Volltext Seite (XML)
Dresdner Journal. Verantwortlicher Redakteur: I. G. Hartmann. .V 2*0. Erscheint mit Au-nahme der Sonn, und Festtage täglich Abend- und ist durch alle Postanstalten zu beziehen. Freitag, den 4. Deeember. Preis für da- Vierteljahr Thaler. Insertion--Gebühren für den Raum einer gespaltenen Zeile 1 Neugroschen. 1857. Amtlicher Theil. Bekanntmachung. Dem Ministerium de» Innern sind im diplomatischen Wege dir Lodtenscheine 1) de« angeblich am 16. Deeember 1816 in Heidelberg im Königreich Sachsen gebornen Anton Grumlich, welcher am 11. Deeember 1854 während d,< damaligen Feldzugs in der Krim als französischer Soldat'(Volti- geur im 1. Regiment der Fremdenlegion) im HoSpital an der Cholera verstorben ist, und 2) des am 10 1855 in Paris als Professor der Ma ¬ thematik, im Alter von 29 Jahren, verstorbenen, angeb lich aus Dresden gebürtigen Karl Victor Thaddäus Jundzill (Künzel?) zug,gangen, waS, da Angehörige der Verstorbenen nicht zu ermitteln ge wesen sind, für Diejenigen, welche ein Interesse daran ha ben, hiermit zur öffentlichen Kenntniß gebracht wird. Dresden, am 25. November 1857. Ministerium des Innern, General-Abtheilun g. Kohlschütter. Lehmann, S. Nichtamtlicher Lheil. Ulebersicht. La-e-geschichte. Telegraphische Nachrichten. — Dresden: Königliches Geschenk für Mainz. StaatS- dienerjubiläum deS Finanzministers. Die Leiche der Prin zessin Reuß. —Wien: Der Postvertrag mit Frankreich publicirt. — Berlin: Veränderungen im Examination»- wesen bevorstehend. Geschenk deS Kaisers von Rußland. Von der Börse. Hofnachricht,n. General v. d. Gröben. — Mainz und Frankfurt: Jur Katastrophe in Mainz. Diskontherabsetzung. Preßangelegenheiten. — Hamburg: DieFinanzkrise.— Bremen: Genralvrrsammlung d.Bank.— Pari«: Die städtischen Finanzen. Keine Hinau-rückung der Octroilmie. Weinübeifluß. Vermischte«.— Brüssel: Der Handelsvertrag mit Holland. AuSzeichungen. — Turin: Aus der Anklageschrift gegen die politischen Ver hafteten. Zu den Wahlen. — London: Noch der Ar beiter in den Manusacturdistrlcten. — Malta: Der un terseeische Telegraph. — Kopenhagen: Jur Gewerbe- freiheitSfragr. — St. Petersburg: Ernennungen. — Von der bosnischen Grenz«: Unzufriedenheit der Raja. — Ostindien: Jur Situation. Local- und Provinzialangelegenheiten. Feuilleton. Vermischte-. Inserate. Tageökaleuder. Börsevnachrichteu. . Tagesgeschichte. Telegraphische Nachrichten. Hamburg, Mittwoch, 2. Deeember, Abends. Die heute abgehaltcne Versammlung der erbgesessenen Bürgerschaft hat die Senatsproposition, daß bei Zahlungssuspensionen die Majorität der Creditoren entscheide, ob das Geschäft unter Administration der- waltet oder fallit erklärt werden soll, angenommen. (Bergl. unten unter Hamburg.) London, Donnerstag, 3. December, Morgens. Die Thronrede, mit welcher Ihre Majestät die Kö- uigin heute Mittag daS Parlament eröffnen wird, be zeichnet alS die Hauptgegenstäude der beginnendem- Parlamentsberathung die Finanzen, die Revision der indischen Verwaltung und eine Parlamentsreform; auch sollen darin die Douaufürstenthümerfrage, die Verhältnisse Nicaragua'- und da- Wirderüberhand- nehmen deS Sclavenhandel- Erwähnung finden. — Bezüglich der Suspension der Bankacte dürfte Mie Regierung beantragen, diese Krage bis zum Februar aufzulassen. Dresden. 3- Dec-mber. Se. Majestät der König haben, wie wir vernehmen, den durch die Pulverexplosion zu Mainz Verunglückten durch Allerhöchstihren BunbeStagSgesandten in Frankfurt die Summe von 2006 fl. überweisen lasten. Dresden, 3. December. Wie wir vernehmen, wird die hohe Leiche der hier verstorbenen Prinzessin Caroline Reuß- EberSdorf Durchlaucht, morgen Mittag 1 Uhr unter Ge läute der Glocken aus der gewesenen Wohnung der Verewig ten — JohanneSstraße Nr. 11 — nach dem Leipziger Bahnhof, und von da über Leipzig, Plauen und Reuth nach Ebersdorf gebracht, wo Sonnabend, den 5. Dec, Nachmittag» die feierliche