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üer Tageblatt Anzeiger für das Erzgebirge d,,ch iis»r, p-t« M M S»,ß,»,.,,s»«t«>» in«Sau. »»„tiich»».»»m««k. MM WlMMMM UWW p-wr-u«m«»,,,!,«««»«Mu««»» o.st.Uun,«» n.hm.n tl.Su,»»«,., WH UH ^^H FI I HHW IM II W ^IM I< IMI WlH I< - u«,.,.n»,,»matt, an» fvr Mu->-«ttI,-»I«p.aa<>lI,It„ M MM M U MM M. Ma,«I„n1»»»M,,k,«««,m^ptttt- «ttch-Int »«ttt«,ttch. ss M» M„ Matt, »tt )«rnfpr»ch - flnfchluA Nr. SS. fthMfs.n «nif»«,»««»«««-»att. Lrl,gramm»r Lag,blatt Nu«'r,o,birg». Enthalten- -le amtttchen Sekanntmachungen -es Kate» -ee Sta-t UN- -e» Amtsgericht» stue. pogst),«.Konto, flmt Letpzig Nr. ISS, Nr. 20S Mittwoch, äen S. September IS22 17. Jahrgang Das Wichtigste vom Lags. Die preußische Staatsregierung hat den Oberschie- siern den Dank für die bei der Abstimmung bewiesene Treue ausgesprochen. Wenn nicht unvorhergesehene Ereignisse eintreten, scheint Lloyd George entschlossen zu sein, nach Genf zu gehen, um dort eine große Rede über das Abrüstungsproblem zu halten. Zum P räsi d en te n des Völkerbundes wurde der Brasilianer Edwards gewählt- Der Dollar notierte heute vormittag in Berlin mit 1375. Der Slinnes-Dertrag. (Bon unserem Berliner Mitarbeiter.) In seiner geistvollen Schrift über den Kaiser hat Walther Rathenau die Schuld am Zusammenbruch im wesentlichen dem Großbürgertum zugewiesen, das sich lediglich ums Geschäft kümmerte, aber in der Politik die Bürokraten wirtschaften ließ. Diejenigen Industriellen und Großkaufleute aber, die sich politisch betätigten, taten es in völlig falschem Sinne. Sie gerade waren es, die nicht wagten, dem Kaiser die Wahrheit zu sagen, auch wenn sie nach ihren wirtschaftlichen Erkenntnissen sich über die Unmöglichkeit einer Dauer der wilhelminischen Politik hätten klar sein müssen. Es ist bet alledem nicht sicher, ob hier wirklich ein subjektives Verschulden vorliegt. Es handelt sich vielleicht weniger um Mängel des Charakters, als um ein Unvermögen, politische Dinge richtig beurteilen zu können. Der jetzt abgeschlossene Vertrag zwischen Hugo Stinnes und den französischen Wiederaufbau« Genossenschaften läßt gleichfalls die Frage entstehen, ob Stinnes jetzt bewußt und überlegt eine grundsätzliche Schwenkung seiner Politik vorgcnommen hat, oder ob der Kampf gegen die Erfüllungspolittk nicht im wesentlichen der stimmungsmäßige Ausfluß einer reinen Gefühlspolitik gewesen ist- Wie dem aber auch sei: unbestreitbar ist, daß Stinnes in einem Moment, wo die Erfüllungspolitik praktisch zu scheitern drohte, sich anschickt, sie aus feste Füße zu stellen- Und zwar handelt es sich dabei um den wichtigeren Teil der Erfüllungspolitik, uämlich um die Sachlieferungen für den praktischen Wiederaufbau Nordfrankreichs. Für Frank reich oder besser gesagt für Poincarö mögen die Barzahlungen das Primäre sein, in Wahrheit ist der tatsächliche Wieder aufbau unendlich viel wichtiger. Allerdings trat das Unver« mögen, die Barzahlungen zu erfüllen, früher zutage. Aber wenn die Zerrüttung der deutschen Wirtschaft durch die Währungskatastrophe so weiter fortschritt, waren auch die Sachlieferungen gefährdet. Der Kampf gegen die Erfüllungs politik machte darum auch keinen Unterschied zwischen Bar zahlungen und Sachleistungen. Im Gegenteil: man hat Walther Rathenau gerade wegen des Abkommens von Wiesbaden, das dann durch das Bemelmann- Abkommen seine Ergänzung fand, die bittersten Vorwürfe gemacht. Und gerade Stinnes und der schwerindustrielle Teil der Deutschen Volkspartei führten diesen Kampf mit den unschönsten Mitteln. Aber noch in den letzten Tagen hat Stinnes in seiner Deutschen Allgemeinen Zeitung und nach deren Verbot in der annektierten Täglichen Rundschau den Erfüllungskanzler in der schroffsten Weise bekämpfen lassen. Und nun wird der große Wiederaufbau-Vertrag bekannt, den Stinnes mit dem Marquis de Lubersac abgeschlossen hat. Er ist