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ang. lnzetz W Rlrimtg »M I beizubrlnsi«. vtrd dir V«r» -«letzt. >0 Rk., » , « NL, ä , o - o . G«««vw«« «nmschaft W. -/cklV motor, t. Angebot« latt erbeten. UW u. gut« Kost, rabers, Dienstag» äen 22. August 1922 Nr. 19S 17. Jahrgang Mnzeiger für Sas Erzgebirge --M-- Mer Tageblatt »,»>„,,,1,, »Ich „fli, o.tm s'«> I.» e-A» »»».«Ich»»»»Milt. O,fllUiln,l« »,hm„ «I» l»t für Hu,»IM«i «l»p»o«»ll.U»» I»t»».»». — «isthllnt »iiNI-IIch. ßirnsprich-Anschluß Nr. öS, ßchuiff«» ,««>»«« »«»»ü. Liligrammi, Lag,blatt flui'izg'dirgi. Emyaltrno öle amtllchrv orranntmachongrn -es Nate» -er Bta-t IM- -e» Nmt-gericht» Nu». p.ststh'ck.e.nt«, st«i «PA,, w. ,ggtz Mitteleuropas Verzweiflung, lvo» »«!««» verNurr Mitarbeit».) Wenn Konferenzen ünd Verhandlungen die Welt heilen Könnten, dann müßte sie schon längst wieder sich eines kräftigen Gesundheitszustandes erfreuen. Bicher aber ist noch immer die Folge jeder neuen Konferenz oder Besprechung die gewesen, daß, sich der PsssimiA. mu» danach nur Iioch verstärkte. Wenn auch an sich die Reise der beiden Ententedelegierten Maucler und Bradburh nach! Berlin keineswegs als ungünstig ange sehen werden darf, so ist dennoch ein günstiges Ergebt nis der Besprechungen mit ihnen, welche gestern in Berlin begonnen haben, sehr fraglich. Alles hängt da von ab, was die beiden Herren wollen. Die Repara- tionLkommission weilte la schon einmal in Berlin, nach ihr ist das Garantiekomitee hier gewesen. In beiden Fällen wurden die Herrschaften mit Auskünften und mit Material versehen, aus Venen sie aber nichts Rich tiges zu 'machen verstanden haben. Wenn jetzt die bei den Ver.reter der Reparationskommission sich über den Stand der Äuge in Deutschland für eine neue Entschei dung der Reparationskommission ehrlich unterrichten tvoll.cn, dann könnten sie nicht ohne die Einsicht Ber lin verlassen, daß wir einer langen Atempause bedür fen. Deutschlands Währung und Wirtschaft ist durch die Goldzahlungen und die unproduktiven Besatzungs kosten vollkommen zerrüttet. Wir haben immer getan, was man von uns forderte. Post und Eisenbahn wur den nicht mehr bezuschutzt. Man erhöhte die Tarife, um den Fehlbetrag auszugleichen. Die Lebensmittelzu schüsse wurden 'abgebaut. Neue Steuern und eine ZwangLanleihe sind 'geschaffen worden. Die Devisen sind zu einem starken Teile abgabepflichtig gemacht wor den, und die Retchsbank Hal man selbständig gemacht. Alles das hat garnichts geholfen. ES war ein Schlag ins Wasser. Solange Deutschland gezwunoen war, auf dem Weltmärkte fremde Devisen zu kaufen, sank die Mark rasend Wetter. Damit ist der Beweis erbracht, daß es nicht an der deutschen Politik, sondern an der der Entente liegt, wenn Deutschland leistungSunfähtg gemacht wird. Die besten WirlschaftÄkenner der Entente haben ja das genau so von jeher betont, wie die deut schen Regierungsmänner. In der Reparationskommis sion ist Man wahrscheinlich inoffiziell sich gleichfalls über unsere wahre Lage und ihre Ursachen vollkom men im Klaren. Aber man wagt nicht, Poincare die ungeschminkte Wahrheit >zu sagen. Man traut sich nicht ein langjähriges Moratorium zu bewilligen, und selbst ein kurzfristiges Schetnmoratorium möchte man an un mögliche Bedingungen knüpfen. Wenn es wahr ist, daß die Reise der beiden Entente- Vertreter lediglich der