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Dresdner Journal. Verantwortlicher Redactenr: I. G Hartmann. V 217 Erscheint mit Autnabme der Sonn- und Festtage täglich Abend- und ist durch alle Postanstalten zu beziehen. Sonnabend, den 24. Oktober. Preis für da- Lierteljahr khaler. Insertion--Gebühren für den Raum einer gespaltenen Zeile l Neugroschen. I8S7 Amtlicher Theil. Dresden, 12. Oktober. Se. Majestät der König haben kn zettherigen Linien-Inspektor Earl Loui« Galle vom !. bisse« Monat« zum Direktor der Staatstelegraphen allergnä- digst zu ernennen geruht. Mchtamtlicher Theil. Nedersicht Tagesgeschichle. Telegraphische Nachrichten. — Wien: Militärischer Leuchtapparat. Neue Banknoten. Augschrverdtscher Concur«. Lorfdrand in Ungarn. — Berlin: Dem König Aufenthalt in südlichem Klima empfohlen. Portoausgleichung beantragt. Kölner Rhein brückenbau. — Kassel: Brrfassungsvorlage. Gesetz über Zusammenhaltung der Landgüter abgrlehnt. — Pari«: Au« Compiögne. Ernennungen. Bom Cap. Ausfuhr. Verluste de« Credit - mobilirr. Proreß Migeon. — An- kvna: Einziehung der Scheidemünze. Eisenbahnbau. — Turin. Prinz Napoleon erwartet. — Madrid: Neue« Cabinet. Schwangerschaft der Königin bekannt gemacht. CorleSeinberufung hinauSgrschoben. — London: Polemik über Lord Caaning. — Ostindien: Bericht de« bel gischen Consul« in Bombay. Local- und Provinzialangelegenheiten. Dresden: Schadenfeuer. — Leipzig: Selbstmord. — Zittau: Mehrere Deutschkatholiken zur lutherischen Kirche über getreten. — Annaberg. Stenographenfest. vrffnltliche Gerichtsverhandlungen. (Dre«deo. Chemnitz. Pirna.) Feuilleton. Inserate. Lageskalevder. Börsenvachrichten. Tage-geschichte. Telegraphische Nachrichten. TanSsouei, Freitag, 2». Oktober, Vormittags IL Uhr. Dir Besserung im Befinden Sr. Majestät btS König- ist im entschledenen Fortschreiten. Wie«, Donnerstag, 22. Ort. (W. T B.) Hier ein getroffene Nachrichten au« Bukarest melden, daß der «alachische Diwan am 21. d. M. al« Wünsche aller Klassen der Bevölkerung einstimmig votirt hat: Anerkennung der Autonomie nach den alten Capitulationen mit der Pforte; beständige Neu tralität de« Lande«; Union mit der Moldau un ter einem erblichen fremden Fürsten, dessen Nach kommen griechisch zu erziehen; Repräsentativ regierung mit einer LandeSvertrrtung. 06 Konstantinopel, 17. Ort. Dem Vernehmen nach soll da« Finanzsystem in der Türkei nach einem von dem Finanzminister mit der ottoma- nischen Bank ausgearbeiteten Plane ehebaldigst modifirirt werden. Omer Pascha wird in 8 Ta gen nach Bagdad abgehen; der kaiserl. Ferman, wegen administrativer Reformen in Brussa, ist bereit« in Wirksamkeit. Im Rathe von 40 Mit gliedern sitzen vier Armenier und ein Israelit; auch rin Mitglied der griechischen Gemeind« nimmt am Großrathe Theil. Die armenischen Bischöfe haben berathende Stimmen in ReligionSang,le- genheiten. E« verlautet, der englische Gesandte, Sir Murray, habe Einsprache gegen einen Ar tikel der Teheraner amtlichen Zeitung über In dien erhoben. Wien, 20. Oct. Die „Ostd. Post." schreibt: Professor Petzwall ist im allerhöchsten Auftrage mit Zusammenstellung eine« physikalischen Apparate« beschäftigt, welcher di, derzeit im Gebrauch stehenden zur Beleuchtung feindlicher Objecte bestimmten Leuchtkugeln ersetzen wird. — Der Kundmachung in Betreff der Umgestaltung be« MünzwesenS wird demnächst die Verordnung in Betreff der neuen Banknoten folgen. E« werden diesfalls mit der Bankdirection Berathungen ge pflogen und sind Musterzeichnungen de« neuen Papiergeldes bereits angefertigt. — Nach der „Allg. Ztg." betragen in dem Concurse d,S vr. Augschwerdt die Aktiva 182,000 fl, die Passiva 499,000 fl. — Die „Pesth-Ofener Ztg." schreibt: Am 18. v. M- Nachmittags 2 Uhr entstand zwischen den beiden Torfstichen, dem Baron Sina und der Ungarisch-Altenburger Herrschaft gehörig, am Leydner Hotter, nächst