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1-. Jahrgang. Nr. S- Wie Times aus Riga melden, ist nach offiziel len Berichten Petersburg mit Ausnahme zweier Bahnhöfe in den HÄnden der Aufständischen. Tis roten Truppen sollen schwere Verluste er litten haben. Die Naturgesetze äes Wirtschafts lebens uns« rer Bundesgenossen. Zu keiner Zeit haben die Naturgesetze des Wirt schaftslebens so für uns gewirkt wie jetzt. Selbst der Lai« entdeckt schnell, daß niemals unzweckmäßigere und unwirksamere Zwangsmaßnahmen vorgcschlagen worden sind..als diese, mit denen die Ententestaatsmänner deut sch« Milliarden aus dem Boden stampfen zu können glauben. Deutschland würde durch diese Maßregel ge wiß schwer getroffen werden. Aber viel mehr als wir würde das Wirtschaftsleben der Welt geschädigt werden. Tip Kurs« würden stürzen, .die Preise in den Ueberschuß- ländern würden rapi.de sinken ^gering, die schleichende Weltkrise würde erst recht und in verschärftem Mätze einsetzen. Derweil würden die Alliierten an der alten deutschen Zollgrenze kaum mehr als eine Milliarde Pa- piermark in zwölf Monaten einkassieren können. Das sind 100 Millionen in Gold. Und ob sie an der neuen Rhein,Zollgrenze auch nur so viel herausquetschen kön nen, ist mehr als zweifelhaft. Das alles würde nicht mal genügen, die feindlichen Besatzungstruphen mit Kommißbrot zu versorgen.. Es bleibt eben dabei: Wol len die Alliierten mehr, als wir ihnen nach bestem Wissen und Gewissen bieten konnten, so mögen sie sich's selber holen. Machen wir uns noch einmal klar, welche Wirkung die Zählung jener Summe, .die man von, uns verlangt, in der Welt ausüben müßte. Die deutschen Sachverständigen haben berechnet, daß wir zur, Ersparung solcher Summen eine jährliche Waren ausfuhr von 40 Milliarden Goldmark gebrauchten. Das wäre viermal soviel wie vor dem Kriege, bedeutete aber in Papiergeld einen Wert von Ä00 Milliarden Mark Um eine solche Ausfuhr zu erreichen, müßten wir er heblich mehr Waren Herstellen als vor dem Krieg Und wir müßten sie viel billiger Herstellen, als! andere Län der es können. Soweit das überhaupt erreichbar ist, ging« es nur > 1. durch weitgehende M oderni sie r u n a ^rnd Neuanlage vieler Fabriken. Dazu brauch ten wir riesige Mengen nieuen.Anla'g «kapital s, das wir selbst.nicht haben, sondern uns.im Ausland erst leihen müßten, 2. durch Verlängerung der täglichen Ar beitszeit um mindestens drei Stunden bei gleich wertiger Leistung. Dazu gehörte ein äußerst starker Wille zur Arbeit. 8. durch Einschränkung Unserer Lebenshaltung, d. h. also durch Herabsetzung der Löhne. Nehmen wir an, wir brächten das alles fertig. Welche Wirkung entstände iw Auslande? Der gesamte Warenaustausch aller Staaten der Erde untereinander betrug por dem Kriege etwa 100 Milliarden Goldmark. Höher wird er vermutlich auch in Zukunft nicht kein, eher geringer, .weil die ganz« Menschheit ärmer gewor den ist. Von diesem Weltaustausch der Waren Deckten wir 1913 etwa ein Zehntel. An Zukunft müßte man unk Platz geben, Nm vier Zehntel zu decken, .also 40 Milliarden. Tie anderen Völker müßten al s.o von ihrem Anteil 'am Welthandel drei Zehntel abgeben, damit wtv dem französischen Rentner seine Zinsen zahlen können. Ta» bedeutet aber nicht» andere», ,al» daß tn England,, Frankreich, Ita lien .Amerika ufw. tausend Fabriken geschlossen, Hun derttausende, .ja Millionen Menschen arbeit»- und ver- dtenstloS werden müssen. Sie verelenden also, lvell sie arbeitslos sind, derweil Wir verelenden, weil wir mit Arbeit überlastet werden.' In diesen weltwirtschaft lichen Zusammenhängen liegt unsere Stärk«, nicht nur in den Londoner Verhandlungen jetzt, sondern in al len kommenden Auseinandersetzungen über die Bezah lung der Kriegslasten.' k, »»naw<i> 4.