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Auer Tageblatt und Anzeiger für das Erzgebirge : 25.06.1920
- Erscheinungsdatum
- 1920-06-25
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1735684481-192006253
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1735684481-19200625
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1735684481-19200625
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Auer Tageblatt und Anzeiger für das Erzgebirge
-
Jahr
1920
-
Monat
1920-06
- Tag 1920-06-25
-
Monat
1920-06
-
Jahr
1920
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Nr. 144. Auer und vn>zei«>, 'n, <>..s t>iz«c»a>^,. Frklta«, den 2b. Junt 1V20. wird vertreten lassen, da es die Absicht hegt nur dorthin zu gehen, 2 wenn einige Bedingungen erfüllt werden, die für die Alliierten unannehmbar sind. Di, Entwaffnung Dentschlando. Aus Paris wird gemeldet, däst die Antwort auf die deutsche Note fordert, dab die noch vor handenen 1 5 0 0 0 Geschütz « nicht zerstört, sondern den Alli ierten an-gelt eiert werden sollen. Das Echo de Paris meint dagegen, daß auch diese (beschütze, und zwar 6000 im Mo nat, zerstört werden sollen. Protestkundgebungen gegen den Steuerabzug. Die Unab hängigen und Kommunisten rufen zum 30. Junt zu neuen Massenkundgebungen des Proletariats in Berlin auf, uni gegen den lOprozentigen Steuerabzug vom Lohn und für die Diktatur des Proletariats zu demonstrieren. Gegen die Erhöhung der Lebciismittelpreise. Vom preußi schen Minsterium des Innern sind die Provinzregierungcn mit der Einsetzung von Preioprüsungskominissionen beauftragt wor den, um gesetzgeberische Maßnahmen gegen die wei tere Erhöhung der Lebensmittelpreise und der Preise für Ge brauchsartikel vorzubereilen. Noch immer in französischer Kriegsgefangenschaft weilen der Luftschifskommandant Polle und der U-Bootkommandant Wend! and. Trotz wiederholter Versuche und Einsprüche der deutschen Regierung ist es nicht gelungen, ihre Freilassung' zu er reichen. Ihre Namen sind merkwürdigerweise auch auf keiner Auslieferungsliste aufgesührt, und die französische Regierung hat auf alle Einwände der deutschen Negierung keine stichhaltigen Gründe für ihr Festhalten angegeben. Ein französisches Zugeständnis für Süddeutschland. Daily Mail melde:: Es wurde in Boulogne Marschall Foch die Ermäch tigung erteilt, den süddeutschen Negierungen auf Antrag im Be darfsfälle die Beibehaltung der bewaffneten Einwoh nerwehren bis auf Widerruf zuzugestehen. Laurcht französischer Botschafter in Berlin. Wie wir hören, hat die französische Negierung bet der deutschen Regierung um das Agrement für Charles Laurent als französischen Bot schafter in Berlin uaä'gesucht. Es ist bezeichnend, das; es sich hier um einen Wirts ch aftsfach in ann handelt, denn Laurent ist Dorstzeuder der Suezgesellschnst. Als englischer Botschafter in .Berlin ist Sir F r u n ch i <-> Edgar Bince n r aus dem Hause der Ba?,"!' Ab'.rn"r.l auscrfehen. Er war längere Zeit engli scher Vertreter bei der Drwmc'.'