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IS. Jahrgang Nr. I6S Soanabenck, äen 21. Juli 1923 -------- Anzeiger für Sas Erzgebirge MZM ß^mspktch. flnschluß Nr. » r,l,grammr» Las^latt Enthalten- -k amtUchm» Sekmntkmachmtgm» -e» Nate» -er Gta-t na- -es Amtsgericht» An». p»stlch»ck.«»',w, «Mt räpzig1»», Politische Wochenschau. Don Oberbürgermeister Dr. Külz, M. d. R. Mine moralisch« Offensive zu. führen, ist niemals unsere stark Seite gewesen- Während des. Krieges ha» ben wir den Lüpenfeldzug unserer Feind« sich .lange Zeit Mt ohne Gegenwehr ab spie len lassen. Wir konnten es einfach, nicht verstehen, daß die sinnlose Verleum dung .alles dessen v was den Namen deutsch trug, in der Welt.Glauben finden würde. -Nach dem Kriege war es die Lüge von der Alleinschuld Deutschlands - die wir kungsvoll zu bekämpfen dem offiziellen Deutschland bis. her nicht gelungen ist. Gewiß, ist manche gute und ehr. liche Arbeit nach dieser Richtung hin geleistet worden, aber die befreiende und erlösende Tat fühlt? sie kann nur in einer machtvollen, geschlossenen und 'abschließen den Kundgebung beS Reichstages und der ReichSreg'.e- rung -bestchen Auch heute noch ist die Psychologie des '. Reichstages auf fernen radikalen Flügeln so. daß xun Behandlung der Schuldsrage das^Gegenteil von dem erreichen mü^te was notwendig D. Wirkungsvoller als alle von deutscher Sette bisher eingeletteten Ll-rttu- ',ur Aufklärung der Welt er^veist.sich seht das franz ä« iische Vorgehen an der Ruhr. Die moralische Schuld, die Frankreich hier tag ägl'ch gus sich ltdt. i,r .nicht nur ^o ungeheuer groß, daß sie — wie der Bischof von Pa. derborn m't einer den päpstlichen Kundgebungen ge- über besonders bemerkenswerten Teu lich>eit srk.ärte - mm Himmel schreit, sondern s.e ist auch so os,eusichütch. daß.fast, zwangsläufig.ein Wandel d.K Welturieil über Frankreichs politische Moral und ^ivilifa orisag> Oualiiat herbeigeführt wird. Wir haben es in der Hand, diesen Befundung)pro;etz zu fördern: Erstens e.niual d..darch daß.wir den Abwehrkampf Wetter auf.der Höhe eines stillen, .zähen Heldentums führen, zum anderen aber auch.dadurch, daß wir nicht müde werden, in Herz und Hirn der.anderen 'es immer wieder von neuem einzu hämmern welche fluchbeladene Schmach das franzöii- sche Volk gegen das deutsche begeht, von dem noch ein Gustav Herde im Jahre 1913 in feinem. Buche Alsace Lorraine sagt -atz es neben Frankreich an der Spitze der menschlichen Zivilisation schreitet. Die Welt war, tet geradezu quf ein solch.es Vorgehen von uns, und «S Ist bezeichnend, jvas Morel im, Junilheft der Foreign- Affaires ausführt r «Die Deutschen haben eine Rechts, lag«, die, angemessen vertreten, alles.zum. Schwingen bringen mutz, was an Gefühl von Moral der Welt noch übrig .geblieben Ist." Dankbar ist es. deswegen zu begrüßen, haß für den 38. und 29. Juli in Berlin eine großangelegte Kundgebung! über „FrankyeichsBoi> gehen an Ruhr und Rhein und die sittliche Welt" in Aussicht genommen worden ist. Lite Namen derer, von denen das -.Unternehmen getragen sein soll, .bürgen fürs seinen ethischen und politischen Gehalt und feine Wir. kung.nach innen und außen, Eine solche Stärkung unserer Stellung tut uns im. mer. wieder von neuem not, denn die Rede Poincares in .SenltS läßt keinen Zweifel dgrüher, Laß die briti schen Antwrrtvorschläge auf.französischer Sette mit der. selben Verschleppungstaktik behandelt werden sollen, wie alle bisherigen Versuche, der Vernunft Mm