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Dresdner Journal. Verantwortlicher Redatteur: I. G. Hartmann. Erscheint mit »»«nähme der Sonn- und Festtage täglich Abend« und ist durch alle Postaastalten zu beziehen. Dienstag, de» 7. April. Pret« für da« vterteljabr lhaler. Insertion«. Gebühreu für den Raum einer gespaltenen Zeile 1 Reugroschen. 18S7 «mtlichrr Lhril. Bekanntmachung de« Ministerium« de« Innern, die Zulassung innenbemerkter ausländischer Versiche rungsanstalten zum Geschäftsbetriebe im Königreiche Sachsen betreffend. In Gemäßheit §. 6 der Verordnung über den Geschäfts betrieb ausländischer Versicherungsanstalten im Königreiche Dachsen vom 16. September 1856 wird von dem Ministerium deS Innern fernerweit andurch bekannt gemacht, daß nach benannte ausländische Versicherungsanstalten den Vorschriften in §. 2 bis 4 dieser Verordnung Genüge geleistet haben und daß insbesondere Dresden: 1) von der kroviäentia, Frankfurter Versicherungs-Ge sellschaft in Frankfurt a. M., 2) von der Europäischen Leben-- und Rentenversicherungs- Gesellschaft in London, 3) von der neuen Transport-Versicherung--Gesellschaft kortnns zu Berlin, 4) von der Berliner Land- und Waster-TranSport-Ber- sicherungS-Gesellschaft zu Berlin. Leipzig: 1) von der Niederrheinischen Güter-Assecuranz-Gesell schaft in Wesel, 2) von der Kölnischen Hagel-Versicherungs-Gesellschaft in Köln, 3) von der Lebensversicherung« - Bank für Deutschland zu Gotha, 4) von der Berlinischen LebenS-BersicherungS-Gesellschaft in Berlin. 5) von der Berlinischen Renten- und Kapital-Versiche rungs-Gesellschaft zu Berlin, 6) von den belgischen Lebensversicherung«-Gesellschaften der I^n klonale velge und der Kontier» ksuni, zu Brüssel und Mannheim, 7) von der Magdeburger Hagel-BersicherungS-Gesellschaft, 8) von der Orneorcti», Kölnischen Lrben«versicherungü- Gesrllschaft, 9) von der Berlinischen Feuer-VersicherungS-Anstalt in Berlin zum Sih ihrer Anstalt für da« Königreich Sachsen gewählt worden ist. Dresden, den 1. April 1857. Ministerium des Innern. Arhr. von Beust. Demuth. Dresden. Seine Majestät der König haben unterm 1. Derember 1856 den Kaufmann Johann TheophiluS Plate zu Philadelphia zum Königlich Sächsischen Consul zu ernennen und ihm das vacante Consulat daselbst zu übertragen geruhet. Dresden, 31. März. Se. Königl. Majestät haben zu genehmigen geruht, daß der ordentliche Honorar-Professor der Theologie, Or. Lobegott Friedrich Constantin Tischendorf, daS ihm von Sr. Majestät dem König von Bayern verliehene Ritterkreuz erster Elaste d,S Königl. Verdienstorden« vom heiligen Michael annehme und trage. Nichtamtlicher Lheil. Nedersicht. TageSgeschichte. Dresden: Die Ausgabe von Bulletins über da- Befinden der Prinzessin Sidonie geschlossen- Die neueste Betrieb-Übersicht der StaatSeisenbahnen. Gegen einen Artikel der „Sächs. Const. Ztg.". — Wien: Die bevorstehende Reise der Majestäten nach Ungarn. Das Gesandtschaft-personal au« Turin eingetroffen. — Prag: Vermischtes. — Mailand: Amtsantritt des Erzherzog- Ferdinand Max. — München: Vorarbeiten zur Gerichts organisation Ein Protest katholischer Bischöfe. — Stutt gart: Der Kammerbeschluß bezüglich d,S MünzvertragS- — Weimar: Ein Nachtrag zu der Convention mit Preu ßen zur Beförderung der Rechtspflege. — Frankfurt: Herr v. Bismarck nach Pari«. Vertagung der Bundes versammlung. — Pari-: Die Beziehungen Frankreichs zu England und Rußland. Keine Parteinahme für Dä nemark. Eine Conferenzsihung. Die Angelegenheit des Bischof- von MoulinS. Preise für Baumwollenpflanzung in Algier. Vermischte-. — Brüssel: Da- Gesetz über die PrüfungSeommissionen genehmigt. — Bern: Zur neuenburger Angelegenheit. — Rom: Der Gouverneur von Marino ermordet. — Turin: Bildung eine- La ger- bei Alessandria. — Madrid: Vermischte-. — London: Die Wahlen. Zur Diskonterhöhung. Bank ausweis. — Kopenhagen: Der ReichSrath eröffnet. Entlastung. — Bombay. Viscount Canning Hal um seine Entlastung nachgesucht. — New-Uork: Au« der neuesten Post. Local, und Provmziala«gelegenbeite«. Dresden: ArmenversorgungSangelegenheiten. Vermischte«.