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Donnersiag/äen 2». Dezember 1S22 N. Jahrgang MD MZelger für -as Erzsebirse MW «v««»», »«,>«»» «-th-It«»» tk «ntilch«. t». aato Gtitt «t ö«O M». ft« I-»-« m. >«» Nr. soo " Drahtverhaue äer PolMK. Der Rist d«» ÄL-r^ sehi-rt hun-utzst den ,o!rllcha-,. ltchen Kvnferenzvorarbetten, die ihren Vang gehen. Ti« unruhig diesen gleichmäßigen Schritt umkreisende Po« »tische Tätigkeit hat während der Feiertage, nicht unab sichtlich, ein« Paule gemacht; so verlief die Weihnacht in ganz Puropa sehr still. Lite Pause darf Uber nicht darüber hinwegtäuschen, daß, noch vor dem Zusammen« tritt der Maßgebenden in Paris, der Stellung-kampf der Politiker mit aller Kraft einsetzen wird. Richtet sich dieser Kampf, wenn man die Politik als Ganzes zu sehen versucht, einfach, gegen die — Wirtschaft? Viele, und darunter manche Führer der Wirtschaft, empfinden es so. In Deutschland zeigten diese Kreise Neigung, den Staat als verhündlungHfähig gleichsam abzusetzen, in England und Amerika kam das Wort quf, vernünftigen und sachkundigen Geschäftsleuten genüge eine halbe Stunde, um die ganze „Reparationsfrage" zu lösen. Len wohlmeinenden Männern, die so sprechen, ist zu antworten, daß sie den Plan mit der Ausführung ver wechseln. Ein brauchbarer Entwurf zur Reparations regelung läßt sich in einer halben Stunde wohl Herstel len; aber wenn man damit fertig ist, fängt vom Stand punkt des „Politikers" die eigentliche und schwere Ar beit erst an. Es gilt, die Hindernisse zu überwinden, die nicht wie mancher Wirtschaftler glaubt, eine Will kür der Politiker sind, sondern Tatsachen, die sich viel schwerer wägen und messen lassen als Ausfuhr und Ein fuhr, darum aber nicht weniger vorhanden sind. Die wichtigste dieser Tatsachen ist das Sicherheitsbedürfnts Frankreichs. Unzweifelhaft wird eine immer noch große Zahl einflußreicher Franzosen von einem Machtwillen beherrscht, .der die nationale Sicherung ebenso wie di« Reparationsforderung nur Vorwand ist; aber der Wille zur Sicherheit ist doch noch allgemeiner und stärker. Man weiß, daß Clemenceau und seine Mitarbeiter sich zum Verzicht auf die Rheingrenze nur bewegen ließen, weil England und Amerika ihnen den militärischen Bürg schaftsvertrag in Aussicht stellten. Lloyd George und Poincare warfen sich gegenseitig die Schuld an dem Nichtzustandekvmmen dieses Schutzvertrages vor. Wie dem sei: die Frage der politisch-militärischen Bürgschaft wird neben Pen Schuldenfragen eine entscheidende Rolle spielen. Auch in Frankreich, fehlt es nicht an Leuten, denen Wtrtschaftsverbtndungen wertvoller erscheinen als „Reparationen". Aber wenn Poincare (oder sein Nach folger) selbst innerlich ihnen Recht gäbe, so hindern ihn die „verauslagten" hundert Milliarden daran, von sol cher Erkenntnis Gebrauch zu machen. Ninnnt man den in Frankreich wieder entbrennenden Kampf um die Mst ntsterpräsidentschaft, das Geltungsbedürfnis des italie nischen Diktators Mussolini hinzu, so begreift man, daß durch diese Drahtverhaue der Politik nicht.„in einer halben Stunde" durchzukommen ist. Die französische Weihnachts- osfensive. Während, man kn Berlin auch di« Weihnachtsfeier tage zu Rate gezogen Hat, um die Vorbesprechungen über die deutschen Reparationsvorschläge so wett zu fördern, daß noch Ende dieser Woche die Formulierung und mög licherweise auch di« Uebermittelung dieser Vorschläge nach Paris erfolgen kann, ist die französische Politik ebenfalls mit gesteigertem Eifer tätig gewesen. Während aber das Ziel der deutschen Bemühungen ist, alle Wegs zu erfolg versprechenden Verhandlungen nach Möglichkeit zu er schließen und zu ebnen, zielen die Pariser Aktionen dar- auf hin, neue Schwierigkeiten