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Muer Tageblatt LN'ST Bonnabeuö, -e« 14. Mak 1-L1 Nr. 111. 14. Jahrgang. Das Wichtigste vom Tage. Eine deutsch« Protestnote erhebt Einspruch gegen die Vertrag-, und völkerrechtswidrigen franzö sischen Requisitionen zum Vormarsch ge gen da» RuHrrevier. gm englischen Unterhaus forderte Str Sa- müel Hoare, daß ein Druck auf die polnische Regierung gusgeübt werde, um döe polnischen Freibeutev zu zwingen, Oberschlesien z.u räumen. Kenworthy «klärte, daß e- besser sei, gvnz Obe'r schlesien würde an Deutschland gegeben. * In der Pariser Prei.se ist ein« merkliche Ab kühlung des Tones gegenüber Deutschland eingetreten. Tie großen Zeitungen enthalten sich seit langer Zeit Mm ersten Mabe sedeS verleum derischen Angriffes. * Die Frist zur Abgabe der Einkommen steuererklärung ist mit Rücksicht auf die Pftngst- feiertage biS Dienstag, den 17. Mai verlän gert worden. « Ti« Gvttin des Generalfeldmarichall» von Hindenburg ist vergangene Nacht nacht acht monatiger Krankheit im 61. Lebensjahr« gestorben. Pfingsten 1921. Seit Jahren sind wir gezwungen, die symbolisch« Bedeutung und den geistigen Inhalt der hohen chrisd- lichen Feste der Not unserer Zeit abzuringen. Wie Mver ist LS, Weihnachten noch als VaS Fest der Liebe mit innerster Zustimmung in einer Gegenwart zu feiern, in der die rvheste Gewalt über irnS Herr geworden ist. Wie schmerzlich ist der Gegensatz des sonnigen und far benfrohen Osterfestes zu den Nöten und Sorgen, die uns umgeben und bedrücken? Und nun das Fest der hei ligen Pfingsten.' Dieses Fest ist in der christlichen Ueber- lieferung von einer Fülle von Wundern umrankt. Tie Feuersungen, die sich auf di« erst« Pfingstgemeinde ver teilten, das Windesbrausen, das sich erhob, das Reden mit fremden Zungen — alle diese Ausschmückungen deu ten auf «inen tiefen Inhalt des Vorganges, der dem Feste zu Grund« liegt. Sie alle sollen bekunden, .daß an jenem ersten Pfingsttage der Geist seinen Einzug in die Menschheit hielt, der seitdem die christliche Kirche beseelt. Wenn die Kirch« dieses Fest als ihre eigentliche Gründungsfeier betrachtet, so will sie damit sagen, daß sie eine geistige Macht darstellt, die ihre Anhänger durch das gemeinsame geistige Band um sich sammelt und fest hält. Ter Geist ist es, der lebendig macht — da- ist die Losung des Pfingstfestes und das soll zugleich die Losung sein, die durch die christliche Kirche Leben und Gestalt gewonnen hat. Mit dieser tiefen symbolischen Bedeutung hat das Pfingstfest es schwer, sich! in unsere Zeit zu finden, denn niemals ist vielleicht der Geist so mißachtet und ver gewaltigt worden, wie in der Gegenwart. Wieviel war von dem Geiste des Völkerrecht» di« Rede, von dem Geiste der Gerechtigkeit, der inv Lieben der Völker dauernd eine Stätte finden sollt«. Und niemand hat diesen Geist .so sehr mißhandelt wi» heute. Unsere österreichischen Gtammesgenossen, die keinen höheren Wunsch haben als den, mit uns vereinigt zu sein, werden durch die Hungerpeftsch« davon abgehalten, von dem Recht der Selbstbestimmung Gebrauch zu ma chen.' Und wir selber fühlen es schmerzlich am Leibe unseres eigenen Volkes in Obersch le sie n, daß man« sich nicht scheut, Zen Geist de- SelbstbestlmmungSrechrs mit Füßen zu treten. ' Ter Geist ist gerade denjenigen am wenigsten heilig, die sich am lautesten als seine Pro pheten gebärdeten. ' In Deutschland war in diesem Jahr di« Aussicht auf da» Pfingstfest durch di« Drohung neuer Gewaltanwendung verdunkelt. Und wenn auch di« Ge fahr im Augenblick beseitigt zu sein scheint, so doch nur dadurch, daß sich' deutsches Recht fremder Gewalt beugte. Wahrlich, ein Pfingsten, das schwer auf un» lastet. Und doch hat uns niemals ein Fest dringender notgetan