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/luer Tageblatt -«« Mnzetger sür öas ErMtbirgr -«rasp-ch-twschw- «,. sr, - »u me»»ss« ragtdiatt 7»u-»ss*»i»s». Estihattru- -t« amtUchra Vrkamttmachung»« Nate» 4« «ast aaö Aß» fwttsgrrtchts /wr. p.pB«k«»»»7'UÄ»si"w. i— Nr. 209 Freitag» äeu 7. September 1923 IS. Jahrgang Die Inflation unä ihre Nutznießer. Die Nöte de» TageS baden Viele Deutsche, di« aus der fortdauernde« Wäbrungsverschlechterung Nutzen zo- aen verhindert zu erkennen, datz es doch ^ine jämmer liche Situation sein mutz, in welcher grotze Teile eines Volke» an dem Tode der nationalen Währung inter- esftert sind.' Reichskanzler Dr. Stresemann hat in sei ner viel beachteten Rede in Stuttgart am letzten Sonn tag da» Ziel seiner währungspolitischen Bestrebungen )ahty zusammengefatzt, datz wieder alle Teile des Bottes an der Festigung de» Markkurses interessiert werden «nützten. Nun bat der Kanzler allerdings gleichzeitig bekannt gegeben, .datz die deutsche Warenausfuhr in den letzten Monaten furchtbar abgenommen hat. Die er teilte Ausfuhrgenehmigung, im Monat Mai hatte einen Wert von etwa 610 Millionen Gold mark, die vom Mo nat Juli nur einen solchen von 105 Millionen., Trotz de- Dollarstandes von 10 bis 12 Millionen Mark sind also die deutschen Gewerbeprodukte auf dem Weltmarkt immer unverkäuflicher geworden. Ter Geschäftsmann der bisher durch jede neue Tollarhausse neue Exportkon- junktur erhielt, hat sick.inzwischen überzeugen können, datz die inländischen Produktionskosten (Rohstoffe und Kohlenpreis« sowie Löhne) dem Dollarkurs folgten wie ein Schatten, .und datz die Kredit vermittelnden Banken sich weigern, ihren Kunden durch Hingabe von billigem Leihgeld riesenhafte Jnflationsgewinne zuzuschustern. Der Rückgang der deutschen Exportfähtgkeit bet gleich zeitigem stark ansteigendem Tollarkurse ist ein Beweis dafür, .datz die glänzende Exportkonjunktur der letzten Jahre nicht echt war. sondern mit Verlusten der Kredit- Vermittlungsstellen bezw. der ganzen Volkswirtschaft er kauft werden mutzte. ES wäre töricht, .wollte man von dem reformfreu digen Kabinett Stresemann erwarten, datz es innerhalb kürzester Frist den Neudruck und die NeuauSgabe von Banknoten zum Stehen bringt. Man hat je gerade dem verantwortlichen Leiter des deutschen Währungswesens Reichsvankpräsident Havenyein, den Borwurf gemacht, er habe es nicht verstanden, dem Verkehr die erforder lichen Mengen von Umlaufsmitteln zuzuführen. ES ist auch gewttz keine vernünftige Bekämpfung des Fiebers, wenn man dem Kranken den löschenden Durst.verwei gert; der brennende Durst erreicht vielmehr mit Auf hören de» Fiebers von selbst sein Ende. Täglich werden also noch.60 bis 80 Millionen Papiermark neu im Umlauf.gebracht. Sobald dann die Bargeldpanik vor über ist und der derzeitige Bargeldbesitzer Weitz, datz.er seine Geldscheine ruhig zum Zweck von Käufen oder An lagen aus der Hand geben und im Bedarfsfälle Bargeld in gewünschter Menge bei seiner Bank erhalten kann, besteht Aussicht auf einen plötzlichen Rückschlag der Inflation. In diesem Augenblick wird sich.auch die wertstchere Reichsanleihe wirksam erweisen, indem daS im Umlauf.nicht mehr benötigte Papiergeld in diesen auf hem Gegenwert von Dollar lautenden Papieren Anlage suchen wird. Der Zählenwahnsinn, von dem so viele Deutsche in den letzten Jahren besessen waren scheint seinen Höchststand überschritten zu haben. Wer sein Geld wertsicher angelegt