zu schaffen. Man erkennt in Frankreich-, daß angesichts des unbestreitbaren ehr lichen und ernsten Willens Deutschlands und angesichts der Stimmung in England wie der Haltung Amerikas bet den bevorstehenden Konferenzen durchaus mit einem positiven Ergebnis gerechnet werden könnte, das der tat- sächlichen Lage Deutschland» einigermaßen gerecht zu werden vermöchte; ein solcher- Ausblick aber liegt abso lut nicht in der Richtung der Ziel« der Pariser Gewalt politiker, und sie legen ihre Gegenminen rechtzeitig und mit Aufwand von großer Energie. Al» Vst erprobte» Mittel hat man gegen Deutschland wieder einmal die Anschuldigung bei der Hand, daß es böswillig gegen dis im Versailler Vertrag übernomme nen Verpflichtungen verstoße, und zwar gleich auf Mei Gebiete;». Einmal wird «in solcher Verstoß in der Wei gerung Deutschland» erblickt, 60 000 Donnen Stickstoff an Frankreich zu liefern, und hierüber soll eine franzö sisch« Rote in Vorbereitung sein. Zum -weiten droht «in« Kundgebung der Reparation»kommiffion über vor sätzliche Ntchtsrftttlung der Lieferungspsktcht an Bau holz, Was den Stickstoff angßht. so ist dis.Forderung duvchau» ungerechtfertigt und ebenso unerfüllbar, wenn Deutschland lststungSfähig werdsn soll, Iv ist di» erst, Vorbedingung, daß «»sich für sein« Ernährung vom Im port möglichst unabhängig macht, daß «» also seins land wirtschaftliche Produktion steigert, und dazu dedarf es bekanntlich selbst der Beschaffung sehr erheblicher Men gen von Kunstdünger, sodaß e» hur Lieferunß von sol chem einfach nicht in der Lage ist. Dieser Erkenntnis wird sich auch der französische Unterhändler, der in dsr Stickstoff-Frag« nach.Berlin beordert ist. bet dem ge ringsten Willen zu objektivem Urteil nicht entziehen kön nen. Was die Holzlteferung angeht, fv scheint e» sich auch Hier nicht in erster Vinte um ein« tatsächlich dring liche Forderung zu handeln, sondern um den Wunsch» einen Borwand für eine neue Anklage gegen Deutschland zu schaffen; diesen Eindruck gewinnt man au» den Be richten über die sehr scharfe Auseinandersetzung in der Reparationskommission und über die Haltung des eng lischen Delegierten. Tie beiden Anklagen, Und mehr noch die Folgerun gen, die sowohl die französische Regierung wie die Re- parattonSkommtssion auf ihnen aufbauen werden, find ganz offenkundig Mittel zu dem Zweck, Deutschland am Vorabend der neuen Konferenzen in ein schlechte» Licht zu setzen. Ihnen gegenüber besagt die private Infor mation eines Pariser Blattes sehr wentg» die von einer bevorstehenden Mitteilung PoincareS nach Berlin wis sen will, daß Frankreich zur Prüfung jedes formellen deutschen Vorschlages bereit sei — unter Einschränkun gen. die sehr vieldeutig klingen. Poincare zerschlägt durch die Ankündigung seiner neuen Tvohnote ein sol-» ches platonisches Angebot selbst sofort wieder, und die Reparalionskomm-iffron, deren Aufgabe es sein sollte, zu Prüfen, wie weit Deutschland zur Erfüllung^der aus dem Versailler Vertrag abgeleiteten Forderungen jeweils imstande sei, sekundiert ihm dabei nach besten Kräften- Nicht minder alarmierend, als die so in Aussicht gestellten neuen Vorstöße gegen Deutschland ist aber, was man aus Paris über die weitergehenden, auf lange Sicht gedachten Hläne der französischen Politik erfährt. An die Stelle der Drohung mit dem bewaffneten Ein matsch in das Ruhrgebiet ist jetzt der Plan der wirt schaftlichen Ausbeutung des Rheinland«» getreten, der schon in der bekannten Denkschrift DatracS mit allen Einzelheiten im Entwurf fertiggestellt war und den die französische Regierung jetzt bis an die Schwelle der prak tischen Verwirklichung gefördert»hat. Gedeckt wird dieser Plan mit dem Schlagwort von den