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Dresdner Journal. * Verantwortlicher Redactenr: I. G. Hartman». IS« Erscheint mit «»»nähme der Tana» und Festtage täglich Abend» und ist durch alle Postanstalten zu beziehen. Sonnabend, den 1«. Juli. Prei» für da« Vierteljahr 1H Lhaler. Insertion»»Gebühren für den Raum einer gespaltenen Zeile 1 Neugroschen. 18S8. ' - »u Nichtamtlicher Theil. Aebrrsicht. Tagrsgeschichte. Telegraphische Nachrichten. — Dresden: Vom Landtage. — Wien: König von Griechenland erwartet. DemolirungSarbeiten. — Ber lin: Vorarbeiten zu einer Berlin-Görlitzer Bahn geneh migt. Marquis de Moustier. Postvertragsverhandlung mit England. Befinden des Königs. Königin von Eng land erwartet. — Kassel: Wahl der Kammerpräsidien. — Paris: Conferenzsitzung. — Turin: Der spanische Gesandte. Bankdiskont.— Catania: Complotproceß.— Madrid: Differenz mit England. Cortesauflösung be schlossen. Ernennungen. — London: Die Königin in Aldershott. Die „Times" über die spanische Presse. Das atlantische Telegraphenkabel. — Von der türki schen Grenze: Türkischer Bevollmächtigter in Gravosa. — Montenegro: Der russische Consul in Cettinje. Türkische Kanonen eingebracht. — Ostindien: Caser- nenbrand in Allahabad. Entwaffnung im Mahratten- lande. Regenzeit angebrochen. Local- und Provinziulangelegenheiten. Feuilleton. Vermischtes. Inserate. Tageskalender. Börsennachrichten. Tagesgeschichte. Telegraphische Nachrichten. London, Donnerstag, 8. Juli, Nachts. In der eben beendeten Sitzung deS Oberhauses passirte die Judenbill die Berathung im Count«. Im Unterbaust passirte die Jndienbill die dritte Lesung ohne Abstimmung. Kopenhagen, 8. Juli*). Der Finanzminister hat gestern nach stattgefundener Sitzung des gehei men StaatSraths seine Demission eingereicht. Dem „Faedrelandet" zufolge übernimmt der Conseilsprä sident daS Ministerium des Auswärtigen. Ueber die - Besetzung deS Finanzministeriums verlautet noch nichts Gewisses. *) Wegen Störung brr Linie verspätet. Dresden, 9. Juli. Beide Kammern haben heute Sitz ungen gehalten. In der Ersten Kammer war die Regie rung durch Staatsminister Or. v. Falkenstein und geh. Rath vr. Hübel vertreten. Auf der Registrande befand sich unter Anderm ein aller höchstes Dekret, wodurch der Schluß der ständischen Be ratungen nunmehr auf den 3l. Juli festgesetzt wird. Unter Genehmigung der vom Kammerherrn v. Besch witz und Kammerherrn v. Aehmcn vorgetragenen ständischen Schriften über die Petition der erzgebirgischen Kreisstände, Kreiskassenansprüche betreffend, und den Gesetzentwurf, die Auslegung des Art. 284 des Strafgesetzbuchs betreffend, ging man zur Tagesordnung über und beschloß, gemäß dem von der dritten Deputation, die den jenseitigen Deputations bericht adoptirt hatte, (Ref. Domherr v. Watzdorf) bezüglich der Petition des Gemeinderaths zu Limbach, um Abänderung einiger Bestimmungen des Gesetzes über Erwerb und Ver lust deS sächsischen Unterthanenrechts, gestellten und von Frhn. v. Welck unterstützten Schlußantrage, diese Petition auf sich beruhen zu lassen. Hierauf ertheilte die Kammer, übereinstimmend mit dem Beschlüsse der Zweiten Kammer und gemäß dem Vorschläge ihrer ersten Deputation (Ref. Hofr. vr. Hänel), die eben falls den jenseitigen Bericht adoptirt hatte, dem Gesetzent würfe, einige Nachträge zu dem Gesetze, über ^Errichtung einer Witwen- und Waisenpensionskasse für Lehrer an evan gelischen Schulen betreffend, ohne Debatte einstimmig ihre Zustimmung. Sodann wurde zur Berathung des anderweiten Berichts der ersten Deputation (Ref. ebenfalls Hofcath vr Hänel) über den Gesetzentwurf, die Gehaltsverhältnisse an den Ele mentarvolksschulen betreffend, übergegangen. Die erste Dif ferenz mit den Beschlüssen der Zweiten Kammer bestand darin, daß die Zweite Kammer bei Veränderungen von Schulstellen, dem