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Das Wichtigste vom Tage. D4« Not« der bayrischen,Regterun g Über die Sintvohnerwehr in Bavern ist am Sonnabend d«r R«ich»r«üi»rung übermittelt worden. Sie wird vertraulich behandelt, also nicht vor. veröffentlicht werden.» Am Reich»mi'nisteriu^n de» Innern wird der Entwurf eine» neuen Besetze» über di« Etn- w'oHnerivetzren auSgearbeitet. * Di« französische Regierung hegt den drin genden Wunsch,.jede Bevzügerung ver Londo ner Konferenz zu vermeiden, die am 21. Fe- bruar beginnen und' zuerst.dieOrientsragr be handeln soll. Simons über äie Pariser Beschlüsse " Sine Red« in Stuttgart. Reichsminister de» Auswärtigen Tr. GimonS sprach am gestrigen Sonntag vormittag in Stuttgart vor mehr al- tausend Personen, darunter die wllprtem- berglschen Minister, Vertreter aller Organisationen drr Beamten, der Arbeiterschaft, de» Handels, der Indu strie usw. über die politische Lage. Minister Simons: führte au-, daß di« nähere Prüfung, der Pariser Be schlüsse da- in seiner ReichStagSerklärung gefällte Ur teil nur bestätigt hätte. TS sei' auffallend, daß weder Lloyd George noch Brian- oder Graf Sforza in ihren seither bekannt gewordenen Reden Über die Beschlüsse den Versuch gemacht hätten, aus dem Mate rial der Brüsseler Konferenzen nachzusveisen, daß Deutschland zur Zahlung der ungeheuer lichen festen Annuitäten von 6 Milliarden Gold jährlich fähig sei.. Man habe die deutsche Leistung nicht finanztechnisch und wirtschaftstechnisch zu begrün den gesucht, sondern nur Phantastische Ziffern^ über die künftig« Höhe des deutschen Exportes genannt. Ueber die 12prozentige AuSführabgabe seien die ver schiedensten, zum Teil im völligen Widerspruch zu etn- ainder stehenden Ansichten geäußert worden. Diese Ab gabe sei unvereinbar nicht nur mit den Interessen der deutschen Wirtschaft, sondern mit denen eines europä ischen -Verkehrs überhaupt. Tie bisherige Debatte habe klar ergeben, daß die Reparationsbestimmungen des Friedensvertrages die ungeheure Aufgabe des Wieder aufbaues der europäischen Wirtschaft nicht gelöst hät ten. sondern^ durch neue Bestimmungen ersetzt werden! müßten. Tie Lösung könste aber nicht diktiert werden. To die Hauptlast -er Aufgabe auf Deutsch lands Schultern falle, sei es nötig, Deutschlands freiwillig« Zustimmung.zu gewinnen. Ti« deut schen Gegenvorschläge würden zeigen, daß Deutsch land die Pflicht, bis zur Grenze seiner Lei stungsfähigkeit für die Heilung der KrisgS- schäden zu arbeiten, e r n st n e.h me. Sie würden nicht mit phantastischen Ziffern prunken, aber praktisch durch führbar sein. Was die europäische Gesamt wirtschaft brauche, nämlich.eine große Anleihe zum Zwecke ihres Wiederaufbaues der zerstörten Gebiete und zur Heilung der sonstigen Kriegsschäden, sei.nur erreich bar. wenn man ein« ganze Anzahl der komplizierten Bestimmungen des Friedensvertrages durch einfache und klare FtnanZverpflichtungen ablüse. Weiterhin bedürie «S einer Verständigung über di« Bedingun gen, unter denen dex deütsch« Export, die ein zige dauernd« Quell«, für deutsch« Zahlungen, gesteigert werden könne, ohne sich selbst sowohl wie die Industrie der übrigen Staaten zu gefährden.. Tie ISvrozentige Exportabgabe sei dazu absolut ungeeignet. Man solle darüber die industriellen Sachverständigen der beteiligten Länder in unmittelbare Verhandlungen eintreten lassen. Endgültig aber müsse auch das tech nische Problem des Wiederaufbaues der Zerstörten Gebiete ungefaßt werden. Frankreich und Belgien lehnen jede technische Mitarbeit Deutsch lands ab,, oh ne selbst iMsta n d ezusein. die Auf. gab« zu lösen. Deutschland biete uneigennützige Hilfe an. E» wolle weder Kolonien gründen, noch Bougewinn« machen. ES habe nur nicht die Absicht, ungcheur« Summen zu zahlen und zu ver zinsen, Pi« «S bereits mit sehr viel geringeren Kosten hätte aussühren können. Hätte man das Brüsseler Programm zuerst