.nscheu BaD in Konstontiniauel rind ist politisch bisher wenig heroorgetreten. Für Italien wird der gegenwärtige Geschäftsträger San Martino zum Botschafter ernannt werden. Deutscher Einspruch gegen die belgische Dcutschenhctze. Der Ge sandte Dr. LandsLerg in Brüssel ist angewiesen worden, na mens der deutschen Regierung bei der belgischen Regierung gegen die Deutsch en Hetze und die deutschfeindlichen Kundgebungen in vielen Städten Belgiens nachdrücklichst Einspruch zu er heben. Franzosen an die polnische Front. Havas meldet, datz die erste >- Abteilung der S e n e g a l b r i g a d e mit dem Dampfer Alexan der III. nach dein Osten abgegangeu sei. Die Daily Mail teilt dazu aus Paris mit, das; seit acht Tagen französische- Truppen an die polnische Front tranvoriiert würden. Kampfe vor Konstantinopel. Der erste Angriff der na t i o n a l i st i s ch e n Truppsen gegen w.e englischen Streit kräfte, die östlich Konstantinopel stehen, kostete den Engländern IO Tote und 23 Verwundere. Englische Verstarbiage« sind au den Kampfcrt abgegangeu. In. Erwartung weiterer Angriffe wird die Entsendung neuer englischer Truppen vorbereitet. Die engli sche Cchwarz-Meer-Armee zählt 30 000 Mann, deren größter Teil in Konstantinopel selbst stationiert ist. Jnternatiönalifierung von Tiingtnu? Die vereinten engli schen Handelskammern in China dringen in einer Denkschrift an die englische Eefaudrschaft in Peking auf die I n i e r Nationa lisierung Tsingtaus, unter Aufsicht eines britischen Ausschus ses, in dem auch China vertreten sein soll. Man müsse, den be sonderen chinesischen und javanischen Interessen Rechnung tragen, aber die Politik der offenen Tür müsse vor allem gewahrt werden. EtntsberaLung m äerDolkskammer Da? Haus setzte gestern die am Mittwoch abend 8 Uhr abgebrochene Etatberatmia hort. Abg. Cast an (Sv?.): Tie Etatberatung sei zur politischen Diskussion geworden. Die Beseitigung der militärischen Gerichts barkeit habe die Nationalversammlung mit böser Ab-> sicht verzögert. Redner polemisiert dann in längeren Ausführungen gegen die Unabhängigen und die Rechts parteien. Minister des Innern Kühn: Bei Auswei sungen gälte die Regiernna nur als Beschwerdeinstanz. Verfügt würden sie von den polizeilichen Behörden nach Richtlinien, die die Gefahren der Zuwande rung .von Ost tu den, sowie wohnungspolitische uns sittliche Gefahren beheben sollen. Jede Härte würde ver mieden. Tie sogenannten Arbeiterkompanten und Ihr Exerzieren auf dem Deller und in der Gegend von Hei denau nehme er nicht allzu ernst. Tas unberech tigte Waffen trag en werde mit aller Ener gie verfolgt werden. — Die Etatvorlagen werden danach den beiden tzaushaltausschüssen überwiesen. Abg. Krauße-Lugau (Soz.) begründet sodann den .Antrag Arzt auf Einfiihmng von Bcschätcin beim Bergbau und bei den Berginspektionen. Ter Bergbau sei der Nerv unseres ganzen Wirtschaftslebens. Ter Staat würde deshalb nicht bloß, als Aufsichtsbehörde in Ge stalt des Bergamtes und der Berginspektionen..sondern er müsse mehr noch,als Arbeitgeber hervortreten. Nm aber zu den genannten Behörden ein vertrauensvolles Verhältnis herzustellen, sei es unbedingt notwendig, in diese Vertrauensleute der Bergarbeiter zu entsenden Finanzminister Tr. Neinst.old erklärt, daß die Re gierung zu dem Anträge noch nicht Stellung nehmen konnte. Aus Bahern und Preussen habe sie Mitteilun gen über dort gemachte Erfahrungen erbeten. Abg.' Barge (Tein): Es scheine,eine ziemliche Vielheit an Arbeiteraufsicht zu bestehen in den Betrieben. Seine Fraktion stehe dem Antrag zustimmend gegenüber. Abg. Eckar d t (Dtschnat.): Nachdem man bei den politischen Behörden die Arbeiterräte wieder