichskanzlers erfolgte Ernen nung Walter Rathenaus zum Wiederaufbaümini- ster ist, wie im Auer Tageblatt gestern schon kurz ge meldet wurde, vom Reichspräsidenten in Mergentheim unterzeichnet worden. Ter neue Wiederaufbauminister sollte bereits au der gestrigen Sitzung des Reichskabi netts teilnehmen. Ter Tena zufolge ist die Ernennung des Zentrrunsabgsordneten Dr. Anton Häfle zum Pressechef.der Ncichsregierung als endgültig anzu seihen. Tr. Höfle ist Direktor des Gcsamtvcrbandes der Teutschen, Staatsbeamten« urid Staatsaugestollten-Ge- wsrkschaften. Der neue Wiederaufbauminister Walter Nathenau ist 1867 in Berlin geboren. Er studierte nach Abschluß seiner Gymnasialbtldunq Physik, Ehemie, Mathematik und Philosophie und später in München noch Maschinen bau. Von 1893 bis 1899 leitete er die Elektro-Ehemi- schen Werke in Bitterfeld, für die er große Anlagen in Bitterfeld,^n Polen und Frankreich baute. 1899 wurde er Leiter der Abteilung der Allgemeinen Elektrizitäts- Gesellschaft für den Bau von Zentralstationen. 1905 wurde er nach dem Tode seines Vaters Emil Nathenau Präsident der A. E. G. Im politischen Leben hat er nicht selten eine bedeutsame Nolle gespielt. Mit dem damaligen Kolonial-Staatssekretär Dornburg ge reiste er 1907/08 Deutsch-Ost- und Teutsch-Südwest- afrika und verfaßte die amtlichen Berichte über diese Reisen. 1909 begab er sich im Auftrage der Reichs regierung nach Paris, um über die Mannesmann- Afsäre in Marokko zu verhandeln. Neben seiner Tä tigkeit in der Industrie hat Nathenau sich auch, mit philosophischen und sozialökonomischen Fragen beschäf tigt. Auch in der SozialiHierungskommission, die Mitte des vorigen Jahres tagte, hat er eine bedeu tende Rolle gespielt. Der Hansabund gegen Rathenaus Planrvlrtsichastsüestrcbungen. Das Präsidium des Hausabundes erklärt aus An laß der Ernennung Tr. Walter RathenauS zum Wteder- anfbauministcr: Ter Hansabund wird mit gespannter Aufmerksamkeit den Werken Rathenaus als Wiederaus bauminister folgender wird aber jeden Versuch, den von Nathenau seinerzeit mit Wissel! und Möllendorf.pro pagierten P lanwir t'sch af.ts ge dan ke n in die Tat umzusetzen, auf.das entschiedenste bekämpfen, sowie alle Gegner einer derartigen Rathenauschen Wirtschaftspolitik um sich zu sammeln suchen. Wenn der Hansabund die Ernennung Rathenaus zum Wiederaufbauminister schon von vornherein mit dem größten Bedenken betrachten kann so muß der Bund seine fetzige mitarbeitends Tätig keit beim Wiederaufbau in eine Oppositionsstel lung Andern, sobald Nathenau seine früheren plan wirtschaftlichen Gedanken zur praktischen Durchführung zu bringen sucht. (Wir sind der Meinung, daß man erst die Taten des Ministers Tr. Nathenau abwarten sollte, ehe man sich für Zustimmung oder Opposition ent scheidet.) Wiäerslanä Bayerns gegen Me Entwaffnung? Wie die Berliner MontaaApost meldet, ist das Reichs kabinett am Sonntag zu einer Sitzung zusammengetre ten, in der es sich ausschließlich mit der Entwaff nung K f r a g e beschäftigt habe. Tas Blatt will wissen, daß diese Sonntagssitzung hauptsächlich dadurch veran laßt worden sei, daß in Bayern starke Kräfte die Auflösung der Einwohnerwehren zu verhin dern suchten, wodurch eine sehr ernste Lageent stehen könnte. Lärmszenen im dazwischen Landtage. Die aufgcfchobene Erklärung des Ministerpräsidenten v. Kahr. Im Staatshaushaltsausschuß wollte Ministerpräsi dent v. Kahr gestern die versprochene Erklärung über die politische Lage und die Einwohnerwehrfrage abgeben. Vorsitzender Abg. Giehrl erklärte jedoch vor Eintritt in die Tagesordnung, der Ministerpräsident habe mit geteilt, daß er gestern noch nicht in der Lage fei, die versprochene Erklärung abzugeben. (Unruhe und Gelächter links.) Er werde heute Dienstag früh zu der Angelegenheit Stellung nehmen. Abg. Timm (Soz.) nannte dies