verwirklicht, so wär« «S Vielleicht möglich gewesen, nach dem sogenannten Sehdouxschen Vorschlag zu einer vor läufigen Regelung der deutschen Leistung zu gelangen. Jetzt sei das ausgeschlossen, weil das deutsche Volk hin ter jedem Provisorium, die ungeheure Zahl von Gold milliarden wie ein Gespenst aujstetgen sehe. Ti« Annahme jede» Abkommens, das in London geschlossen werden kann, durch die deutschen gesetzgeben den Körperschaften sei notwendig. Ti« Ci> kenntnis unserer Gegner, daß da» Werk von Versailles veränderung-bedürftig sei, bilde einen Aktivs osten in der Bilank der Pariser Konferenz. Bet der überragen den Stellung, welch« sich di« Bereinigten Staa ten von Amerika al» Gläubiger und al» Roh- stvffNeferalnt mit Recht für, die Reparatton-frage beimessen könnten, erschein« «A auffällig, -aß die Lvndonet Konferenz aut «inen Zeitpunkt cknlgesetzt s«i. in welchem di« amerikanische Regte- rüng nicht in die Debatte «in,greifen könne. Gefährlich w«rd« Mch di« ungeklärt« Lag« im Osten für di« Regelung der R«paration»frag« und d«S Wiederckufbau«» wirken, insbesondere, wenn die Tendenz de» Ausschlüsse» de» deutschen Hckn-els vorwtege. Da» Problem der Reparation werde nicht großzügig genug aufgefaßt. An die Stell« de» Gedanken» der Strafe und der Konkurrenz müßten die Gedanken der Hilf« und der Solidarität treten. Neue Enthüllungen über Nußlancls Bnegsschulä. Die Veröffentlichungen des ehemaligen französkschen Botschafter« in Petersburg, Pal« vlogue, in der Re. vue des deux monde» ziehen immer weitere Kreise. Bon besonderem Jnteresse ist ein sehr langer Aufsatz von Pro fessor Baron Bort« E. Nolde, dem einstigen Leiter der Rechtsvbteilung im russischen Auswärtigen Amt und Führer der Kadettenbewegung, in der Poßlednija Nowo- sti. Nolde, keineswegs ein Deutschenfreund, schreibt da u. a. folgendes: Dem Schicksal g«ft«l es, daß im Sommer 1914 vaS Steuer des Staatsschiffes in Wien sich in den Händen- des leersten und leichtfertigsten Mannes befand, welcher auf den Wegen des letzten bedeutenden Oesterreich-Un garn, Aehrenthal, zu wandeln wähnte. Aber Aehren- khäl war klug, reif und vorsichtig^ Berchthold aber be last keine von diesen Eigenschaften. Ebenso unbestreit bar aber ist «S, daß auch di« anderen, statt das Feuer an einem Ende Europas zu löschen, die Nachbar gebäude ist Bvavd zu stecken sich beeilten. Ich übergeb« Herrn Paleologu.e da- Wort: Den 24. Juli 1914. Um 8 Uhr abend gehe ich in das Mi nisterium des Aeußeren, .wo Ssasonow- mit meinem deutschen Kollegen berät. Einige Augenblicke später 'ehe ich. wie Pourtales mit einem Gesicht, das die deftigste Erregung ausdrückt, und mit glänzenden Augen hinäustritt. Ter Streit war.wie es scheint, heiß. Er drückt mir zerstreut die Hand während ich in das Ka binett des Ministers trete. Ssasonow zittert noch aM ganzen Körper infolge des Streites, den er eben gehübt hat; seine Bewegungen find nervös, die Stimme ist jrocken und heftig, — G-enaU wie ich es vorausge- 'ehen hatte,, .unterstützt Deutschland die österreichisch« Sache ihrem Wesen nach. Daher habe ich Pourtales lategorisch erklärt, .daß wir Serbien nicht allein mit Oesterreich-Ungarn bei der Beilegung des Streites las senwerden. Unsxr Gespräch endet« mit erhobener Stim me — Wenn die Gespräch« zwischen Petersburg und Berlin in einem derartigen Ton« fortgesetzt werden, müssen dauern st« nicht lange. Tann werden wir in kurzer Zeit sehen, wie Kaiser Wilhelm sich in seiner,' schimmernden Wehr erhebt. Erschöpfen Sie alle Mittel der Verständigung! — Ich werde alles mögliche tun. um den Krieg zu vermeiden, doch bin ich wegen der Wendung be-orgt. Dars ich meiner Regierung be zeugen. daß Sie keine militärisch« Maßnahme an geord net haben? — Keine. Wir haben nur beschlossen, ins geheim die 80 Millionen zU rück zu s.ch affe n , die als Depositen in deutschen Banken lagen. — Unser Gespräch genügt«, um seine Nerven zu