hat, .wird nicht mehr froh», locken, wenn der wertsicher gezeichnete Gegenwert von 10 Lollar statt früher 100 Millionen, einmal 200 oder 800 Millionen Vapiermark ausmachen sollte. Das neue wertbeständige Umlaufsmittel, dessen baldige Schaffung Dr. Stresemann in Aussicht stellte, wird das Interesse aller Kreise der Wirtschaft an einer wetteren Entwer tung der Vapiermark zum Erlöschen bringen. Der Kanzler hat recht getan, datz er die Schaffung einer neuen wertbeständigen Währung al» da» „zweite Ziel" seiner Reformarbett bezeichnet hat. Das erste Ziel wird die Schaffung einer soliden Grundlage für diese Wäh rung sein. Die wichtigsten Mauersteine dieser Grund lage werden der Ausgleich in den öffentlichen Finan zen äutzerste Sparsamkeit im öffentlichen und privaten Leben sowie stärkste Belebung der inländischen Produk tion sein. Sobald einmal stetige WährungAoerhältnisse bet uns etngetehrt sein werden, wird sich Herausstellen, wieviel ruhiger.sich zinser Leben abspielen und wieviel nutzlos» Arbeit uns dann erspart bleiben wird. E Dr. «roll. Goldniihnmg und koldkont«« der N«ichet»«k. Der Währungeaueschuh de» Retchewtrtschasteratee beriet über di« Frag« der Goldwährung und der Goldkontrn bei der Reiche dank. Reichebankpräsident Dr. Havenstein erklärt», die Reiche- bank beabsichtige, wettbeständig« Zertifikat« auezugeben, di« ale wertbeständig« Anlage oder, da st« diekonttett werden können, auch al» Ersatz für ein wertbeständig«» Zahlungs mittel dienen können. Der Retchebankpräsident wandt« sich dann gegen di« ursprünglich« Forderung, Goldkontrn «tnzu- richten gegen Einzahlung von Papiermark. Di« Einzahlung von Papiermark aus Goldmarttonten würde heißen, das Risiko d«r Wettdeständigkttt auf di« Reichsbank zu verschtebm, was eine Zentralnotenbank niemals ins Auge fassen dürfe. Die Reichsbank beabsichtige die Einrichtung von Goldmatt konten dergestalt, datz für grotze Beträge Konten eingerichtet werden bei 80 Prozent Einzahlung in Devisen und 20 Pro- zent in Papiermark. In der anschlietzenden Debatte wurde auch noch die Frage der Errichtung einer privaten Gold staatsbank aufgeworfen, ohne datz jedoch hierüber nähere Beschlüsse gefatzt wurden. Der Währungsausschutz wird sich heute nach Anhörung von Sachverständigen mit dieser Frage befassen. Derhanälungen im Dölkerbunäsrat. Cecils öemühungen um -en Zrieöeo. Dl« öffentlich« Sitzung Les Völkerbundsrats über den griechisch-italienischen Konflikt war zweifellos eine der aufsehenerregendsten Sitzungen, di« der Rat bisher veranstaltet hat. Ein sehr eindrucksvoller Augenblick war es als Lord Robert Ceeil vor der Eröffnung der Debatte durch einen VüllerbundSbeamten die Artikel 10.^12 und 15 des Paktes in franzöMcher und engli scher Sprache vorlesen ltetz. Nach! der Bemerkung Lord Robert Cecil» datz eine Mißachtung dieser Artikel die gegenwärtige europäische Ordnung.erschüttern würde klatschten viele englische Zuhörer Beifall. Ealandra verlas eine längere Note, in der die Auflassung dar- gelegt wird, datz die Ermordung der italienischen Mit glieder auf.griechischem Gebiet nicht nur Italien da» Recht und die Pflicht verleihe, gerechte Strafe und Ent schädigung zu verlangen, .sondern datz.sie auch eine Be leidigung der Botschafterkonferenz darstelle, die die Mis sion an die albanisch-griechisch« Grenze entsandt habe. Italien müsse Genugtuung verlangen und Pfänder er greifen. Griechenland wolle nur seiner Verantwortlich keit entgehen, indem es die