dem Dorfe Rete, auf freiem Felde durch einen Heuschober Feuer — durch den hef tigen Sturm derart angefacht, daß bald die dürre Oberfläche der Erde davon ergriffen, die Lendner Heulage ereilt und verzehrt wurde. Der Grund in Hanfng, wie bekannt, be steht aus Brennmaterial (Torf), dieser hatte sich entzündet und unterirdisch forterhalten. Schon glaubte man nach einem 20stündigen Brande, alle Gefahr sei beseitigt, da die Ober fläche der Erde kahl gebrannt und daS Feuer 1^ Schuh tief in die Erde eingedrungen war, als plötzlich am 5. d. M- an mehrern Stellen abermals Rauchwolken bemerkt wurden, und nun sah man erst, daß daS Feuer seit dem Entstehen unterirdisch fortgewährt und bereits großen Schaden verur sacht hatte. Nicht nur, daß während dieser Zeit das Erdreich in einem Umkreise von einer Meile ausgebrannt und ver nichtet ist, sondern es griff derart unterirdisch um sich, daß selbst die schleunige Hilfe nicht auSreichen konnte, dem Ele mente, welche- bereits über dir Lendner und Wieselburger Gärtenwälber hereingebrochen war, Einhalt zu thun. Gegen wärtig arbeiten viele Menschen von den umliegenden Ort schaften, um tiefe und breite Gräben aufzuführen; allein bis heute brennt e« immer noch fort und ist an rin Löschen dieses Feuers gar nicht zu denken. DaS Schauspiel ist fürch terlich, da eS bereits hochstämmige Bäume aus der Wurzel hebt. Der ganz« Hansäg ist nun mit Gräben ringrklammert und eS kann selbst im schlimmsten Falle nicht weiter mehr greifen. U Berlin, 22. Oct. E« bestätigt sich, wie ich aus gut unterrichtetem Munde erfahre, daß zur gänzlichen Wiederher stellung und Kräftigung Sr. ZNaj. de« König« ein längerer Aufenthalt de- Monarchen ln einem südlichen Ktima von den Arrzten al- Nothwendigkeit erkannt worden und diese Verordnung demnächst auSgeführt werden soll Man hört, daß au« den Personen der nächsten Umgebung Sr. Majestät nur der Oberhofmarschall Graf Keller den Monarchen be gleiten würde. Unter solchen Umständen, welche zur Erhal tung de- theuern Lebens und zur vollsten Kräftigung d,S König- eine längere Fernhaltung von Staatsgeschäften er heischen möchten, hat man sich bereit« in weiterm Umfange mit den für diese Fälle vorgesehenen Bestimmungen de« StaatSgrundgesetzkS vertraut gemacht. E« haben, wie ich Ihnen zuverlässig mittheilen kann, Berathungen über die Anwendung de- Art. 50 der Verfassung-Urkunde stattgefun den, und eS dürften bestimmte Maßnahmen in dieser Be ziehung nicht mehr lange auf sich warten lassen. — Von Seiten mehrerer Handelskammern sind Anträge gestellt wor den, daß die Portosätze für Briefe und Pakete ungeachtet der Verschiedenheit der LandeSmünzen einer genauern Gleich stellung unterworfen würden. Da jedoch der PostvereinSver- trag, welcher erst mit dem Jahre 1860 abläuft, derartigen Anträgen entgegensteht, und »ine Abänderung der betreffen den Stipulationen nicht zulässig ist, so dürfte eine Entschei dung in dieser Angelegenheit nicht zu erwarten sein. — Die heutige Abendnummer der „Nationalzeitung" ist nicht an gegeben worden, da die Form zerbrochen ist. — In Bezug auf den Bau der Rheinbrücke bei Köln erfährt man, daß die begonnene Arbeit bereit- so weit vorgeschritten ist, daß der Vollendung der Brücke schon für daS nächste Jahr ent gegen zu sehen ist. Kassel, 21. Oct. (Fr. Pz.) Das vor einiger Zeit ver breitete Gerücht von einer zu erwartenden neuen Regierungs proposition in Betreff der „VerfassungSfragr" hat sich insofern begründet erwiesen, als man heute vernimmt, daß an die Zweite Kammer eine die bisherige Zusammensetzung der Ersten Kammer modificirende Vorlage gelangt ist. Die selbe soll, wie man hört, dahin gehen, daß die Mitgliederzahl dec Ersten Kammer durch sechs von dem Landesherrn zu er nennende „würdige Männer" verstärkt werde, daß die Ver tretung der LandeSuniversität nicht durch den Vicekanzler als solchen, sondern durch einen von