abgeschafst habe, wolle inan sie bei deir Bergbehörden wieder aufleben lassen. Tie Arbeitsoerhältnisse könnten und würden durch die Arbeitsgemeinschaften und die Tarifverträge geregelt. Tie Verbindung zwischen den Bergarbeitern und den Bergbehörden sei durch die Sicherheitsmänner gewähr leistet. Abg. Dre > t r (SozO' ,T«r Antrag stelle einen Lieb'.iugSwunsch der sächsischen Bergarbeiter dar. Tie Förderung .Werve sich durch Einrichtung der Beiräte steigern. Nach.dem Schlußwort des Abg, Krauße-Lugau wird der Antrag Arzt dem Haushaltausschuß A über wiesen. Nächste Sitzung. Mittwoch, den 30. Juni, mit tag I Uhr. h Don dtciät unä Lanä. Aue, 25. Jnni 1920. Johanni-;feiern in Aue. Begünstigt von schönem Wetter fand "gestern abend auf dem hiesigen N i k o l a i - F r (e d h o f e eine sehr zahlreich besuchte Johannisandacht statt. Der Posaunen chor trug die Motette: Siehe, wie dahinstirbt der Gerechte . . . , vor: Chorgesüuge des Kirchenchorcs umrahmten die stimmungs volle Feier. In einer kurzen Ansprache führte Pastor Herzog aus, daß an der Stätte des Scheidens zuletzt doch nicht die Gedan ken der Trauer uud des Schmerzes uns bewegen sollten, sondern datz wir empfinden möchten: Hier ist die Pforte des Himmels und die Frommen gehen durch sie. Mir dein Bekenntnis christlicher Leüenshosfnung schloß die Feier. — Auch in der alten Kloster- kirche fand eine Johannisandacht statt, die ebenfalls sehr stim mungsvoll verlief und außcrordeutliib gut besucht war. Pfarrer Meusel hielt eine Ansprache, der das Wort Job. 3,30 zu Grunde lag: Er mutz wachsen, ich aber mutz abnehmen . . . Umrahmt war die Ansprache von Gesängen des Kinderchvres. Tarifvertrag und Uebcrarbeit. Das sächsische Arbeite- mi nifter ium hatte sich an den Verband sächsischer Industrieller mit der Anfrage gewandt, wie er sich zu dem Vorschläge stelle, durch Tarifverträge eine Ueberschreitung oer achtstündigen Arbeitszeit durch den einzelnen Ar beitnehmer zü beseitigen und zu verhindern, daß dem Arbeitneh mer in solchen Füllen ein Ausschluß aus seinem Verband und fristlose Kündigung durch den Arbeitgeber /astgedroht wür den. Der Verband sächsischer Industrieller stellt als Resultat ei ner Umfrage fest, Latz der 8 - S t u n d e n t a g als solcher als die Ursache der Uebcrarbeit angesehen werden müsse, datz aber durch die Vorschläge des Arbeitsunuisteriums eine Besserung nicht zu erzielen sei. Die Uebcrarbeit zeige eben die Schaffenskraft der Arbeiter, verbunden mit gesundem Erwerbssinn. Deshalb dürfe man nicht Zwangsmaßnahmen befürworten, die die beginnende Arbeitslust wieder Niederdrücken würden, sondern es müsse vielmehr eine generelle Ueberschreitung der Acht- Stu «den-Arbeitszeit gestattet werden- Es sollte z. B. möglich sein, durch Tarifverträge eine neunstündige Arbeitszeit festzulegen, nicht aber sollt« auf Grund der Verord nung Uber die Arbeitszeit der gewerblichen Arbeit», mit Strafen gegen solche Firmen eingeschrttten werden, die im Tinvernch' mit ihrer Arbeiterschaft den 8-Stundentag überschritten habe? Neubearbeitung der Sisenbahntarise. Die Tartferhoh"" a der Staatseisenbahnen haben mit den allgemeinen Preiserhöhun gen nicht Schlitt halten können, da sie ihre natürliche Grenae in der Leistungsfähigkeit des Wirtschaftslebens finden und nicht so weit geführt werden können, datz der Verkehr dauernd