Durchbruch zu verhelfen. Zu den britischen Vorschlägen von deut scher Se'te im einzelnen Stellung zu nehmen, würde für den gegenwärtigen Augenblick unklug ^ein, denn iede solche Stellungnahme würde der französischen Po litik und Publizistik willkommenes Material zur Miß deutung der deutschen Absichten und zur Unterstützung der eigenen Gewaltpolitik geben. Tie englische Politik braucht von Deutschland her nur dt!e eine aktiv« Unter stützung, .das ist der unbeugsame Wille, uns selbst zu behaupten .Gin auch im Unglück sich vor den Augen der Welt innerlich geschlossen zeigendes Deutschland wird auch.heute noch al- Faktor gewürdigt werden, .mit dem man rechnen kann und rechnen muß> ein am Rande de« Abgrundes ziellos hin und her taumelndes sich zer fleischendes deutsches Volk wird keine Macht der Erde in ihre politische Berechnung.einstellen. Es ist deshalb Wahnsinn und Verbrechen zugleich, wenn manche Kreise Deutschlands gerade den gegenwär« tigen.Zeitpunkt für besonder» geeignet halten, mit dem Gedanken des Bürgerkriege« zu spielen. Wenn ein po litischer Gernegroß oder ein StämmtUchschwätzer die« tut, so tst damit schließlich nicht viel verdorben, wenn aber Personen in hohen und verantwortlichen Regie rungsstellen aus parteipolitischer Taktik sich hierzu ver leiten lassen, so sind das überaus bedenkliche Zersetzung». erscheinungen. Gewiß erzeugt unsere ungeheure wirt, schaftltche Not eine starke Spannung, aber muß un« da» nicht gerade Anlaß sein, alle vermeidbare Verschärfung auszuschalten und mit ganzer Kraft Mr eine Entspan nung M sorgen, anstatt neuen Zündstoff heranzuschasfen. Explosiv» Entladung Mkdo niemals etwa» anderes als das Tao» -ringen könne«.' Leid« setzen Wir an ver schiedenen Stellen Kräfte am Werke, einer politischen Katastrvphenstimmung immer neu« Nahrung, zuzufüh- ren. So zeugt es von der ganzen Unverantwortlichkeit derer um H'tler, daß.sie es sich nicht versagen konnten, das Turnfest .in »München, ein Fest, des Willens, der Kraft und der deutschen Selbstertüchtigung.« durch häß liche Mitztöne zu stören- Derartige chauvinistische Aus. schaeitungen sind genau so verwerflich», wie die über triebene politisch-tendenziöse Ausbeutung -der Flucht Ehrhardts. Tas ungeheure Aufsehen, das diese Flucht in Deutschland erregt, ist verständlich», aber Gefahren für den Bestand des Staates aus Mr abletten zu wollen, liegt kein Anlaß vor, und es ist einfach nicht wahr, daß ein Versagen der Justiz im Falle Ehrhardt vorläge sondern es liegt eine beispiellose Schlamperei im>Be ¬ triebe der Mtändtgen Gefangenenanstalt vor,, durchchie kurz vor dem bevorstehenden RichtevMruch di« Flucht ermöglicht wurde. Daß von den Helfern der Flucht einige der ehemaligen Orgesch und der Organisation Consul angehört haben, war von vornherein anzu nehmen, ist aber noch keineswegs «in Beweis dafür, daß diese Organisationen in irgend einer Weise aktionS, fähig waren. Sollte aber tatsächlich» daK Entweichen Ehrhardt» einzelnen politischen Desperados Wasser auf ihre Mühle letten., sv würde e« an schnellem und rück. stchtSlosen Zugreisen nicht fehlen. Ein von führender Stelle sich au»wirkendev, dem deutschen Volke und der Welt erkennbar werdender kraftvoller Wille zur nationalen wirtschaftlichen Selbst- erhaltuna Ha» ist das Gebot der Stunde. Versuch -er Gesamtregelung -er Reparationsfrage. Drei englische Noten. Zn der letzten Sitzung dr» Kabinetts ist beschlossen worden, die englische Reparationspolitik in drei Schrift