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Sonntag» äen S. Oktober 1918 nachm Das deutsche Friedensangebot Vie gestrige steicimagWung. Vie kri<d5MrIeri-eae. Vor dicht besetztem Haus« und überfüllten Tribü nen — in der Hofloge wohnt« der Katsersohß, Prinz August Wilhelm, der Sitzung bet — eröffnete Sonnabend Nachmittag ü Uhr President Aehrenbach die R«tchötag»sttzung mit «jner Ansprache, in w«l- ch«r er auf die militärischen Ereignisse der jüngsten Zett im Westen, auf da» Ausscheide n Bulgarien» au» dem Vierbunde, aus di« Niederlagen Bulgarien» und der Türkei hinwie», in welcher er ferner de» Rück tritte» de» Grasen Hertling gedachte und die er wie folgt schloß» Vor uns steht ein« neue Regie rung, an ihre, Spitz« al- Kanzler Getue Hoheit Prinz Max von Baden. Von der neuen Reich«, lettung erhoffen wir zuversichtlich, daß sie in steter inniger.Fühlungnahme mit dem Bolte und nur auf da» Wohl de» Volke» bedacht, ihr hohe» und schwierige» Amt verwalten möge. Cs ist selbstverständ lich, daß manch« Kreis« im Hinblick auf die Großtaten der Vergangenheit der neuen Zett kritisch, zwei felnd, ja sogar ablehnend gegenüberstehen. Wir erhoffen von den Leistungen der neuen Zett ein« versöhnende und klärend« Wirkung. Der Name de» Reichskanzler» hat einen guten Klang in der gan- -en Welt. Da» wird seinen auf den Frieden und die Versühnung der Völker gerichteten Bestrebungen fördere ltch sei«. Möge Gotte» »egen auf d« «»bett der neu« Regierung und des Reichstag» ruhen. (Lebhafter Bei- strll.) Unter großer Spannung ergriff sodann da» Wort Reichskanzler Prinz Nax von Saöen: Gemäß dem kaiserlichen Erlaß vom 80. September hat das Deutsch« Reich «ine grundlegende Umge staltung seiner politischen Lettung erfahren. AL» Nachfolger des um sein Vaterland auf- höchste ver dienten Grafen von Hertling Lin ich, von Seiner Majestät dem Kaiser an di« Spitz« der neuen Regierung bo- rus«n worden. Es entspricht dem Wesen der nunmehr bei uns etngetretenen RegierungSwets«, daß ich, dem Reichstag« ohne Verzug vor der Oeffentltchkett di« Grundsätze darlege, nach, denen ich mein verantwortungs schweres Amt zu führen gedenke. Dies« Grundsätze find, bevor ich mich zu der Uebernahme der Kan-lerg«schüft« entschloß, im Einvernehmen mit den Verbündeten Re gierungen und mit den Führern der Mehrhettsparteien diese» hohen Hause» festgelegt worden. Sie enthalten mithin nicht nur mein eigenes politische» Glaubens bekenntnis, sondern auch da» de» weitüberragenden Lei- les der deutschen Volksvertretung, der deutschen Na tion, di« den Reichstag auf Grund de» allgemeinen gleichen und geheimen Wahlrechts nach ihrem Wunsch zusammengesetzt hat. Nur die Tatsache, daß ich die Ueberzeugung, wie den Willen der Mehrheit de» Vol ke» hinter mir Weitz, hat mir dste Kraft gegeben, in der schweren und ernsten Zeit, di« wir miteinander erleben, di« Leitung der ReaierungSgeschLft« auf mich zu nehmen. Di« Schultern eines Einzelnen wären zu schwach, um allein die ungeheure Verantwortung tragen zu ktwMi, di« d«r Regierung In der Gegenioart zu fällt. sNu« wenn das Volk an der Bestimmung Kiner Geschicke in weitestem Umfang« jeglichen Anteil nimmt, die Verantwortlichkeit mit auf die Mehrheit seiner fr«i erwählten politischen Führer sich erstreckt, kann der leitend« Staatsmann seinen Anteil an ihr im Dienst« des Volke» und Vaterland«» mit Zuversicht über nehmen. D«r Entschluß, die» zu tun, ist mir besonder» dadurch erleichtert worden, datz in der neuen Regierung auch maßgebend« vertrauen-männer der Ar beiterschaft zu den höchsten Aemtern im Reich« gelangt sind. Ich sehe darin di« sichere Bürgschaft dä- für, datz die neue Regierung von dem festen Vertrauen der breiten Massen de» Volke» getragen ist, ohne dessen überzeugungstreue Gefolgschaft ihr ganze- Handeln von vornherein zum Mißlingen verurteilt wäre. Uva» ich heute hier ausspreche, sage