Verhalten einen eigentümlichen Vor gang. Heute wisse man in parlamentarischen Kreisen noch nicht, wie diese wichtige Angelegenheit Bayerns sich abspiel«. Tas sei ein geradezu unerhörter Vorgang. Es bleib« seiner Partei nichts anderes übrig, als da gegen entschieden zu protestieren, Abg. Stang (bahr? Bolksp.) erklärte namens der Koaltttonsparteien, daß diese «s für nötig erachten, in dieser schwerwiegenden Frage ein völlig klare» Bild zu erhallen. Das werde gegeben werden. Deshalb beantrag« er, über die Frage zur Tagesordnung überzugehen. Darauf entstand bei Das Wichtigste vom Tage. Der Nepa ra tion skommi ssi o n wurden gestern wettere 60 Millionen Gold mark in Devisen als zweite Anzahlung auf di« erste Milliar de Goldmark angeboten, sodaß also jetzt in d ge samt 200 HMlkionen Goldmark ungezählt sind. Ter NeichSkanklev teilt« Mit, daß eine Ab gabe vok Schmuckg^egenständen zwecks Abgabe der Reparationszahlungen nicht berücksich* tigt sei . ' Ti« Entente hat wegen rückständiger Koh le nlivferungen aus den Monaten Februar März und April ein« neue Not« an Deutsch land gerichtet. Di« Reich sgewerks.chaft Deutscher Eisen bahner und Anwärter fordert in einer Ent schließung .Festhalten am schematischen Acht stundentag. Oesterreich wird voraussichtlich auf 20 Jahre von seinen Verpflichtungen gegen England und Frankreich entbundeü werden. A-rtbrii» Oerlitteralllletten üsmmMu Eine Warnung der deutschen Gewerkschaften an Lerond. An die Interalliierte Kommission ist am Sonntag vom Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbund«, dem Teutschen Gewerkschaftsbund und dem GewerkschaftSring folgende Be sch werde gerichtet worden r Tie Inter alliierte Kommission hatte am Donnerstag, den 13. d. M., also vor zehn Tagen, den unterzeichneten Gewerk schaftsvertretern in Oppeln, das Versprechen geige ben, daß die interalliierten Mächte Maßnahmen getrof fen hätten und noch treffen würden, um den gegen wärtigen Zuständen ein Ende zu bereiten. Tie Prüfung der vorgetragenen Beschwerden der oberschle sischen Bevölkerung, insbesondere der Einwohner der Stadt Kattowitz, wurde von der Interalliierten Kom mission dem Oberbefehlshaber der interalliierten Trup pen übertragen, der nach Kattowitz entsandt wurde. Ter Oberbefehlshaber Gratier war wiederholt einige Stunden in Kattowitz. Irgendeine erkennbare Tat ist jedoch nicht in Erscheinung getreten. Tie Lei den der Bevölkerung haben sich.noch ge ste i ge r t. Zur Absperrung der Lebensmittel, der Milch für die Säug linge sowie jeden Verkehrs und zu den täglichen Ge walttätigkeiten ist feit dem 21. d. M. die Absper- rungdesWass.erS hinzuoekommen. Tie Sterblichkeit nimmt zu. Die interalliierten Lokalbehörden haben nur Worte und sehen dem verbrecherischen Treiben der Insurgenten tatenlos zu. Kein Bürgert st seines Lebens sicher. Nach wie vor Verkehren die franzö sischen Soldaten mit den Insurgenten in der freund schaftlichsten Weise. Wir warnen die Interalliiert« Kom mission noch "einmal. Denn sie trägt die Verantwor tung hör dem Gesetz und vor dem Gewissen der W«lt. Drei Fragen an Lerond. Wie Echo de Paris mitteilt, hat die Botschafterkon ferenz dem General Lerond in Oppeln folgende drei Fragen gestellt r 1. Welche Maßnahmen schlägt General Lerond vor,'um die Besetzung einer Vev- bindenden Zone 'zwischen der deutschen und. pol nischen Front durch alliiert« Truppen sicherzustellen? 2. Kann General Lerond zur spfortigen Bes.e - un« dieser Zone schreiten,, ohne die englischen Verstär kungen abzuwarten? 