stücken den Alliierten und den Neutralen mitzuteilen. Sie bestehen aus: ' , > a) dem Entwurf einer Note an Deutschland in dem die englische Regierung zu den deutschen Vor schlägen Stellung nimmt. .Deutschlands Zahlungsfähig keit durch Sachverständige abschätzen zu lassen. Nach den Meldungen einiger Blätter sollen in die Nate auch, Rat schläge über einen .Llbbau des passiven Widerstandes" Aufnahme finden, eine Behauptung, die von konserva tiven Blättern bestritten wird. » b) eine englische Den kschrift, in der Len Alli ierten und den Vereinigten Staaten auseinandergesetzt wird, nach welchen allgemeinen Gesichtspunkten England eine Lösung .des Reparativnsproblems .Mr möglich hält. e) die Begleitschreiben an die Alliiertenx in denen die Regierungen der Entente ausgsfvrdert iverden- ihre Bemerkungen zum englischen Entwurf der Antwort, note zu machen und mit größter Beschleunigung zu er kennen zu geben, ob sie bereit seien, di« englische Not« zu unterzeichnen. i Kein« Uneinigkeit de» englischen Kabinett». Halbamtlich wird aus London versichert, daß die Situation seit Baldwins Erklärung ganz unverändert sei und alle Schlüsse.»die aus der Bedächtigkeit des eng lischen Vorgehens auf eine Uneinigkeit des Kabinetts gezogen werden, völlig unbegründet seien. Ta» bedäch tige Vorgehen entspringe vor allem dem Wunsch» so weit wia möglich, keinerlei Empfindlichkeiten zu verletzen. Man hoffe daß per Wortlaut der Note endgültige Bil ligung finden werde, was schon bezüglich ihres Inhalts der Fall gewesen sei. Erklärungen Seneschs zu -er zu erwartende« englischen Denkschrift. lieber die Grundlage der zuversichtlich erwarteten französisch-englischen Verständigung hat Benesch sich in Brüssel vor den belgischen Pressevertretern recht offen geäußert. Er .soll versichert haben, Paß die deutschen Schulden auf etwa 50 Milliarden Goldmark festgesetzt werden /sollen. Mn von der Reparationskommisston zu ernennender Sachverständtgenausschutz soll ein Gutachten darüber abgeben, .welche Zahlungen Deutschland in .den nächsten Jahren leisten kann, und in welcher Weise.die von Belgien vargeschlagene Finanzkontrolle durchzufüh. ren wäre.' Benestb bemerkt weiter, die Verbündeten seien „beinahe". einig über die Streichung der inter alliierten Schulden. Tie Erklärungen BeneschS decken sich bis! zu einem gewissen Grade mit Angaben, die vom! .„Matin" veröf. fentlicht wurden. Danach werde es als „praktische Lö sung" angesehen wenn man sich im Augenblick nur mit denjenigen Summen befasse, die, streng, genommen, zum Wiederaufbau der zerstörten Gebiete not- wendta seien, da» heißt, etwa 28 bis 80 Milliarden Goldmark für Frankreich, .4 bi» 8 Milliarden Mr Bel- gten und die übrigen Geschädigten. Hierzu käme als. dann noch ,die Deckung Mr die englischen Zahlungen an Amerika. Man käme so zu einer Gesamtsumme von 35 bi» 40 Milliarden Goldmark für die ersten 10 oder 15 Jahr« und erst nach Ablauf.dtxser Frist hätte man alsdann die Finanzlage der verschiedenen Mächte ins Auge Au -fassen, um darüber zu bestimmen, in welchem Matze Deutschland zu einer Rückzahlung der Kriegsschul den der verschiedenen europäischen Staaten gegenüber England und den Bereinigten Staaten betzutragen hab«. Es gäbe also ein« erst« Periode, .in, der man sich nur mit der Wiederherstellung p«r durch die deutschen Armeen aut französischem, bel-rischem, ttaAentßhem, serbischem und rumänischem Boden verursachten Schäden befallen würde. Englische Warnungen. Die „Times" schreibt in einem! .