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13. Jahrgang Dienstag, äen L. Februar ISIS 3ir. 30 Die Entente setzt -en Krieg fort Ein» kun-gebuog -es Versailler Kriegsrales. — Vie Mittelmächte UN- -le Ukraine. — Verurteilung eines sozialistischen sibgeor-neten und Die Balten müssen für ihr treues Verhalten zur deutschen Sach« büßen; Verlust ihres Hab und Gutes verschmerzen sie; die moralischen Qualen aber, denen sir täglich ausgesetzt werden, sind schier un erträglich. Sollte nicht jetzt auch von baltischer Seite von einer Ehrenpflicht des deutschen Volkes gesprochen werden dürfen, dem man Treue gehalten hat? Hätten die Balten sich russisch orientiert, so erginge es ihnen besser; das aber lehnten sie als Verrat an der gemein samen Sache ab. Der Gang der Verhandlungen tu Brest-Litowsk mutz ihnen die letzte Hoffnung nehmen. Der heutige umtiilhe MgsdeW. tAmtlich.) Trotze» Hauptquartier, 5. Februar. Westlicher chri egS s aea uv l a q. Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht. Bon -er Küste bis zur Lys Artilleriekamps, der sich am Abeit- an der Bahn Boesinghe Staden bei Abwehr eine» englischen Borstotze» sowie zwischen Passchendaele und Be- r ere beträchtlich steigerte. Am La Basse« Kanal und an der Searpe lebt« die Feuertätigkeit zeitweilig auf. Bei erfolgreichen Erkundungen südlich von Armentieres bei Grancourt wurden einige Engländer gefangen. Hccresgrnppc Deutscher Kronprinz. Badische Stotztrupps drangen südlich von Beaumont tief in die französischen Stellungen ein, fügten dem Gegner schwere Verluste zu und lehrten mit 33 Gefangenen und mehreren Maschinengewehren in ihre Linien zurück. He-r-sgrnppe Herzog Albrecht. Auf den Maashöhen nördlich und südlich von St. Mihiel lebte die Gefechtstätigkeit am Nachmittag auf. Bon den anderen Kriegsschauplätzen nicht» Neue». Der Erste Generalquartiermeifter Ludendorsf. Die Derhanälungen in Vrest-Litowsk. Trotzki» Spitzfindigkeiten bezüglich Polens «uv Finnland- Aus Brest-Litowsk wird gemeldet! Am Freitag hielt di« deutsch-österretchisch-ungart sch-russische Kom- .... _ . ------ - torialen Fragen «ine weiter« Sitzung ab. Staats sekretär von Kühlmann erklärte zu der Frag« der Einladung bezw. Zulassung von Vertretern der west lichen Randsraatsn zu den Verhandlung««», der früher? Standpunkt der Mittemächte in dieser Angelegenheit sei vollkommen unverändert geblieben. Hinsichtlich der Zuziehung einer Abordnung der polnischen Regierung zu den Verhandlungen er klärte Trotzki: Wir erkennen die Selbständigkeit und und Unabhängigkeit des polnischen Staates in vollem Umfange an. Diese Selbständigkeit ist aber nur eine scheinbare, solange Polen unter dem Regime der Besetzung steht; wir können nicht diejenigen Vertre ter, di« durch den Willen der besetzenden Behörden ein gesetzt worden sind, üls die Vertreter des polnischen Volkes ansehen. AIS Bevollmächtigt« zur Teilnahme an diesen Verhandlungen könnte er nur eine Vertretung Polens ansehv», welch« sich auf dse Massen stützen würde. Staatssekretär von Kühlma nn erwidert«, er wisse nicht, warum der Vorsitzende der russischen Delegation von den westlichen Randvölkern heut« die Polen aus- gesondert hab«, er glaub« aber, einen gewissen Fortschritt darin erkennen zu können, daß Herr Trotzki die Selbständigkeit des polnischen Staates in vollem Umsange anerkannt habe. Wenn Herr Trotzki auch für die westlichen Randvölker Rußands die Selbständig keit anerkennen wollte, so würden di« Verhandlungen hiermit einen erheblichen Schritt vorwärts kommen. In Beantwortung einer Bemerkung Trotzkis, daß die Regierungen der Mittemächte di« neue finnische Negierung noch nicht anerkannt haben, erklärte Staatssekretär von Kühlmann, di« Stellungnahme zu den Zuständen in Finnland müsse Vorbehalten wer. den, insbesondere mit Rücksicht darauf, daß ihm von finnischer Sette zahlreich« Klagen darüber zugekommen fttey, da- bst mehrfach gMßerten Wünsche auf Zu« rückziehung der russische» .Kruppen auS Finnland von der russischen Regierung nicht in befrie digender Weis« beantwortet worden seien. Mit Be- sriedtgung konstatierte Graf Ezernin, datz Trotzki nut seinen heutigen Erklärungen Wenigstens die Existenz und die Selbständigkeit des polnischen Staates anerkannt habe. Dagegen vermöge er nicht zuzugeben, daß