Beisetzung in der fürstlichen Familiengruft er folgen wird. Die feierliche Einsegnung der hohen Leiche vor dem Abgänge von hier — zu welcher Se. Mch. der König in ehrender Theilnahme den Hofmarschall v. Globig abzu ordnen geruht haben — Hot der Herr Hofprediger Langbein nach dem Wunsche der durchl. Schwester der Verstorbenen — Gemahlin Sr. Durchl. deS regierenden Fürsten Reuß j. L. — Höchstwelche seit mehrer» Tagen hier anwesend ist, übernommen, und eS soll diese feierliche Handlung im Laufe d»< morgenden Vormittags stattfinden, wobei außer Ihrer Durchl. der Fürstin nur Höchstderen Dienst, Fräulein Hof dame v. AlvenSleben u. Obrrstallmeister Frrih. v. Schmertzing sowie der zur Dienstleistung als Begleiter der hohen Leiche von hier nach Ebersdorf befehligte fürstl. reuß. Oberforflmei- ster v. Voß aus Gera, und di» Beamten und Dienerschaft der verstorbenen Prinzessin auS Guteborn und Ruhland an wesend sein werden. Dresden, 3. Dec. Mit dem heutigen Tage erfüllte Se. Excellenz Herr Staats« u^h Finanzminister Behr das 25. Jahr im vaterländischen Staatsdienst,. Diesen Anlaß benutzten die Directoren und Räthr deS Finanzministeriums, um ihren verehrten Chef heute Vormittag bei seinem Eintritt in sein Arbeitszimmer feierlich zu empfangen und ihm in einer von dem Finanzdirector Geh. Rath v. Ehrenstein ge haltenen Ansprache ihre Glückwünsche darzubringen und zu gleich demselben als Zeichen ihrer dankbaren Verehrung eine silberne (vom Herrn Hofgraveur Jahn in Zierschriften aus geführte) Gedenktafel zu überreichen. Se.Erc. der jenes Zeitab schnitts selbst nicht eingedenk geweseneHerrStaat-minister sprach sichtlich bewegt in wenigen, vom Herzen kommenden Worten seinen Innigen Dank aus. Gleich darauf brachten auch die Vorstände der verschiedenen Bureaux im Finanzministerium und der Landrentenbank für sich und ihre Untergebenen ihre Glückwünsche dar, für welche der Minister mit gleicher Herz lichkeit seine Dankbarkeit äußerte. Wir sind in den Stand gesetzt, sowohl die gedachte Ansprache, als die Inschrift der Gedenktafel in Nachstehendem mitzutheilen. Erstere lautete: „Höchstzuverehrender Herr Staatsministcr! — Ew. Ercellenz wer den vielleicht überrascht sein, sämmkliche Mitglieder Ihre- Ministe rium« an dieser Stelle versammelt zu finden, welche dieselben in der Regel nur auf Ihren Ruf betreten; denn möglicherweise vergegen wärtigten Sie Sich selbst noch nicht, daß sich am heutigen Tage ge- setz- und bestallung-mäßig 25 Jahre erfüllen, welche Sie im wirk lichen Staatsdienste zurückgclegt haben. „Wir aber vermochten e- nicht, diesen Tag mit Stillschweigen zu übergehen. Denn, ist ein derartiger Abschnitt in dem amtlichen Leben eines um König und Vaterland hochverdienten Manne- an sich des freudigen AntbeilS aller redlichen Diener des Staates wür dig, um wieviel mehr Derer, denen es vergönnt ist, ihm so nahe ,u stehen, wir wir zu Ew. Excellenz stehen zu dürfen uns glücklich schätzen. — UnS drängt eS, den Gefühlen, von denen wir Tag für Tag gegen Sir, hochverehrter Herr Staatsminister, durchdrungen sind, an dem heutigen Lage Worte zu geben — den Gefühlen ter tiefsten Verehrung für Ihr edles Wirken, welches mit fester Willcns- und Lhatkroft die Milde und den echten Frrimuth der Gesinnung paart— erhaben über alles Kleinliche, doch auch das Kleine nicht gering achtet — fern von blendendem Scheine, das Wesen der Dinge ins Auge faßt — und allenthalben in den hohen Zwecken des Staates auch die höhern Zwecke der Menschheit erstrebt; — Worte zu geben aber auch den Gefühlen der Dankbarkeit für die gütige Nachsicht mit allen wohlgemeinten Bestrebungen Ihrer Untergebenen, wie für da- auch unter den Sorgen deS äußern und den schwerer» Sorgen des inner» Lebens sich stet- gleich bleibende Wohlwollen ge gen uns Alle. „Wie daher in unser Aller Herzen der Name Ew- Excellenz mit unauslöschlichen Zügen eingegraben steht, so wünschten