ich also nicht nukVmetnrm Namen und in dem meiner amtlichen Mitarbeiter, son dern auch im Namen de» deutschen Volke». Da» Pro gramm d«v Mehrhettsparteien, auf die ich mich stütz«, enthält zunächst ein Bekenntnis der Antwort der früheren ReichSregterung auf die Not« de» Papste» vom 1. August 1917 und di« bedingungslos« Zustim mung zu der R«ich-tag»r«folutton vom IS. Juli desselben Jahre». (Bravo!) S» bekundet ferner die Bereitwilligkeit, sich einem allgemeinen Bupd d«r Völker auf Grund der Gleichberechtigung rller, also der Starken und der Schwachen, anzuschltetzen. Di« Lösung der dielumstrittenerr belgischen Frage sieht «» in der völligen Wiederherstellung Belgiens, insbesondere seiner Unabhän gigkeit und seine» G«biet»umfange». Auch etn« Verständigung über di« Enrschädi- gung-frag« soll angestrebt werden. Di« bi«, her geschlossenen yrtedensverträg« will da» Programm zu keinem Hindernis für den allgemeinen Yrieoen-schiutz worden lassen. E» rät im besonderen an, daß sich in den baltischen Ländern, in Litauen und Polin, vle fMenzbllte an Mssn. Der neu« deutsche Reichskanzler Prinz Max von Baden hat in seiner gestrigen Ginführungsrede im Reichstag« mitgeteilt, datz er in Uebevetnsttmmung mit allen berufenen Faktoren im Reich« und in Ueberetn- sttmmung mit den Bundesgenossen an den Präsidenten der Vereinigten Staaten, Wilson, eine Not« gerichtet habe, in der er den Präsidenten bittet, di« Herbei führung de» Friedens in di« Hand zu nehmen und des halb mit allen kriegführenden Staaten in Verbindung zu treten. Schon vorgestern, noch ehe der Reichstag zusammen trat, war angekündigt worden, daß groß« Ding« sich vorbereiten, datz di« Retchstagssttzung am Sonnabend ernst« und folgenschwere Kundgebungen bringen, daß sie in ihrer Bedeutung der unvergeßlichen historischen Sitzung vom 4. August 1914 gleich! zu achten sein wür de. Nun ist di« Spannung gelöst, die bedeutsame Kund gebung ist erfolgt, Deutschland» neuer Kanzler hat einen Friedensschritt unternommen, der sich in seinem! Wesen und seinem Geist« eng an di« letzte, an unser« Feind« gerichtete yrtedensnot« de» Grafen Burhan «»schließt, der aber insofern noch weiter geht, al» «r ein« direkt« Aufforderung zur Einleitung von Friedensverhandlungen an unser« Feinde fst, ivährend Graf Burtan» Not« lediglich! «ine unverbindliche Vor besprechung bet Fortsetzung der Krieg-Handlungen Wünschte. , Tief und unstillbar ist nach vier lange» und blu tigen Krteg-jahren di« yrtedenssehnsucht der Völker. Ungeheuer sind di« Opfer, di« schon gebracht worden sind, unersetzliche di« Verlust«, die alle Kriegführenden erlitten haben, furchtbar di« Wunden, di« dieser schreck lichst« aller Kriege geschlagen hat. Deutschland hat diesen Krieg nicht entzündet» Unser Gewissen ist rein, unwiderleglich ist erwiesen, datz wir lediglich in der Notwehr auftzestanden sind, um unseren heimatlichen Herd gegen ein« längst geplante Verschwörung zu ver teidigen. Di« Friedensliebe de» Deutschen Kaisers und de» Deutschen Volke» unterlag keinem Zweifel. Im Schatten de» Frieden» haben wir un» zu einem starken und mächtigen Faktor im Rat« der Völker entwickeln können. Handel und Wandel blühten, ein beispielloser materieller Aufschwung war die Frucht unseres Fleiß«». Da» neideten uns di« Anderen. Wir wurden ihnen zu groß und stark. Sie fürchteten für ihr« eigene Existenz, ite fürchteten für ihre Welteroberungspläne. Krämer geist auf der «inen, raubgierige Expansionspolitik auf der andern Seit« entzündeten di« Brandfackel und über den Särgen de» ermordeten Üsterretchsichrn Thron folger» Franz Ferdinand und seiner Gattin schlugen endlich die längst geschürten Flammen diese» Weltkrie ge» zusammen. Wt« ein Mann erhob sich da» deut, sch« Volk gegen seine Feinde, entschlossen, den Angriff aus sein« Existenz und Freiheit abznwehren. Glorreich, in beispiellosen Taten de» Heldentums, von