die erste praktische Verwirklichung der Ideen Nathenaus. Gegen den Vertrag an sich ist kaum viel zu sagen- Der Vorwärts hat gewiß recht, wenn er ihn rein kapitalistisch wertet, aber er hat unrecht, wenn er ihn als die Einigung bestimmter deutscher und französischer Industrie- und Finanz kreise bezeichnet. Auf der französischen Seite ist der Vertrag von dem Generalverband der Wiederaufbau- Korporationen der zerstörten Gebiete abgeschlossen worden. Die französische Industrie durfte im Gegenteil noch manchen Pressesturm gegen diese Abmachungen entfesseln, so- fern nicht der ganze Vertrag nur ein Vorläufer einer großen deutsch-französischen Jndusttieverständigung ist. Die Bestim mung, daß die Preise der Lieferungen nicht über den fran zösischen Marktpreisen liegen dürfen, wird natürlich praktisch darauf hinauslaufen, daß die deutschen Sachleistungen zu den französischen Preisen durchweg bezahlt werden, was ja auch dadurch erleichtert ist, daß die Verträge auf französische Franken lauten. Stinnes ist bei dem ganzen Geschäft sozusagen nur der Makler oder Agent. Seine Essener Aktiengesellschaft für Hoch- und Ttefbauten wird al» Vermittlungsfirma ein- gesetzt. Sie kann andere gleichwertige Firmen für die Ver mittlung heranztehen. Für die reine Vermittlungstätigkeit erhält Stinnes 6 v. H. für alle getätigten Lieferungen. Aber die Provision wird Deutschland auf Reparationskonto gutgeschrieben. Da» ist nur «in schwacher Trost, da sie ja letzten Endes v o n u n » m t t b«z a h l t wird. Der Geschäfts- verkehr zeigt eine vernünftig» kaufmännische Organisation. Die französischen Abnehmergesellschaften können Lieferungen nicht zurückweisen, die von der Prüfungskommission in Deutsch- land angenommen worden sind. In dieser Prüfungskommis sion sitzen allerdings auch Franzosen. Zwar müssen auch diese Lieferungen den üblichen französischen Zoll entrichten, aber der Vertrag setzt die Minimalzölle fest und bestimmt, daß Zolldifferenzen durch die Erhöhung der Zölle während der Vertragsdauer zu Lasten der französischen Besteller gehen. Ueberaus wichtig ist die Bestimmung über die Rück vergütung derKohle, die für die Herstellung der Sach lieferungen benötigt wird. Auch hier schaut ein Ertrage- schäft für Stinnes heraus und hoffentlich erhält das Reich den Preis für die Rückvergütung dennoch gutgeschrieben. Man kann gewiß beklagen, daß die Bewohner der französischen zerstörten Gebiete nicht den direkten Weg zum deutschen Be- steiler gefunden haben. Aber wichtig ist vor allem, daß praktisch wiederaufgebaut wird. Es hat sich gezeigt, daß auch die sozialistischen Verbände praktische Wiederaufbau arbeit in nennenswertem Umpfange nicht leisten können. Wenn der Stinnes-Vertrag den Wiederaufbau namhaft fördert, hat er einen hohen, politischen Zweck erfüllt. Aenäert Amerika seine Haltung? Vie Möglichkeit eines finanziellen Eingreifens. Der Vertreter der Ustited Preß in Washington meldet: Die Vereinigten Staaten haben den ersten Schritt unter nommen, um in die wirtschaftlichen Angelegenheiten Europas einzugreifen. Dieser Schritt soll darin bestehen, daß die amerikanische Negierung bereits offiziöse Verhand lungen mit großen europäischen Banken angeknüpft haben soll, um gemeinsame Schritte zur Stabilisierung der Wechselkurse zu unternehmen. Es sei möglich, daß aus diesen Besprechungen die Einberufung einer großen interna tionalen Konferenz hervorgehe. Die Verhandlungen wurden auf Veranlassung des Präsidenten Hqrding vor einiger Zeit begonnen, und zwar besonders mit den Banken der Länder, deren Wechselkurs dem Dollar sehr nahesteht, also England, die skandinavischen Länder und Spanien. Die Regierung der Vereinigten Staaten hat den Finanziers noch kein« endgültigen Pläne vorgelegt, aber in gut infor mierten Kreisen glaubt man, daß die Washingtoner Regierung nunmehr erstmalig Schritte unternehmen wird. Semerkensrverte