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LZA Anzeiger für -as Erzgebirge UMW «»M»»,, »>»«»« rxhoK«»» »!« »«, «»«,, »« «0^ OK» »« /Im. Donnerstag, äen So. September IS23 Nr. 220 klrbeiterstimmung. Am Hauptorgan des Hirsch-DunckerWen Gewerk. Vereins deutscher Metallarbeiter, tm „Regulator" finden wir eine Arbeiterantwort auf die letzten Mtnisterreden, die uns ausgezeichnet über die Sttm> Mung unterrichtet, die beute die besonnenen Ar- betterkreiv beherrscht.. Htlferding, .Sttesemann, von Raumer, Sollmann — so ergossen sich jn den letzten 14 Tagen die Reden der neuen Regierungsmänner über das Land. Durch weg Auge und fast hoffnungerweckende Reden, ohne daß darum der weitere Marksturz ausgeblteben wäre., Mt den besten Reden läßt sich eben das Schicksal jetzt nicht mehr aufhalten. Nur noch Taten können helfen. Die Gefahr daß Industrie und Handel die Notsteuerlasten auf Hie Preise abzuwälzen suchen, ist unverkennbar. Die Klagen über die Weltmarktpreisüberfchreitungen ver allgemeinern sich. Die Produktion selbst leidet unter den unerhörten Verteuerungen. Wie stark diese Ver teuerungen auf die Ausfuhr drücken, geigte der Minister von Raumer in seinen Ausführungen vor dem Reichs wirtschaftsrat:. Die Gesamtsumme der Ausfuhrbewil ligungen betrug im Mai 614, Juni 380, Juli 106 Millionen Goldmark. Ein ganz erschreckender Verfall unserer Ausfuhr in einer Leit, da der Bedarf allein an ausländischen Koh len stärker als Le zuvor in die Erscheinung getreten ist. Kein Wunder, daß die ausländischen Zahlungsmittel immer knapper und knapper geworden sind, und daß also die Nachfrage nach Devisen immer wieder so stark wird, dah der MarkkurS alle Tage von neuem um ein vaar Millionen geworfen wird. Dah nebenher immer noch dis Minimste Devisenspekulation betrieben und die ohnehin fast verzweifelte Position der Mark noch.weiter verschlimmert wird, M weithin die Neber- zeugung der Börsenkundigen, ohne dah es scheinbar möglich Ft, diesem verbrecherischen Treiben mit Erfolg entgegenzuarbetten. ES sind aber auch.immer noch nicht die äußersten Mittel in Anwendung gekommen, um das versteckte Eigentum der Devisenspekulanten aus keinen Schlupfwinkeln berauszuräuchern. Der ^verfassungsmä ßige .Schutz der Gesetze ist >thm noch immer nicht ent zogen. obwohl dieses Spekulations-Eigentum auf Ver fassung und Gesetze, auf Volk und Vaterland pfeift! Dies muh umso deutlicher hervorgehoben werden, als sowohl Minister von Raumer, .wie der Reichskanz ler selbst Zeinen Zweifel darüber gelassen haben, dah dis neue Regierung, fs nach den Umständen auch mit erkSHtvn Arbeitsleistungen der Arbeiter, schäft rechnet. Herr Stresemann hat von der Wehr pflicht der Arbeiter gesprochen und als Beispiel ange führt, daß die Belegschaften des Bergbaues nicht davor zurückscheuen dürften, wenn es gälte, durch Ueberschich- ten die Versorgung der Industrie, der Wevkehreinrich- tungen und der Hauswirtschaften sicherzustellen. Und Herr von Raumer hat nicht minder deutlich zu erkennen gegeben dah unter Umständen trotz Arbeitslosigkeit in manchen Gewerbezweigen in anderen bezw. in Einzel, betrieben etwaige Konjunkturen ausgenutzt werden müh ten. weil nur durch wirtschaftliche Arbettsausnuhuna in den Einzelbetrieben und das heiße unter Umständen durch Überstunden an der richtigen Stelle" die allge meine Krise überwunden werden könne. So beachtens wert diese Darlegungen sind, und