beruhigen. Nolde schreibt nun: Das ist «in authentisches Zeug nis für die Atmosphäre der Nervosität in Pe tersburg. Ter Abstand, der Rußland vom Welt kriege trennte, verringerte sich mit einem Male bis' Zum Minimum. GS folgten die Tag« de'S siebzehnten bis dreißigsten Juli, der, Tgg, an dem der Krieg unvermeidlich geworden war. Am dreißigsten um! 1 Uhr mittags ging von Wien ein Telegramm ab, in dein Berchthold seinem Botschafter in Berlin den Auftrag gab, zu bitten, Pourtales möge ist Petersburg von dem dem österreichischen Botschafter Szaparh gegebenen Auf träge, iu direkt« Verhandlungen mit Ssasonow zu tre ten, Mitteilung machen. Oesterreich-Ungarn verpflichtete sich, auf.jede Aneignung,serbischen Territo rium» zu verzichten und die Selbständigkeit Serbiens durchaus zu achten. Und fast.in der gleichen Stunde, in welcher dieses den Weg zum Frieden -eröff nend« Telegramm abgesandt wurde, spielten ,'jch j li Petersburg folgend« Ereignisse, die von Päteologutz zum ersten Mal« ausführlich mitgeteilt wer den ab: Ssasonow betritt da» Petersburger Palaitz zum Vortrag beim Kaiser. Er findet diesen unter dem ungünstigsten Eindruck des nachts vom Kaiser Wilhelm gesandten Telegramm» mit dem fast drohenden Ton: Wenn Rußland gegen Oesterretch.Ungarn mobilmachen wird, wird die Vermittlerrolle, welch« ich auf Tein» dringende Bitt« hin übernommen habe, kompromittiert, wenn nicht unmöglich werden. Tie ganz« Last des Ent schlusses liegt auf Deinen Schultern, und Du trägst die Verantwortung k.ür Krieg .und Frie- den. — Ssasonow machte «ine Gebärde der Verzweif lung. Deutschland weicht der Vermittlerrolle au» und sucht nur Zett zu gewinnen, um im geheimen seine Vor bereitungen zum Angriff zu beenden. Unter diesen Bedingungen können Eure Majestät den Befehl zur allgemeinen Mobilmachung nicht aufschie- b e n. Bleich und mit einem Krckmpf in der Kehle ant wortet ihm der Kaiser r Denken Sie daran, -aß «» sich darum handelt, Tausende und Abertausend« vor: Men schen in den Tod zu schicken! Ssasonow: Ta».Gewissen Eurer Majestät und da» meinige werden sich keine Vor- würfe machen können? Eure Majestät und Eurer Maje stät Regierung Men alle» getan, die Welt von dieser Heimsuchung zu befreien. . . wenn «ure Majestät die Mobilmachung Aushalten werden, werden Sie Uuord- nung tn die KriegSorg.a'nisation hinein tragen und unsertz verbLndeten in Berwi'r- rung bringen. Der Krieg wir- dennoch in jener Stund« entstehen, in welcher Deutschland ihn will, und er wird un» in voller Unordnung antreffen. Nach «inem Augenblick de» Zögern» spricht der Kaiser mit fester Stimmer Ssetgef Dmitriewitsch, telephonieren St« an den Chef de» Genercklstabe», daß ich die allgemeine Mobilmachung anbefehle. Ssasonow geht tn den Schlotz- vorraum hinab zur Telephonzell« und Übergibt Gene- ral Janoschkewitsch den kaiserlichen Befehl.. Die Uhr zeigt genau auf vier. Nleina pslitis-he Mal-unse,,. Kein« Erhöhung der Einkommen- und Besttzsteuer. In seiner Rede vor der Handelskammer in Bremen sprach der Reichsfinanz minister auch von der Einkommen st euer und den Be. sitzsteuern. Der Reichefinanzminister erklärte, daß die Lin- kommcnsteurr und die Befitzsteuern die Grenze de» Mög lichen erreicht, sogar überschritten Hütten. Diele Auffas. sung finde man auch in den Kreisen der Alliierten. An eine Ver schärfung dieser Steuern könne daher nicht gedacht werden. NeueSchwierigkeiteninvayern. Die politisch» Lage in Bayern hat noch kein« Entspannung erfahren. Li« Selbstschutzverbände in der Obrrpflal, haben in «tnrr Tagung in Regensburg beschlossen, sich nicht auf, «lös «n, da das Dekret der Entente nur die Sntwaffn » n >, ah«, nicht di« Auflösung fordere. Di« Münchener Sewerkschastrn erlasse, einen Ausruf mit der Ankündigung desveueralstreirsi» Bayern, falls sich neue Zwischenfälle in der Entwaffnung»!»