der Regierung bezeichneten Professor, und die der katholischen Kirche durch einen in gleicher Weise ernannten Domcapitular stattsinde, daß die Stellver tretung der Superintendenten von Kassel, Marburg und Hanau durch die Superintendenten von Allendorf und Rin teln zulässig, und daß die Oberbürgermeister von Kassel und Hanau Sitz und Stimme in der Ersten Kammer erhalten. Auch soll der Zusammentritt beider Kammern zu gemeinschaft licher Abstimmung für den Fall proponirt sein, daß eine Re gierungsvorlage von der einen Kammer abgelehnt und von der andern angenommen worden ist. — Die Zweite Stände kammer hat in der heutigen öffentlichen Sitzung eine beinahe dreistündige DiScussion über die Vorfrage geführt, ob der Gesetzentwurf über die „Zusammenhaltung kandwirthschaft- kicher Güter" nach Antrag der Majorität des landwirthschaft- lichen Ausschusses im Ganzen abzulehnen oder nach dem der Minorität im Ganzen, vorbehaltlich zu beschließender Abän derungen , anzunehmen sei. Die Abstimmung ergab eine Majorität gegen nur 5 bis 6 Stimmen für die Ablehnung im Ganzen. II Paris, 21. Oktober. Eine große Menge distinquir- ter Personen, schreibt man dem „Moniteur" aus Compiegne, sind vorgestern Abend hier im kaiserlichen Schlosse ang,kom men. Man bemerkt unter ihnen den Prinzen Joachim Mu rat nebst Gemahlin, den spanischen Gesandten, Herzog von RivaS, den Herzog und die Herzogin von Alba, den Herzog und die Herzogin von Medina Celi, den Staatsminister Fould, den Finanzminister Magne und den Marschall Maq- nan nebst deren Gemahlinnen, den Marschall Canrobert, den Fürsten CzartorvSki u. s. w- — Gestern fand im Park eine Hetzjagd statt- Der Hirsch wurde lebhaft verfolgt und in einer kleinen halben Stunde erjagt. Eine beträchtliche Menge Zuschauer hatte sich eingefunden, um das durch das schönste Wetter begünstigte Schauspiel mit anzusehen. — Der amtliche Theil des „Moniteur" meldet die Er nennung VallonS an Collet-Meygret's Stelle, dem andere Functionen übertragen werden sollen, zum Prafecten des Norddepartements. Der Unterpräfecl von Corbeil ist nach Sceaux, der von Montbeliard nach Corbeil versetzt worden. Michelle, der Director der höhern Normalschule, hat die nachgesuchte Pensionirung bewilligt erhalten und ist ehrenhalber zum Generalinspector des Mittlern Unterrichts ernannt worden. Sein Nachfolger im Direktorium der Normalschule ist der Generalinspector deS höhern Unterricht-, Desire Nisard. — Eine Originalcorrespondenz des „Moniteur" vom Cap berich tet über den Empfang des Barons Gros und die Absen dung von Verstärkungen nach Indien. Feuilleton. Dresden, 23. Oktober. Zweites Theater. Inden gestern gegebenen hübschen und amüsanten kleinen Lustspielen „E. A. G." von Görner und „Die weiblichen Drillinge" von Holle! zeigte sich Fräulein Ottilie Genee'S Talent in höchst an ziehender Weise. Die Zofenrolle im erster» wird von ihr keck und schalkhaft und dabei fein und maßvoll gezeichnet, und die entschiedene Charakterifirung der Drilling», namentlich die drollig meisterhafte de- Dümmling- unter diesen, ist eine Bravour leistung an Gewandtheit, leben-wahren Zügen und liebens würdigsten SoubrettenhumorS. Bei Fräulein Gene« offenbart sich jene eigne, rege Lust und Freude am Spiel, welche die Theib- nahme der Zuschauer mit belebt und fesselt und auf unsrer Bühne so selten geworden ist und der möglichst guten Erfüllung der ge schäftlichen Pflicht Platz gemach« hat. DaS Publicum möge den Besuch beider Stücke nicht versäumen. Jin Gürnrr'schen Lust spiele verdient auch die Darstellung deS Fräulein Eonradi alle Aufmunterung. — Der Verfasser der Posse „Benjamin, der seinen Vater sucht", Herr R. GenSe, hat mehrere Stücke (zu letzt ein Lustspiel „Der neue Timon") geschrieben, die durch bühnen gewandte Behandlung, Esprit und geschickte Erfindung seinem Talent besten Surceß zugewendet haben. In dieser Posse hat