so gewiß.sich die Ar beiterschaft mit dem Gedanken abftnden muh, daß man namentlich die Konkurrenzfähigkeit der Ausfuhrindu- strten nicht wiederkerstellen kann, wenn man' das Sy stem der ArbettSstreckUng und Arbeitsverteilung.unsach gemäß übertreibt, dah es vielmehr in einer Anzahl von Fällen garnicht anders gehen wird, als dah einige Be triebe voll arbeiten und zeitweise sogar Ueberstunden machen, während andere vielleicht ganz stillgelegt wer den müssen — r für derartige rein sachlich-wirtschaftliche Erwägungen wird die Arbeiterschaft wohl auf alle Fälle nur in dem Grads Verständnis zu zeigen bereit sein in dem sie zu der Ueberzeugung gelangt, dah endlich auch dis anderen Faktoren der Produktion tm vollen Umfange.zu den Lasten und Leistungen der Notzeit her- angezvgen werden. wenn Herr von Raumer weiterhin davon sprach, dah »ine Ausschaltung de« Arbeiter au- der wirtschaft lichen Mitbestimmung.nicht stattftnden dürfe, und dah sich feder Arbeitnehmer al» Teilhaber an dem Ge werbezweige fühlen müsse, , dem er angehöre, so ist un serer Auffassung nach noch außerordentlich viel zu Lun um diese Teilhaberschaft zu verwirklichen. Mit Der hier und da eingesührten „Kleinaktie", den Betriebsräten und den zentralen „Arbeitsgemeinschaften" und, sonstigen paritätischen Bertretungskörpern ist,e»l doch' wahrhaf tig »nicht getan. Da- starke Interesse am Gedeihen de- Betrtebe». He- Gewerbes, der Wirtschaft im Ganzen, wird immer auch materiell irgend wie geweckt werden müssen, wenn es aus beiden Seiten über schöne Reden hinausgehen und sich.namentlich in evhöhter Arbeits leistung, in gesteigertem Arbeitseifer,, in vertieftem Ver ständnis und Berantwortlichkettsgefühl für di« Betriebs ausgaben dauernd auswirken soll. Man Sann nur wün schen, dah der neue RetchswirtschaftSmtnister seine Er kenntnis. dah nur die innere und äußere Anteilnahme der Arbeitnehmerschaft am Gedeihen des Gewerbes un- IS. Jahrgang sere Wirtschaft wieder auf Hi« voll« Wh« de« Leistungs fähigkeit bringen kann, recht bald in entsprechende. Matz« nahmen umzusetzen bemüht sein möchte. Das würde wahrscheinlich.in sehr Hohem Grade dazu beitragen kön nen. die Schwierigkeiten der kommenden Krisen- und Uebergangszett. die für dis Arbeitnehmer nicht nur wirtschaftlicher, Ländern auch seelische« Art lei» werde«, erfolgreich zu Überstehen. Baldwin bei Poineave. Vas „herzllche Elavernehmes" zwischen England und Frankreich soll wieder hergestellt «erden. Vie Unterredung. — Angriffe der Temps. Gestern fand zwischen Baldwir^und Pvineare in^er englischen Botschaft zu Paris eine Zusammenkunft statt, der auch Threll, Unterstaatsfekretäv im englischen Aus wärtigen Amt, beiwohnte. In Paris, hält man diese Besprechungen für sehr bedeutungsvoll, da das Bestre ben der Staatsmänner sicher auf.eine erneute Annähe rung und Aussöhnung.innerhalb der Entente ausgehe. Den Mittelpunkt der Unterredung Htldete das Repara tionsproblem es wurden aber auch die Tangerfrage, dis Türkei und die Adria nicht vergessen. Der „Temps" brachte am Vorabend der Besprechung einen Leitartikel, der sich heftig gegen Stresemann wandte. In Paris scheint die BefürchtungM herrschen, dah Deutschland versuchen könnte, England, Italien und auch Belgien gegen Frankreich auszuspielen; deshalb diese Angriffe gegen Stresemann, der seine Regierung ohne ein festes Programm angetreten habe, der nur aus einen Konflikt innerhalb