wir, auch Sie, hochverehrter Herr Staatsminister, möchten die Namen der Mitglieder Ihres Ministerium«, deren ja Jedes Ihr hohes Wirken nach seinen Kräften zu unterstützen mit Freuden bereit ist, in freund lichem Andenken bewahren, und wir haben uns gestattet, als ein Zeichen dieses Wunsches, wie der Ew. Excellenz gewidmeten dank barsten Verehrung, unsre Namen hier auf eherner Tafel verzeich nen zu lassen, welche wir zum Gedächtniß dieser Stunde in Ihre Hände legen. „Möge der Allmächtige Sie noch lange an der Stelle erhalten, welche Sie gegenwärtig dem Könige und Vaterlande zum Heile — Ihnen selbst zum Ruhme — uns aber zur Freude einnehmen!" Die in Purpur-Sammet eingerahmte silberne Gedenktafel enthält die Inschrift: „8r. Lxcellenr dem Lierrn 8tust» und kiosnrmimster Ink. lkeinr. öebr, 6ro»sicreur des Verdienstordens u.s «- , 6er sm 3. Oecemker 1857 das 25. äskr im wirklichen 8t»at»dienste erfüllte, wiclmen diese» Teichen äsnkhsrer Ver ehrung 6ie Mitglieder 8eines Ministeriums." (kolgen die Blumen der virectoren und Rsthe des kiosorministeriums.) LLten, 1. Dec. (Ostd. P.) Der Postvertrag zwischen Oesterreich und Frankreich, der am 3. Sept, in Paris von den Herren Ministern Hübner und WalewSki unterzeichnet und am 30. Oct. ratificirt worden ist, wurde heute kundge- macht. Derselbe umfaßt 29 Artikel; er wird am 1. Januar kN Ausführung gebracht und bleibt so lange von Jahr zu Jahr in Kraft, bis eine der beiden vertragschließenden Parteien der andern, jedoch ein Jahr zuvor, die Absicht zu erkennen giebt, dessen Wirksamkeit aufhören zu lassen. Das in den Provinzen des Kaiserthums Oesterreich und in Belgrad von den frankirten Briefen nach Frankreich und Algerien, und von den nicht frankirten Briefen aus Frankreich und Alge rien einzuhebende Porto wurde folgendermaßen festgestellt: von jedem frankirten Briefe mit 14 kr. für 10 Gramme oder einen Bruchtheil von 10 Grammen und von jedem nicht frankirten Brief« 18 kr. für 10 Gramme oder einen Bruch theil von 10 Grammen. Gegenseitig wurde das in Frank reich und Algerien von den frankirten Briefen einzuhebende Porto folgendermaßen festgestellt: von jedem frankirten Briefe mit 60 Centime« für 10 Gramme oder einen Bruchtheil von 10 Grammen und von jedem nicht frankirten Briefe 80 Cent, für 10 Gramme oder einen Bruchtheil von 10 Gram men. Die aus der Einhebung der in dem gegenwärtigen Artikel festgesetzten Taxen sich ergebende Einnahme wird halb- scheidlich zwischen der österreichischen und französischen Post verwaltung getheilt. Die FrankirungStaxe für Druckwerke, deren Ermäßigung in Aussicht steht, wurde, wenn die Sen dungen auS Oesterreich kommen, von einfachen, 15 Gramme nicht übersteigenden Paketen mit 3 kr., für Sendungen aus Frankreich mit 10 Cent, bemessen. Feuilleton. Dre-den, 3. December. Wiederum hat die äkunstwelt einen großen, wenn nicht unersetzlichen Verlust erlitten: Professor Christian Rauch auS Berlin ist heute Morgen ^7 Uhr nach einem schmerzhaften länger« Leiden im 8l. Lebensjahre allhier verschieden. Wir beschränken unS für heute auf die einfache Mit- «Heilung dieser Trauerkunde, der wir nur noch die Bemerkung beifügen, daß die Leiche nächsten Sonnabend von hier nach Berlin überführt werden wird. Hoftheater. Mittwoch, 2. December: Don Larlos, Insant von Spanien. Trauerspiel in fünf Aufzügen von Schiller. (Don CarloS: Herr Fritsche al» Gast.) Wenn eS wünschenSwtrih sein muß, daß sich einige unsrer klassischen Vorstellungen in der alten vollendeten Abrundung er halten mögen, so gilt die» vorzugsweise vom „Don Carlo»", dessen theatralische Wiedergabe zu allen Zeiten eine unsrer vor züglichsten Traditionen war. j Eine empfindliche Erschütterung de» alten GrundbaueS würde die sein, wenn von den gestrigen neuen Besetzungen die der Königin durch Fräulein Dettmrr bliebe. Die junge An fängerin ist keineswegs durch ihre schlanke und ansprechende Figur