Erörterung der Pfänder dienen soll'dann kann man garnicht pessimistisch 'genug in die Zukunft blicken. Die Times hat ja eine Art Programm für die jetzigen Besprechungen entwickelt, aus welchem man erkennen kann, daß Potncares Standpunkt auch in England Anhänger besitzt. Wir möchten hoffen, daß das englische Blatt nicht die währen Pläne der Entente vertreter enthüllt. Tenn danach sollen wir für die jetzigen Barzahlungen 'sechs MonatSwechsel geben, die die deutschen Großbanken garantieren sollen. Man will die Goldreserve des Reiches nach dem besetzten Gebiet verschleppen, und Über die Bergwerke und Wälder dest Nhetnlandes will die Entente eine Kontrolle verhängen. Von einem Moratorium könnte danach nicht die Rede sein, ünd die aufgeführten Pfänder müßten die Mark noch Wetter lenken. Die Time- berichtet allerdings noch von einer umfassenderen Regelung, welche Sir John Bradburh versuchen will. ES handelt sich dabei um die Vorschläge des Schatzkanzler» Horn«, welche bekanntlich die Reparation-schuld in mehrere Abschnitte -erlegen wollen. Aber auch! danach soll Deutschland jährlich, 2 Milliarden Gvldmark zahlen. E» ist nicht gesagt, daß di« Repara>tonskommisston al» solche über dies« Neu regelung verhandeln will, sondern offenbar handelt e» sich dabet nur um einen englischen Vorschlag. La aber dieser Vorschlag die Reparationsschuld effektiv kaum nennenswert hvrabsetzt, 'so vermag er, auch nicht den Weg zu einer internationalen Anleihe -u ebnen. E» ist Na türlich an 'sich schon «in Vorteil, wenn man! in Berlin nicht lediglich die produktive Diskussion über di« Pro- duktiven Pfänder führt, aber die Voraussetzung wäre doch zunächst die grundsätzliche Einigung über ein lang fristige» Moratorium.' Liese» ist der Dreh- und Angel punkt der ganzen verzweifelten Lage Leutschland»,, und Aufgabe und Pflicht der Reichsregierung ist es, den fremden Delegierten klarzumachen, in welche Verelen dung da» deutsch« Volk durch die Markentwertung ge rat«« ist. Auch! die produktiven Schichten verfügen nur üv«r Ochetngewinne. Wenn sie ihr« Einkünfte auf dH Goldbasis umrechnen, bleiben alle wett hinter den Einnahmen der Sriedenstzelt zurück. Die Mehrzahl im, deutschen Volke setzt sich, aber nicht au» Produzenten, sondern au» Fefibefoldeten zusammen. Keine der letz ten Gehalts- oder Lohnerhöhungen hat auch nur im ent ferntesten di« Geldentwertung und Preissteigerung auS- zugleichen vermocht. Lite Verelendung geht darum mit Riesenschritten vorwärts. Das fällte man einmal den fremden Herrschaften zahlenmäßig. belogen. Wohin Deutschland bei de« Fortdauer solcher Zu stände gerät, zeigt erschreckend das Beispiel Oesterreichs. Es trifft sich gut, daß gleichzeitig in Berlin der öster reichische Bundeskanzler Seipel eintrifft. Auch hin sichtlich Oesterreichs hat die Entente -war alle» getan, um dieses unser Bruderland schUlhtg werden zu lassen. Man hat e» aber dann seiner Pein überlassen. Jetzt diskutiert man in dreister Verhöhnung aller Grundsätze de« Demokratie und der Menschenrechte die Aufteilung de» unglücklichen Lande» oder ihre Vorbereitung durch «ine Zollunion. Davon kann und darf natürlich keine Rede fein. Tile Entente hat vielmehr die Pflicht, dem von ihr so schlimm verstümmelten Lande zu Helsen. Dio Reise des Bundeskanzler- soll ein Warnung-signal fein. Dieses WarnungSMnal müßte aber auch in