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MW Anzeiger für -as erzgebirge kelegeamm», Lagiblalt ftueeezgeblege. EnthültSüb ölt ttMtllchStt BskttNNtMtttchvNstRN ötB NtltS« ött Etttbt ttttb ötB ^MtOAttl<htV /^Ut. Pestfiheck-K»««», ftmt Ketpztg Nr. ««« Nr. 2SS Zrettag» äen ir. November 1922 N. Jahrgang Generaläirektor Cuno biläet äas Nabinett. Wkrtfihastsfachversiänüige al» Mitglleöer. Der Reichspräsident empfing heute den Generaldtrettor der Hamburg-Amerlka-Linie, Lunn, untz bat ihn, dir Neubildung des Reichskabinetts zu übernehme«. Luno hat den Auftrag angenommen und wird versuchen, ein Kabinett zu- fanimenzuftellen. Er hat bereit» mit verschiedenen Wirt schaftssachverständigen wegen Uebernahme eines Portefeuilles telephonisch Fühlung genommen. In dem neuen Kabinett wird voraussichtlich auch Mayer- Kaufbeuren (der deutsche Botschafter in Paris) einen Sitz haben. Zwei Zusagen, die der Reichspräsident Ebert gleich in den ersten Besprechungen nach dem Sturz Wirths den Parteiführern gegeben hat, halben sich erfüllt, ein Mann des praktischen Wirtschaftslebens ist mit der Re- gierung-bi.dung beauftragt worden, und er persönlich, nicht die Fraktionen, stellt sein Ministerium zusammen. Ter Generaldirektor der Hamburg-Amerika-Linie Cuno ist aus der Beamtenlaufba'hn hervorgegangen. Als Ge heimrat im Reichssinauzministerium wurde er von der Hamburg-Ame-Hika-Linte in das Direktorium 'berufen, kur- nachdem der Bremer Lloyd seinen Kollegen im ReichSsinanzministerium Stimmig in das Direktorium des Lloyd geholt 'hatte. Die beiden größten deutschen Schis.fachrtsttnten wollten sich natürlich die Fachreferen ten für Schiffahrtssragen im .Reichsfinanzministerium rechtzeitig sichern «für die schwierigen Auseinanderset zungen mit dem Re^ch über Entschädigungsansprüche der hPttschen 'Schiffahrt nach dem Kriege. Als dann beim AuSbruch der Revolution Generaldirektor Bal- lin von 'her Hamburg-Amerika-Ltnie den Tod gesucht hatte, wurde Geheimrat Cuno zu seineni Nachfolger als Generaldirektor gewählt. In dieser seiner Stellung hat er reichlich Gelegenheit gehabt, seine umfassenden wirt schaftspolitischen Kenntnisse 'zu verwerten und seine welt männische Gewandtheit im Verhandeln zu bewähren. Ec hat jene Verhandlungen zum glücklichen Abschluß ge bracht, die es der größten deutschen Schiffahrtsgesell schaft gleich nach dem Abbruch des Krieges ermöglichten, mit einer der grüßten amerikanischen Gesellschaften in eine Arbeitsgemeinschaft !zu kommen, die der „Hapag" neue Aufstiegsmöglichkeiten eröffnete. Selbstverständ lich hatte er mit den einflußreichsten deutschen und ame rikanischen Wirtschaftsgrößen enge 'Fühlung gewonnen und auch dielfach Gelegenheit gehabt, mit den Regie rungen beider Länder zuisammenzuarbeiten. Ter jetzt auf der Höhe dek Mannesailters stehende neue Kanzler, ein« elegante, schlanke Erscheinung, bringt also gerade al« Wirtschaftspolittker Beziehungen mit, die ihm in seiner künftigen Tätigkeit von großem Nutzen sein wer den. ' Kann auch Iheute kein hervorragender Wirtschafts politiker ohne intensive Beschäftigung mit der allge meine». Politik und der Weltpolitik auskommen, so ist doch Herr Cuno auf diesen Gebieten bisher nicht han delnd hervorgetreten. Daher erklärt eS sich auch,, baß er nach vorübergehender Zugehörigkeit zur Deutschen Bolkspartei heute parteipolitisch nicht gebunden ist und lediglich als dem Zentrum nähestehend — er ist Katho lik angesprochen werden darf. Lev Mangel an par teipolitischer Gebundenheit^ natürlich; gerade in diesem Falle ein Vorteil. Um so leichter wird es ihm werden, mit einem Kabinett zusammenzuarbeiten das Männer au« allen Parteien enthält, di« sich; dem Wiederaufbau/ des neuen Deutschen NeicheS mit Ernst und Nachdruck widmen. Er selbst gedenkt kein Ressort zu übernehmen, sondern