fieußerungen -es Obersten House. Ober st House erklärte in einer Unterredung mit einem Berichterstatter der Times, die europäische Lage sei äußerst kritisch. Er begrüße den Deutschland gewährten Zahlungsaufschub als einen Schritt in guter Richtung. Er hoffe, daß vor Beendigung des Zeitraumes etwas getan werde, um die gesamte Lage auf eine endgültige, dauernde Grundlage zu stellen. Die Frage müsse jedoch in ihrer Gesamtheit, nicht stückweise geregelt werden. Eine kleine Anleihe an Deutschland würde die tatsächliche Krisis nur aufschieben. Wenn die Frage in Angriff genommen werde, so müsse dies von Grund aus ge schehen. Die Neparationssumme müsse festgesetzt, die Zahlungsbedingungen endgültig geregelt werden. Man müsse wissen, wieviel Deutschland zahlen könne, wann es zahlen könne und welche Garantien es für diese Zahlungen bieten könne. Desgleichen müsse Vorsorge für die Wiederherstellung der d e u t schen Fi n a nz e n und für die Stabilisierung der deutschen Mark getroffen werden. Bevor dies getan werden könne, müsse Frankreich eine Art von Garantie gegen einen ungerechten deutschen Angriff erhalten, die auch die Deutschen selbst, wenigstens die weitblickenden unter ihnen, gern sehen würden, weil sie wüßten, daß es sowohl für Deutschland als auch für Frankreich besser sein werde. Dies würde die Wiederherstellung möglich machen und auch weniger Argwohn in Frankreich verursachen. Die einzige Welse, in der dies getan werden könne, sei die Verwendung des Völkerbundes. Unter der Bestimmung des Völker bundsoertrages sei es für alle Mitglieder des Völkerbundes vollkommen möglich, Frankreich Pie Garantien zu geben, die es für notwendig erachte. Wenn dies geschehe und Deutsch land später in den Völkerbund ausgenommen werde gegen das Versprechen, Frieden zu halten, so würde die gesamte europäische Lage eine Besserung erfahren. House warnte vor einem unangebrachten Opti- mismus, soweit die amerikanische Mitwirkung in Frage komme. Die Garantien gegenüber Frankreich gegen einen ungerechten, direkten deutschen Angriff mühten ohne Berück sichtigung Amerikas gewährt werden, wenigstens für den Augenbltk, und Europa müsse verstehen, daß die Vereinigten Staaten nicht Mitglied des Bundes seien, und daß keine Wahrscheinlichkeit bestehe, daß sie es für den Augenblick werden. House sagt«, er sei sicher, daß Amerika eines Tages sei- nen Anteil im Verbände der Nationen übernehmen werde. Es beständen jedoch im Augenblick politische Hin dernisse, welche di« amerikanische Regierung für genügend zu erachten scheine, um st« daran zu verhindern, diesen Schritt zu tun- Wenn Amerika «intrete, könne es sein, daß es nicht als alliierte, sondern als assoziierte Macht eintrete in der selben Weise, wie es in den Krieg eingetreten sei. Die Lebensmittelversorgung. Wir erleben dieser Tage, daß für die Preisbildung auf dem Lebensmittelmarkt infolge unserer Abhängigkeit von der Auslandszufuhr die einheimischen Ernteaussichten längst nicht die Rolle spielen, wie der Stand des Dollars und die Be wertung der Mark. Wir sind heute so weit, daß wir uns einen Lebensmittelimport größeren Umfanges im Augenblick nicht mehr leisten können. Von einer Ernährungs krisis kann aber darum doch nicht die Rede sein. Die Reichsgetreidestelle ist nach eigenen Angaben bis zum 31. Oktober mit den für die Belieferung der Brotkarten nötigen Vorräten eingedeckt und tätigt bereits wieder neue Vorratskäufe. Es zeigt sich auch, daß von der ungewöhnlich guten Roggenernte des Vorjahres noch Vorräte vorhanden sind, sodaß der späte Beginn der neuen Roggenernte ertragen werden kann. Es wird sich aber nicht umgehen lassen, unsere Brotversorgung wieder mehr auf den Roggen abzustellen, um dadurch einen Teil der teuren Weizeneinfuhr zu ersparen. Das wäre eine Notmaßnahme, aber eine Notmaßnahme, zu der sich sogar das reiche Dänemark im Kriege entschließen muhte. In