— Leipzig: Die neuen Bauunternehmungen — Hainichen und Zwickau: Gewitter. Erledigte Schulstellen. Feuilleton. Inserate TageSkalender. Börsennachrichten Beilage. Oeffentl. Terichttverhandlungen. (Freiberg. Rochlitz.) Inserate. TageSgeschichte. Dresden, 6. April. (Bulletin.) Bei dem anhaltend sich bessernden Befinden Ihrer königlichen Hoheit der Prinzessin Sidonie und bei der sichern Hoffnung auf eine baldige gänz liche Genesung wird die Ausgabe der bisherigen ärztlichen Bulletins mit dem vorliegenden geschloffen. Dresden, den 6. April 1857. l)r. Earu«. l)r. v. Ammon Dresden, 6. April. Die Einnahmen der königlich säch sischen StaatSeisenbahnen d» Kedruar d. I. habe» der in Nr. 76 de« „Dresdner Journal«" abgedrucklen amtlichen Betrieb-Übersicht zufolge 15,» Procrnt mehr al« im entspre chenden Monate de« Vorjahr« betragen, und zwar vertheilt sich diese Zunahme auf alle Linien mit Ausnahme der Linie DreSden-Bodrnbach Es lieferte nämlich eine Mehreinnahme: Chemnih-Riesa (bei 28,307 Thlr. Einnahme) von 7760 Thlr. oder 37,7 Procent, DreSden-Görlitz (bei 46,593 Thlr. Ein nahme) von 7922 Thlr. oder 20,« Procrnt, und Leipzig- Zwickau-Hof (bei 117,264 Thlr. Einnahme) von 17,112 Thlr. oder 16,» Procent gegen den Februar de« Vorjahr«, während Dresden Bodenbach (bei. 35,075 Thlr. Einnahme) einen Ausfall von 1587 Thlr. oder 4,» Procrnt zeigte, welcher lediglich auf Rechnung de« Güterverkehr« kommt. Auf je 1 Meile im Durchschnitt ergaben sämmtliche Staatsbahnen (56,r Meilen) 4036 Tklr. (gegen 3499 Tblr. im Februar 1856), Leipzig-Zwickau-Hof (24,«Meilenl 4766 Tblr. (gegen 4111 Thlr.), Dr.Sden-Bodrnbach (8,, Meilen) 3977 Tklr. (gegen 4188 Thlr.), DreSden-Görlitz (14 Meilen) 3328 Thlr. (gegen 2762 Thlr.) und Chemnitz-Riesa (8,» M.) 3180 Tblr. (gegen 2308 Tblr) — Die Zahl der beförder ten Personen betrug 116,560, d. i. 6936 oder 6.» Procent mehr al« im Vorjahre, die Einnahme daraus 2456 Thlr. oder 5,4 Procrnt mehr; die Zahl der beförderten Centn,r stieg auf 1,827,914, d. i. um 303,890 Clr. oder um 19,s Procent, die Einnahme aus dem Güterverkehr stieg auf 179,555 Thlr., d. i. um 27,751 Thlr. oder um 18,s Pro» cent. — Die Einnahme sämmtlicher Staatsbahnen im Ja nuar und Februar 1857 zusammengenommen betrug 462,451 Thlr. 22 Ngr. 5 Pf, d. i. 39,917 Thlr. 24 Ngr. 6 Pf. oder 9,« Procent mehr als in den entsprechenden Monaten deS JahrrS 1856. Dresden, 6. April. In Nr. 77 der „Sächs. Const. Ztg." erfährt von Chemnitz au« die Rede, welche ein dasiger Geistlicher bei der Beerdigung deS Oekonomiecommiffar« Süß gehalten hat, um deswillen eine mißbilligend, Erwähnung, weil derselbe neben den Verdiensten deS Verstorbenen auch „die Gottvergessenheit und Verirrung hervorhob, mir welcher derselbe sich längere Zeit hindurch von Kirche und Altar fern gehalten habe." Uns ist der Verstorbene gänzlich unbekannt und ebenso wenig haben wir eine Vermuthung, von welchem der Geistlichen in Chemnitz der Artikel spreche. Wir kennen endlich auch nicht den Zusammenhang der ganzen Rede und suSprndiren daher unser Urtheil über den zur Rüge gezogenen Fall gänzlich. Nur Da« müssen wir bemerken, daß unser- WissenS die grsammte Geistlichkeit von Chemnitz au- geress ten und 'besonnenen Männern besteht und daß also sehr ernste Gründe Vorgelegen haben müssen, wenn die Grabrede ernste Aeußerungen über deS Verstorbenen Verhaltniß zur Kirche enthalten haben sollte. Wenn man aber glaubt, in jener Rüge „da- Gebahren" deS