der Ententestaaten wart«. LonSon erhoff» Klärung -er Lage. „Der Völkerbund die einzige Sicherheit für Frankreich". Tis Begegnung zwischen Poincare und Baldwin wird in der Londoner Presse lediglich als ein Höf- ltchkettsakt dargestellt. Hinter den Kulissen werden je doch auf dieses Zusammentreffen die grüßten Er- wartungengesetzt, mindestens soweit eine Klärung der Lage in Betracht kommt. Die Tatsache, dah Mr William Threll der Leiter der politischen Abteilung Hes Foretgn Office, un den Besprechungen teilnehmen wird, spricht allein schon für den politischen Charakter der Zusammenkunft. Was dabei herauSkvmmen wird, scheint vorläufig.ganz ungewiß. ES darf jedoch angenommen werden, daß die englisch« Politik in der Frage des pas siven Widerstandes sich nunmehr dem französischen Standpunkt vollkommen anschließen und überhaupt den äußeren Erfolg der französischen Ruhrbesetzung zuge ben wird. Sowohl die Reparations- wie die Sicher heitsfrage wird aber nach englischer Auffassung Hamit nicht gelöst und es besteht die Möglichkeit, daß England bei neuen Vorschlägen abermals auf Hen Völkerbund Bezug nehmen dürfte. Ein Leitartikel der „Times", der sich mit der Zu sammenkunft beschäftigt läßt in seiner Jnhaltlosigkeit erkennen, dah weite Kreise am Ende ihres Lateins an. 1. Die Reparationsfrage müss« nach der wirtschaft lichen Seite hin entlastet werden, ohne daß Her poli tischen Seite Übertriebene Bedeutung Heigelegt werd«. Die Lösung,.der^man zuneige, setze vorauS^datz Deutsch land sich bereit finde. Mr Rechnung seiner Gläubiger zu arbeiten. Die Gewalt sei unzulänglich, wenn man Arbeit von feiten des Gegners verlange. Die Stunde des entscheidenden „Sieges" werd« erst Lchlagen. wenn es den Besatzungsmächten gelänge« sei, in Deutschland den Wunsch zu erwecken, freiwillig seine Verpflichtungen zu erfüllen. Diesen Wunsch zu bekunde«,, sei Aach« StresemannS bei den Verhandlungen, Hie er seit eini ger Zeit anzuknüpfen bemüht sei. 2. Wann würden dies« Verhandlungen beginnen? Nicht bevor der passive Widerstand Deutschlands be endet sei. In dieser Hinsicht sei kein Ausweiche« mög lich. Deutschland müsse den Anfang damit mache«, daß es dis Verordnungen zurückziehe, welche die eigentlich« Verneinung Hes oben genannten MfülümgLwillenS dar stellten. . 3. Wenn diese Etappe, dis den .Meg" bringe, durchschritten sei. .handele es sich.darum, einen regel rechten „Friedensvertrag" su mmieren. 01 Die belgi sche Regierung habe das Gefühl, daß ihre technischen Studien nicht unberücksichtigt gelassen werden würden, wenn es sich darum handele, die Grundlagen der Schluß regelung .zu prüfen. Sie werde ein System in Vorschlag bringen, das Deutschland die Verzinsung eines Kapital- im Gegenwartswert von 60 Milllarden Goldmari auf erlege und dis verschiedenen JahreSsahlungen durch den Ertrag gewisser Monopole garantiere. GS brauche nicht betont zu werden, dah die belgische Regierung Hie Ver handlungen über diesen „Friedensvertrag." in voller Jdeengemeinschaft mit Frankreich, England und Ato llen beginnen wolle. 