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Dresdner Journal. Verantwortlicher Redacteur: I. G. Hartman«. ^273 Erscheint mit Ausnahme der Sonn- Preis für da» Vierteljahr lhaler. , und Festtage täglich Abends und ist vtN 26. JnsertionS-Gebühren für den «aum D durch alle Postanstalten zu beziehen. —^„e 1 N-ugroschen. -ROEF G . Amtlicher Lheil. DreSden, 23. November. Seine Majestät der König haben Seiner Königlichen Hoheit, dem Prinzen Philipp von Belgien, Grafen von Flandern, Allerhöchstihren HauS- orden der Rautenkrone verliehen. Nichtamtlicher Lheil. Aebrrsicht. Tage-geschichte. Dresden: Vom königlichen Hefe.— Wien: DaS kaiserliche Handschreiben bezüglich der Samm lungen für Mainz. Begnadigungen. — Verona: Eisen bahnarbeiten. — Berlin: Hofnachrichten. Sammlung für Mainz. Die ConcessionSertheilung für neue Actien- gesellschasten sistirt. Zur Frage über die Aufhebung der Wuchergesetze. Die Erhöhung der Beamtengehalt,. — Darmstadt und Mainz: Zur Katastrophe vom 18. Nov. — Hamburg: Ein Garantie - Disconto - Verein. — Paris: Die Finanzkrise. Feruk Khan. Gewehre für England. Ernennungen im Justizdepartement. — Brüssel: DaS Programm d,S Ministeriums. — Lon don: DaS Geburt-fest. der Prinzeß-Royal. — Stock holm: Ereditverein. — St. PeterSdurg: Ernennun gen. — AuS Bosnien. Bedrückung der Christen. — Amerika: In Mexico die Constitution suspendirt. Auf stand in Pucatan. Local- und Provinzialangelegenheiten. Dresden. . Vorlesungen in der polytechnischen Schul,. — Leipzig: Der Mörder LepS. — Bautzen: Wahl eine- neuen LandeSb,stallten. veffeutliche Gericht-Verhandlungen. (Dresden. Anna- ' berg ) . '' . Feuilleton Inserate. Tageskalender. Dörseunachrichten. TageSgeschichte. Dresden, 25. November. Gestern Nachmittag 1^3 Uhr geruhten Se. Majestät der König in Begleitung Allerhöchst- ihreS Flügeladjutanten Oberstleutnant- Freiherrn v. Fritsch die neu hergrstellte Hofapotheke mit einem Besuche zu be ehren, nahmen die sämmtlichen Lokalitäten und Apparate in Augenschein und verließen dieselbe wieder ^4 Uhr unter Aeußerungen der allerhöchsten Zufriedenheit mit der neuen Einrichtung. Tüten, 24. Nov. Die „Wien- A." veröffentlicht da- (gestern bereit- telegraphisch erwähnt,) kaiserliche Handschrei ben bezüglich der Sammlungen für Mainz. Dasselbe ist an den Minister deS Innern gerichtet und lautet: . „Lieber Freiherr v. Bach! DaS große Unglück, welches die „Stabt und Bundesfestung Mainz durch die am 18. d. M. statt befundene Explosion eine« Pulvcrthurme« getroffen hat. veranlaßt „Mich, die so oft bewährte mildrhitige Mitwirkung Meiner Unter khanen in Anspruch zu nehmen, um den durch dieses beklagens- „wrrthe Ereigniß Betroffenen eine ergiebige und schnelle Unter- . »„stützung zu verschaffen. In dieser Absicht finde Ich anzuordnen, „daß in allen Kronländcrn durch die Landesbehörden Subscriptio- ' „nen und Sammlungen für die in Mainz Verunglückten erdffnct „und die erforderlichen Einleitungen hierzu unverweilt getroffen wer- „den. Zugleich sind dir Erzbischöfe und Bischöfe Meines Reiche«, „dann dir Vorstände der übrigen ReligionSbekenntniffe in Meinem „Namen einzuladen, von ihrem Standpunkte au« BeitragSsamm- „lungen einzuleitcn und wirksam zu beleben. Sie haben das Nb- „thige sogleich zu verfügen, daß dir eingehenden Gelder gehörig ge sammelt und schleunigst an Meinen Minister de« Aeußern zur Be förderung an den Ort ihrer Bestimmung geleitet werden. Wien, „23. November 1857. Franz Joseph m. p." — Weiter meldet die „W. A.", daß Se. k. k. apostolische Majestät 20,000 Gulden und Ihr, Majestät die Kaiserin 2000 Gulden aus ihren Privatkaffen als Beitrag für die durch die Pulverexploston in Mainz Verunglückten zu be stimmen geruht haben. — Mit allerhöchster Genehmigung ist den politischen Flüchtlingen Ladislaus Ille-, Karl Kolowrath, Ludwig Ko-ztka, Ludwig v. Török, Emmerich Kovac-, Gustav St. Burchard, Samuel Szabo und Johann Csink aus Ungarn, Joseph KaSzab, Alexander Fischer und Franz Neudenbach aus dem Temeser Banate, Johann M- Grundbeck, Johann Topolnicki und Adam v. HoSzowSki aus Galizien, dann Gregor Vito- in Siebenbürgen über ihr Ansuchen die straffreie Rückkehr in den österreichischen Kaiserstaat bewilligt worden. 