Schaden er leidet. Im Gegensatz zu der bisherigen rein prozentualen Er höhung der Tarifsätze ist eine neue Durcharbeitung der Tarife nach Maßgabe der wirtschaftlichen Lei. stung sfähigleit in Vorbereitung. Man hofft hierdurch einzelne, besonders im Nahverkehr fühlbare Härten auszugleichen. Gottesdienstliche Versorgung der Taubstummen. Für die Taubstummen in Sachsen wurden bisher von Lehrern der Taub stummenanstalten in Leipzig und Dresden in den größeren Städ ten des Landes mehrmals im Jahre Gottesdienste und Abend- mahlgfeicrn, diese unter Assistenz der Geistlichen, in der Gebärden sprache der Taubstummen gehalten. Wie in der gegenwärtigen Zeit so vieles anders geworden ist, so haben auch die ITaubstum- menlehrer es abgelehnt, noch weiterhin Taubstummengottesdtenste zu halten. Was würde dieser Wegfall für die Taubstummen Sachsens bedeuten, deren man heute 2400 zählt! Darum hat sich die Landeskirche entschlossen, die gottesdienstliche Versor gung der Taubstummen und die besondere Seelsorge an ihnen in die Hand von Geistlichen zu legen. Mitte dieses Monats sand in Zwickau ein Jnstruktionskursus für Pastoren zur Einführung in die Gebärdensprache der Taubstummen statt. Pfarrer Gocht- Zwickau, der selbst zwei Jahre lang an der Taubstummenanstalt in Leipzig geehrt hat, leitete ihn. Am Kursus nahmen teil Geist. Iicheaus Aue, Bautzen, Chemnitz, Dresden, Freiberg, Leipzig, Pulsnitz, Zwickau. Dadurch wird es in Zukunft möglich sein, die Taubstummen des Landes in und von den genannten Städten aus kirchlich zu versorgen, wie es Pfarrer Eocht in Zwickau bereits seit 1803 tut. In der Welt der Taubstummen ist die Freude darüber groß. i' Arbeitsjubiliium. Bei der Firma Erdm. Kircheis, Maschi« nenfnbrik und Eisengießerei, kann heute der Schnittbauer Robert R eium -irt, wohnhaft in Aue, Steinstraße, auf eine ununter brochene Asährillc Tätigkeit zurückblicken. Er wurde aus diesem Anlässe sowohl oon den Inhabern der Firma wie auch von seinen Arbeitskollegen durch Gückwünsch: und Gaben in der bei der Firma üblichen Weise geehrt. Keine Portosreiheit mehr. Dom 1. Juli an sind alle auf Grund des Portofreihsilsgesetzes von 1869 bestehenden Gebühren freiheiten und Begünstigungen aufgehoben. Dazu gehören auch die Vergünstigungen für Sendungen an Angehörige des Solda tenstandes und der Marine, die künftig den vollen Er- bührensätzeri unterliegen. Lebensmittel sür Aue am Sonnabend, den SS. Juni: Auf Neichsfleijchkarten, Reihe V, 180 Gramm R i npie rfri s ch- fleisch einschließlich Wurst: es kostet das Pfund Rindfleisch 10,20 M und das Pfund Wurst 6,40 M. (Kinder die Hälfte I) — Auf die Bezirkslebensmittelkarte, Abschnitt U/4, 100 Gramm Margarine zum Preise von 2,55 M. (Auf die Krankenbutter karte werden 50 Gramm Butter für 2,90 ausgegeben.) VcrLandstag des Sächsischen Eastwirtsverbandes. Während der erste Tag der Hauptversammlung fast ausschließlich organi satorischen Fragen galt, standen im Mittelpunkte der Beratungen cun Mittwoch wirtschaftliche Fragen des Eastwirtsgewerbes. Es wurde eine Entschließung angenommen, in der gedroht wird, daß bei Verwirklichung der angekündigten Fernsprechgebüh ren«!! Höhung und Erhebung der Telephonanleihe die Gast wirte ihre Anschlüsse kündigen werden. Der Zentralverband soll beauftragt werden, die gleichen Maßnahmen im ganzen Reiche zu