die Frage, ob die gegenwärtige polnische Regierung den polnischen Staat zu vertreten berechtigt sei, dem Schiedsspruch ejner dritten Regierung unterliege. , Zur sinn ländischen Frage bemerkt« Trotzki, .US der finnische Senat sich, mit der Bitte um Aner kennung der Selbständigkeit Finnlands nach Petersburg gewandt habe, habe dieser selbst den Gedanken geäußert, daß die Truppen spätestens nach Abschluß des Kriege zurückgezogen würden. Es sei nicht ausgeschlossen^ datz zwischen Abteilungen der russischen Truppen und Teilen der finnischen Bürgerarme« Zusammenstöße stattgefunden hätten, doch leugne er, daß diese Zusammenstöße irgend welchen Einfluß auf den Gang der engeren Kämpf« in Finnland hätten haben können. Was dst Heranziekung polnischer Vertreter betrifft, so erkenne er in vollem Umfange das Recht des polnischen Volke- an, selbständig und unabhängig zu existieren. Ab« « wolle nicht di« Augen davor verschließen, daß dieser pol nische Staat jetzt von fremden Truppen besetzt sei und daß di« sogenannte polnische Regierung sich nur innerhalb der Grenzen bewegen dürfe, die ihr von oben her gesteckt würden. Wenn der Staat weder Grenze» noch einen König habe, dann sei« kein Staat und kein Königreich. Man habe «es hier mit noch nicht endgültig gestalteten Verhältnissen zu tun. Auf die Be merkung des Vorsitzenden der üstzecreichischt-ungaristhe» Delegation habe er zu erwidern, datz seine Regierung durchaus nicht als Schiedsrichter in den Fragen auftcv- ten wolle. Sie schlage yur «inen Weg für die Nach prüfung der Berechtigung der polnischen Regierung vor. Treffende Bemerkungen Czernins. Graf Czerntn bemerkte, dst Delegationen der verhandelnden Mächte seien nicht hierher gekommen, um einen geistigen Ringkampf auszufechten, sonder» um zu versuchen, ob und inwieweit es möglich sei, zu einer Verständigung zu gelangen. Der polnisch« Staat sei in Entwicklung begriffen und sein Sndvicks lungsprozetz sei noch nicht abgeschlossen, deshalb habe Polen auch noch keine feststehenden Grenzen. Aber auch die russisch« Republik hab« noch kein« fest stehenden Grenzen, was indes die Mächte des Bierbun des nicht hindere, mit der gegenwärtigen russischen Re gierung zu verhandeln. Wenn Herr Trotzki gegen die Mächte des Vierbundes den Borwurf zu erheben schein», datz sie di« neue finnisch« Regierung nicht anerkannten, so müsse er feststellen, datz ihm von der Absicht einer Nichtverständigung nichts bekanut sei. Staatssekretär v. Kühlmann bemerkte, au» der ersten Erklärung Trotzkis Habs er den Eindruck gewvn-, nen, als hätte der RednLr damit rückhaltlos dst Selbst ständigkeit des polnischen Stuarrs aneei'aMt. Nun Habs aber Trotzki in einer zweiten Erklärung datz Polen mangels fester Grenzen und mangel» eine» Kö nigs weder ein Staat noch ein Königreich sei. Er müsse doch darauf Hinweisen, daß man sich vollständig in die Wolken verlier«, wenn man die Grundlage einer gesunden juristischen Konstruktion verlasse. Am Schluß machte Staatssekretär v. Kühlmann Mittei lung davon, daß er gezwungen sei, auf kurz« Zeit zu verreisen. Ti« Zett seiner Abwesenheit würde durch Verhandlungen von Macht zu Macht zwischen anderen in Brest vertretenen verbündeten Delegationen und der russischen Abordnung auszufüllen sein. Di« Sitzung wurde darauf geschaffen. Di« Vertin« Besprechungen. Staatssekretär v. Kühlmann und Graf Tzer- nin sind am Montag mittag zur angekünvigten Be sprechung mit General Ludendorff in B«rltn an gekommen. Wie der „Lvk -Anz." hört, betrefftn die Be ratungen nicht nur di« wirtschaftlichen Angelegenheiten des Ostens, sondern auch sonstig« wichtig« Fragen, die namentlich bei den Abmachungen mit der Ukraine zu erledigen.sezn werden. UeberdieS verlautet, patz auch di« rumänische Frag« seit einigen Lagen irr ei» L"" Stadium getreten fei. Man glaub-,'daß ' 'L'Etsche HÄemng, durch die E-veiontffedrr letz? tm Zett ejn« Besseren velchrt, mrnmchr erüWlvhm WAZ Anzeiger für -as Erzgebirge mit -er wöchentlichen Unterhaltungsbeilage: SsAagStz«. MWM Sprechens« »er «-öaktlon mit »usnohmr »er Sonntag, nachmittag» 4-3 Uhr. - L-lrgramm-siör-ss» r Lag-bla« fw-rrze«v 'S r «kür uno.rlana. -!na-s°n».