als gerade Pfingsten.' Denn wenn unser* Gegner den Geist mit Füßen treten, so haben wir um so mehr die hpilige nationale Pflicht, in unserem Volke den Geist aufrecht zu erhalten, der un» allein eine Zukunft verbürgt. Girr Volk kann äußerlich noch io gx-emütigt werden, »» Wird niemals verloren sein, wenn es seine innere Kraft aufrecht erhält,.wenn es seinem Geiste tr«u bleibt. Von treuer Liebe -um Baterhande beseelt, vom festen Willen erfüllt, un-! da- Reich Ku evhalten — in diesem Geiste finden wir da» Band, da» uns auch, in schlimm ster Not zusammenhält und das un» fest mit Vergangen heit und Zukunft verknüpft. Das deutsche Volk wird? wieder groß und stark werden, wenn «S in diesem Geist standhält. Tarin soll un» da« Pfingstfest pon neuem stärken und festigen. Reparationssteuern. e»,ialdmwkatt, und StmerpolitU. - MarNere mW «Mm» Sim« deutsche Sarautiekommissw«. Die politische Hochflut Lag« ist abgeebbt. Aber auf die Aufregungen darf reine Erschlaffung fol gen. sondern es handelt sich jetzt um di« Durchführung der übernommenen Verpflichtungen, zu deren Vorbevvil» tung Pille fachmännische Arbeit notwendig ist. Die neue Regierung wird selbstverständlich neue Steuern einbringen müssen. Mir die alte Koalition, von der man ja zunächst annahm, daß .sie auch die neu« Regie rung bilden würde, lag -ereil» der Entwurf eine» Steuerprogramm» vor, auf.den Man sich natürlich' ndch nicht sestgelegt hatte, der aber die Grundlage dessen zog, was man für ausführbar hielt.! Daß sich darin auch« indirekte Steuern von hoben Erträgen finden müs- sen, versteht sich ganz von selbst. Niemand, der di» Tinge kennt, kann daran zweifeln, daß um neu«, und zwar erhebliche indirekte Steuern nicht herumzukommen sein wird. Ter Eintritt der Sozialdemokraten in die ReichSregierung macht den genannten Entwurf zunächst natürlich hinfällig, und im besonderen ist ja bekannt, daß die Sozialdemokratie für indirekte Steuern nicht ohne weitere- zu haben ist.' ES wird also vermut lich eine der nächsten Aufgaben des Kabinetts sein, fest zustellen, unter welchen Umständen di« Sozialdemokraten sich' für die Bewilligung neuer indirekter Stevern ent schließen werden, Es ist klar, hast man auch noch an dere Steuern brauchen wird, und das könnte zugleich die Brücke für die Sozialdemokratie abgeben, die dann wenigstens nicht nur indirekte, sondern zugleich auch andere Steuern zu bewilligen hätte. Nebenbei gesagt besteht ein« Schwierigkeit der gegenwärtigen Steuerpoli tik in der Unsicherheit des Markkurses. Man kann niemals wissen, wenn man Steuern in «in«m be stimmten Markbetrag ausschretbt, ob sie ausreichen wer den, selbst wenn sie rechtzeitig und vollständig einkom men, was ja bekanntlich leider ebenfalls durchaus nicht sicher ist. Tenn es können inzwischen Kursänderungen eingetreten sein, die den Voranschlag über den Haufen werfen. UebrigenS ist ja die ganze Frage der Erfüllbar keit oder wenigstens zum großen Teil «ine Balutafrage. Wenn unser Markkurs steigt, wird uns das Ausbringen der geforderten Summen natürlich leichter, wenn er aber sehr fallen sollte, würde «S glatt unmöglich. ES wird also daraus.ankommen, daß auch die Feinde ein« Wirtschaftspolitik mit uns treiben, di« ene Erholung der Mark herbeiführt. Bis Ende Mat soll di!e Gäranttekommission der Entente gebildet sein. In politischen Kreisen« Berlins wird der Gedanke erwogen, ob e» sich.nicht empfehle^ noch vorher so etwas wie ein« deutsche Ga- rvnttekomNlisftoN zu bild«», nicht als GegLnsPie- ler der alliierten Kommission, sondern al» Parallele und Entlastung. Die Arbeit, die wir selber leisten, brauchen die anderen nicht zu machen, und wir haben natürlich ein Interesse daran, in mrseren eigenen Ange legenheiten möglichst viel selber zu machen. Eine