Bezug auf Deutschland an di« Ententedelegierten weitergegeben werden. Die bisherige Politik der Entente hat shste- malisch dazu .geführt, Mitteleuropa zur Verzweiflung zu treiben. Es ist jetzt vielleicht die letzte Stunde für ein« Umkehr! Die Veparalionsverhanälungen. Sra-burp un- Mauciöre ln Serttn. Die von de« Reparationskommission -u unmittel baren Verhandlungen 'mit de« deutschen Regierung ent sandten Mitglieder Bradburh und Mauclere sind ^tn Berlin eingetrvffen. Bradburh hatte nach seiner Aw- kunft noch eine längere Unterredung mit dem englische« Botschafter. Gestern um 12 Uhr vormittag haben Brad burh und Mauclere dem Reichskanzler einen Besuch ab gestattet. Die eigentlichen Verhandlungen begannen erst am Nachmittag im ReichSftnanzMtntstertum. Ihre Po litisch« Leitung hat sich Dr. Wirth Vorbehalten. Die Speztalverhandlungen werden iM Reichsstnanzministe- rtuiii unter dem Vorsitz des ReichSftnanzministerS Tr. Herme» geführt. Von deutscher Seite werden an ihnen außerdem Staatssekretär. Sim so n vom Auswär tigen Amt, Staatssekretär Hirsch! vom Reichötvirt- schaftsmtnisterium und Staatssekretär Müller vom Ministerium für Wiederaufbau, ferner der Staatssekretär ». D. Bergmann und — wie schon angekündttzt — der deutsche Botschafter in Park» Dr. Mäher tetlneh- men. Ueber da», was die beiden Mitglieder der Re- parattonskommission bei den Berliner Verhandlungen Vorschlägen und fordern werden, und über Vorschläge, welche angeblich die deutsche Regierung ihrer seit- vor bereitet hat, sind in der französischen und englischen Presse Mitteilungen enthalten gewesen, welche durchweg auf Kombination beruhen müssen, da di« entscheidende vorbereitende Besprechung auf deutscher Seit« unter dem Vorsitze de» Reichskanzler« erst gestern vormittag «in« Stunde vor dem Besuch der beiden Delegierten die« Reparattonskommission bei Ttr, Wirth stattgefun den haben. Bast» und Umfang! der Verhandlungen werden sich erst im Verlauf der, Diskussionen erkennen lassen. Zünf verfthk-ene Vorschläge. Tie Dime» melden au» Pari»! Der Mittelpunkt de» Interesse» sei für den Augenblick, nach Berlin verlegt, wo' die Delegierten der .Repara- ttonSkoM Mission versuchen, «inen Mittelweg zu finden, doch sei wahrscheinlich, daß während de« Ab wesenheit Bradburh» und Mauclere» in Pari» eine «eg« diplomatische Tätigkeit entfaltet, werde. Dem Be richterstatter zufolge werden in Berlin etwa folgende Ideen entwickelt werden» 1. In Wirklichkeit würde Leutschland kein Morato rium gewährt werden, aber Belgien, da» vertragsmäßig auf die Reparationen «in« Priorität zu fordern hab«, werd« statt Bargeld sechsmonatige Wechsel nehmen, die von Leutschland auf die sogenannten L-Banken, nämlich di< Dresdner Bank, Deutsch« Bank, Diseonto-Gesell- schaft und Darmstädter Bank gezogen seien. E» sei je doch zweifelhaft, ob die Lt-Banken für diesen Plan zu haben sein würden. 2. Ander« Kreditoperationen, welch« auf dem Grund satz der Geldausnahme auf besondere deutsche Wert« be ruhen würden, kannten die Lage möglicherweise zeitweise bessern. Obgleich Bradburh selbst immer erklärt habe, alle derartigen Operationen bedeuteten in Wirklichkeit daß Krediten der Allii«rten — Krediten gegenüber Deutschland - damit die „Augen herausgenommen* würden. !» W W -W VW -..K Ä i!