treffen. Desgleichen wurde eine zweite Entschließung akgenom- me'', in der Liysp.t,ch erhoben wird gegen oen Gesetzentwurf über weibliche Angestellte im Schank- und Gastwirtschafts gewerbe, der das gesamte Gastwirtsgewerbe schwer beleidigt und in starken Mißkredit bringt. Angenommen wurde ferner ein An trag, der verlangt, daß bei der nächsten Bterpreiser- Höhung der Bierbezug durch die Gastwirte in ganz Deutschland eingestellt werden soll und daß ein Abkommen getroffen wird, damit die festgesetzten Ausschankpreise durch die Gastwirte einge hakten werden, andernfalls ihnen das Bier gesperrt werden soll. In.einer weiteren Entschließung wurde verlangt, daß die Reichs regierung von der Einführung einer Reichspolizeistunde abschen wolle und es den örtlichen Behörden überläßt, im Ein vernehmen mit den Gastwirtsorganisationen.örtliche Bestimmun gen zu treffen. Einen wichtigen Puncht der Beratungen bildete« die Verhandlungen über die Lebensmittelversorgung- des Hotel- und Eastwirtsgewerbes. Nach Erstattung des Jahresberichtes der Einkaufszentrale sowie der Altersrenten-, Witwen- und Waisen unterstiltziingskasse schloß der Vorsitzende die Tagung mit Worten des Dankes. Ev«r ÄrvZGe»'. Roman von Anna Niedcl. k. Foriietzung. Herr Kammerkoog schäme sie mit seinen großen herr lichen Augen an. ,,Nein, .er hat nichts davon gesagt. Timm ist ja ein sehr gewissenhafter Arzt, aber ich .fürchte, etwas! altmodisch." Herr Kammerkoog lachte. „Eine Dame sagte einmal zu mir, er ließe seine Patienten am lieb sten überhaupt nicht wieder aus den Fevern heraus. Aber Sie sollen hier nicht im Winde Lehen, Frau Grö ger. Gehen Sie nach.Hause? Tann erlauben Sie, daß ich Sie begleite." Sie hatten den Wind im Rücken und es ging sich herrlich. Ter Regen ließ wieder nach. Herr Kammer koog steckte seine Hand aus und sagte, es regne nicht mehr, Frau Gröger könne getrost ihren Schirm znklcip- pen. ES gehe sich dann weit schöner) Er liebe dies! stürmische, brausende Toben, denn er sei von der Wasser kante und an den Wind gewöhnt; niemals ginge ihm die Arbeit besser vpnstatten mlS wenn draußen der Sturm um das HanS gehe, weil man. immer an ven nahen Frühling .denken müsse. Aber sonst sprachen sie nicht viel, erstens weil der Wind ihnen immer das Wort vom Munde forttrug, und dann mußten sie durch viele hellerleuchtete Stra ßen gehen, wo ein wahrer Strom von Menschen ununter brochen an ihnen vorbeiging. Erst als sie wieder in eine stillere Gegend kamen, .erzählte Herr Kammerkoog wieder allerlei und machte Frau Gröger auf ein paar schöne, alte -Giebel aufmerksam, die am Flußufer ge spenstisch ,in die Luft ragten. „Tie alten Speicher sollen jetzt heruntergerisscm wer den und ich kämpfe wie ein Löwe um ihre Erhaltung in der Stadtverwaltung. Leider habe ich. mir dadurch schon ein Paar Feinde zugszogen, denn wenn ich .in Eifer komme, bin ich etwas unbedacht in meinen Aeußerunaen." Tas konnte sich Frau Kröger gar nicht denken. „Oh doch/ oh doch! Vielleicht haben Sie noch ein mal Gelegenheit —" Sie standen jetzt vor Frau Grögers Wohnung. Sie dankte für die Begleitung, und er drückte ihr die Hand. „Wenn ich mir erlaube, Sie morgen Nachmittag auf- zusnchen, wsrden Sie dann für mich zu Hanse sein, Frau Gröger?" ' Sie erschrak, ihr Herz setzte förmlich .für einen Augenblick ans, um daun mit verdoppelt heftigen Schlä gen