06 Verona, 22. November. Die amtliche Zeitung meldet, daß die Arbeiten auf der Tagliamentolinie von Ca- sarsa nach Udine und in der Umgebung von Mailand begon nen haben. Berlin, 24- Nov. Wie bereit» gemeldet, haben Ihre Majestäten der König und die Königin gestern ihren Wohnsitz nach Charlottenburg verlegt. AU,rhöchstdi,selben fuhren ge meinschaftlich Mittag- von Sanssouci per Chaussee über Zehlendorf und Schöneberg den neuen Canal entlang und trafen um 2 Uhr in Charlottenburg ein. Wie der „Sl.-A." mittheilt, ist die Fahrt Sr. Maj. dem Könige recht gut be kommen. — (N.Pr.Z ) Ihre k. Hoheit die Prinzessin von Preußen ist von dem jüngst gemeldeten Unwohlsein so weit wieder herg,stellt, daß Höchstdieseide da- Bett hat verlassen können. — Se. k. Hoheit bsec.Ppmz Karl ist gestern von Schloß Glienicke in sein hieff««S Dalai« Überg,fiedelt. — So viel bis jetzt verlautet, die ^iden Häuser de» Landtag» zum 7. oder 8. Januar einbetüM werden. — Wie die „N. Pr. A." trfährt, hat der Prinz von Preußen gelegentlich der Sendung deS Obersten v. Alvenüleben nach Mainz (Se. k. Hoheit ist bekanntlich Gouverneur der Bundesfestung Mainz) demselben 1000 Gulden mitgegeben zur Linderung der ersten Noth dec verunglückten ärmern Bevölkerung daselbst. — Auch in Berlin hat sich bereit» ein Comite gebildet, welcher zu Beiträgen für die durch di« Pulverexplosion in Mainz Beschädigten auffordert. — Wie die „Zeit" vernimmt, hat der Handelsminister die königlichen Regierungen darauf hingewiesen, daß die ge genwärtige Lage d,S Geldmarkt- ,S im eignen Interesse einer großen Zahl von Theilnehmern an neuen, erst in der Bil dung begriffenen Aktiengesellschaften nötbig mache, den An trag auf landesherrliche Bestätigung der Statuten einstweilen zurückzustellen, bis sich die Verhältnisse dem Beginn solcher Unternehmungen wieder günstiger gestalten. Bi» dahin müsse der Antrag auf allerhöchste Genehmigung der bereit- vorlie genden ConcessionSgesuche ausgesetzt bleiben, wovon die Be- theiligten in Kenntniß zu setzen seien. H Berlin, 24. Nov- Die amtlichen Ermittelungen und Feststellungen in Bezug auf die Abschaffung der Wucher gesetze nehmen ihren eifrigsten Fortgang. Die Befürch tungen für den ländlichen Realcredit und vor ungewöhn licher Höbe der Hypothekenzjnsen rufen noch dauernd Be denken hervor. Man hat daher di« Absicht, auf diploma tischem Wege di« Lag« dieser Angelegenheit im Auslande festzustellen, und hofft Manche- von dem Vorgänge Sar- dinienS, wonach vielleicht gerade die vorhandenen Bedenklich keiten schwinden möchten. — Die beabsichtigte Erhöhung der Beamten-,halt, wird in Bezug auf die untersten Beamten klassen die möglichste Ausdehnung erfahren. So wird man unter Andern, auch die allerdings sehr hilfsbedürftige Lage der Chaussee-Aufseher verbessern, welche^mit vielfachen Schwie rigkeiten zu kämpfen haben. Aber auch schon jetzt ist man bemüht, den Beamten Vorth,ile zuzuwenden. So werden nach einem ganz kürzlich ergangenen Erlaß Sr. k. Hoheit de» Prinzen von Preußen di« nicht unbeträchtlichen Ein nahmen au- den eingestampften reponirten Acte«, Karten, Plänen rc. nicht mehr ganz in die Staatskasse fließen, son dern 25 d,S Ertrage- für die Beamten deS betreffenden Ressort« zur Verth,ilung kommen. — In wissenschaftlichen Kreisen begeht man heute festlich den GeburtStag deS Prof. Böckh. Seine Schüler bringen ihm heute eine besondere Ovation. Darmstadt, 23. Nov. Die „Darmst. Ztq." schreibt: Der Großherzog, welcher dem traurigen Ereignisse in Mainz dir innigste Teilnahme widmet, begiebt sich heute Vormittag um '-^10 Uhr dahin. Se königl. Hoheit hat befohlen, daß morgen, Dienstag den 24. d. M., im großherzoglichen Hof- theater die Oper „Don Juan" zum Besten der Mainzer Verunglückten gegeben werd,. Da« entsetzliche Unglück, wel ches unsre Schwesterstadt Mainz heimqesucht hat, mußte hier in allen Kreisen da- tiefst, Mitgefühl, die innigste Theil- nahme erwecken. Dieses giedt sich denn auch in den zahl reichen und bedeutenden Beiträgen kund, welche von allen Seiten zur Linderung der Noth der schwer Betroffenen ein gehen- Wie wir vernehmen, wird da» OfsijiercorpS der groß herzoglichen Acmeedivision sich mit elfter TageSgage zur Unter stützung der Unglücklichen betheiligen, und wir haben Ursache zu glauben, daß auch di, Unteroffiziere und Soldaten mit einer gleichen Gabe nicht zurückbleiben werden. Mainz, 23. Nov- (Mainz. I.) Jbre königl Hoheiten der Troßherzog und die Großherzogin sind in Begleitung be« Printe» Adesibo»« von Bayern heute Vormittag mit einem Schnellzug der Eisenbahn von Darmstadt hier eingetroffen, um die Stätte deS Unglück- in Augenschein zu nehmen und den Verunglückten Hilfe und Trost zu spenden. Im Ge folge befanden sich der Ministerpräsident Freih. v. Dalwigk, der Kriegsminister Freih. v. Schäffer-Bernstein, die Flügel adjutanten Graf Psenburq und Oberst Camesasca- — Dem „Mainzer Journal" ist au- Frankfurt folgende Nachricht zugegangen, dir «S seinen Lesern in fetter Schrift mittheilt: „Bei der hohenB undeSmilitärcommission ist bereits der Antrag gestellt, den alten Köstlich der Stadt Mainz abzukaufen und zwar mit allen Gebäuden, und diese nach dem Werth zu bezahlen, welchen sie vor der Katastrophe hatten- An der Genehmigung diese- Vorschlags von Seiten der respectiven hohen Regierungen ist wohl nicht zu zwcifeln. Melden Sie diese- sofort Ihren Mitbürgern, damit sie dem Bunde vertrauen und hämischen Einflüsterungen, wie sie bei solchen Gelegenheiten nicht auS- bleiben, kein Gehör schenken. Weitere Beschlüsse werden wohl noch nachfelgen." — Die Zahl der infolge der Kata strophe gefallenen Opfer hat, wie demselben Blatt zufolge genaue Erkundigungen ergeben, bis jetzt folgende Höhe er reicht: Von Seiten der Bürger blieben auf der Stelle todt 20 Personen- Infolge der erhaltenen Wunden starben am selben Tag eine, am 21. Nov. eine und am 22. eine Person. Von der k- preußischen Bundesgarnison blieben auf der Stelle 5 Mann; am selben Tage starben noch vier, am 20. Feuilleton. i Eine Hochzeitnacht. ' Bon F. Goldammer. (Schluß au« Rr. 271.) Der Pastor war kein Mann von vielen Worten. Er hatte kaum zu Ende gehört, so rief er auch schon die ganze Gesellschaft auf, den Vermißten zu suchen ; danach erst nahm er den Vater unter den Arm, ihn zu trösten, seinen Glauben wieder aufzu richten. In wenig Minuten war Alles mit Lichtern und Fackeln und brennenden Kienspänrn auf dem Wege. Da jedoch Niemand wußte, wohin er sich zu wenden habe, so blieben die Meisten in einem langen Zuge beisammen, welcher dem Pastor, der Braut und den Äeltern deS Brautpaare- gefolgt war. Der Geistliche aber lenkte seinen Schritt, wie geleitet durch Instinkt und au- langjähriger Gewohnheit, nach der Kirche. Bor dem GotteS- Hause, da- ftr seinem Schnerklride, vom Monde beschienen, mit den Gräbern und Kreuzen umher, den armen Menschen vor seiner Pforte zuzurufen schien: „Ich berge Euch die Leuchte de- Leben»!" hielt er still und schien zu überlegen, ob er Vorbeigehen sollte oder nicht. In diesem Augenblicke der Unschlüsfigkeit gewahrte Urte einen Menschen au- dem Schatten der Straße, welche nach dem Riechen hinführt, herauStreten. Er trug Etwa«, einen Andern. DaS Herz sagte ihr: „Sie finde-, die wir suchen," und