verhindert, die edle und hochbedeutende Erscheinung der jungen, an «in tragische» Geschick gebundenen Königin wieder- zugeben, wohl aber durch ihr Organ und ihre geistige Indivi dualität. Jene» ist so dünn und trotz seiner Schwäche von einer so krankhaften Gebrochenheit, daß der Darstellerin nicht ein einzige» Heraulgrhrn au» einer und derselben Monotonie mög lich wird; diese scheint in richtiger Erkenntniß deS ihr von der Natur Versagten auch nicht einmal zu versuchen, die Sphäre deS Kleinbürgerlichen zu verlassen. Die ganze Leistung blieb, trotz der von unS nicht in Abrede gestellten Empfindung und Wärme de» Gefühl», doch in dem überwiegend peinlichen Eindruck Dessen, waS sich dem Rahmen unsrer Bühne nicht rinfugen würde. Herrn Bürde'S schwieriger Stand in einer Rolle, die zu Emil Devrient'S berühmtesten gehört, verdient in Rechnung ge bracht zu werden, wenn eS fich um die Würdigung seiner Leistung als Posa handelt. Wir fanden den edeln Malteser von dem jungen Darsteller in einer Weise wiedergegeben, die von den Er gebnissen der langen Pause, in der wir ihn nicht in größer« Rollen beschäftigt sahen, keine ungünstige Vorstellung weckt. Seine Haltung hatte größere Elasticität, als sonst, sein Organ vermied, unterstützt von der durch ihn wohlgetroffenen Getragen- heit de» Charakter», die ihm sonst eignen grellen Aufschreie, und deS Flusse» und der Melodie der Worte war fast zu viel; denn e» gehört zu den Eigenthümlichkeiten de» Herrn Bürde, die wir nicht billigen können, seinem Vortrage einen wellenartig auf- und absteigenden Rhythmus zu geben, der die Vorstellung von momentaner Ursprünglichkeit de- Gesprochenen beeinträchtigt und bei aller Wahrheit der Empfindung etwa» bereits vor der Situation Fertige- und zu sicher Au-wendiggelerntrS zu Gehör bringt. In diesem, von einer schönen Leidenschaftlichkeit gefähr lich unterstützten Triebe der Selbststeigrrung mäßigte sich der Darsteller und hatte schöne Moment«, wo vorzugsweise rin ihm eigne» poetisch Träumerische» und Ideale» der Spielweise den unbefangenen Beurtheller sehr für ihn einnehmen durfte. Herr Fritsche ist von den vielen spanischen Jnfanten, die wir schon auf unsrer Bühne kennen lernten, einer der bei weitem bessern; nur bekennen wir, daß unS der Eindruck seiner Leistung von einer allzu liebedienerischen Claque beeinträchtigt wurde. Die ersten von ihm gespielten Scenen hätten sich noch viel vor« theilhafter für ihn gestalten können und ein lautes Bravorufen auS dem Parterre wäre dennoch höchst befremdlich geblieben. Ein Vorzug deS jungen Darstellers ist vorläufig der Mangel alle» Störenden. Bei zunehmender Sicherheit auf den ihm frem den Bretern wird fich manche seiner bessern Eigenschaften steigern, manche, die noch fehlt, vielleicht entwickeln. Daß man ihm den legitimen Erben der von König Philipp beherrschten sieben großen Reiche nicht ansah, ist vielleicht noch eine Folge der Befangenheit: er hatte von der dargereichten großen Gunst deS Geschicke» erst den kleinen Finger ergriffen. Gang, Gruß, Hal tung, Art deS Befehlen», Auftreten und Weggehen entsprachen nicht einem Prinzen von Geblüt, der als Knabe in den Gärten von Aranjuez Ball schlagen durfte, doch war der Mensch im Prinzen warm und herzlich. —v— Dre-den, 3. December. In der gestrigen 8oire'e musicsle deS Herrn Alfred Piatti ergab wiederum die Mitwirkung der Frau Jenny Goldschmidt die eigentliche Anziehungskraft und den lohnendsten Genuß für da» zahlreich versammelte Audi torium. Die große Sängerin trug zuerst die Kavatine der Pamina au» der „Zauberflüte" vor („Ach, ich fühl'» »."): wohl die künstlerisch bewunderung-wertheste Leistung de- AbentS durch feinste Vollendung in Behandlung und Styl der Ausführung und im Ausdruck der schwärmerisch nach innen gekehrten, hoff nungslosen GefühlSstimmung. Die vollendete, innige Einigung solcher Vorzüge gehört bei dieser Caoatine zu den schwierigsten