Ausdrucke des Entwurfs zustimmend, nur das Gehör der Collatoren erfordert wissen will und dem Be schlüsse der Ersten Kammer, dieses Ausdruck mit „Einver- ständniß des Collators" zu vertauschen, nicht beigetreten ist. Die Deputation empfiehlt, die beabsichtigte Aenderung als unnöthig und über das Ziel hinausgebend wieder fallen zu lassen. Nach langer Debatte, wobei sich Frhr. v. Welck und Vicepräsident Frhr. v. Friesen für Beharren auf dem frühern Beschlüsse verwendeten, während Staatsminister Vr. v. Fal kenstein den Ausdruck des Entwurfs aufrecht zu erhalten suchte und in gleichem Sinne Oberhofprediger vr Liebner, Herr v. Könneritz, Kammerherr v. Zehmen, der Präsident und der Referent sich für den Deputationsvorschlag erklär ten , Kammerherr v. Erdmannsdorff aber, dem sich später Oberhofprediger vr Liebner, Freiherr v. Welck, Klostervoigt v. Posern und Graf v. Riesch anschlossen, beim Vereini gungsverfahren einen vermittelnden Ausdruck adoptirt zu sehen wünschten, erfolgte die Abstimmung, welche, da Ke Stimmer».für und wider den Deputationsvorschlag (13 ge gen 13) standen, ohne Resultat blieb und daher wiederholt werden muß. Hinsichtlich des von der Zweiten Kammer beschlossenen Zusatzes zu H. 3, wonach bei der Gewährung der Alters zulagen daS Einkommen eines Lehrers von einem Kirchen- dicnste nur bis zur Höhe von 30 Thlrn. eingerechnet wer den soll, hat sich die Deputation in eine Majorität und Minorität gespalten, indem die letztere (bestehend aus dem Bürgermstr. Müller und dem Referenten) die Annahme des jenseitigen Beschlusses empfahl, die erstere dagegen das Ein gehen auf denselben widerrieth. Nachdem Oberhofprediger vr Liebner für den Minorilätsvorschlag, Kammerherr v. Zeh men für den der Majorität der Deputation das Wort ergriffen, Staatsminister Vr. v. Falkenstein nur auf die von ersterm zu erwartende Vermehrung der Staatszuschüsse hin gewiesen und der Referent für die Minorität zum Schluß gesprochen, wurde der Majoritätsantrag gegen 7 Stimmen angenommen. Die von der Ersten Kammer bei diesem Paragraphen in Wegfall gebrachte Beschränkung, daß Collatoren zu Stellen von 240 Thlr. und darüber nur Lehrer, die schon mindestens 5» Jahr gedient haben, berufen sollen, beschloß die Kammer, entgegen dem Vorschläge der Deputation, mit 15 gegen 9 Stimmen nicht zu genehmigen. Ebenso wurde der Vor schlag der Deputation, den von der diesseitigen Deputation ausgegangenen, von der Kammer unter Veränderung der Worte „vorgesetzten Schulbehörden" in „Schulinspection im Einverständnisse mit dem Patron", in der Zweiten Kam mer aber unverändert angenommenen Zusatzparagraphcn gleichfalls in der ursprünglichen Fassung zu adoptiren, mit 13 gegen 11 Stimmen abgelehnt, dagegen einstimmig be schlossen, die seit der ersten Berathung des Gesetzentwurfs noch eingegangenen, darauf bezüglichen Petitionen als.er ledigt zu betrachten, beziehentlich auf sich beruhen zu lassen. In der heutigen Sitzung der Zweiten Kammer war die Regierung durch Staatsminister vr. v. Zschinsky, geh. Rath vr. Hübel, geh. Justizrath v. Criegern und geh. Finanz rath Freiesleben vertreten. Zunächst beschäftigte sich die Kammer mit der ursprüng lich als dritter Gegenstand auf der Tagesordnung gebrachten Berathung des Berichts der dritten Deputation (Ref. Abg. Echarti) über die Petition deS Rittergutsbesitzers Diehe auf Schloß Pomßen, die Anlegung der Äblösungscapitalien der geistlichen und Schullehne in Grund und Boden betr. — Nach kurzer Debatte trat die Kammer einstimmig dem An träge der Deputation bei, die Petition im Verein mit der Ersten Kammer an die Staatsregierung zur Kenntnißnahme abzugeben. Hiernach wendete sich die Kammer zur Berathung des Berichts derselben Deputation (Ref. Abg. vr Loth) über die Petition des Grafen zu Solms-WildenfelS, die Ertheilung eines privilegirten Gerichtsstandes betr. Die Deputation hat gerathen, die Petition unter Ablehnung der von der Ersten Kammer genehmigten Empfehlung derselben zur Be rücksichtigung auf sich beruhen zu lassen.