solch« Kommission müßte also schnell Beweise zu bringen suchen für den guten und ernstlichen Willen Deutschlands, sein«! Kraft auf- äußerste anzustimmen, und sie wäre doch vielleicht in der Lage, sich den deutschen Verhältnissen M«hr anzupassen, da» deutsche Wirtschaftsleben einer seits mehr zu schonen, .anderseits aber auch mehr heraus- zuholen, .als da» landfremden Fachleuten möglich wär«. Man könnte einen solchen Ausschuß bilden aus Vertre tern der Industrie,, des Handels, der Arbeiterschaft, den Konsumenten usw. Don einem bestimmten Plan kann man noch nicht sprechen, der Gedanke hat noch nicht setze Gestalt angenommen, aber er wird erörtert. DieCrgänzung äesAabinettsWirth Wirth Archnumniskrk Reichskanzler Wirth geht, wie verlautet, mit dem Gedanken um, den von ihm vorübergehend «ttverwal- teten Posten v«» Reichsautzenministers, für den sich bisher ein anderer noch' nicht hat finden lassen, nicht anderweit zu besetzen, sondern selbst.beizubehalten. Man erblickt darin eine Verschärfung Her Einseitigkeit des ReichSkabinettS un- glaubt nicht, daß die Temo- kraten damit einvertzanden sein würden. Ein» andere Schwierigkeit ergibt sich daraus, daß der Ministe rialdirektor Goevpert sein Amt als Führer der Friedensabteilung de» Auswärtigen Amte» wegen der sachlichen Haltung de- ReichSkabinettS in der Ultima tumsfrage zur Verfügung stellt. Wetter besteht eine Differenz in bezug auf -i« Besetzung der Stelle de» Pressechefs der ReichSregierung, Tr. Wirth wünscht, daß gl» Pressechef Tr. Hemmer gewählt wird, der «u» seiner Tätigkeit in der Waffenstillstandskommission Enzberg«, nohesteht. Di« M«hrh»itSsozialisten haben aber auch ihrerseits schon einen bestimmten Kan didaten aufgestellt, den früheren Reichskommissar Tr. «SKer. 3»ei ARagen Laut B. Z. ist da» Retch-kabtnett gestern mittag zu einer Sitzung zusammengetreten, in der hauptsächlich! die obrrschlesifche Frag« erörtert werden soll. Rach dem gleichen Blatt hat Generaldirektor EUno von der Ham- burg-Amerika-Linie von Newyork au» telegraphisch die Uebernahme de» Ministerium» de» Auswärtigen ab ge lehnt, ebenso der Hmnburger Bankier Dv. Melchior da» Reichssinanzportefeuitte. Dmtsch* volwpmtch «d ««ichokaLimtt. Der Abgeordnete Dr. Stresemann hatte al» Grund dafür, daß er nach anfänglicher Neigung zur An nahme de» Ultimatum» sckttwtzlW doch Mt Nein ge stimmt hat, angeführt, -aß er an gewissen Stetten in der Berliner Ententevertretung, gemeint war Lord d^Avernon. die Mag» na» gewissen Sicherungen für den Fatt der Unterzeichnung, bezüglich Oberschlesien» ge stellt, aber nicht rechtzeitig eine befriedigende Antwort darauf erhalten habe. Jetzt glaubt nun die vossisth« Zeitung, dtv besonder» gute Beziehungen-Ku Berliner Ententekreisen unterhalt, .zu wWn« daß inzwischmr eine Aü»kunft von maßgebendes Seit« eiNgetrod f«n sei, die im wesentlichen al» »»friedigend geki t«n könne. Dadurch sei sür dke Deutsche Volkse vdrtei ohne Zweifel eine neue Sachlage geschafft« und e» werd« ihr der Entschluß «leichtert werden, wie der in die Reichsregierung -tnzutreten. Man wird nähere Ausklärtng abwarten müssen, und «S wird sich ja dann Herausstellen, ob auch di« Vollspartei' di« Mei nung der Bvsstfchen Zeitung teilt. Bemerken-wert ist. daß die Kölnisch« Zeitung, di« in los« Verbtrwuna mit der Deutschen Volkspartei steht, anführt, «» fetzt die Pflicht jede» Deutschen, nachdem die Entscheidung ge fallen sei, jede Regteruns in der Ausführung de» Reichs- togSbeschlusseS zu unterstützen, Md e» sei zu hoffen, daß, wenn sich erst Hie Wogen der Erregung gelegt ha- ben, auch die Volkspartei: sich auf dieser Linie des Wie deraufbau«» finden werde. Die Entwaffnungsfrage. Ri». Nachdem der Reichstag sich für di« Annahme de» Ultimatum» entschieden