betreffenden Geistlichen nicht mit einer Erörterung darüber, ob er überhaupt die Wahrheit hinsichtlich deS Verstorbenen gesprochen, sondern mit den Fragen: „ob der verklärten Seele dadurch genützt und trauernde Angehörige getröstet werden können, und ob man so erreiche, waS man in Bezug auf die Ueberlebenden damit zu bezwecken scheine", al« mit dem Geist der evangelisch-lutherischen Kirche unvereinbar darstellen zu können, so stoßen wir damit auf einen allgemeinen Grundsatz, welchen man sich gewiß nur deutlich zu machen braucht, um auch da« Einverstandniß der „Sächs. Const. Ztg." zu erhalten. Unläugbar ist e« all gemeine Christenpflicht, die Wahrheit zu reden, und gewiß fordert da« Evangelium von jedem Christ,nmenfchen, um wie viel mehr von einem christlichen Geistlichen in seinem Amte, Wahrhaftigkeit. Mit christlichem Geiste am Grabe und von einem Tobten reden, kann daher gewiß nicht heißen, die Wahrheit in Betreff seiner Fehler gänzlich bei Teillasten, sondern nur — die Wahrheit neben dem Ernste auch mit christlicher Milde, mit weiser Schonung und wahrer un geheuchelter Trauer sagen. „Der verklärten Seele" kann der Geistliche mit seiner Grabrede überhaupt nicht mehr nützen; die hat ihren Richter jenseit« gefunden. Daß er aber den Hin terlassenen, die er nach den Pflichten seine« Amt,« nicht etwa blo« um jeden Preis trösten soll, daß er end lich allen Anwesenden nur so allein mit der Gab, d,S Evangeliums am Grabe nützen könne, ist leicht einzus-hen. — Man hat ein volles Recht, den Geistlichen zu radeln, wenn er dieses Amt der Wahrheit schonungslos und entblößt vom Geiste christlicher Milde verwaltete. Aber man würde eS sogar verächtlich finden müssen, wenn er au« Eigennutz oder Menschengefälligkeit die Wahrheit ent stellte und verfärbte und so manchen ungeistlichen Gradred- nern gleich würde, di, nur Grablobredner sind und, wenn man sie so sprechen hört, nicht von sündigen Menschen zu reden scheinen, welche auch im Tode noch der Barmherzigkeit de« Herrn bedürfen, sondern von Halbgöttern, die um ihrer Verdienst, willen in die Herrlichkeit de« Himmel« ausgenom men worden sind. Wie«, 4. April. (A- Z.) In Ungarn werden bereit« die lebhaftesten Anstrengungen zum Empfange Ihrer Majestäten getroffen. AuS den Detail«, welche man von dorther dar Feuilleton. Hoftheater. Palmsonntag, ü. April: Sroße Mufikauffnhrung der k. musikalischen Kapelle, unter Mitwirkung der Dreyßig'schen Singakademie, de« Hoflhratrrsängerchor«, der Sängerchöre der Herren Musikdirektoren Otto und Kaden und mehrerer Herren Privatmustker. Der große Eindruck der herrlichen Schöpfung Händel'« führt immer wieder zu der Erkenntniß zurück, wie Inhalt und Form de« Oratorium« au« dem Geiste jener Zeit unmittelbar erwuchsen und wie Händel Da«, wa« Sinn und Gemüth de« Bolle- lebendig bewegte, zu jener vollendeten Kunstgestaltung brachte, die im Wesentlichen unbeirrt vom Laufe der Zeit bleibt, well fie jene ewig geltende Wahrheit und Schönheit der Kunst in sich trägt, deren magische Kraft unsre Seele wieder in die Kreis» jener Jveen und Empfindungen zurückbannt, denen fie entsprang. Wohl verfiel Händel vielfach, namentlich im Solo gesänge, der einschränkenden Herrschaft jene« formellen Wesen-, welche«, al- der äußere Typu« einer Zeitepoche, in der Kunst fühlbar veralten macht ; aber e» geschah hauptsächlich, wo der minder« Inhalt der Aufgabe den freier« selbstständigen Erguß seiner Erfindung nicht löste und den rasch Schaffenden in dem Vang» »iner gewissen stylistrten Form beharren ließ. Darüber hinau« aber »rhrben ihn di» echt» Kraft und überzeugung-treu» Begeisterung de« Glauben«, di» Großartigkeit und Weihe der Conrrpkion, die Gefühl-tief» und der rhythmische Schwung seiner Melodik, die Energie und Wahrheit seiner