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/lnzeiger für -as Erzgebirge SL'.?'--«-« / füäS Vtztzv ^*9N**^*V* MWL.7N.ALL Jimsteich-ftnschluß m. SS. ... . .. »«-»». L,i.o»amm.. Lag.»!«« «athaltrnä -1, amtlich,« Sskaantmachunsra -r» Not,, -n Vta-t««- -r» Bm--s«üchts M. «« «n»,ig«,. Nr. 220 Mittwoch» äen 20. September 1922 N. Jahrgang Die Ausnutzung äer Atempause, lv»« ms««« Suli«, Mitarbeit«.) Ni« Mission de» Retchsbankprästdenten Havenstein in London ist erfolgreich gewesen. Die Reichsregiierung hat der belgischen Relgierung mittetten können, daß Hve Norderungen nunmehr erfüllt "werden sollen. Nie sechs- Monatlichen Schatzwechsel, fällig vom 1. Februar bi» 15. Juni 1923, "werden Mit der, Unterschrift und Bürg- schäft der Deutschen Reichsbank versehen sein und da durch Belgien dis finanzielle Verwertung ermöglichen, die es wünscht/ Es darf angenommen werden, daß auf diese Weise eine längere Atempause, wahrscheinlich von °18 Monaten, wenn die Bank von England der NeichÄ- bank ihre Hilfe Ungesagt hät, sür! die Reparationsleistun gen Deutschlands gesichert ist. Alle» kommt jetzt darauf an daß diese kurze Frist eifrig, ausgenutzt wird, ntn die deutsche Wirtschaft wieder in Ordnung zu bringen und das nationale, politische und kulturelle Leben der Nation in ruhige und sichere Bahnen zu leiten. Asm schwierigsten wird dabei die Ueberwindung der Hemmungen sein, die uns die gegenwärtige und die un>- Uiittelbar bevorstehende wirtschaftliche Not in den Weg wirft. Wohin wir augenblicklich ilm Innern schauen, Überall sehen wir Schwierigkeiten. Ter mehrheits- sozialdemokratische Parteitag in Augsburg bietet zwar manches erfreuliche Zeichen für den erwachenden real politischen Sinn der sozialistischen Massen und ihrer Führer. Die harte Schule der Erfahrungen der letzten Jahre hat ihr Verantwortlichkeitsgefühl offensichtlich! ge stärkt und die überschwenglichen Hoffnungen früherer Leiten auf baldigen Anbruch einer sozialen Herrschaft doll Glück und Herrlichkeit immev stärker in den Hin tergrund gedrängt. Aber noch allzu häufig sind die Rückfälle in veraltete Opposittonsmethoden. Wenn man auch dem Parteitag zugute halten muß, daß. er ganz unter dem Bann der sozialistischen Einigung steht, und deshalb das Bedürfnis haben mag, nach außen hin viel ungebärdiger zu erscheinen, als er in Wirklichkeit ist, so darf man doch! auch nicht Übexsehen, daß die Massen die seinen Unterschiede zwischen sachlicher Politik und Notwendiger Taktik nicht immer! verstehen und oft allzu geneigt sind, tönende Agitationsreden für bare Müntz« zu nehmen. Die Drohung Wit dem Austritt der ge einigten sozialistischen Parteien aus der Regierungs koalition, wenn der Preis für das Umlagegetreide allzu hoch angesetzt werde oder wenn die Deutsche Volkspartei unter Führung von StinneS an der Koalition beteiligt werden sollte, kann unter Umständen die sozialdemo kratischen Führer im Herbst "zu Entscheidungen zwin gen, an die sie heute im Ernst.nicht denken. EH sind! ja nrcht nur die Massen, die unter dem Truck der Not ständig vorwärts treiben, sondern die wirtschaftlichen Notstände selbst haben ihr eigenes Schwergewicht und gehen nur allzu leicht über die Absichten und Bersch? nungen der verantwortlichen Führer, hinweg. Deshalb sollte das verständige Wort Adolf Braun» von den sozialdemokratischen Führern und Unterführern gewis senhafter als bisher befolgt Werdenr Wir dürfen nicht durch unerfüllbare Forderungen die Arbeiterschaft zu Enttäuschungen führen. ! > ! Wie leicht die Enttäuschungen tzu törichten Ausschrei tungen und