- Nach einer län ger» Debatte, in deren Verlaufe sich die Abgg. Jungnickel, Riedel und Reiche-Eisenstuck im Sinne des Deputations gutachtens, die Abgg. Freih. v. Wöhrmann, v. König, v. Crie gern und Freih. v. Welck gegen dasselbe und im Sinne der Ersten Kammer erklärten, der k. Commissar geh. Justizrath v. Criegern den Standpunkt der Regierung darlegte, wurde, nachdem ein Antrag auf Schluß der Debatte trotz mehrsei tiger Erklärung dagegen Annahme gefunden, und nachdem der Referent nochmals das Deputationsgutachten vertheidigt hatte, dasselbe gegen 9 Stimmen angenommen. Hierauf ging die Kammer an die Berathung des ander- weiten Berichts der dritten Deputation (Ref. Abg. Reiche- Eisenstuck) über mehrere das Bergwesen betreffende Peti tionen des Herrn Kammerherrn v. Metzsch, Herrn Mende's und Consorten zu Annaberg und des Stadtraths zu Schnee berg. (Wir verweisen bezüglich der frühern Berathung dieses Gegenstandes auf Nr. lOO und 137 d. Bl.) Die Erste Kammer war sämmtlichen diesseits beschlossenen Anträgen unverändert bcigctreten, mit Ausnahme desjenigen, „die hohe Staatsregierung zu ersuchen, der im Landtagsabschiede vom 12. April 1851 ertheilten Zusage gemäß der nächsten Ständeversammlung das Berggesetz zur Revision vorzulegen", indem sie statt dessen die Vorlage an die übernächste Ständeversammlung beantragt hatte. — Die diesseitige Deputation nun empfiehlt, bei dem frühern Beschlüsse stehen zu bleiben. Nach kurzer Debatte wurde gegen 3 Stimmen, diesem Anträge Folge zu geben, von der Kammer beschlossen. Ebenso trat die Kammer bei Berathung des Berichts der zweiten Deputation (Ref. Abg. Falcke) über die Petition der Stadt- und Gemeinderälhe von acht voigtländischen Ort schaften, die Herstellung einer Eisenbahn von der sächsisch bayrischen Bahn durch das Voigtland betr., nachdem sich die Abgg. Pfretzschner, Groh, Diehsch und Schillbach für dieselbe, bez., für verschiedene der in Vorschlag gekommenen Trakte ausgesprochen, gegen 1 Stimme dem Anträge der Deputation bei, die Petition auf sich beruhen zu lassen. Weiter erklärte auch bezüglich der Petition der Innung der Braugenossenschaft der sächsischen Oberlausitz, die Erleich terung einiger Controlmaßrcgeln bei dem Brauwesen betr., auf Vortrag des schriftlichen Berichts der dritten Deputation (Ref. Abg. Nciche-Eisenstuck), die Kammer sich, nachdem Abg. Fahnauer für die Petition das Wort ergriffen, gegen 1 Stimme für den Deputationsantrag, die Petition auf sich beruhen zu lassen. Endlich wurde noch vom Abg. v. Criegern die ständische Schrift auf das allerhöchste Dekret, den Gesetzentwurf über Fenilleto». Unterirdisches Fest in Wieliczka. Am 3. Juli wurde in dem merkwürdigen Steinsalzbergwerke bei Wieliczka ein Bergfest unter der Erde gefeiert, zu welchem sich Tausende von Gästen, zum Theil auS weiter Ferne (auch BreSlau hatte ein starkes Eontingent geliefert) ringefunden hatten. Wieliczka, II Meilen hinter MySlowitz, liegt in einem reizen den, sehr fruchtbaren breiten Thule, ist der Länge nach von einer gut gepflegten Allee von riesigen Weiden (Salix exc) durch, jchnitten und hat viele sehr hübsche Bauten, meist mit Park- anlagen umgeben. Etwa in der Milte deS ThaleS befinden sich' die Hauptabgänge in daS Salzwerk, welches von Süd nach Nord circa eine halbe Meile, von Ost nach West eine Biertelmeile streicht, nach Nord und West abfällt und bis auf die Sandstein sohle Svo Fuß tief ist. In diese« ungeheure, compacte, nur an einigen Stellen mit Mergel eingesprrngte Salznrst haben nun die Bergleute eine Menge Gänge, Höhlen, Grotten, Tempel, Tunnel, Galerien u.s.w. gehauen und dadurch ein Bild geschaffen, wie