produktiven Pfän dern", wobei sich kein Mensch darüber im Unklaren sein kann, daß es Frankreich viel weniger auf die Erlangung von Pfändern für deutsche Zahlungen ankommt, als auf den wirtschaftlichen, auf den effektiven Besitz der rhei nischen Industrie. Durch die Errichtung einer Zoll grenze sollen Rheinland und Ruhrgebiet vom Reiche abgetrennt werden, ein Heer von Technikern und Be amten soll über das Land verteilt und, so weit es der französischen Regierung nötig und gut erscheint, mili tärisch beschützt werden. Ter Plan ist so vollständig daß er auch die Währungsfrage umfaßt und wenn auch die Verlautbarungen darüber, noch sehr vorsichtig und mit Absicht unklar gehalten sind, so spricht aus ,ihnen der Gedanke an die Einführung, der Frankenwährung doch schon sehr unmißverständlich. Lostrennung, Durchdrin gung, wirtschaftliche und finanzielle Angliederung an Frankreich, das ist das Schicksal, daK man dem Rheinland und dem Ruhrgebiet zudenkt. Politisch unw wirtschaftlich also eine Vergewaltigung von so nackter Brutalität und von so unabsehbaren Fotzen, baß selbst die langjährige Kenntnis der französischen Gewaltpolitik staunen muß über die Offenherzigkeit, mit der diese Pläne an» Tages licht gefördert werden. Für die englische Politik müßte es einen vollkommenen Umschwung ja Umsturz bedeuten, wenn sie sich bereit finden sollte, dierarttzen französischen Absichten auch nur passive Billigung zu zeigen, und für die Geneigtheit Amerikas, helfend in das europäisch« Chaos einzugreifen, mutz die Kunde von solchen Plänen wirken wie ein kalter Wasserstrahl. In Deutschland aber, nicht nur in dem auf» äußerste gefährdeten Westen, soy- dern im ganzen Reiche müssen solch« Absichten di« Em pörung und den willen zu entschlossenem widerstand mit volleH Kraft zum Durchbruch bringen. Lite deutsch« Politik wird gut tün, sich in ihren vor- berettunqen und in der Formulierung ihrer Vorschläge durch bisse neue Offensiv« Frankreich» nicht beiyvsn zu lassen, sondern nach bestem Gewissen zu erwägen und anzubteten, was sie zu leisten und zu verantworten der- mag. Sie wird e« allerdings ohne jede Illusion tun müssen, Md sie wird zu gleicher Zett ihre ganze Aust merksamkett und Energie auf die Abwehr der drohenden Gefahren konzentrieren müssen. Hiev noch mehr al» in der Stütz« ihrer aktiven Reparationspläne darf sie der Unterstützung de« ganzen deutsch»» Volk« in allen Krest ssn Mb Schichten gewiß sein. dl» PrtzaSmgtz» -w «rlchöw-ktzm»-. Reichskanzler Euno ist Dienstag nach Berlin zurückgebchr? Die Besprechungen mit den Sachverständigen find inzwischen in der Hauptsache zum Abschluß gelangt. Gegenwärtig sinken innerhalb der Regierung Hüeatungen darüber statt, wa» ange sichts der bevorstehenden Pariser Konferenz zu unternehmen et. Die Regierung will ihren Schritt von der Lage «ckhängig machen. Die derzeitigen Beratungen finden in einem «an» «NMN Kreise statt. uÄtA Sttllschwe,ge» darüber wird st» sorgfältig gewahrt, daß Blütteruwldungen über Berlrmf mr» Ergebnisse der Beratungen nur auf Mutmaßungen beruhen können. Gegenüber erneuten Nachrichten, wvuach d« deutsche Regierung in Washington eineu Schritt bezüglich der Eufiew- dun« einer Studienkommisfi»» Mr Feststellung der Zahlungs fähigkeit Deutschland» durch bst verestnOe» Staate- gttau habe, wird von zuständiger Seite aus bst kürzlich erfolgte amt lich Meldung verwiesen, daß Weber der Reichskanzler noch sonstige amtliche Stellen eine» derartigen Schritt unternom men haben, und hiuzugefügt. daß sich daran nicht» geändert Hoche. Die Türken foräern ckie Rückgabe Mossuls. Die Konferenz von Lausanne nahm , am Dien-Ang nachmittag ihre durch die Feiertage untrrbvocheneu Ar-k beiten wieder auf, obgleich