- Manuskript- kann S-währ nicht g-I-ist-t «--»'N. Mmn.,MptnIchtü.uMl..d,,w. ,n'tz»L«n. ' gnr Lage an 6er Ostsee. Ein Balte, ein vorzüglicher Kenner des Landes, schnitt über die jetzigen Zustände in Kurland: Ter deutsche Vormarsch, dec seine Vollendung nicht durch Besetzung Liv- und Estlands fand, sondern nach Einnahme der dem Rigaischen Meerbusen vorgelagerten Inseln Haltmachte, erzeugte eine Verschärfung der eng lischen Pläne zur Beherrschung der nördlichen Ossiee. Dor eine Pfeiler der zwischen England und Rußland nu-ögebauten „nordischen Brücke" — Estland — soll nun fest in englische Hände gebracht lverden. England wird Estland weitgehende politische Konzessionen machen, .wirtschaftlich es aber zu oeherrschen verstehen; auch Zinnland —.der zweite Pfeiler — wird sich, ebenso- senig wie die drei skandinavischen Staaten, von eng lischem Druck befrejen können, solang« Estland zu dem wn England geschaffenen nordischen System gehör:. Somit verbleibt auch Rußland in englischer Botmäßig, leit und kann sich nicht für uns orientieren; durch Re- !>al wird Riga handelspolitisch ausgeschaltet werden. Der nicht zum Abschluß gelangte Vormarsch in der Ostsee hat das Deutschtum in Liv- und Estlano der Ge iahr der Vernichtung ausgesetzt. Russische Truppen, die um die Ostsee zu kämp fen nicht gewillt waren, wurden in großen Mengen nach Estland geworfen, nachdem sich, herausgestellt hatte, daß deutscherseits weiterer Vormarsch nicht geplant wurde; >ie gute Ernte in Estland und Nordlivland sollte die Lferpslegung einesteils des russischen Heeres sicherstel- -n; als undisziplinierte Banden ergossen sich diese rippen über das unglückliche Land, Mord, Brand und ub um sich verbreitend; Gutshöfe und Bauernhöfe wen eingeäschert, Vorräte geraubt oder vernichtet, !!.: Vieh verschleppt oder umgebracht. Schon jetzt herrscht Hungersnot; kein Deutscher kann auf dein Lande ken; alle haben sich in di« Städte zurückgezogen, ich,dem sie der sinnlosen Vernichtung ihres Hab und äutes unter schwersten persönlichen Jnfulsierunaeu h'at.- n zusehen müssen. Zn den Städten leben sie. zusam- engepsercht, von den dorthin geschafften knappen Bor gten. Nach vollständiger Ausraubung des Landes 'üssen sie mit „Requirierung" dieser Vorräte rechnen; eiche Schandtaten beim Eindringen in die städtischen khnhäuser möglich sind, kann nur derjenige beurtet- d^r den „gutmütigen" Russe,: kennt. Viele Gutsbesitzer sind landesflüchtig, weil-sie be- ufs „Aburteilung" gesucht werden;. andere' sind er- .. ...... mordet wvrden; viele Pastoren arretiert, andere hak- Mission zur Regelung der politischen und terri icn sich verborgen, weil sie von den Maximalsten be- ' ' .... schuldigt werden, die estnischen Bauern zum Widerstand -legen die Aufteilung der Güter, gegen die Plünderung «s Inventars aufgestr-ert zu haben. Ter 80jährige Graf Stackelberg.Zsenhof urde als Geisel nach Reval geschleppt, weil bei einer chießerei auf seinem Gut drei rote Gardisten ins Jen- -its befördert worden wärest; hinter den rot auSge- hlagenen Särgen dieser „Freiheitshelden" wurde der -te Mann mit Kolbenstößen hergetrieben, bis er vor rschöpsung zusammenbrach; jetzt liegt er im Gefängnis. Die rote Garde, die di« „heilige Revolu- Mn" verteidigen svll, rekrutiert sich aus dem Ab schaum de» Bevölkerung und sinder dank glänzender Be- s-chdung starken Zuzug; ein roter Gardist erhalt, wenn e keine Beschäftigung hat, täglich 30 Mark; für ge- ihrlose Aufträge 60 Mark pry Tag und wenn er mit ;«fah, verbundene Dienste zu leisten hat, so bezieht er 'is 100 Mark pro Tag. Die Banken sind geschlossen od« militärisch beseht; 'ehr als 300 Rubel pro Mann und Konto darf nicht :sgezahlt werden und auch dies« bet der allgemeinen öreisstelgerung ungenügend« Betrag kann nur mit Ge nehmigung eines roten Gardisten bezogen iverden. Die Wohngebäude sind nationalisiert; der Eigentümer er hält eine „Gage" und ist froh, wenn ihm einige Räume ,-«lassen werden. Die Kirchen sind entweiht, dienen rls Klub- und Meettngräume. Die bürgerliche estnisch« Bevölkerung ist völlig machtlos; der Terror und der leichte Gelderwerb ha- -en zudem da- moralische Niveau herabgedrückt; frei willig und gezwungen machen viele gemeinsame Sa. che mit den maxtmolisttschen Banden. Scheu und Re- spekt vor dem Teilt scheu hat ausgehört, nachdem mit der Möglichkeit der Besetzung de» Lande» nicht mehr gerech net zu werden braucht.