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18. Jahrgang Sonnadenä, äea IS. September 1S2S Mer Tageblatt -i 4^ DWwWMM»»««M»WS»»»sM»' Anzeiger für Sas Erzgebirge M« »«VE», I««« «««»»». «-ch-ll-»» -»« --«q«, «ät« -« ««»« «» t« flMvÄch«, M«. . M> ----- Nr. SIS PoMlsche Wochenschau. Von D». Kül-, M. d. ». vt« Taktik, die der Reichskanzler Stresemann verfolgt, liegt klar zu Lage. Er sucht außen und innen «in« für entscheidend« Maßnahmen geeignet« Atmosphäre zu schaffen. Rach außen hin ist das zweifellos ein« unbedingt« Notwen- dtgkeit, nachdem durch di« heillos« Passivität de, Regierung Cuno und durch die krampfhaften versuche Poincar« di« öffentliche Meinung in d«r Welt in seinem Sinne zu beein- ' flussen manches Unheil geschaffen worden ist. Tatsächlich hat der Reichskanzler auch gewiß stimmungsmäßtg Erfolge nach außen hi« zu verzeichnen. Daß der Weg für unverbindliche diplomatisch« Aussprachen offen daliegt, ist immerhin «in Er folg. Nach ihnen bedarf es unserer Meinung nach der recht vorbereitenden Tat nicht mehr. Hier ist jeder Tag Zeitverlust mit nicht wieder gutzumachenden Nachteilen verbunden. Was bisher wirtschaftlich geschehen ist, hat nicht di« ge ringste Wirkung ausgelvst und di« Entwicklung wird von Tag zu Tag beängstigender. Die Ziffer der Erwerbslosen steigt bi» zu einer Höhe, die selbst in den Zeiten stärkster Depression bisher nicht zu verzeichnen gewesen ist, di« Prrise für di« Ergenständ« drs notwendigen Bedarf« nehmen ein« phan tastisch« Erstatt an, und es ergibt sich ein« Spannung, di« jeden Augenblick zur erplosiven Entladung führen kann, denn darüber muß man sich im klaren sein, daß die radikalen poli tischen Elemente den versuch nicht unterlassen werden, die Stund, für ihr» Ziel« zu nützen- Mit welcher Aufmerksamkeit Moskau di« Vorgänge in Deutschland verfolgt, zeigt der kürz lich vom sozialdemokratischen Polizeidienst gebrachte Bericht im Reich« Radeks. Wenn dort auch von der bisherigen kom munistischen Entwicklung in Deutschland mit stärkster Gering- schätzung gesprochen wird, so geht doch aus dem Bericht her vor, daß stark« Geldmittel von Rußland den Kommunisten zufließen und daß von Moskau an die Kommunistisch« Partei Deutschlands unmittelbar Befehle erteilt werden. Welche Ziele dies« Anweisungen von Moskau haben, kann nicht zwei felhaft sein. Derartigen bolschewistischen versuchen gegenüber ist «s «in dringendes Gebot, die Lage vor allem der Erwerbs- losen erträglicher zu gestalten- Zn den Erwerbslosen ist die größt« sozial« und wirtschaftlich» Gefahrenquelle de» Augen blicks zu erkennen, und mit Recht weist der deutsche Industrie- und Handelstag in einem Gutachten an den Reichsftnanz- Minister über di« geplanten währungspolitischen Maßnahmen aus di« Notwendigkeit hin, sofort ausreichende Mittel für di« Arbeitslosenunterstützung verfügbar zu machen. Die wäh rungspolitischen Ziele der Reichsregierung lassen sich jetzt im allgemeinen erkennen. Di« Schaffung eine» wertbeständigen Zahlungsmittels soll aus dem Weg« der Goldnotenbank ver sucht werden. Der Erfolg dieser Maßnahme hing« selbstver ständlich davon ab, in welchem Umfang« es gelingen wird, Unterlagen für di« Herausgabe von Gold zu bewirken- Daß der Goldbestand der Reichsbank nicht nur teilweise, der Gold notenbank zur Verfügung gestellt werden soll, kommen als Dickung in «rst«r Linie Devisen in Betracht, von denen sich gegenwärtig noch nicht übersehen läßt, in welchem Umfang« sie der Goldnotenbank zuströmen werden. Sm übrigen will ,» überhaupt zweifelhaft erscheinen, ob es notwendig ist dem Rahmen Relchsbank noch solch zweiten Apparat hinzuzuziehen, wie es