« nm,k. «kschttnt t«,u» In »,n riockmltt-,-- I 'S Pf,., au.würU,. ftnz-1,4« 4» pl», 4», Mar'. Uns«,, ziltun,-nu,tr«,«r »II» fUt»,ad,P»U«n, s»»t« au, I f»n,«l,«nanaahm, d„ spü»„„n, , Uhr »orm. zur 1,hl4» Im «a» iE «»»öb» » *« «» »>>>»'w-»»»u, »«uu 4« NWI«e» . ' f t«r »urch «»rnfprichrr «r»-I«t »4« »«» Mnnuskripi nl»i »»uMch l«»»«IP. Das Wichtigste vom Tage. Wie im Reichstag und im sächsischen Landtag, so fanden auch in den LanoeSvarlamenten der ü ir rigen deutschen Staaten Protesterklärun gen gegen die Gewaltmatznahmen.der Enten- ts statt. > * Ter Reich »rat hielt gestern nachmittag ein« Sit- zustg ab. in der zum Bäu neuer Eisenbahnli nien dem Regierungsetat des Neichsverkehrsministe- rtum» für 1921 noch.2 V, Milliarden Mark be willigt wurden. Zum Präsidenten des preußischen Land tage S wurde der Abgeordnete Lei nert gewäqlt. Zum 1. Vizepräsidenten wurde Abg. Tr. Por sch <Zentr.), zum 2. Vizepräsidenten Abg. Tr. v. KrieS (Ttschnat.) und zum 3. Abg. Tr. Garnich (Ti. BP.) gewählt. * Nach dem Messaggero geht in Lvndon da» Ge rücht um, daß kurz nach der oberschlesis.chen Volksabstimmung eine neue Konferenz und zwar diesmal wieder in Brüssel, .festgesetzt wor den sei. ' I i Vertrauensvotum sür Dr. Simons. Einstimmige» Beschluß de» «eichekadinett». lvmtltch.) Unter dem Vorsitz de» Reichspräfidenten sand gestern vormWag «in» Stzung d„ Kabinett» statt, in der der Minister de» Auswärtigen Uber di« Londonie, Verhandlungen vericht erstattete. Auf Grund dieses Be richtes und der eingehenden Aufklärungen, die sich in ausführ licher Aussprache ergaben, faßte das Kabinett «'nen Beschluß, der di« Tätigkeit des Ministers einmlltig bil ligt und sich ml- seiner Haltung in London einverstanden erklärt. Der Reichspräsident schloß daran den Ausdruck des Dan kes für die hingebend« Arbeit de» Reichsministers und der Dele gation. Das Vertrauensvotum de» Kabinetts Mr den Minister SimionS ist einstimmig gefaßt wor den, .also auch von den volksparteilichen Mitgliedern v. Raumer und Scholz. Täs dürfte auch die Stel lung der volksparteilichen Fraktion de» Reichstags be einflussen, .in der vor einigen Tagen Hugo StinneA sehr scharf Legen Tr. Simons aufgetreten ist, nachdem er ihn, wie wir seinerzeit meldeten, bereit«! einige Läge- vorher tn seiner Deutschen Allgemeinen Zeitung heftig hätte angreifen lassen. Uebrtgens ist SttnneS einer der Sachverständigen gewesen, die der Ansicht waren, daß die deutsche Wirtschaft die Vorschläge, die man Dr. Simons nach London mitgegeben hatte, tragen könnte. Die volksparteiliche Tägliche Rundschau, die Simons erst vorgestern in sehr betonter Weise Kampf an gesagt hatte, hat sich .inzwischen offenbar durch die Kundgebungen, die das Publikum Tr. Simons bei sei ner Rückkehr bereitete, bekehren lassen; denn sie setzt an die Spitze des Blattes eine Polemik gegen den Vor wärts, der diese Huldigungen als nationalistische Torheit bezeichnet hatte/ Tie Tägliche Rundschau sucht frei lich das Gesicht zu wahren, indem sie behauptet, der Beifall habe gar nicht der Person, Simons gegolten, sondern,, dem Nein, das wir in London ausgesprochen haben. Graf Sforza Gegner -er Sanktionen. Der Londoner Korrespondent der Chicoga Tribun, meldech, baßErafSforzagegendieAusdehnungverrhei- nischrn Besetzungszone Widerspruch erhoben habe, wobei er hervorhob, daß diese Maßnahme die Bestimmungen des Friedensvertrages überschreie. Die Kluft zwischen Italien, Frankreich und England habe sich erweitert. Graf Sforza drückte auch die Anschauung aus, daß die gegenwärtigen Zwangsmaß nahmen vollkommen unzulässig seien. Hamborn wird wieder geräumt. Aus Hamborn trifft die Nachricht ein, daß die alli ierten Truppen Stadt und Bahnhof räumen. Die interalliierte Kommission hat sich bereits entfernt mit der Angäbe, daß eine andere Kommission eintref fen werde. Lediglich die Haseuanlage der August- Thhssen-Hütte bleibt von belgischen Truppen besetzt. Tie Nachricht von der Besetzung