dramatischen Charakteristik und Deklamation, die einfach« Gröhe seine« Siyl«, der schlicht, Var und verständlich in jedem Aufdruck der Ton sprache mit eindringlicher Gewalt recht eigentlich zur Masse de» Bolke- redet: diese Eigenschaften treten in Händel'- besten Werken und so in der gestrigen Aufführung de- „Messt»-" mit jener unabwei-lichen fiegreichrn Wirkung in den Vordergrund, welche nur genialen Schöpfungen der Kunst eigen ist. Rur eine derselben sei noch besonder- al» bedeutsam in der Geschichte der Mufik hervorgehoben, und Händel stellt sich hierin neben den etwa« später auf ganz andern» Terrain schaffenden Gluck und neben den gleichzeitigen S. Bach, dessen Richtung man al- idealistisch, gegenüber der realistischen Händel'«, bezeichnen könnte. Dies« drei deutschen Tondichter nämlich waren e», welche zuerst in der Musik da« Charakteristische —decla matorisch und dramatisch — vollendet entwickelten und zum höchsten Ausdruck brachten. Mit ihnen erstand nach dieser Seite hin da- volle Lerständniß der Bedeutung der Tonverhältniffe, entfaltete die Tonkunst ihre dramatische Natur und Thatkraft: der getreue und natürliche Au»druck de- Worte» belebte auch die einzelnen Stimmen der Chöre, der gewonnene Reichthum und die Gegensätze de« Charakteristischen machten erst den vollendeten Aufbau großer dramatischer und episch. dramatischer Gesang«- werke möglich. Und wie diese drei Männer in der Kunst in dieser Richtung einander begeqneten, so zeichnen fie sich auch in ihrem Leben durch Tüchtigkeit und Energie de« Charakter« au« und sogar auch die Kraft und Gesundheit ihrer physischen Natur steht damit im Einklänge. Händel stammte au« einem gesunden Geschlecht. Al« er geboren wurde, war sein Vater (Wundarzt und Bader in Hall») 64 Jahre alt, und noch zwei jünger« Ge schwister folgten auf Georg Friedrich. Und daß Händel über- Haupt später Einige« componirte, hatte er vornehmlich »einer Willen-kraft zu danken, die schon im KindeSalter fich zeigte und im Charakter de- Manne- unbeugsam hervortrat. Der Vater war der tonkünstlerischen Neigung seine- Sohne» (die fich sehr früh, wie bei allen bedeutenden musikalischen Talenten, au«- sprach) sehr ungünstig; er wollte ihn studiren lassen und der kleine Händel durfte fich nur heimlich auf einem alten Clavichord üben. Al- «inst sein Vater seinen Bruder, einen herzoglichen Kammerdiener in Weißenfel«, besuchen wollte, wurde der junge Bube von der Reise auägeschloffen. Aber er lief dem Wage» voran und setzte halb mit Trotz, halb mit Tbränen seine Mit- fahrt durch. In Weißenfel« aber entschied fich sein Schicksal. Der Hoforganist erlaubte dem musikalischen, anstelligen Kind», nach dem Gotte«dienste auf der Orgel da- Nachspiel zu spielen, welche» die Aufmerksamkeit deS zufällig noch anwesenden Fürsten erregte. Dieser fragte nach dem Spieler, erfuhr da- Talent, die Neigung de- Knaben, den Willen de- Vater- und bestimmte diesen durch seine dringliche Zuspracht und einige Geldgeschenke, den Sohn zum Musiker au-bilden zu lassen. Die- geschah vor läufig durch den Organisten Zachau in Halle und 1702 wurde Georg Friedrich mit einem jährlichen Gehalt von 50 Thalern interimistischer Organist an der reformirten Schloßkirche zu Halle, wo man ihm zu seinem Jubiläum jetzt ein Denkmal setzen will. Di« Production de« „Messt»«", unter Leitung de« Herrn Kapellmeister« Krebs, war eine sehr gelungene, namentlich hinstchtlich der höchst präcisen, kräftigen und klaren Au-führung der Chöre und der vorzüglichen Leistung de- Orchester«; nur sehr au«gezeichnete künstlerische Kräfte machen ein so gerundete« Zusammenwirken möglich bei einer Aufstellung, die den Diri genten so w«it vom Orchester trennt und ihm den dunkelsten Platz der Bühne anweist. Di» Soli hatten Fräulein Bunke,