4. Man müsse sich im übrigen darauf.gefaßt ma chen, dah Deutschland die Reparation«, mit der Kicher- heitSfrage zu verknüpfen versuchen werde, es habe be reits den Plan eines Schutzpaktes auf Gegenseitigkeit ausgearbeitet und hoffe, .neben den Siegern, den Ber einigten Staaten, der Schweiz.und Holland einen Platz zu finden. Die belgisch« Regierung halte es aber nicht für zweckmäßig, diesen Weg zu beschreiten, sie sei viel« mehr der Ansicht, daß Belgien seine Sicherheit Mit fei nen eigenen Mitteln und auf.Grund der Verträge Wit seinen Alliierten suchen müss«. gelangt find. Das Blatt malt ein ganz zutreffendes Bild von den verhängnisvollen Folgen der Ruhrbeset- zung nicht nur für Deutschland, sondern auch für die neutralen Nachbarländer, ohne aber daraus irgendwer, che Schlußfolgerungen abzuleiten. ES sei durchaus mög lich, daß Frankreich sein Ziel an der Ruhr erreichen werde, .aber die Frage sei, ob es der Mühe wert war. England wünsche nicht einen allzu hohen Preis für den Steg.Frankreichs über Deutschland in der Reparations. frage zu zahlen, aber damit sei nicht gesagt, daß.eS nicht die Befriedigung d.er berechtigten französischen Ansprü che wünsche. Besonders habe England den Wunsch, .daß Deutschland in den Grenzen seiner Leistungsfähigkeit zahle, was eS für die Zerstörung Hurch Leine Armeen schuldig ist. Darin bleibe England fest. Ebenso aber in der Bereitwilligkeit, Frankreich Legen einen unpro. dozierten Angriffen schützen. Beide Fragen seien ganz getrennt und letzter« keineswegs dringend..Die Schwie. rtgkeit sei nur, daß Pvineare, während er mit jeder Woche die gegenwärtige SicherheitSfrags mehr befestige sie zugleich für die Zukunft immer mehr untergrabe. Die einzig wirkliche Sicherheit für Frankreich! liege tzn Völkerbund. Selgkfth- Lrltgrüanken. Deutschland soll sü» die Entente arbeiten «ollen. Erst Aufgabe de« passiven Widerstanden «euer „FriedenaveEag". Der Brüsseler Berichterstatter des „Echo de Pari»' glaubt auf Grund von Unterredungen mit mehreren sehr gut unterrichteten Politikern die leitende« Gedan ken der Brüsseler RegterunL in der Ruhr- und Revara-' tivnsfrage folgendermaßen zulatnmenfasse« zu können r Urbenvachung -er Sänke« km besetzte« Gebiet. Beschlagnahme jeglicher Geldmenge«. Die Franzosen haben, anscheinend höherer Anwei sung folgend, nunmehr in allen Städten, in denen Retchsbanknebenstellen und sonstige größere Bankinsti tute vorhanden sind, einen umfassenden UeberwachungS- dienst für den Verkehr mit den Bankanstalten einge richtet. Jeder, der die Banken mit einem Paket, einer . Hand, oder einer Aktentasche verläßt^ wird sofort von mehreren französischen Zivilbeamten «überfallen". Hat er Geldmengen, ganz gleich in welcher Höhe bei kW, dann wird dieses ohne weiteres „beschlagnahmt". Die französische Behörde begründet dieses Borgeyen damit, Hatz die Gelder für ungesetzliche Zwecke, besonder- für Unterstützungen an Erwerbslose und an Eisenbahner Verwendung fänden. Auf dies« Weiss find in den letz' ten Tagen ungezählte Milliarden in di« Laschen de» fremden UeberwachungSdiensteS geflossen. Aus Wiesbaden wird gemeldet, Haß Hi« Franzosen gegenüber dem MegterungWebäude einen besonderen ' Dienst.in einer Wirtschaft eingerichtet habe«, .von de« »aus sie Tag und Nacht den Verkehr in demRegi-ruya»- aebäude beobachten. . < Die LebeumMiettnsorg««-. Zur Erörterung Her Frage der Lebensmittelversor gung Hatte der Vrovinzdelegterte der Provinz Mein- Hessen. Oberst Baftiani, «ine Anzahl! deutscher Wirt schaftsvertreter zu einer Konferenz geladen. Der OVttst empfahl, schon jetzt BorbeugungSmoßregeln zu treffe«. Die Errichtung größer« Stadellaa« von Nahrung»- Mitteln an verschiedenen Plätzen sei geboten. Kommer zienrat Krvnenberger bemerkte, daß fich die GoMtMG