Oberhausens scheint sich nicht zu bestätigen- Es scheint sich nur um einige Karalleriepatrouillen zu handeln, die zur Aufklärung gestern die Stadt durchritten/ Aus Köln wird gemel det, daß sich der Verkehr aus dem neubesetzten ins be setzte Gebiet und umgekehrt noch gestern ohne jede Un terbrechung pnd ohne jede besondere Kontrolle Voll zogenchat. Aus W'w befehlen Düsseldoi'f. Tie ersten unangenehmen Wirkungen der Besetzung auf den einzelnen Düsseldorfer machen sich jetzt bereits fühlbar? So hat die Besatzungsbehörde verlangt, daß jeder Bewohner einen Personalausweis haben muß. In folgedessen drängt man sich an den Polizeibüros in langen Ketten nach einem solchen Ausweis. Ferner hat die Besatzungsbehörde ein« große Anzahl Wohnun- g!e v für Offiziere aNgefordert und schreitet zur Beschlagnahme der Wohnungen. Dadurch werden die Wohnungsuchenden, die seit Monaten auf ein Domizil warten jetzt wieder vollständig.ihrer Hoffnung beraubt. Auch Die Presse hat. die erst« Einschränkung zu erleiden. Angriffe auf die Ententepolitik dürfen nicht erfolgen. Im übrigen bewegen sich dis En- tentesoldäten schon vollständig zwanglos in den Stra ßen der Stadt? Gestern mittag Md neue französische Tänk» angekommen. " Di« Wirtschaftslage de» besetzten Gebiete». Ti« augenblickliche Wirtschaftslage des besetzten Gebietes wird vor allem durch die absolute Uwgewißheit über das, was werden wird, gekenn zeichnet. Weder von Berlin noch von Koblenz liegen Informationen oder Instruktionen vor. Niemand weiß, wann und in welcher Weise di« Zollpolitikch« Ab schließung de» besetzten Gebietes vom Übri gen Deutschland vor sich gehen und ob sie überhaupt tn der angekündtgten Art erfolgen wird? Im Augenblick ist äußerlich noch all«» beim alten. Ter Verkehr in» besetzte Gebiet ist tatsächlich im wesentlichen unbehin dert. Güter, und Personenzüge fähren wie bisher. Ter Verkehr auf dem Rhein wird nur durch den wieder einmal miserablen Wasserstand eingeschränkt. Trotzdem liegt natürlich di« Abschlietzung als lähmende Drohung über dem ganzen Wirtschaftsleben. Ta» Geschäft, das vorher schon stlll lag, ist. vollkommen iw» Stocken geraten, und niemand vermag über die nächsten Tagte hinaus zu disponieren. «HAM, Stimmuagsmach» seonz-M-r ^nmxlonljko. wie in de» gesamten mchts-Mtftilchen Presse Vraadeich», s» wird auch 'im Parlament bereit» di» Parole au-ge^bm, daß di» Besetzung rechtsrheinischen Gebiete» nur al» erster Schritt! auf dem Wege N» weiteren Gsbiet»- besetzungen hingenommen werden könne, und daß französi sche Truppen unter keinen Umständen au, Düsseldorf zurückge zogen werden dlirfteiss selbst wenn Deutschland schließlich die Pari, ser Bedingungen unterze ihnen sollt«. Mit besonderem Eifer hat PoincarS gestern in den Wandelgängen de» Senats für dies« Forderung der Annexionsparchei Stimmung gemacht. Selbst «en« Deutschland seine Unterschrift unter das Pariser Abkommen setze« würde, so hätte sie doch nur so lange Wert, als Frankreich fein neues Pfand in der Hand behalte. Poinears hält es auck für seh, bedauerlich, daß die Londoner Konferenz auf die sosoiflige Hin ausschiebung der im Versailler Vertrag festgesetzten Räumungs frist verzichtet habe. Sie MW« NmiiiiW iint MWzlM z« Ke« Lmtmk »llMI««M Zu Beginn der gestrigen LandtagSsttzung gab der Abg. Siewert (Kom.) im Noznen der kommunistischen Fraktion eine Erklärung §b. worin es heißt r Di« Verhandlungen in London waren nicht» ander« al» ein krampfhafter versuch der internationalen Vours«'ist« Vie Folgen des Kriege» auf di« Schultern der Arbe chr abzuaälzen und «ine Verständigung über den Anteil an der Ausbeutung de« deutschen Proletariats hrrbeizuführrn. Di« Verhandlungen find lediglich deshalb gescheitert, weil di« deutschen Kapitalisten sich benachteiligt glaubten. Die deutsche Bourgeotst« und ähr« Helfershelfer benutzen den Abbruch de, Verhandlungen