Aufmerksamkeit de» Völker bundes! von seinem Verbrechen ablenke und sie auf die Folgeerscheinung Pie Ergreifung de» Pfandes, richte. ES bestehe keine Kriegsgefahr, nicht einmal ein Abbruch der diplomatischen Beziehungen, und es gebe daher kei nen ausreichenden Grund für die Anwendung der Ar tikel 12 und 15 die eine Kriegsgefahr vorauSsetzten. Pvlitw legte in seiner Antwortnote zunächst dar, datz Griechen land, indem eS den Völkerbund vorbehaltlos ersucht habe, den ganzen Fall zu untersuchen, den Beweis da für erbracht.habe -atz es seine Verantwortung nicht ablehnen wolle. Die griechische Regierung sei sich des sen bewußt, datz sie Italien für das bedauerliche Ver brechen eine Reparation schulde. Wenn Griechenland, obgleich es den Völkerbund angerufen habe, auch der Botschafterkonferenz geantwortet habe, so sei es deshalb geschehen, weil es durchaus anerkannt habe, datz auch die Konferenz, die sich durch da» Verbrechen als geschä digt betrachten könne, .auf Reparation und Aufklärun gen Anspruch habe. Die griechische Note vom 9. 9. an die Botschafterkonferenz habe infolgedessen vorgeschla gen, -atz die Konferenz se einen Vertreter der Italiens schen, der französischen und der englischen Regierung mit der Bildung «ine» Ausschusses beauftrage,, der auf griechischem und albanischem Gebiet eine Untersuchung anstellen solle, deren Folgen die griechische Regierung von vornherein auf sich Lu nehmen bereit sei. V«r Bericht d«r Botschastettonferenz. Die Botschafterkonferenz hat über ihre Sitzung einen amtlichen Bericht herauSgegeben, .au» dem zu entneh men ist datz Ae von dem internationalen RechtSgrund- satz ausgeht datz,die Staaten für die auf.ihrem Gebiet begangenen politischen Attentate und Verbrechen haft bar sind. Die Botschafterkonferenz habe daher Kennt- nt« genommen, -atz, Griechenland für den -Fall, datz seine Verantwortlichkeit festgestellt werde, bereit sek, alle Reparationen zu leisten, die die Konferenz für gerecht hält, .und datz.o» vch mit ein« au» Vertretern der alli ierten Mächte zusammengesetzten Kommission zur be schleunigten Auffindung der Schuldigen einverstanden erklärt. * SugUsihs Srmrnchlgmrg rvrgra Roch». Die letzten Aeutzprungen Mussolinis >di« auf die Absicht einer dauernden Besetzung Korfu» hindeuten, scheinen in England beunruhigend zu wirken. Da» geht auch gu» der RegierungSpresse deutlich - hervor. De« .Daily Telegraph" betont, -atz Zs Vir den Völkerbund ganz unmöglich.sei über die Jnselfrage schweigend hin- wegzugehen, da sie von großer strategischer Bedeutung fei. Wenn Italien mit seinem Austritt drohe. so sei die» »«bäuerlich. Der Bund könne aber auf ^ine ein zelne Macht in ein« wichen Frage keine Rücksicht neh men. Die ^DiM»»" säiat sich einer des Salles an die Botschafterkonserenz^besonder» abgeneigt weil der Pöttdrbund dann in die Stellung einer rat gebenden Körperschaft herabsinken würde.. IM übrigen machen die Blätter darauf.aufmerksam, datz ein Austritt Italien» au» dem Völkerbund eine zweijährige Kündig aungSfxist voraussetzen würde. Zraakrelch auf fette» -er Kleine« Entente. Hinsichtlich -er Haltung ArankreichS wird darauf hingewiesen, -atz.eine dauernde Besetzung Korfu» -urch Italien für die französischen Wotteninteressen ebenso wenig wünschenswert sei wie für -le englischen. Man ist hier der Ansicht, datz-ie französische Delegation in Genf mit Rücksicht aus die Kleine Entente gegen ein« Intervention des Bundes Bedenken Vorbringen werd« weil