ein« selbständig« Goldnotenbank sein würde- Es darf nicht Zweck sein, di« Aufgaben der Goldnotenbank durch ent- sprechend« orggnisatorische Ausgestaltung der Reichsbank er fülle» zu lassen. Alle währungspolitischen Maßnahmen müssen natürlich «inen Schlag ins Wasser bedeuten, wenn ,, nicht gelingt unser« Wirtschaft von den äußeren und inneren Hemmungs- fattorm zu befreien, di« vernichtend auf ihr lasten. Der Reichskanzler ist in seiner letzten Red« mit dem Gedanken der Heranschaffung des privaten Besitzes hervorgetreten und will ein Pfandrecht aus di« Wirtschaft zugunsten des Reiches bestellen lassen. Al» reales und mobile» Wertobjett sollen dies« Pfandrecht« einer TreuhandgrseNschaft Angebracht werden, an deren Verwaltung di« Reparattonsträger beteiligt werden könnten. Di« Treuhandgesellschaft selbst soll durch Ausgabe von Obligationen Anleihen aufnrhmrn. Auch hier wieder sehe« wir den ziemltch kompletten Apparat im Entstehen be griffen. Di« Kredttnotwendtgkeit de« deutschen Reiches würde sicherlich schon dadurch genügend fundiert werden, wenn das Reich zunächst «tnmal auf sämtlichen landwirtschaftlichen Grund besitz Mit «»»nahm« de» klein bäuerlichen Besitzes, «in« Wert hypothek von So"/, zu seinen Gunsten gesetzlich etnführen würde, die wertbeständig zu verzinsen und zu tilgen ist. Gin deutsches Recht, daß derartig« real« wert« hinter sich hat, würd« sofort kreditfähig erscheinen, und eine Regierung,- die sich zu einer solchen Maßnahme kurz entschlossen verstünde, würde ttn Sanem »in, stark, Entspannung «zielm. Daß werimaßnahmm zur St«ig«ung d,r Produttton erfolg«» wüsten, ist selbstverständlich, Man kann aber an di, deutsch, . Arbeiterschaft mtt dm» Ansinnen, ihrerseits zur Produktions steigerung beizutragen nicht eher herantreten, al« nicht der . Besitz tatsächlich zu den gemessenen Opfern hmmgezogm worden ist. Daß in dies« Zett, in der all« Nerven angespannt auf bi« Lösung dm üebmsproblmtt de« deutschen voll»» und der deutschen Wirtschaft gerichtet sein müssen, im tnnern politischen Leben Deutschlands sich vermeidbare Auseinandersetzungen vollziehen, ist zu beklagen. Ob es glücklich war, gerade im gegenwärtigen Augenblick in Thüringen ein« Regierungskrisis herbeizuführen, darf füglich bezweifelt werden. Ganz außer Zweifel steht es, daß die fortgesetzten Bemühungen des säch sischen Ministerpräsidenten, den Bestand des gegenwärtigen Retchskabtnetts durch Angriffe auf den Meichswehrmtnister Dr. Geßler zu erschüttern, zum denkbar ungünstigsten Zeit punkt unternommen wird. In der sächsischen Regierung wird dieser Kampf -war als eine Art Akt für dis Sicherheit der deutschen Republik hingestellt. Dem gegenüber sind Mr zwei Fragen aufzuwerfen: 1. Glaubt die sächsische Regietzung, daß dem Reichspräsidenten Ebert von den sozialdemokratischen Ministern des Reichskabinetts die Sicherung der Republik nicht ebenso dringend geboten ist wie ihr? und 2.: glaubt der sächsische Her« Ministerpräsident, daß ein Mann wie d«, preußische Innenminister Severing, dem da» ganze Sicherung«, wesen anvertraut ist, grundlos den Satz aussprach, daß der ganze Streitfall Zeigner-Geßler nicht wert ist, auch Mr fünf Minuten darüber zu sprechen. Es ist höchste Zett, daß di« Akten über diesen ungefährlichen Fall endlich geschlossen werden. Das Reparationsproblem. Belgische und französische Forderungen. der krparatloasplaa -es belgischen 'Graubuchs. Die »Libre Beige", die sich mit dem Graubuch der bel gischen Regiemng beschäftigt, nennt den belgischenMeparattons- plan, von dem vor drei Wochen bereits die Rede war, das wichtigste Stück der Veröffentlichung. Nach diesem Plan soll da» Deutsche