gewisser Beziehung wird auch die Kartoffelernte Ersatz schaffen müssen- Ganz ohne ausländische Zufuhr wird es natürlich nicht gehen. Ein Teil der notwendigsten Ein käufe an Brotgetreide und Fleisch ist aber schon mit Hilfe eines holländisch-argentinischen Konsortium» gesichert, zum Teil sind sie bereits getätigt. Um Getreidezufuhren au» Polen zu ermöglichen, sind eben Wirtschaftsverhandlungen in Warschau im Gange. Bedenklich bleibt jedoch der Aus fall anFleisch und tierischenProdukten, vor allem der Rückgang der Milcherzeugung. Voraussagen über die künftige Preisgestaltung auf dem Lebensmittelmarkt sind bei der gegenwärtigen Valuta katastrophe müßig. Allerdings darf man nicht vergessen, daß bei einigermaßen befriedigender Gesamternte das jetzt ein sehende erhöhte Angebot auf dem inländischen Markte, das durch die Eeldbedürftigkeit der Landwirtschaft für die nächsten Monate wohl noch gesteigert werden dürfte, einen gewissen Druck ausüben wird; wenn nur nicht wieder eine Hamster - Psychose sich des großen Publikums bemächtigt, für die leider schon Anzeichen vorliegen, und die dann der Spekulation Lor und Tür öffnet. Der Landwirtschaft selbst würden solcherart künst lich überhöhte Preise letzten Endes nicht einmal zugute kommen. Darum ist es zu begrüßen, daß die maßgebenden Stellen ernst machen wollen mit der Einschränkung des freilich höchst vorsichtig zu beurteilenden L u r u s k a n s u m s. Das ist eine Forderung, die das ganze Volk in dieser Notzeit ein heitlich stellt, der jeder verantwortungsbewußte Volkswirt zusttmmen mutz. Hoffentlich bleibt dieses Vorgehen gegen den Lurus nicht nur beschränkt auf Stillegung einiger Likör fabriken und Einschränkung der Zuckerzuweisungen an diese. Es muß grundsätzlich und endgültig jede überflüssige Lurus» und Schundeinfuhr unterbunden werden. Es bleibt dann noch die gerade jetzt zum Herbst brennendste Aufgabe der Verkehrsregelung, der Zufuhr der Lebens- mittel zu den Verbrauchsgebieten zu lösen. Wir wissen, daß daran die Lebensmittelversorgung im letzten Herbst und Winter krankte und darunter auch die diesjährige Ernte ge litten hat. Es ist zu hoffen, daß nach den im Reichsverkehrs ministerium und Neichsernährungsministerium geführten Ver handlungen mit allen beteiligten Kreisen die Vcrkehrsnot diesmal die Nahrungsmittelzufuhr nicht zu sehr erschweren wird- Alles in allem, eine Ernährungskrists oder gar Hungersnot, wie viele Schwarzseher prophezeihen, sind allem menschlichen Ermessen nach nicht zu besorgen. Die griechische Wetterlage stellt sich immer mehr als ein vollständiger Zusammenbruch der kriegerischen Unternehmungen der Griechen in Kleinasien heraus. Nachdem nun auch die türkischen Truppen Brnssa genommen und damit am Marmarameer angekommen sind, ist es mit einer einfachen Nückzugsbewegung der Griechen nicht mehr genug; die Räumung ganz Kleinasiens wird zur militärischen Notwendigkeit. Schon hat sich denn auch die griechische Regierung in Beantwortung von Anfragen de» englischen Kabinetts angeblich bereit erklärt, sein« Truppen ganz aus Kleinasien zurückzuziehen. Welche Rückwirkungen «in solcher folgenschwerer Entschluß auf die innere Politik Griechenlands haben wird, steht im Augenblick noch dahin. Viel wichtiger ist auch momentan die Tatsache, daß England in seiner Orientpolittk durch diesen unerwarteten Ausgang de» türkisch-griechischen Krieges eine sichtbare Schlapp« erlitten hat, während Frankreich triumphiert- Einstweilen freilich bemühen sich beide Großmächte, nach außen hin im Einver nehmen zu bekunden, den Krieg so schnell als möglich zu liquidieren und einen Waffenstillstand mit Beschleuntguog zu erzwingen. Die wiederholt angesagte Konferenz von Ve nedig soll nun baldigst «tnberufen werden und die Einigung in den verschiedenen Jnteressenkonfltkten zwischen England, Frankreich und Italien herbetführen. Leichte Arbeit wird aber