er wohl nur in jugendlichem Uebermuthe versuchen wollen, wie viel an Equivoquen und derber Sprache daS Berliner Publicum ver tragen kann, und der Versuch ist von demselben mit sympathischer Gunst ausgenommen. Für Dre-den paßt dieser auSschreitende Ton auch im zweiten Theater nicht, wenn sich auch dafür ein Theil de« Publicum« interesfirrn sollte. DaS local Berlinerische darin ist zu speciell heimathlich für den Geschmack der hiesigen Hörer, manche Beziehungen sind bereits veraltet und einige drastisch wirkende, lächerliche Momente können nicht über den ungünstigen Eindruck Hinweghelsen. Bei einer Wiederholung möge man wenigstens kürzen und Einzelnbeilen entfernen. — Frau Kern übernimmt zwar nur kleine Rollen, aber mit großer Störung für die Wirkung, und es wäre gut, dafür ein anderes Talent eintreten zu lassen. C. B. Literatur. Von der Bibliothek deutscher Originalromane, die unter dem Titel „Album" seit zwölf Jahren von I. L. Kober in Prag herauSgegeben wird, liegen abermals zehn Bände vor, welche Beiträge von L. Schücking, E. Fritze, B. v. Guseck, I. Meßner und F. I. Proschko enthalten. Vor zugsweise anziehend nach Stoff und Gestaltung ist uns L. Schücking'S „Günther von Schwarzburg" erschienen, welcher historische Roman den Leser in daS vierzehnte Jahrhundert ver setzt; denn am 30. Januar 1349 war eS, als nach dem Heim gänge deS letzten Kaisers die Stimmen von Mainz, Branden burg, Pfalz und Sachsen-Lauenburg auf dem Wahlfelde vor Frankfurt den Grasen Günther zum römischen Könige kürten. Die Herrschaft dauerte nur bi» zum 14. Juni, wo er an Gift starb. Der Verfasser, der überhaupt öfter recht geistvolle Be- metkungen macht, sagt unter Andern« von diesem trefflichen Charakter: „Günther von Schwarzburg war der Ausdruck deS sich aufraffenden Ehrgefühls der Ration; er war daS Geschöpf de- AufflammenS «ine- sich ermannenden Selbstgefühl- ; er war der persönlich gewordene Gedanke von der Hoheit und Würde de- Reiche- — der Gedanke, worin da- Bewußtsein deS Volke« sich selbst wiedrrfand. Seine Wahl war der Act der sittlichen Einkehr der Ration bei sich selbst." — Pro sch ko'S Roman aus dem Schwedenkriege: „Der Jesuit" behandelt in Georg Plachy eine Heldengestalt der böhmischen Vaterlandsgeschichte, die manche Aehnlichkeit mit dem tiroler Priester Joachim Has- pinger zeigt. Plachy, dem Gelehrten- und Priesterstande ange hörend, erwarb sich große Verdienste um die Verlheidigung Prag- am Ende deS dreißigjährigen Krieges. — I. Meßner mögen wohl E. v. Holtei'S treffliche „Vagabunden" vorgeschwebt haben, als er in den „Handwerksburschen" Bilder auS dem Volksleben darstellen wollte. Leider aber besitzt er weder die Er findungsgabe, um spannende Handlung herbeizuführen, noch die Elasticität der Phantasie, Begebenheiten interessant in Scene zu setzen. Eine gewisse Kenntniß der Sitten und Gebräuche auS dem Handwerkerleben ist indessen dem Verfasser nicht abzu sprechen. Der Styl leidet mitunter an ziemlicher Ungelenkigkeit und Schwerfälligkeit. — „Heimath und Ferne" von Bernd v. Guseck ist unendlich breit erzählt. ES gehört dieser Autor bekanntlich zu den Erzahlungssabrikanten, die daS Lesebedürfniß deS großen und nicht eben wählerischen PublicumS zu befriedigen suchen. ES muß aber ein geläuterter Geschmack in der That von allen guten Büchern geschieden sein, wenn er nach solcher schön rednerischen, aber poesielosen Lesekost Verlangen tragen soll. — E. Fritze'S „EaritaS", in der Zeit beginnend, wo die Bourbon- wieder auf den Thron Frankreichs zurückgerufen wurden, ist im Ganzen frisch und lebendig erzählt und wird gewisse Lesekreise recht wohl befriedigen. " ö. Theater. Das Münchner Hofthrater leidet seit Dingel. stedt'S Abgänge an einem sehr merklichen Siechthum. Zu seinem Schaden wird jetzt auch das kleine alte Hoftheater mit großer Pracht wieder rrstaurirt und soll am 28. November mit einem