eilte ihnen entgegen. Ein lauter Au-ruf deS Schrecken- bestätigte ihre Dermuthung Allen, die sie davon eilen gesehen. E» waren zwei Menschen, Christoph und Michael. Dieser trug bald abwechselnd Jenen, bald unterstützt« er ihn im Gehen. „WaS ist?" rief der alte LagieS; seine Stimme bebte und seine Arme streckten sich au- gegen feine Kinder. ES folgte ein kurzer Augenblick der Wonne und deö Ent zücken- — denn Christoph erholt, sich zusehends —, dann be richtete Michael den Kampf seine- Bruder- mit einem Ungethüm. Zum Vater und zum Bruder sprach er: „Du weißt, Bruder, ich machte mir Hoffnung auf Dein Weib — man hatte Dich todt gesagt — und die Urte hat mich wie behert! Der Vater hatte Nicht- dagegen, für den Fall näm lich, Du wärst in Wahrheit geblieben da- Alle- ließ mich die Urte schon al- die Meine betrachten, und ich empfand eS kaum, daß ich danach «inen Bruder verloren hoben müßte — eS ist so, wie ich sage! Du mußt Dich «rinnern, daß ich mehr er- schreckt al- erfreut war bei Deiner Heimkehr doch still davon! Ich stand heute vor der Thür und der Vater hatte mich eben getrumpft, al- Du da« Hau» Dein»- Schwieger- verließest. Du warst an mir vorbei, und eS war mir wohl so und war mir auch wieder nicht so, al- wär'st Du'« gewesen; eS war zu ge schwind gegangen. Ich achtete aber nicht darauf, mir war der Kopf voll ohnedies. Erst al- ich in die Stube wieder «ingelreten war und Du vermißt wurdest, da wußte ich'» gewiß. Kein Mensch aber dachte Dich zu suchen, ich dacht'- selbst nicht, nur sehen wollt' ich, wo Du geblieben seiest, und da- auch nur au- Langeweile oder um mich zu zerstreuen. Ich hatte keinen Ge- fallen an all' der Lust. So kam ich nach unserm Hause und der Mond schien hell gegen die Wand, wo die Büchs« hängt. Ich hatte sie wahrhaftig nicht gesucht, aber ich vermißte sie auf dem Fleck. Der Tausend, wo ist die Büchse Geblieben? Da« fuhr mir durch den Kopf. Damit sah ich hinaus auf den Hof. Mein Auge hat rin gut Gedächtniß, so erkannt' ich ein« ganz frische Spur in dem Schnee, die ich am Tage nicht gesehen hatte. Ich weiß nicht, warum ich - that, aber ich folgte der Spur durch den Garten. Ich dachte an einen Dieb mit der Büchse, ich dacht' auch an Dich, aber ich könnt'- nicht zusammenreimen, mit dem Diebe so wenig al- mit Dir. Daß ein Dieb nur die Büchse ge nommen haben sollte, wo doch noch Bessere- zu finden gewesen, oder daß Du gar auf Wildieberei au-seiest an Deinem Hochzeit tage — mir waren'- böhmische Dörfer. In diesen Gedanken war ich bis au den Riemen gekommen, da hört' ich einen Schuß fallen von jenseits. DaS fuhr mir in die Glieder und machte mich springen und brachte mich über da- EiS, ich weiß nicht wie. Ach, Bruder, ich hatte mich kaum auf da- steile Ufer hinauf gearbeitet ! Wie ein Pfahl stand ich im ersten Schreck! Dich sah ich von dem Bären umschlungen! Richt wie ein Pfahl: all' meine Nerven zuckten, Dir beizuspringen. Da aber mit einem Male mir war'-, al- flüstere mir Jemand in- Ohr — eS ging mir wie ein Frost in- Herz und zu meiner Linken sah ich eine Erscheinung, die grinste mich an mit geschlitzten Augen, gekniffenen Lippen, verzogener Rase. — „Verhalte Dich ruhig," rief die Gestalt mir zu, „und Du wirst Mann einer Witwe, die Du frischweg für eine Jungfrau darfst nehmen!" — Deine Urte stand neben dem bösen Geist, urplötzlich wie rin Bild au- der Zauberlaterne, und wie schön und schmuck! Aber ein Schatten, eine Wolke lag über ihrem Gesicht und ich hatte nicht den Muth, ihr in- Äuge zu sehen. Da hört' ich Dein Wimmern von Neuem, da sah ich, wie die Tatzen deS Bären Deine Schultern schlugen, ich sah ihn den Pelz Dir vom Leite reißen. „Mörder Deine- Bruder-!" rief mir'- von recht- in« Ohr, und diese Stimme klang warnend und mild, diese Stimm« traf mein Herz und mein Auge ging an den Boden. Mir vor