in Lon don, um einen national stischen Rnmmel tn Szene zu setze«. Die Arbeiterklasse durchschaut den Rummel von der nationalen Ein heitsfront. WirkennenketnenattonaleEinheit». front, sondern nur di« Frdnt der «nserdrückte« Proletarier alle, Länder. Fort mit allen Baur« geoisteregterungen, Schutz, und Trutzbllndni» und engste Wirt schaftsgemeinschaft mit Sowjetrußland. Tt« Erklärung wurde mebrfäch durch entrüstet« Pfui ruf« unterbrochen,, die Präsident Jrätzdorf rügt«. Im Nam«n d«r unabhängigen Fraktion gab Müller- Leipzig Mnabh.) ein« Erklärung ab, worin «r gegen di« Erklärung de» Präsidenten protestiert und sä al» Zuer TageblattW« 0«zu«ep'»w> durch ans,» s»t,a f»«I In, »„, m»a«eu» 4.« m«»k. d,I 4,r m»»„ilch 4,44 Mae«. »et 4»» Pol» bra.m °I«r<«II4hrlI» IZ.54 Maek, M,nam<i> 4.44 Mark. «»schlllt tu,«» In »AN Uochmitta,.- chint«» in« dusnahm, »n» »-an- UN» r«I,rin«,». - postonnatt.n uns Srl-ftr»«,, n.hm.n »,n,ttua»«a «are«e»n. Zreltag, -en 11. März 1-21. Vderschlesiens Schicksalstage. Die Transportbewegung im Gange. Die TranS'portbewegung der Abstimmungsberechtig ten nach Oberschlesien nimmt ihren geregelten Fortgang. Tie ersten Züge mit fast 10 000 Abstimmungsberech tigten sind im EiseinbahndtrektionSbezirk BreSlau ein getroffen. Einige Züge sind bereits im Abstim mungsgebiet angenommen und haben die Ab- stimmungsorte erreicht. Nachrichten über Beanstandun gen oder Schwierigkeiten beim Grenzübertritt sind nichts bekannt geworden. Aus allen Stationen Schlesien» wird gemeldet, Paß die Stimmung der AbstimmungSberech- ig en vor'üglich ist. Bei der Einfahrt der Svnderzüge ckuf den Haltestellen herrscht jubelnde Begeisterung. Un- .er den Reiienden be.inoen fick stimmberechtigt« Männer und Frauen bis in das höchste Alter. Auch junge.Müt ter haben es sich nicht nehmen lassen, in ihre Heimat zu eilen. Alle Reiseteilnehmer sind zuversichtlich und de» Erfolges gewiß. Tie von den leitenden Stellen getrost- jenen Verpflegnngs. und sonstigen Maßnahmen werden lobend und dankbar anerkannt. Die Besetzung der Lüge ist überall gut. Transportstörungen irgendwelcher Art sind nicht eingetreten. Die Franzosen hindern die Fahrt zur Abstimmung. Nachrichten aus Duisburg zufolge erschweren die französischen BefetzUngsbehörden in dem neu besetzten Gebiet, .besonders in TniSburg, die Tätig keit der Vereinigten Verbände heimattreuer Oberschlesier. Die Büros und die Auskunftsstellen der Verbände sind von den Franzosen aufgelöst worden. Ruch di» ga-Utz zur Abstimmung wird von den Franzosen gestört. Ti« Reichsregierung hat sowohl bei der Interalliierten Kom mission in Oppeln als auch in Paris gegen das Vor gehen der französischen Besetzungsbehörden Protest er hoben. Präsident Ebert an die Al'stimmer. Zum Abschied von den Oberschlesiern, die gestern nachmittag in Berlin die Reise zur Volksabstimmung in Sonderzügen angetreten öaben, hatten sich Reichs präsident Ebert und der preußische Ministerpräsident Braun auf dem Görlitzer Bahnhof eingesunken. Ter Reichspräsident, stürmisch begrüßt, hielt dabei «ine Ansprache, in der er sqpte: Sie wollen durch die Abgabe Ihres Stimmzettels bekunden, daß Ober sch le- sien deutsch und mit dem größeren Vaterland«, .dem «S seine Kultur und seine blühende Entwicklung verdankt,' auf immer verbunden bleiben soll. Sie legen darüber hinaus auch Leugnis dafür av daß wir Deutsch» tzukaW me.luesbi.ett a^ein in guien Dagen, ionüern auch in Zeiten schwerster Not. Nichts soll uns in den gro ßen Lebensfragen unseres Vaterlandes voneinander tren nen. Einig und gemeinsam müssen wir au» den Nvt«n der Zeit uns herausarbeiten und eine besseret Zukunft erkämpfen, und diese Zuversicht bitt« ich Sie, .auch de nen zu b ringen, die in Oberschlesien auf diesen Tag der Entscheidung gewartet haben. Setzen Sie auch dort Ihr Bestes ein! Es geht um di« Heimat. eS geht um Deutschland!