los zu hämmern. Daher kam es «in wenig.gepreßt heraus: „Ja, gch werde .auf .Sie warten. Ich danke Ihnen sehr. Gute Nacht, Herr Kammerkoog." » * » Ter nächste Tag war wieder sehr stürmisch und rea- nerisch, aber als Frau Gröger sich in den Nachmittags stunden nach dem Fortgehen ihrer letzten Schülerin an- schicktc, ihren Anzug für den bevorstehenden Besuch in Ordnung zu bringen, ,zerriß die Sonne das Gewölk und warf.einen breiten Lichtstrahl in ihr Zimmer. Er spielte keck auf.den Blumen am Fenster, ließ die Farben deS- Lcppichs cutfglühen und blieb in der Osenecke auf der Tapete haften. Frau GTöger wurde förmlich durch ihn geblendet. Er machte 'sie sehr glücklich, denn sie ge- hörte zu den Naturen, auf denen ein Tag ohne Licht' und Sonne stets wie eine drückende Last liegt Mit einem Icüle wurden ihre Bewegungen schneller und elastischer, ihr Mund lächelte, ohne daß sie selbst cs wußte, und ihre Augen begannen zu leuchten. Sie trat ans Fenster, warf der Sonne im Westen einen dankbaren Blick zu und dann ging sie an die Arbeit. E» mußte Staub gewischt werden, Decken mußten zurcchtgerückt und Bücher und Blätter an Ort und Stelle gelegt werden. Ter große R-''esenkaktus stand in voller Blüte. Und nur sie allein wußte, welches intime Eingehen auf.seine vie len Eigenheiten die» farbemtefe Blütenwunver zustande gebracht hatte. Heute wurde er behutsam auf ein Sei- tenttschchen gestellt, wo seine Schönheit mehr zur Geltung kam. Tann kramte Frau Gröger allerlei Geschirr aus dem Büfett hervor, steckte die Teemaschine, vn» "cke La-- Pen an, und erst dann konnte sie an ihren Anzug gehen. ES war wohl das beste-, wenn sie ihr graues Kleid an zog, dar, welches Philli das schöne zu nennen pflegte. Es hatte besonders bei verhängtem Lampenlicht einen so wundervollen weichen Schimmer. Sie trug noch immer den Scheitel, mit dem locker aufgesteckten. Haarknoten, den sie schon als ganz junges Mädchen getragen hatte, gmd wie oft hatten nicht schon Damen zu.ihr gesagt, daß sie zu beneiden sei wegen ihrer einfachen Haartracht. MtL Tom Magnussen harte einmal gesagt — o, lieber Gott, Tom MagnUisen! Lie Hand .die die Lamp« zu ihrem Spiegelbild erhob, sank hernieder, sie setzte sich.traurig aus einen Stuhl. Ta putzte sie sich heraus für einem fremden Mann, der sie garnichts anging. War ihr denn der gestrige Vorfall noch nicht genug der War nung gewesen, sollte erst ein Mene Tekel kommen, dcrS wie Fcuer und Schwert in ihr Leben griff? Sie wurde blutrot in ihrer Scham uno bedeckte das Gesicht mi be! den Händen. Ter eine Gedanke, der sich in den letz ten Monaten so oft hervorgedrängt hatte, trat wieder an sie -heran: Ich habe ein reiche» blühendes Lebeni, das tausendmal mehr wert war, al» da» mein«, durch meine .Gedankenlosigkeit und Oberflächlichkeit zerstört. Und dafür werde ich nun bestraft. Wie ist mein ganze» Leben 'arm und freudlos! Wie wird es einst sein, wenn ich M bin? Wenn ich einmal krank werde? Ich habe um des Geldes willen einen Mann geheiratet, .der mich nicht liebte und den ich nicht liebt«. Und wa» -ab« ich nun? Ich bin arm und einsam. Wie ängstlich bemüht war ich zu jeder Stunde, ipm mein Inneres. -nein« Seele verborgen zu halten, »veil ich fühlte, daß er sie mißhandeln würde. Sie weint« bitterlich. (Fortsetzung folgt.)
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