Reich seine Reparationen dadurch abtun, daß es 1. durch di« Verpachtung der Reichseisenbahn eine jähr liche Einnahme von einer Milliarde Goldmark erzielt; 2. durch die Tabaksteuer 450 Millionen Goldmark jährlich; ö. durch eine Biersteuer 200 Millionen; 4. durch ein« Weinsteuer 80 Millionen; 5. durch ein« Schaumweinsteuer fünf Millionen; 8. durch eine Belastung des Alkohol» 600 Millionen ?. durch di« Zuckersteuer 130 Millionen; 8. durch eine Salzsteuer 60 Millionen t S. durch eine Zündholzsteuer 20 Millionen; 10. durch Besteuerung der Beleuchtungsmtttel fünf Mil lionen Goldmark jährlich. Als Ertrag für die Kohlenlieferungen würden 840 Mil lionen Goldmark eingebracht, wodurch nach der belgischen Rechnung ein jährlicher Mindestertrag von 2870 Millionen Goldmark erzielt würde, den man leicht auf drei Milliarden durch weiter« Monopols oder Besteuerungen htnaufschrauben könnte. Zrankrekch verlangt erffMfhebnag -es wl-erslanöes. v«nnoch „Besserung des deutsch.französischen Beziehungen". Der »Tempo" meldet: Die deutsche Kanzlerrede war Be ratungsgegenstand im Kabinett am Donnerstag. Der Minister präsident konnte in der Sitzung feststellen, daß Zugeständnisse Deutschlands vorlägen, daß aber dies« Zugeständnisse noch nicht genügten. Der Finanzminister äußerte sich nach der Kabinettssitzung zu dem Vertreter des „Figaro": Wir sind zu Verhandlungen bereit, entsprechend der ganzen friedlichen Einstellung unserer Reparationspolitik, aber« den Verhandlungen muß noch eine weiter« Erklärung des deutschen Kanzler« vorausgehen, die uns reale Sicherheiten und Garantien und nicht nur neue Versprechungen gibt- Der passive Widerstand ist vorher zu suspendieren. Der offiziös informierte „Homme libre" schreibt, Frank reich wolle die Schwierigkeiten, mit denen der Reichskanzler zu rechnen habe, nicht vergrößern. Dank Stresemann sei sei -war ein« Besserung der deutsch-französischen Beziehungen etngetreten, aber Frankreich müsse an seinen Grundsätzen fest halten- Es gehe zu wett, wenn Stresemann einen Preis fyr die Einstellung de» passiven Widerstande« fordere, obgleich er die Unhaltbarkett der Wtderstandspolittk selbst einsehe, und obgleich der Widerstand ohnedies seinem Ende entgegengehe. Stresemann» Meinung in der NSumungsfrag« sei nicht ganz klar. Eine Räumung des Ruhrgebietes vor den deutschen Zahlungen könne nicht in Frag« kommen. Stimme« staaz-Mer Sozlalksteablätter. Das Gewerkschaftsblatt,,L« Piuple" sagt, einige leiden schaftliche Anhänger Poincare», die nach dem Ruhrabenteuer drängten, beginnen die Maske abzuwerfen und geben zu, daß auf Reparationen nicht mehr zu rechnen ist, und daß man nur noch di« Auflösung Deutschland» erstreben kann. Auch der sozialistisch« „Populaire" legt Wert darauf, zu wiederholen: Die vorherig« Einstellung des passiven Wider stande» verlangen heißt di« Kapitulation der deutschen Regiemng und des deutschen Volk«» fordern und dem Reichs kanzler D«. Stresemann dieselben drakonischen Bedingungen auhwingen, wie st« d«m RttchUanzl« Dr. Luno aufgezwungen werdm sollten. „Eke Rouvrll« schreibt! Di« von Stresimann aus- gesprochenen Wort« sind Motte de« Versöhnung. * „Oeuvre" erklärt, daß es zwei Lösungen gib«. Di« ein« s«i di«, welche Poincar« in Damviller» begründet«, wo er sagt«, bester di« Sache in der Hand als ihr Nachläufen. Er wollt« damit sag«nr Sch bin im Ruhrgebiet« und bleib« dort. Di« and«« Lösung lt«gt in der vom Reichskanzler vorge- schlagen«» Methode. das Ruhrgebiet a«g«n.r»att Pfänder ein- Mäuschen. Sm ersten Fall müste Fmnkretch zur Ausbeutung im Ruhrgebiet bleiben. Abe« Poincar« sagte selbst, baß bi« Ausbeutung nicht genüge. Die andere