blöden Gewalttätigkeiten auswachsen kön nen. hat uns nicht nur Hamborn gezeigt, .sondern auch neuerdings Ahlen. In diesem westfälischen Industrie ort von 11000 Einwohnern zogen die von den Kom munisten aufgehetzten Massen vor das Rathaus, forder ten die Bildung einer Kontrollkommission aus Komf- munisten und Gewerkschaftlern innerhalb fünf" Minuten und zwangen den Bürgermeister' und die Stadtverord neten^ an der Spitze ihres Demonstrationszuges durch die Stadt zu marschieren, wobei sie! Fahnen mit "dem Sowjetstern und mit allerlei schönen Meoksprüchen wie Dod den Ausbeutern! tragen mutzten. Die Vergewal tigten wurden erst entlassen, nachdem sie feierlich gelobt hatten, alle kommunistischen Forderungen zu bewillk gen und ihre Stadtverordnetenmandate niederzulegen. Gewitz sind solche Vorgänge noch! vereinzelt? aber wer die Erregung der Massen über die Preistreibereien und di« sprunghaft steigende Teuerung kennt, der wird nicht glauben, datz sie vereinzelt bleiben, fall» nicht von der Regterung und von den Parteien mit allem Nachdruck an einer Abstellung der Mißstände gearbeitet wird. Eine plötzliche Vervierfachung de» Brotpreises^ Nie sie angeblich schon für die nächste Zett in Aussicht stehen soll, zusammen mit einer Verschlechterung peS Brote» durch Beimischung von Kartoffelmehl und anderen Er satzstoffen, sowie durch stärkste Ausmahlung kann unab sehbare politische Folgen nach sicht ziehen. Und wenn Man noch "hinlzunimmt, die mit dem 1. Oktober ein tretenden neuen gewaltigen Weigerungen der Miet preise, der Beleuchtung» und Heizungskosten, .die Ver doppelung der Eisenbahniaris« und der Postgebühren, dann wird ein untätige» Zusehen der Behörden und der politischen Parteien kn der Tat auch für diejenigen unerträglich, die sonst den! kommunistischen Hetzversu- chen ganz unzugänglich sind. ' Bei dieser Sachlage kaün die Mahnung nicht oft genug unterstrichen und wiederholt werden, welche die demokratischen Wirtschaftspolitik«. am letzten Sonntag auf ihrer Eisenacher Tagung an da» deutsche Volk ge richtet haben. Sie bezeichneten die, Hingabe aller sitt lichen Kräfte der BolkSgesamGeit al» die Voraussetzung für die Gesundung der deutschen Wirtschaft und des Wiederaufbaues des deutschen Staates, und sie for derten, diesen sittlichen Willen durch ein staatSfreudigesz opferbereites Bekenntnis tzum neuen republikanischen Deutschland zur Tat werden zu lassen. Die Erfüllung dieser Forderung verlangt persönliche Opfer von jedem! einzelnen Volksgenossen. Darüber sich klar zu werden und die Opferbereitschäst in dis Tat umzusetzen, da» ist die Aufgabe der Atempause. Lösung äer belgischen Streitfrage. Wie die belgische Telegraphenagentur au« Brüssel meldet, hat der deutsch« Geschäftsträger Land»berg heute vormittag 10 UHV dem Minister des Auswärtigen Jaspar mitgeteilt, daß die Reichsbank nunmehr! bereit sei. die Sechsmonatswechsel im Gesamtbetrags von 270 Millionen Mark, fällig vom 15. Februar bis 15. Junil 1923, unter Verzicht auf die zunächst verlangt« Verlän gerung auf 12 upd 18 Monate Ku unterzeichnen. Unt ier diesen Umständen faßt die befisch« Regierung eine gütliche Lösung der strittigen Frage ins Auge auf den Grundlagen, die die belgischen. Delegierten in Ber lin ausgestellt hätten. t „ Ter Reichsbankpräsident Haven st ein hat sofort nach seiner Rückkehr dem Reichskanzler über seine Ver handlungen mit der Bank von England Bericht erstattet. Am Nachmittag Land eine Sitzung des RetchSkabinettS statt, in der dis Antwortnote an.Belgien wegen der deutschen Schatzwechsel beraten