3. Entspricht der Vorschlag.Per- cival de Marini der augenblicklichen Lage, und kann er angesichts der Ereignisse nützlich sein? Ist Korfanty und das Exekutivkomitee, dessen Präsident er ist, wirk lich Herr der polnischen Bewegung oder herrscht Diszi plinlosigkeit unter,seinen Anhängern und Kämpfern? Vas neue Verhan-lungsman-ver. Wie di« Chicago Tribun« schreibt» .hat Graf.Mat thias Milleztnsky (Doltwa) an di« Interalliierte Kommission in Oppeln telegraphiert, daß er bereit sei, über einen Waffenstillstand mit den Teutschen zu verhandeln, da er Wettaves Blutvergießen nicht wünsche. Tas Blatt meldet ferner^ daß deutsch« und polnische Be- . vollmächtigte in Oppeln etngetroffän seien, nm unter d«r Aufsicht der Interalliierten Kommission über «inen Waffenstillstand zu verhandeln. (Daß der polnisch«, mi litärisch« Führer Wafftznsttllstandsverhandlungen ange- boten hat, ist möglich. ES ist aber nicht angängig, da mit den Aufrührerbanden tatsächlich verhandelt wird«, da da» ihr« Anerkennung al» kriegführend« Macht be deuten würde. Offenbar«! Unsinn ist «S auch, daß^deut- vor« onfrr, »owa frri I«« San, mpantNch 5.« Mark. 0«I »,r -b s » d»It »,« Mark , «,I d«r p»st »»stellt »!»,t»U«hrttch >».5» Mark, mnuottt« 5.« Mare, «rfchrln» «I,Nch In »in llackmMa,«- nnn»«n mit Ntmoahm« »,n «onn-un» -rlrrta-rn. Unfrr, z,Itun,,au,trS-»r UN» Nu»,ad,still,n, f»«I» all« p»stanstalt»n un» Srlrftr»,,» n»h««n S«st«llun,»t» ««>,»,«». deutschen Geldes nicht betroffen worden sind, 'herange- tzogen werden, nämlich der Händliche und städtische Grundbesitz sowie die industriellen und kaufmänni schen Unternehmungen aller Art. Zugunsten des Repa- rationsfonds sollen 20 Prozent dieser Besitzgattungen enteignet werden? 2. bei ländliches Grundbesitz ist die Ent eignung auf folgende Weise gedacht: Zugrunde ge legt wird der Friedensvollwert. Dieser wird zum Kurs von 1 Goldmark gleich 15 Papiermark in Papiermark umgerechnet. Auf den sich so ergebenden Papierwert des ländlichen Grundbesitzes wird eine Zuschutzhhpo- tbek in Höhe von 20 Prozent Mit allen bisher be stehenden Belastungen eingetragen. (Tie D. T. bemerkt dazu, daß diese Zuschußhypothek nicht weniger als 300 Prozent des Friedenswertes darstelle. Sie über steige also bei der großen Mehrzahl aller Fälle den Ge samtwert, den der Grundbesitz heute hab«. Ti« 20pro- Zentige Zuschußhypothek fei also in Wirklichkeit eine völlige Enteignung des Grundbesitzes aller Kategorien.) 3. Für den städtischen Grundbesitz wird die Enteignung auf demselben Wege vorgenommen. Ta es osten sichtlich ist, daß bei der gegenwärtig gesetzlich fest gelegten Höchstmiets auch nicht ein kleiner Teil der Zwangshhpothek verzinst werden könnte, ist vorgesehen, daß Lu den bestehenden Mieten ein Zuschlag von 300 Prozent der Friedensmiete mit der ausschließlichen Bestimmung der Verzinsung der zugunsten des Repa rationsfonds eingetragenen Zuschußhypothek tritt. 4. ^ Bei den industriellen und kaufmänni schen Unternehmungen einschließlich der Ban ken soll an Stelle der hypothekarischen Zuschußhypothek eine Zwangsbeteiligung für den Reparations- souds in Höhe von 20 Prozent des in den be!ref.fenden Unternehmungen investierten Kapitals treten. Bei künf tigen Kapitalerhöhuwgen ist der Anteil des Reparations fonds st«ts entsprechend mit zu erhöhen. ' 5. Durch neue Steuern und Abgaben soll der Jnlandverbrauch auf den lebensnotwendigen Bedarf ein geschränkt werden, um auf diese Weise die, Einstellung der Produktionsstätten auf Ausfuhrgüter zu erzwingen. Gleichzeitig sollen die R eich s z u s.ch ü sse zur Ver billigung der Lebensmittel in Wegfall kom men. Tie Lebensmittelpreise sollen den Weltmarktprei se.: angepaßt werden. Unter den neuen Steuern be findet sich auch eine Erhöhung der Koh len steuer in einem Ausmaße, daß der inländische Preis der Kohl« unter der Berücksichtigung der Valutaentwertung pem Weltmarktpreis angepaßt wird. Tie Zuschüsse zu den Verkehrsverwaltungen (Post und Eisenbahn) sollen durch eine weitere erhebliche Steigerung der Ta rife in Wegfall gebracht werden. 