Methode sei nach dem Blatt viel besser, denn man könne Pfänder erhalten und etwa 40000 Tonnen Kohle und Briketts täglich, anstatt wie bis her 15—20000 Tonnen. Man spar« auch di« Ausgabe» fiir di« Truppen. ' vor -lrektra verhaa-loagea r Der Kanzler hat sich privatim zu Abgeordneten geäußert von dem Echo seiner Rede in den Ententeländern häng« es ab, ob er ein direktes Berhandlungsangebot nach Paris und Brüssel richten würde- Peachtung findet der 1*/» stündige Besuch de» italienisch« Botschafters in der Reichskanzlei am Freitag früh. Englische /wfichlea. Heb« deutsch-englisch« Fühlungnah««. Wie die „Zeit" mitteilt, weilten dieser Tage zwei eng lische Parlamentarier in Berlin, die auch vom Reichskanzler und dem Reichswittschaftsminister empfangen worden. Dies« Tatsache, erklärt das Blatt dazu, erscheint deshalb de» Hm- oorhebens wert, weil mit parteipolitischer Tendenz immer wieder behauptet werde, das neue Kabinett hab« di« außen politischen Bahnen seines Vorgängers verlassen und di« Füh lung mit England aufgegeben. Das Gegenteil sei aber richtig. Von fetten des neuen Kabinetts sei nichts unterlassen worden, um dis Fühlung mit der englischen Regiemng aufrecht zu er halten. Es sei nicht seine Schuld, wenn diese Fühlung ebenso wenig zu einem praktischen Ergebnis geführt hab«, wie «s unter Dr. Cuno der Fall gewesen sei. programmre-e Mhur tzea-ersoas. Der englische Arbeiterführer Arthur Henderson legt« io einer Rede in seinem Wahlkreis NeMaste am Tyne di« aus wärtige Politik der sozialistischen Partei dar. Hauptpunkt« dieser Politik-sind: 1. Vollständige Räumung der besetzten deutschen Gebiet« durch die Alliierten und Wiederherstellung der vollen Sou veränität Deutschland». 2. Reparationen nur auf Grund der Bedingungen, unter denen Deutschland den Waffenstillstand abgeschlossen hat. 8- Deutschland erhält einen mit den Großmächten gleich berechtigten Platz im Völkerbund. 4. Dolle Anerkennung der russischen Sowjetregiemng. 5. Der Völkerbund wird zur Regelung international« Streitfragen benutzt. 6. Weltabrüstung. Henderson erklärte, die international« Politik der Arbei terpartei würde veranlassen, daß die alliierten Besetzungsheer« aus Deutschland zurückgezogen, sowie daß di« verschiedenen Beschränkungen der deutschen Souveränität und der deutschen Akttonsfrethett mtt Bezug auf Besteuerung, Ausgaben und Transpott« abgeschafft werden. Um den Boden für den po litischen und wirtschaftlichen Wiederaufbau Europas zy finden, müßten all« künstlichen Hindernisse für den Handel, die durch den verfall« Vertrag geschaffen oder verschärft worden seien, soweit wie möglich beseitigt werden. Gin Ende der sich 1mm« wiederholenden Reparationsktts« müsse durch Schaffung von Bedingungen, di« es Deutschland ermöglichen, sein« Verpflich tungen zu «Men, gefunden werden. - Henderson fordert ein« klar« Unterscheidung zwischen der Wiederherstellung der verwüsteten Gebiet« einerseits und d« Forderung nach Bezahlung d« Sanktionen andererseits. Gr vemttellt, di« phantastischen Forderungen an Deutschland al» < «inen großen Fehl« und erklärte, im Interesse England» und I Europas als eines Ganzen sei es «rford«rltch, daß «in Plan j in Ueberttnsttmmung mtt dm «tttschastltchm Wirklichkeit« !> vorgebracht werde., Mrrrttrrltit «atrr Nuhrb-fa-lMg. Ein Teil d« auf Zech« „Julia" in Bankau untergebrachtea Mannschaft«, de» 17. französischen Jägerbataillons mmtette. r Si« warfen di, Schilderhäuser um, zerschnitt« Stchtthetts- drahtverhau» und warfen di« Gewehr« fort. „ S»ei fmnMsch« VM«, «g,schofle» Auf d« Straß» von Horstmar nach Lünen sind- Vie verlautet, am Abend de» LL. September zwei ftmijöstflh-