wurde. Havenstein. der ! dem Kabinettsrat beiwohnte, gab namens der Reichs bank die offizielle Erklärung ab, datz, diese Nunmehr "be reit sei, die sechsmonatigen Schatzwechsel für Belgien, di« vom 15. Februar bis 15. Juni 1923 laufen» mit der Unterschrift des Reichsbankpräsidenten zu versehen. Wenn auch über die Verhandlungen HaoensteiWS mit der Bank von England von amtlicher Seite nichts bekannt gegeben wurde, ist doch al« sicher anKunehmen, daß die Londoner Reise ein Erfolg war. Die Bank von Eng land wird.die Garantie für die deutschen Schatzwechsel für sechs Monate nach der Ausgabe übernehmen und von d«r Reichsbank dafür wiederum eine Garantie auf 18 Monate erhalten. Die Vereinbarungen zwischen der Bank von England und der Reichsbank haben rein banktechnischen Charakter. Man glaubt, daß die bel gisch« Regierung mit dieser Lösung zufrieden sein wird. Die englische Mobilmachung. TUS Gespenst eine» englisch-türkischen Krieges be ginnt Fleisch und Blut anzunehmen und zur Wirklich keit zü werden. England mobilisiert. Seine Truppen beginnen bereits Schützengräben zur Verteidigung der Meerengen auszuheben. Immer mehr Abteilungen, von Land« und Seestreitkväften werden nach Konstantinopel beordert. Von der anderen Seite rücken die siegreichen türkischen Truppen vor und haben bereits teilwerse die Grenze der neutralen Zone erreicht. Zusammenstöße können jeden Tag beginnen. Noch arbeitet zwar die englische Diplomatie fieberhaft Muter den Kulissen. Die englischen Dominions werden zur. Hilfeleistung aüfge- rufen und die europäischen Bundesgenossen werden mit Noten bombardiert.' Aber die Rüstungsanstrengungen der letzten Tage und Stunden beweisen, datz man in London keinen rechten Glauben mähr an die Vermeidung de« neuen Krieges hat. Die wichtigsten und bedeutsam sten Meldungen aber kommen jetzt au» Part» und Rom. Frankreich und Italien wollen die englische Kriegspolti. ttk nicht unterstützen." Nie französische Regterung Hat bereits hem General Pellet den Befehl erteilt, diä ^französischen Truppen auf die europäische Sette der Dardanellen znvückzuMren und die italienische Re gierung hat ühne Umschweife erklärt, datz sie an einem Krieg gegen die Türken nicht teilnehmen werde. SV sieht sich also England allein auf weiter Flur und mutz di« Freiheit der Meerengen allein verteidigen, wenn es aus seiner bisherigen Orientpolitik bestehen bleibt. Aber der RückKug der Franzosen und Italiener von dem englischen Kriegsplan führt zugleich etNe Krisis sür die Entente und die Alliierten der euvopätschen Großmächte herbei, di« von weittragendsten Folgen sür die Zukunft der europäischen Politik und der Weltpolitiß werden kann. Jnsoftrn hat auch Deutschland alle Ursache, die Weiterentwicklung der nächsten Aett mit angespannt« Aufmerksamkeit zu verfolgen. I » Die Vrientkrisis. England isoliert. wie der Petit Parisien zu wisse« glaubt, hals die, Angorarrgteruntz sich beeilt, auf den von Franb reich, England und Italien unternommenen Schritt in gleichzeitig gemäßigtem, aber festem Ton zu antworten. Di« Antwort geht dahÄrr Die Zone, zu deren Respekt tiexung Ihr uns aufstndert, wurde durch «in Doku ment festgelegt, da« wir nicht kennen, den Fri«- densvertrag von GevreS. Uebrigen» ist diese» Dokument auch für Euch nicht mehr maßgebend, da Ihr es nicht ratifiziert habt, und da Ihr au» eigener Jnis- tiativ« bereits seine Revision oder genauer, gesagt, seine Wiederdurchsicht ins Auge gefatzt habt. Wie vorausge setzt, erkennen Wir Eure vorläufige Anwesenheit dort an. wo Ihr Euch fest drei Jahren festgesetzt habt, sot- wie