noch nicht alle Delegierten nach Lausanne Mchchgekehrt sind. Die türkische Delegation hat da» kürzldhe Memoran dum der englischen Delegation üb« «üe Mofful-Frage Mit einer ausführlichen Denkschrift beantwortet, in der sie auf Grund der ethnographische», politische», wirchhnst- lichen und geographischen sowie der militärischen Argu-, mente und auf Grund des türkischen NationalpaktrS die Rückerstattung des Gebiete» von Mofful an die Türkei fordert. Die Denkschrift schließt mit sollenden Worten: Dios«'Gründe genügen, um de» Nachweis zu führen, daß das Bilajet von Mofful einen integrierenden Bestandteil der Türkei bildet. Es wurde ohne jedes Recht nach dem Waffenstillstand besetzt. Es fand am Dienstag nur eine offizielle Sitzung statt, und -war in der LnterkomMls- ston für den BevMerungsauStaufch, in der die Griechen von neuem gegen die Entfernung des Patriarchats au» Konstantinopel protestierten. Außerdem war für Dienstag eine Sitzung de» Unter ausschusses für den Minderheitenschutz anberaumt worden, zu der das Generalsekretariat der Konferenz auch die Vertreter der bulgarischen, armenischen und asfhro-chaldätfchen Minderheiten eiiVladen hatte, wo gegen die türkische Delegation in zwei Sloten aufs Heftis- st« protestierte, indem sie erklärte, daß, wenn man der-, artige Delegationen zu den Beratungen hinzuziehs, man auch die Aeghpter. Inder, Irländer Usw. etnladen könnte. Angesichts des türkischen Protestes erklärte man, daß e» .sich um ein Mißverständnis handle. Anstatt der Unter- 'kommissionssitzung fand eine private Sitzung der alliier ten Delegation statt, in der die Vertreter dM betreffenden Minderheiten gehört wurden. Anläßlich der Zeitungsmeldung über die Verhaftung eines Schweizers russischer Herkunft namen» KirschbauM und die angebliche Beschlagnahme französischer mili tärischer Dokumente und eines Briefes an Tschitscherin veröffentlicht die russische Delegation eist kategorisches Dementi, in dem sie feststellt, daß die Delegation Rußlands, -er Ukraine und Georgiens dem Zwischenfall völlig sernstehe und mit der betreffenden Person nie mals etwas zu tun gehabt habe. Die Deutsch-DSlkischen. !». Die „Deutsch« Allgemeine Zeitung" schreibt: Wie schon kurz gemeldet wurde, hat Herr v. Grasse dem deutschen Volke zu Weihnachten eine neue Partei geschenkt, dre „Deutschvölkische Freiheitspartei". Die beiden anderen aus der deutschnationalen Retchstagsfraktton ausgetretenen Abge ordneten Wulst und Henning sind auch dabei« und Graf Re- ventlow ist ihr Prophet, Damit haben die genannten Rechts, radikalen die letzte Konsequenz aus dem Scheitern der Einst gungsvürhandlungen vom Görlttzer Parteitag gezogen und find nun automatisch auch aus der Deutschnationalen Partei au», getreten, der sie bisher noch angehört hatten. ZK der „Krsuz-Zeitung" be chäftigt sich Graf Westarp, der Führer ches konservativen Flügels dstser Partei, der bi» zum Schluß die Trennung zu verhindern gesucht hat, sehr ausführlich mit der neuen Partetgründung. Wehmütig betrach tet er die Zersplitterung der Rechten, die nur di« Wahlmüdtg- kett« steigern werde, und mit freundlicher Ironie fragt er, od dte Völkischen fick nicht zuerst unter sich einmal einigen möch ten. G» gebe doch schon die tzttlerschen Nationalsozialisten (Wrstarp nennt sie schamhaft „Nattonalsoziale"), und die Kun. tzeschen Deutschsoztalen und man sprech« -von der Gründung Nner' Gcoßdeutschen Arbeiterpartei. ,, Am charakteristischsten aber für die rechtsradikale, antise mitische Bewegung ist das, was Gr genau stnnt und schmolbmd liebt, ihr an bst Abwehr unser« ausländisch«: Gründung für die_rechtSradikale, anttse- lch, der st« doch >luß ins Stamm- xntum, nicht kn Am charakteristischsten