sie einen Präzedenzfall für die Ruhrbesetzung Po- fürcht«. die kleiae Entente -roht mit Mobilisierung. Der „Daily Telegraph" WM erfahren haben, datz die Regierungen der Kleinen Entente in Paris eine Erklä rung abgegeben haben, -atz.sie Mens, wenn der Völler« bund in der Korfu-Frage nicht seine Pflicht tut, .au»- treten, und zweitens, falls Italien neue Operationen oder Mobilisierungen vornehme, sie ebenfalls mobili sieren würden. Dem gleichen Blatt zufolge scheint es sich bezüglich der Botschafterkchrferenz. um ein Mißver ständnis und zwar um ein gewolltes Mißverständnis zu handeln. Mussolini soll fetzt erklären, datz-ie Kon ferenz sich zwar mit der Mordtat und mit der Straf« beschäftigen soll, dagegen weigert er sich, fle Ä der Kompetenzfrage hinsichtlich Korfu anzuerkennen. Auf der anderen Sette scheint diese Zweiteilung -es, Kon fliktes auch auf der englischen Seite gefordert zu wer den. IN England scheint di« Absicht »u bestehen, -atz Verbrechen und di« Sanktion entsprechend dem franzö sischen Wunsche der Pariser Konferenz zu überweise« aber nur, um damit freie Befugnisse wegen der Korst»- Frage für den Völkerbund zu erlangen. Flottenaktion gegen Italien k Die englische Regierung Lat, .wie au» bestunterrich teten Kreisen verlautet, .ihre Motte aktionsberett ge stellt ^für den Fall datz -er Völkerbund in der italie nisch-griechischen Angelegenheit keine Entscheidung Fäl len wird. Außerdem beabsichtigt die englisch« Regio- rung jn dem.Falle, datz Muflollni der Völkerbund«, entschetdung, Korfu zu räuimen, nicht nachkommen wird einen Teil ihrer Motte auf Korfu zu landen, um die Italiener zum Rückzug M zwingen. — Es wird jedoch darauf aufmerksam gemacht, datz -i« im Namen de» Völkerbundes agierende Motte keine englisch«, .sondern eine aus/ schwedischen und holländische« Einheiten be stehend« sein wird. Italien besetzt «eit«r« Sns«ln. Die Agenzia Stefani meldet die Besetzung von Ba re» und einiger kleiner Inseln Sei Korfu und fügt hin zu. .-atz FS sich .nicht darum handel«, die italienische Be setzung guSzudehnen. ES bandele sich einfach Darum. Korfu zu sichern. LI« Urh«b«r b«e Mord«». Nach weiteren Mitteilungen der Agenzia Stefan! au» Janina sollen die Urheber des Morde» an der ita lienischen Delegation oder vielmehr dis Auftraggeber zu den Mitgliedern der grotzepirottschen Organisation gehören, die fast.gänzlich,auS griechischen Offizieren und Beamten besteht. Der Leiter der genannten Organisa tion soll der Oberst BotzartS sein, der Griechenland in der GrenzfestsetzungSkvmmission vertritt, und ein an derer Offizier.dessen Persönlichkeit noch! nicht genügend festgestellt ist. Diese Organisation hat ihren Mitte punkt in Janina und zahlreiche Zweigstellen in Salo niki, Athen und Korfu. Gewaltchronik. Naakel aa -er Lahn besetzt. Gestern sind Bahnhof und Ort Runkel an der Kahn von den Franzosen besetzt worden. Li« Franzosen ha ben bisher in den Eisenbahnbetrieb nicht eingegrtffen. E» handett sich angeblich um eine Vergeltungsmaßnah me.' Vuk -er direkten Landstraße Limburg.-Weilburg ist ein« gröbere Truppenavtetlung vor Obertiefenbach etngetroflen. lieber die Absichten der Truppen ist «och nicht» bekannt. Nach Aussage de» kommandierenden franMßchr» Offiziers ist die Besetzung der Orte Runkel und Ober tiefenbach erkglgt. well einige Viehhändler, die vor einiger Zett di« französisch« Regiebahn zu« Fahrt h* nutzt hatte«, in »Kinbach von d« erregt»« Bevölkerung qchrügelt Word«» find.