Euren Anspruch, an dem Abschluß eines endgültigen Friedens mitzuwirken. Gegen diese Punkte werden wir nichts unternehmen, d. h., Ihr braucht nicht besorgt zu sein, datz wir auf Konstantinopel!, Gallipoli und noch weniger in Ostthrazien auf die Tschataltichalinie von- Marschieren. Aber Ihr solltet uns nicht daran hindern, diejenigen Punkte zu besetzen, an denen Ihr bisher nicht gewesen seid und an denen bisher nur die griechische Armee stand, und Euch nicht wegen, diese» Vorgehen» an die Seite unseres Feindes stellen, gegen den wir noch immer kämpfen, da bisher kein Waffenstillstand abge schlossen wurde. ' Neu« Meinungsverschiedenheiten. Wie verlautet, ist Lord Curzon nach Part« gefahren, um mit der französischen Regierung die orientalisch« Krisis zu erörtern. , Ter Daily News zufolge sprach der französische Ge schäftsträger zweimal km britischen Auswärtigen Amt vor, um den französischen Standpunkt bezüglich der FriedensbediNgungen mit den Kemalisten auseinander- zusetzen. ES besteht Grund zu der Annahme, datz di» Erörterungen eine Meinungsverschiedenheit zwischen.de« französischen und den britischen Ministern ergeben hät ten und datz die plötzliche Entsendung Curzon» nach Paris mit diesen Erörterungen > tm Zusammenhang stände. ' Ein« Bomb« mm Pari«. Wie der Matkn mittetlt, brachte der französische Ge schäftsträger in London bei seinem Besuch im Auswär tigen Amt der enMchen" Regierung dis Art und Weise zur Kenntnis, wie Frankreich die Regelung deS Frie dens im Orient beabsichtige und machte England Mit teilung von der Erregung, die sich" der öffentlichen Mei, nung irr Frankreich bemächtigt habe, und von der Uri ruhe, die die franMische Regierung angesichts der letz ten Erklärung der englischen Regierung empttnde. Etz betonte, datz in keinem Falle französische Truppen an der Seit« der Griechen kämpfen könnten, und teilt« mit, datz, um einen Konflikt zdmschen französischen Truppe« und Türken zu vermeiden, Frankreich beschlossen habe, innerhalb 24 Stunden seine Truppenabteilungen!, di» gegenwärtig verschiedene Punkt« der neutralen Zone be setzt hielten zurückzuzishvn. ! " In London hat der nach TtäMbul gegebene Befehl de« Pariser Regierung, innerhalb 24 Stunden mit" de« Rückführung der französischen Truppen auf da» europä ische Ufer zu beginnen, größte» Aufsehen erregt. Ein» zelne Mütter, wie Dailh Expreß, erklären, daß kein Ereignis von solchem Ernste seit Beendigung de» Welt krieges die europäische Politik gestört habe. E» werd« von einer Bvwbe aus Paril» gesprochen. Trotzdem fordern einzelne Blätter Festhalten an der bisherigen englischen Politik und di« Times berichtet z. B. au» Konstantinopel, daß das Sussex-Regiment in Tschanak gelandet sei und sich mit starken Landungsabtellungen der Marine verschanzt habe. Nach weiteren Meldungen sollen auch neu« Verstärkungen unter. Beseht de» Mar schall» Allenbeh au» Meghpten herantzezugen werde«. Ein« beschwichtigend« Rmtw-Erklänmg. Reuter erfährt von maßgebender englischer Seit«, «s sei kein« Red» davon, datz die britisch« «le gi« «ung irgendetwas unternehme« werde, wa» auf einen neuen Krieg hinauskomm«, oder datz st« neu« Operationen zu Lande oder zu Wasser Plan«. V» Handl« sich darum, daß die Alliierten einige Zeit in der neu tralen Zone am BvSporu» und um di« Dardanellen herum Truppen Wien." Dies« englischen, .französischen und italienischen Truppen schützen di» Ausführung de» Verpflichtungen au« dem.Vertrag« von Gsdre». Dft Frag«, um di« «» stch handel, sei lediglich der Schuh dieser Streitkräfte g«wn jede mögliche Gefahr und nichr