„Dip Entente" über, schrieben«». Leitartikel, e- sei möglich, daß die Regie rung fetzt sehr ernsthaft an die Zukunst teuer besonde ren Vereinigung denkt, .die als Entente bezeichnet wird. Tie jüngsten Ereignisse machten dtp Frag« akut, .oh dieses fetzige Verhältnis al» Instrument des Frieden» gebraucht werden könne oder nicht, mit anderen Worten: der Fortbestand der Entente zwischen Frankreich und Großbritannien werde fetzt ernstlich erörtert. Liv „Di mes" gibt nochmals eine Uebersicht über dis bekannten Msinungsver schiedenheiten zwischen Frankreich und England. Ein großes Hindernis für dir Wieder, aufnahme allgstneiner Besprechungen über die gründ- legenden Fragen der deutschen Gesamtverpfltchtungen. der ZahlungSmethode und die Regelung -der interalli ierten Schulden habe die Forderung Frankreich» gebil det. .daß Pie Alliierten gemeinsam von der deutschen Negierung perlangen sollten, daß sie den passiven Wi derstand nicht mehr unterstütze- Die britische Regierung wünsche die Verhandlungen im Interesse der allgemei nen Lösung zu erneuern zu dem ausgesprochenen Zweck den die französische Regierung -im Ruhrgebiet eben, falls zu verfolgen erkläre.. Es sei Sache der französi schen Regierung. Pie gemeinsame Aktion fruchtbringend und lvtrksam zu gestalten und ihre Sonderakttou dem gemeinsamen Ziel unterzuordnen, Ebenso mißbilligt es „Exchange Telegraph"^ daß per verschiedentlich behaupteten Meldung Glauben geschenkt werde. ..England sei gewillt, die deutsche Regierung zur Kapitulation im Ruhrgebiet aufzufo.rdern, Zur Haltung öer französische« Regierung. Tie letzten in London vingelaufenen Angaben über die voraussichtliche Haltung der französischen Regie rung lauteren dahin r Poincare werde vielleicht der Un sichtbar machung Per militärischen Besetzung, zustimmen, vorausgesetzt daß er mit der Nachgiebigkeit der deut schen Regierung und der deutschen Bevölkerung, zufrie- den sei. .Er werde sich aber nicht bereit zeigen, die Be setzung zu einem baldigen Zeitpunkt vollkommen zu be enden. Besonders im Essener Bezirk werd« er sie auf- rechterhalten, bis Deutschland seine Verpflichtungen ge genüber Frankreich vollkommen erfüllt habe. Außer dem wolle Poincare nicht auf. die gegenwärtig« Eisen- bähnregte verzichten und werde.die Beibehaltung Her produktiven Pfänder unter französischer oder alliier ter Kontrolle Vorschlägen. Dies.würde bedeuten, daß auf.pem linken Rhetnufer keine absolute Rückkehr zu dem Regime der Zeit vor der Ruhrbesetzung erfolgen könnte. Die belgische Regierung habe da» Verdienst in Sachverständigenvorschlcigen einen Berührungspunkt mit der britischen Auffassung durch den Vorschlag,„kauf männischer" Zahlungsmethoden gefunden zu haben. Langwierig» Verhandlungen auch nach d»r englischen Antwort z» erwarten. London setzt nach! wie vor groß« Hoffnung auf Brüssel. Man macht in Pariser politischen Kreisen jetzt kein Hehl mehr daran», daß Dheuni« und Zaspap über die Red« von Senlt» sehr aufgebracht sind und in Part» mitteilen ließen, paß sie diese französische Politik de« Fensterscheibeneinworfen» nicht mehr länger mttmachen könnten. Hinzu kommt, daß in dem Ka binett Theunt» durchaus nicht alle« mehr st> ist, wie man e» in Sntentekveisen wünschen möchte!. In Brüst sel ist die Atmosphäre immer noch mit elektrischer Hoch spannung geladen; denn mit einer, schwachen Mehrheit von sieben Stimmen, wie es.der Fall war, ist r». selbsst verständlich schv«, zu regieren, und durch einen Äo-