«^ ereignen jollten. Neue Kohlenverhandlungen. Temps meldet, daß am 1. März eine Beratung der Reparationskommission mit deutschen Koh lensachverständigen stattfinden wird, um das Liefe rungsprogramm für den Monat April zu bestim men. Für die Monate Februar und März bleibe es bei den' vor gesehenen Lieferungen von 2 200 000 Tonnen plus 250 000 Ton nen Rückstände. Mehrheitssozialisten und Deutschnational«. Der frühere Reichskanzler Hermann Müller sprach in einer sozialdemo kratischen Wühlerversammlung in Höchst a. M. Er lehnte jeg liches Zusammengehen mit der Deutschnationalen Volkspartei a b, indem er erklärte, es möge kommen, was da wolle, mit den Deutschnationalen werde seine Partei keine Koalition eingehen. Die Sozialdemokratie werde nur dann in die Regierung wieder eintreten, wenn entweder die Mehrheitsverhältnisse im Reichstag sich änderten oder wenn ganz bestimmte zwingend« Gründe vor- lägen. Die evangelischen Landeskirchen gegen Paris. Der Deut sche evangelische Kirchenausschuß als Eesamtvertre. tung der deutschen Landeskirchen erhebt in einer Erklärung gegen Vie Pariser Beschlüsse vor Gott und aller Welt, insbesondere vor der evangelischen Christenheit, die Anklage, daß unter da« Na men und Vorwande des Friedens ein christliches Kulturvolk aus den Reihen der freien und lebensfähigen Völker endgültig ge strichen werden soll. > Militärische Vorb«reit»nge« Frankreich». Nach Meldungen aus Mainz wurd« durch Militärbesehl die Ur« laubssperre für Offiziere und Mannschaften i.m französischen Be fehlsbereich bis S. März, also nach der Londoner Konferenz, »er. längert. Zn Mainz sind zwei «eiter« französische Kompagnie» eingerückt. Ein deutsch.österreichische» Abkommen. Die deutsche und die österreichische Regierung trafen am 1. September 1020 bis zum Abschluß des endgültigen Handelsvertrages ein vorläufiges Abkommen zur Regelung ihrer beiderseitigen wirt schaftlichen Beziehungen. Dio Ratifikationsurkunden zu diesem Abkommen wurden im Bundesministerium für Aeuße- res zwischen dem Bundeskanzler und dem deutschen Gesandten ausgetauscht, womit das Abkommen in Kraft getreten ist. Einigung zwischen der römisch-katholischen und der griechisch, katholischen Kirche? Seit einiger Zeit finden in Rom Verhand lungen statt zwischen Vertretern der russischen Kirche pnd dem Vatikan, dir auf eine Vereinigung derbetdenKirchen abzielen. Die Verhandlungen nehmen einen günstigen Verlauf. Briand» Stellung gefährdet. Der gut unterrichtete Pariser Berichterstatter der Westminster Gazette schreibt, das Schicksal Brtands hänge von der Londoner Konferenzab. Briand sei nur geduldeterwetse Ministerpräsident; man halt« ihn auf Probe. Wenn er den Deutschen auch nur irgendwie nachgeben sollt«, so bestehe keine Hoffnung, daß er seiner Niederlag« ent- gehe. Thurchill wieder auf der Bildfläche. Amtlich wird au» Lon- don gemeldet: Der König hat die Rücktrittsgesuch« von Milner und Long angenommen und die Ernennung Churchills zum Kolonialminister, Worthington Evans zum Kriegsmtnister, Lord Lees zum Marinemintster und Griffith Boscawen» -um Landwirtschaftsminister genehmigt. Englischer Vorschlag einer Abrüstungskonferenz Sir An» cland Gedde», der englische Botschafter in Washington, hat den Auftrag erhalten, die amerikanische Regte-run- zu ei ner Konferenz etnzulaben, auf der di« Frage der allg«- meinen Abrüstung von allen Großmächten beraten wertzen - soll. Der neue Präsident, Harbins, soll erklärt haben, daß er mit ganzem Herzen an der Verwtrltchung de» Abrüstungsproblem» Mitarbeiten werd«. Japanisch« Ablehnung der, Abrüstung. Au» Tokio wird gr- meldet, daß im japanischen Parlament ein Antrag de» früheren Justizminister- O fakt über die Abrüstung der japanischen Mott, und de» japanischen Heeres mit 258 Stimmen gegen 88 Stimmen mit Sntrstüllng abgelehnt wurde. 14. Jahrgang. Montag, ö»fl 14. Zebruar 1421. Nr. S7. dl» tz»e»u»»tp«it»u« . —----- p,. .— I»n, u Nur"»« »u'ch Zuer Tageblatt Diiad« »II Nuouo»«« uu» ?'» oll» Nur"»«»«"»«»"« °/«e