hat, erwächst für die neu« Reichsregierung jetzt die schwer« Pflicht zur Erfül lung der in dem Ultimatum enthaltenen Korderungen. Mt der Unterschrift und mit der Annahme ist e» nicht getan; jetzt mutz auch gehandelt werden. E» wär« auch falsch, wenn man sich jetzt der kurzen Frist erfreuen wollte, die noch' bi» zur Erfüllung der Forderungen verbleibt. Di« französischen Heer« stehen auch nach der Annahme des Ultimatum» auf dem Sprunge, und nicht» wäre verkehrter, als sich jetzt irgendwelchen Illusion«« hinzugeben. Ter Einmarsch ins Ruhrgebiet wird er folgen. .wenn wir die erste Forderung nicht erfüllen, und diese erste Forderung jst di« der Entwaffnung. Was die Entwaffnung im Ost^n anbelangt, so wird sie an sich mit nicht allzugrohen Schwierigkeiten durch, geführt werden können. Es mutz.ab« betont werden, datz die Lage an der Oftgrenz« infolge der polnischen Truppenkonzentrattonen nach wie vor überaus bedroh lich ist, bedrohlich besonder- wegen d« aggr«sstven Hal tung der Polen in der oberschlestschen Frag« Schwieri ger in der Durchführung aber wird die Entwaffnung in Bayern sein. Herr von Kahr hat sich mit Händen und Füßen bi» zuletzt dagegen gesträubt, doch gibt im Gegensatz zu sein« Haltung Hi« de» Abgeordneten Dr. Heim, des Führer» d« bayrischen Volk-Partei, Host- nung zu einer Verständigung in dies« Frage.' Heim hat ja in der historische» ReichStagSfitzung ausgeführr, datz di« bayrischen Einwohnerwehren niemals al» dauernde Einrichtung gedacht seien, und « hat auch zugetzanden, datz Leichen vorhanden seien, di» «in» weiter« Beibe haltung der Einwohnerwehren unnötig Frachten, di« einen Abbau der Selbstfchutz-Vrganifatiouen ermög lichten. Freilich hat Tr. Heim an diese Erklärung ein« Bedingung geknüpft, nämlich die, .datz ein Sicherheits- Ersatz geschaffen werden müsse--« in dem Ausbau der Polizei bestehen kann. Da» Bestreben der Bayern, gegen kommunistisch« Umtriebe geschützt zu s«in, ist durch aus verständlich.' Man möchte eben die blutigen Mün chener Erfahrungen nicht noch einmal machen, und di« Ereignisse in Mitteldeutschland haben in großen Teilen des bayrischen Volke» da» Gefühl der Stch«h«it auch nicht gerade stärken könne». Immerhtn liegen in Bay«» die Dinge doch ganz ander» al» ix Mitteldeutschland, und soweit man Überhaupt prophezeien kann, .ist «in» Wiederkehr d« kommunistischen Zustände in Bayern völlig ausgeschlossen. E» liegt kein Grund vor, die jenigen. die um ihr« besonder«» Zwecke Witten di« Ein wohnerwehr beibehalten wissen wollen, zu unterstützen. Hoffentlich^ «krnnt man rum auch' bet der Entent» di» Lage und erhöht di« Schwierigkeiten nicht dadurch, daß MM sich den berechtigten badrischen Wünschen gegenüber glatt ablehnend verhält. Jedenfalls muß di» neue Re gierung sofort und mit allem Eifer daran gehen, di» Entwaffnungsfrage zu einer Lösung zu bringen, damit die französischen Imperialisten nicht doch «inen vor wand haben, mit ihren Truppen da» Rutzrrevwr be setzen zu las sen. Sin« List« der SatwaffmnvsoidMnigex Ter Excelstor bringt eine Liste für di« Entwaffnung, die Deutschland vorzunehmen hat. Außer den Ostfestun- v«n, -en Kriegswerkstätten und KriegSauSrüstungen, di« bereit» In dem früheren Notenwechsel erwähnt wurden, werden folgend« weit«« Forderungen ausgestellt» Be seitigung der Httstellung vpn giftigen Gas»» Md Gasmasken, Panzerwagen Tank» und Aufhebung der bayrischen Lustpalizet. Die ^age in Vberschlefien. K«estmchß Soche «eeleeen? Obwohl di« polnisch«« Aukühr« fortfahven xin de» von ihnen besetzten Gebieten willkürlich« verwaltunv» Maßnahmen zu treffen, ist man tn den leitenden Kreisen Oderschlesten» .der Ueberzeugung, daß di» Sache Korfan- tn nächsten Lagen Ich»» verloren §et» wirb. ES sind wichtige Verhandlungen fin Gangs