6. Ta der Ertrag der neu geplanten Steuern zu züglich des Zinsertrages der Zwangshhpothek beim länd lichen und städtischen Grundbesitz und des Ertrages der 20prozentigen Gewinnbeteiligung an den industriell«: und kaufmännischen Unternehmungen auch nach der Er kenntnis des Reichskabinetts jedenfalls für Jahre hin aus nicht ausreicht, um die uns auferlegten Jahres zahlungen an die Entente zu decken, ist.sine schritt weise Veräußerung der landwirtschaftlichen und städtischen Hypotheken sowie der industriellen Beteili gungen an das Ausland vorgesehen. Nach Informationen des Lechz. Tagcbl. dürften die Grundzüge der Ideen des Reichswtrtschaftsministe- riums hier richtig gezeichnet sein. Tas Reichsfi- nanzmtnisterium soll diesen Plan bekänchfen. d«n Unabhängigen und Kommunisten großer Lärm? «S fielen Zwischenruf« toter Tann, wird di« Geschichte über Sie tzu den Bürgerlichen) zur Tagesordnung stber- gehen! Ter kommunistisch« Abg, Aenderl rief: Da» ist «in Saustall sondergleichen. Er erhielt hierfür omn ivor» sitzenden einen Ordnungsruf. Schließlich wurde mit den Stimmen der KoalttionSivarteien der Uebergang zur Ta gesordnung geschlossen. , Ti« Münchner Zeitung schreibt: Wie wir hören, ist die Nachricht, daß v. Kohr vor einigen Tagen den di plomatischen Vertreter Englands in München empfangen hat,, richtig. Tiefe Aussprache war lediglich informatorisch. Herr SeedS wollte erfahren, ob Bayern dem Entwaffnungsdiktat Folge leisten werde oder nicht. Tie Verhandlungen zwischen Berlin und München sind abgeschlossen. Infolgedessen wurde vom Minister präsidenten, um keine Zett zu verlieren, zu Sonntag ein Ministerrat einberufen, der auch stattgefunden hat. Tie für heute nachmittag, zugesicherte Erklärung des Ministerpräsidenten wird im Staatshaushaltausschutz des Landtages abgegeben werden. — Ti«, in München abgehaltene Konferenz der Vertreter deutscher G «wer 'sch afts kart eile rechtssozialistischer Rich tung, deren Delegiert« 250 000 Angestellte und Arbeiter vertreten, nahm eine Entschließung an, die di« sm fortige Aufhebung des Belagerungszustandes in Bayern, die Freilassung der politischen Gefangenen, die Aufhe bung der Sondergerichte, Auflösung und Entwaffnung der Einwohnerwehren und die sofortige Zurückbe- rusung und Entwaffnung.der bayrischen Zeitfretwilligen- Verbände aus Oberschlesien fordert. — Tis Landes konferenz der U. S. P. D. hat eine Entschließung angenommen, in der es heißt, .daß, falls die Regier uns sich weigert, die Auflösung der Einwohnerwehren voll ständig durchzuführen, die Parteigenossen des ganzen Landes aufgefordert werden, den Weisungen des Landes vorstandes geschlossen Folge zu leisten. Die Aufbringung äer Milliaräen. Ein Vorschlag des Reichswirtschaftsministers: Eingriff in di« Substanz des Bottsoermögeno — Gegnerschaft im Netchsfinanzministerium. Tas NeichSkabinett hat sich, der Teutschen Tages zeitung zufolge, überzeugen müssen, daß die Erfül lung des Ultimatums hinsichtlich der Repara tionszahlungen durch neu« Steuern und Abgaben allein nicht annähernd durchgeführt werden kann, daß vielmehr «in gewaltiger Eingriff in die Sub stanz dtzs deutschen Volksvermögens nötig ist. Nach angeblich zuverlässigen Informationen des Blat tes liegt dem NeichSkabinett ein Vorschlag des ReichSwirNchaftSministcrS vor, dessen wesent lich« Punkte di« folgenden sein, sollen r 1. Bei dem Eingriff in . -bstanz heS deutschen Vermögens sollen in erstem Linie die sogenannten Sa- chcnrechte, di« angeblich von der Entwertung des Kuer Tageblatt LV,ST . - - - «.«»NI» I Nn,,l,,npr,If«i VI, st«»,a,,fp,lt,n« p,Nh,II, »»,,«,,«» «au» k», «w n« >>« »»» OaNesEchtsakWAM I ra Pf,., au,«»etia, Nnz»la,n « Pf», n«klam«v»tll»ll, Mark. «,! st/öst«r«a SdWilst» «Mfpnchaata» I flazrlgiaanaahm, »I, fpStistin, »>/, Uhr vorm. lur f«hl»r Im «atz kaaa alcht »»rt«n, »,»a öl, Naftzaj» I »rr klnz.i,« »urch j.rnfpr.chrr«rf°l,t»»«' »a, Manuskript nicht t.utUch >«a»«Ift.