alle Kraft für hie Leitung der Gesamtpolitik frei zu hätten. Die Wähl seine« Staatssekretär», der äl« fein nächster politischer Berater zu wirken haben wird, ist unter diesen Umständen von besonderer Be deutung. ' ' ' » » Geheimrat T«. Tuno steht rm 47. Lebensjahre. Er trat nach Absolvierung seiner Universitätsstädten in den Verwaltungsdienst und gehörte der preußischen Staats verwaltung al» OberregierungSrat und später al« Ge heimer Oberregierungsrat an. Er war Vortragender Rat im "Finanzministerium. Während de» Kriege» be arbeitete er kriegswirtschaftliche Angelegenheiten, war Letter der RelchsgetretdesteNe und stand iwchher an lei tender Stell, bei der Organisation de« KriegSernäh- rungsamte». 1016 wurde Hm im Retchßschahamt da» Hauptreferat für kriegswirtschaftlich« gragestubertragen. Im Minter 1917 verließ er den Retchsdienst und trat in den Vorstand der Hamburg-AmerHa-Ltnie ein. Al» im März 1920, nach dem Rücktritt Erzberger«, für diesen ein Nachfolger gesucht wurde, und der Ruf nach Fqchmtntstern immer dringender wurde, war Hm der Posten de« «e1ch»ftnanzm»n1stZ.r« ang*boten worden. . ' ' Petersburg» getan hat, richtete im Namen de» Gouver- nement»-Kongress«s einig« herzlich« Worte an die De monstranten. ' ' - ' psttttsehe meld»«-»«. Da« neue bayrische Kabinett vollständig. Nachdem nunmehr auch da» Handelsministerium durch den StaatSrat Dr. v. Meine! besetzt ist, ist das bayrische Kabinett v. Knil - l-t Ng komplett. ES besteht aüs ü Angehörigen der Bayrischen Volkspactei, 1 Fachmtnister, l Mittelparteiler, 1 Bauernbund-' ler. Die Mittelparteiler haben als neues Zugeständnis einen politischen Staatssekretär als stellvertretenden Handelsminister ßrhalten. Bayern hat damit die einzige rechtsgerichtete Regle- rung von allen deutschen Gliedstaaten. 1 Beilegung des Streiks im rheinischen Industriegebiet. Nach dem „Vorwä-ts" kam es gestern abend in Essen bei den Ver handlungen über die Beilegung des Streiks im rheinischen In dustriegebiet zwischen den drei Metallarbeiterverbänden und dem Unternehmerverband zu einer Einigung über die Novepiber- löhne. Eine Funktionärversammlung in Düsseldorf lehnte da rauf die Proklamierung des Generalstrejkes ab. Entspannung in Düsseldorf. Gestern ist eine merkliche - Entspannung in der allgemeinen Lage eingetreten. In mehreren Betrieben, wird wieder gearbeitet. Während der Nacht und am Vormittag sind keine weiteren Ruhestörungen eingetreten. Dagegen versuchten Düsseldorfer Ausständige, die Bewegung nach Mülheim zu tragen und in die Thyssenhütte ein- -udringen. Sie wurden aber von der dortigen Polizei abge priesen. Endgültiger deutscher Verlust Memels? Wie wir zuver lässig hören, herrscht in Regierungskreisen die Auffassung, daß die Botschafterkonferenz zu dem Beschluß kommen wirb, für Memel die Volksabstimmung zuzulassen, jedoch nur in der Frage, ob es ein Freistaat werden soll, oder sich anLitauen anschließen will. Die Frage des Anschlusses on Deutsch land soll nicht zur Abstimmung gelangen. Für den Freistaat sind Frankreich und Polen, während England für den Anschluß an Litaueü eintritt. Sollte die Abstimmung zur Schaffung eines Freistaates führen, so würden Polen und Litauen den An spruch auf einen Freihafen im Memelgebict erhalten. Dänische Hilst für Deutsche. Der dänische Reichstag be willigte bO Millionen Mark für die notleidenden deutschen Kin der, das finnische Parlament 4 Millionen finnischer Mark für notleidende deutsche Studenten. Das bettelarm gewordene Deutschland wird sich seiner Freunde im Elend erinnern, sobald es wieder wirtschaftlich enmpor gekommen ist. Der Berkaus der deutschen Hotels am Gardasee. Tin Erlaß des italienischen Handelsministers verfügt, daß die folgenden aus deutschem Besitz beschlagnahmten Hotels am Gardasee ver- lauft werden sollen: Hvtel Savoja, Hotel Fasano, Pension Elisabeth, Hotel Bellavista, Hotel Bellevue, Hotel Monte-Baldo. Vertagung der Brüsseler Konferenz? Der „New York Hetald" berichtet, daß die Brüsseler Konferenz vorläufg nicht stattfinden werde, jedenfalls nicht mehr in diesem Jahre. Der belgischen Delegation werde davon noch offiziell Mitteilung gemacht werden. Die aus Deutschland zurückge- kehrten Mitglieder dec Repko hätten Poincare die Lage als seh r trübe geschildert, und man glaube auch in den Kreisen der Repko nicht, daß bei der augenblicklichen Lage das amerikanische Privatkapital einen nennenswerten Anteil einer internationa len Anleihe übernehmen werde. Besserung der Lage in Oestereich. Die Ind^ziffer wurde in Oesterreich für den letzten Monat, der am 14. November ab läuft, um 6 Prozent herabgesetzt. Die Gesamtherabsetzung der Indexziffer während der letzten Monate beträgt 14 Prozent. Der Ausfall der englischen Wahlen. Die Blätter heben allgemein die überraschenden Wahlsiege der Arbeiterpartei und der unabhängigen Liberalen, sowie die N t e d e r l a g e der A n- Hänger Lloyd Georges hervor. „Morntng Post glaubt hiernach eine Lage voraussehen zu können, in der eine Kombination der Liberalen Asquiths und der Arbeiterpartei im neuen UnterhMse eine Mehrheit bilden werde, und kommt zum Schlüsse, daß keine der drei hauptsächlichen Parteien die Mehrheit erhalten könne, außer in Verbindung mit,der einen oder anderen der übrigen Parteien. Deutscher Reichstag. Im RetH-tag wurde gestern dl« Aussprache über die Interpellation, di« sich mit der Not der deutschen Wissens Hast beschäftigt, fortgesetzt. Da« Hau» war nur sehr schwach Besucht, daftir besprach man in den Wandelgängen um so lebhafter die Aussichten der Re gierungsbildung. Für die Sozialdemokraten sprach Abg. Dir. Mole«, der die Großindustrie ausforderte, zur Linderung der Not der deutschen Forschungsinstitute bei zutragen und damit eine Ehrenpflicht zu erfüllen, denn dis deutsche Industrie verdanke ihnen, was sie gewor den sei. Mit besonderem Tanke gedachte 'er der Mklli- onenspende des japanischen Großindustriellen Hosht. Für die medizinischen Forschungsinstitute, die in ihrer Tätigkeit stark eingeschränkt seien, verlangte er die für die unproduktive Reichswehr ausgeworsenen Mittel. Auch der deutschnationale Abg. T«l. Strattzmann konnte sich einige politische Ausfälle nicht versagen. Er behauptete, die Revolution mit ihren Folgeerscheinungen sei an dem Niedergang der deutschen Kultur und Wissen schaft schuld und forderte für die Notgemeinschaft der deutschen Wissenschaft den Mindestbetrag von 150 Milli onen und die Erhöhung der Etattitel für 1923 auf mindestens eine halbe Milliarde. Bei dieser Lebens frage für Deutschland dürfe man sich nicht durch Scheu vor der Neparationskommission beeinflussen lassen. Aög. Tr. Moldenhauer (D. Vp.) wies gegenüber dem sozial demokratischen Sprecher darauf hin, daß die deutsche Industrie für di« Wissenschaft weit mehr getan habe, als in der Öffentlichkeit bekannt sei. Für die Demo kraten sprach Abg Dir. SchÄcktng, der die deutsche Kunst und Wissenschaft als das vornehmste Mittel Pries, Deutschland nkch dem Sturz donner Höhe seiner Macht wieder zu Geltung und Achtung in der Welt zu ver helfen. In der sechsten Abendstunde ergriff der Kom munist Hehdemann das Wort zu einer ausgedehnten, in heftiger Polemik gegen da» Bürgertum sich ergehen den Rede. , , > Vie tzetriebuStr-vemgimg in Deutsch- lanä un<i Oie russischen Soischetvisten. Aus Reval wird geschrieben: Während in Sowjet rußland selbst die Arbeiter ein denkbar trau riges Dasein führen, der Stretkfteiyeit beraubt sind, und nur da» tun dürfen, was ihnen von den Gewerkschaftsbeamten der bolschewistischen Regierung vorgeschrieben wird, macht die bolschewistische Presse Propaganda