denen noch unsere entferntesten Enkel singen und sagen werden, hat e» sich bis heut« geschlagen, hat e» den Feinden^ die allmählich fast den ganzen Erdkreis gegen un» aust zubieten wußten, di« Kraft de» deutschen Schiverte» er wiesen. Aber inmitten de» blutigen Kampfe» um seine Frei heit hat da» deutsch« Volk im Bewußtsein seiner Stärk, von den edelsten Regungen, der Menschlichkett beseelt, im Bestreben, dem Massenmorde Einhalt zu tun, da» Europa zu verwüsten droht«, den Feinden wiederholt die Hand zum Frieden,, zur Versöhnung dargeboten. Mit blutigem Hohne wurde sie zurückgestoßen. Da mörderische Ringen sollte, so wollten es unsere Feinde, bi» zu unserer gänzlichen Vernichtung weitergehen. Ih rer eigenen ungeheuren Opfer an Gut und Blut ach,« teterr di« F«tnde dab«t nicht. Aber immer lauter, im- «sr stärker ertönten hüben wt» drüben dw Ltwmtzn. die den Frieden ersehnten. Schier unerträglich Wa ren die Lasten und Entbehrungen de» Kriege» gewor den. Eine deutsche Regierung, die diese Stimmen Hörte, durfte sie nicht ungehvrt Verhallen lassen. Nun haben wir noch einmal die Hand dargereicht. S» mag manchem der Gedanke bitter sein, daß wir ün» der Vermittlung d«» Präsidenten Wilson bedienen, jene» Manne», der durch sein« ursprüngliche „Neutra lität" und durch seine später« Beteiligung am Kriege so unendlich viel zur Verlängerung de» Blutvergießens beigetragen hat. Allein Wilson ist nun einmal der aus schlaggebend« Faktor im Chore unserer Feinde und er hat jene» Programm aufgestellt, zu welchem sowohl Vie deutsch« wie di« österreichisch-ungarische Regierung sich bekannt haben. ES wurzelr in der Idee de» Völker bunde», die wir mit aufrechter Loyalität annehmen können, sofern un» innerhalb diese» Bunde» nur unser Platz ander Sonne, unsere Weltgeltung und Welt stellung erhalten und gewahrt bleiben. Alle», wa» Wil son als Richtschnur für diesen Völkerbund ausgestellt hat: Abrüstung, Schiedsgericht« zur Abwehr künftiger Krieg«, Freiheit der Meer« usw. ist auch« unser Pro- gramm, auch! unser Wunsch und Wille. Und so sollte man meinen, daß eine Verständigung darüber, sofern wir an den Verhandlungstisch! gelangen, gär nicht so schwer sein kann. Ist aber erst eine Einigung über diese Vorbedingung de» Frieden» erreicht, dann werden wir über die einzelnen Friedensfragen selbst zweifellos auch zu einer Vereinbarung kommen. So kann man denn nur wünschen, datz der jeden falls reiflichst erwogen« Schritt de» Reichskanzler» Prinzen Max von Baden d«r w«lt da» ersehnte Ziel, das Ende de» Blutvergießen», den heiß crsthnten Frie den bringen möge. An unseren Feinden liegt c» jetzt abermals, dies«» End« herbetzuführen. Wenn «» i'hken ernst ist um di« Verwirklichung jener Menschheitsideal«, die st« bisher immer im Munde führten, so werden st« in di« dargeboten« Hand «tnschlagen. Der Regierung de» Prinzen Max wird dann der unverwelkliche Ruhm gebühren, di« Welt au» einem Meer von Blut und Trä- nen in di« schöneren Gefilde de» Frieden» geführt zu haben. Sonäer-Ausgave Ruer Tageblatt - - W'-!'rW«!.W Kaum st, Mnjri^n «u« siuiun» ' »rm vrilrk echwrrzrndrr, » pst, auvmiikNa» ßn,,Ia,n tt pst., Nr» klamrprtitirli« st, N», un» »,a »r»iri - - mit -er wöchentlichen Unterhaltungsbeilage: /wer Sonntagsblaü. L . .< wrnn »ir siüstad» »«, sini4>», »urchLrrnsprrchrr «ksoiat »SrrSo, Manuskript nicht »«utllch irada, st, ZWB Mzeiger für öas Erzgebirge fkri tna haua v1rrtrtsthrlich r.il Mk., monatlich 1.-4 Mk. «rschrint tlalich in »rn Nnchmt»a-»slun-«n — -—, , .. - ... mit hi,»nahm, »on Sonn- un» «v»»» / / .... .... - , —. — ,. -. . . irirrin,..,. Uns.« z.itun,--»-. N«üakti»n mit Nu-nahm» -,r Sonntag» nachmittag- 4—s Uhr. — Trl.gramm.st-ressr r Tageblatt stu,»rzg-blrg». Zernfprecher sr. au/posi'ana-n"'»!» sr7.ftW'r * Zlir unverlangt ringrsanötr Manuskript, kann Srwähk nicht grlrtslrt wrrSrn. ^-»Mrn o-ll-Uungrn rnst-ar».