der Porzellanwurm, der Weidenbohrer und andere Kunstarbeiter unter den Thieren im Holze machen. Die Bergfeste zu Wieliczka werden auf folgende Weise ge feiert: Erst steigt der Geistliche, welcher im Bauche der Erde einen Gottesdienst hält, hinab in die Tiefe; dann stundenlanges Drücken, Zerdrücken und Erdrücken de« Publicum«, um zu dem drei Fuß breiten Loche zu gelangen, welche« auf vielen, vielen Treppen hinabführt in die grausige Tief, der Nacht. (An andern Stellen kann man auch im Kübel hinabfahren.) Auf den Trep pen, in den Gängen, Sälen, Gewölben, Domen und an den Seen find überall Bergleute mit Grubenlichtern postirt, welch' letztere so eingerichtet find, daß wenige von den überall drängen, den Besuchern ohne befleckte Kleider davon kommen. Da jedoch kein Entree erhoben, überhaupt Alles, waS man steht und hört, gratis geliefert wird, so läßt fich gegen kleine Mängel NichrS sagen; vielmehr ist die Liberalität lei der ganzen Feier zu rühmen. Unter den Bauen, welche in die compacte Salzmaffe mit un endlichem Fleiße gehauen sind, ist zunächst der große Dom oder der Saal zu nennen. Dieser große Raum, höher als die höchsten Gewölbe unsrer Kirchenschiffe, hat die Kirchenlänge, aber die Form eine- großen Theaterraumes. Auf dem Podeste am Ein gänge stehen rechtS und links auf hohen Sockeln Neptun und Vulcan mit ihren Attributen — Alles auS Salz. Eine breite, in Salz gehauene Treppe führt in den großen gedielten Raum, in welchem der Ball stattfindet. Hoch oben ringS um die glatten Wände führen in Salz gehauene Galerien, auf welchen man herumgehen und hrrabschauen kann. Die dem Eingänge gegen- , überliegende Wand war zum Feste von oben bi« unten auf sehr geschmackvolle Weise mit Tran-parentgemälden — sämmtlich auf den Bergbau Bezug habend — geziert. Von dem compacten Salzgrwölbe hingen sech« große Kronleuchter herab — ganz auS Salz —, deren reiche Behänge bei dem Scheine der vielen auf gesteckten Dichter wie Krystalle brillantirtrn. Vor der Hinter wand ist wie am vordern Eingänge rin Podium, auf welche) in der ganzen Breite Stufen führen und auf dessen Mitte ein schön geformter Tisch steht — Alle« von Salz und im Ganzen in« Salz gearbeitet. Drr zwritgrößtr, virl tirfrr liegend» Raum, welcher, durch Tunnel verbunden, in zwei Theile getheilt ist, heißt der See. Zum Feste waren diese Räume geschmackvoll illuminirt und auch der auf dem Wasser fahrende Kahn war mit Lichtern geschmückt. Hier auf dem Wasser wurden Feuerwerke abgebrannt, bei denen namentlich der Kanonenschlag wunderbar wirkte durch die Er- schütterung der kolossalen Salzgrwölbe und daS Fernhindröhnen in die ab- und aufwärts führenden Gänge. Dann find wieder an andern Stellen völlige GebirgSschluch- ten mit vorspringenden, überragenden, scheinbar zerklüfteten Felsen in daS Salz gearbeitet, welches bei der eigenthümlichen Beleuchtung und unter den wechselnden Feuern der Leuchtkugeln gar wunderbar anzuschauen war. — Wieder an andern Stellen sind Grotten und Höhlen auSgearbritet; auch große Räume, wo auf Roßmühlen der Salzgruß, welcher bei den Arbeiten al« Späne zur Seite flieg», fein gemahlen wird. — Alle diese Räume und Gänge im funkelnden Salze beleuchtet und von geputzten Menschen in heiterster Stimmung durchströmt zu sehen, gewährt ein Vergnügen, welche- auf ähnliche Weise wohl nirgend« zu genießen ist. Die daS Fest ordnenden und überwachenden Beamten trugen durch ihr gefällige- und freundliches Wesen brsondrr« dazu bei, daß der Gebildete nicht nur da« allgemeine Vergnügen theilrn, sondern auch über alle- WiffenSwerthe genaue Auskunft und Belehrung erhalten konnte. Die« ist um so rühmenSwerther, al« die Beamten über ihren Wunderbau wenig Freude haben kön- nen, indem er fast Nicht« bringt, weil an Rußland wie an Preußen da« Salz zum Selbstkostenpreise abgelaffen wird. (vr.Z)