dafür, daß in den kapitalistischen Staaten die Arbeiter solche Rechte erhalten, an die die russischen Arbeiter auch Vicht zu denken wagen. Tie „JSWestija", das offizielle Organ des Allrussischen Zentralen Exe kutivkomitees, beschäftigt-sich anläßlich des 4. Kongresses der Kommunistischen Internationale mit der BetrievS- rätebewegung in Deutschland und hetzt die deutschen Ar beiter zum aktiven Kampfe gegen die deutsche Re gierung auf. Ta» genannte bolschewistische Blatt for dert die deutschen Betriebsräte auf, den aktiven Kampf für die faktische Verwirklichung der ArbeitSkon- trolle zu beginnen und diese Kontrolle „auf reiw revolutionärem Wege" durchzuführen. Durch diese Kontrolle werde der erste Schritt zur Ergreifung der Macht durch das Proletariat erreicht werden. Tie „JSWestija" erinnert hierbei daran, daß Lenin unmittel bar nach seiner Rückkehr aus dem Auslande am 4. April 1917 im Petersburger Sowjet der Arbeiterdeputiemen in einer Rede erklärt habe, daß nicht die „Sinfühst- r ü n g" de» Sozialismus die nächstliegende Aufgabe der Boltzchewisten sei, sondern daß vor allen Dingen die Kontrolle über die Produktion und Verteilung der Güter in Pie Hände der bolschewistischen Partei gelan gen müsse. — In Rußland selbst steht den russischen Arbeitern natürlich «keinerlei ArbeitSkontvolle zu. Li« Sowjetregierung arbeitet überhaupt in letzter Zeit in erhöhtem Maße an einer Bolschewisierung Tvutfchlands. Interessant ist es, in diesem Zusammen hänge darauf hinzuwetfen, daß am 9. November, dem Jahrestage der deutschen Revolution, auf Befehl der Sowjetregierung in Petersburg eine Demonstration deutscher Seeleute stattfand. Veranstalter dieser De monstration war di« au» Agenten der Sowjetregierung bestehende sogenannte „Deutsche" Sektion de» Interna, tionalen Seemannshaüse» in Petersburg. An der De monstration nahmen nach! Angabe der bolschewistischen Blätter etwa 800 Personen teil, di« mit Bannern und einem Musikorchester durch die Straßen zogen. Di« De monstranten versammelten sich schließlich .auf dem Kon- greß der GouvernementS-Sowjet», wo eilt Meeting ver anstaltet wurde und Protestrufe gegen die, „gelbe de, mokratifche Republik SchetdemannS und NoskeS" ertönten.' Der bekannt« Bolschewist Postrn, de» neben Mnowtew unendlich viel zu» Verwüstung Gerhart Hauptmann-Zeier in Aue am 15. November 1922. Der geistige Hoch- oder Tiefstand eines Volkes läßt sich stet» daran messen, wie eS sich seinen großen Männern gegenüber ver hält, wie es sie ehrt. Wenn man erwägt, daß gestern einer der geistigen Gestalwr der neuen Zett, dec deutschen Zett, fast aus allen deutschen Bühnen durch Aufführung seiner Werke gefeiert wurde, so heißt das, daß wir uns noch nicht verloren zu geben brauchen, denn nur ein Volk, das sich selbst, feine menschlichen und seelischen Kräfte aufgibt, wagt eS, an seinen großen Män nern vorbeizugchen. G'erhaxt Hauptmann, dem am Mittwoch an seinem 60. Geburtstag die große Mehrheit des Volkes zujubelte, gehört zu den gestaltenden Deutschen. Hauptmann hat un» das deutsche Drama geschaffen, das wir bis dahin noch nicht besaßen. Kannten wir bis dahin doch nur da» Rcnaissancesptel, das sich hinzog, vom kirchlichen und huma nistischen Drama an über die Staatsaktton. einer öden und rohen Zett weg bi» zum erhabenen Theater Schillers und dem feierlichen Weihesptel WngnerS. Woh.l hat die Tragödie Schil- terS in den Tagen nationaler Bedrängnis eine große nationale Aufgabe erfüllt. Wohl hat das Gesamtkunstwerk Magners eine kommende Nationalkultur tief aus der Raste heraus ersetzt und vorweg genommen. Aber die Form des Dramas war in bet, den Fällen nicht di« »rdgeboren«. sondern, ein« übertragene, und entlehnt«, nicht einfach« stark Naturform, sondern Kunstsorm. Di« griechische Tragödie hatte thron Ursprung in den Steige-