- 8. Di« Goldreserve de» Reiche» müsse von der' Reichst bank .nach d«m besetzten Gebiet gebracht und von den Alliierten al» Pfand angesehen werden. Da' sie ein« Milliarde Goldmark betrage, würde sie ein ebenso wert volles Pfand darstellen wie di« Bergwerke und Wälder. 4 Eine Art der Kontrolle hon Bergwerken und Wäldern, wie sie Frankreich auf de« Londoner Konfe- venz vorgefchlagen habe, würde vielleicht von der Re- parationskommifsion immer noch zugestanben werden, vorausgesetzt, daß der Potncaresche Plan genügend ab geändert werd«, um diesen für die deutsch« Regierung annehmbar zu machen. ö. Sine umfassender« Regelung!, würde., wenn sich die Gelegenheit dazu biet«, von Bradburh mit der deutschen Regierung erörtert werden. Die» würde, so fern diese Regelung, für durchführbar, erachtet werde, den augenblicklich gestellten Forderungen noch Produk tiven Pfändern untergeordnete Bedeutung geben. Ter Berichterstatter teilt mit, daß et sich bet dieser ümfaffenden Regelung' darum handle, die deutsche Schuld in zwei' Abschnitte zu teilen. Labei käme «ine JahveSzahlung pon beispielsweise 2 Milliarden Gold mark in Betracht, zahlbar während SO Jahren (auch von einer 20jährigen Bast» sei die Rede gewesen). Der an dere Plan schlägt ein« nach 30 Jahren zahlbare Grund summe von 100, möglicherweise 110 Milliarden Gold mark vor. ' . .'-W Zur äeulschrsranzösischen Annäherung. Di« augenblicklich in aller Well erörterte Frage der Annäherung Frankreichs an Leutschland' und der mög lichen direkten Verständigung in der Reparationsfrage hat in London doch mehr Beunruhigung geweckt, al» englisch« Blätter e» glauben machen wollen. Beunruhi gung jedenfalls insofern, als «in großer Teil der öf fentlichen Meinung in Deutschland willen» schien, auf diese neueste Methode Potnoarescher Politik «inzugehen und vt« englisch« Position dadurch zu verschlechtern. In der Sache selbst fürchten die Engländer diese An näherung nicht, denn sie ist nach ihrer Meinung nur zu verwirklichen, wenn Leutschland den Potneareschen For derungen glatt nach'gibt. Verkannt wird aber nicht, daß in Berlin eine Strömung vorhanden zu sein scheint, welche die Regierung' in diesem Sinn« beeinflussen will. Sollte wider Erwarten die deutsch» Regierung in wei tem Maße nachgeben, so wird' England sich ganz von der Reparattonsfrage zu rück ziehen und sich darauf beschränken, seine Forderungen einzuziehen. In der Pariser Presse Wird, die Frage einer Annäherung Frankreich» an Leutschland auf Wunsch der Regierung sehr zurückhaltend, t'm allgemeinen nur in Berliner Telegrammen behandelt. Pertinax gibt sei nem Artikel t'm Echo d'e Part» sogar die bezeichnende Niederschrift r Eine unabhängige Politik bedeutet keinen Bruch mit England. Pertinax führt au», daß nach! dem verschwinden von Rußland und da keiner der n«u«n slawischen Staaten ist Mittel- und' Osteuropa wirklich stark sei, Frankreich eine» Tage» doch -wischen England und Deutschland wählen müsse, und zwar dann, wenn diese» sich von seiner Niederlage wieder erholt hält«. Frankreich sei noch für einige Jahre — deren Zahl von der Dauer de» deutschen Lhao» abhänge — der Hege monie sicher, welche sich auf seine militärische Organi sation und sein gesunde» Volk und den Beistand stütze, welchen die neugebtldeten Staaten bei ihm fänden. Selbst ohne Hilfe England», welche», Wie Pertinax behauptet, jeder Handlung auf dem Kontinent unfähig sei, könnte Frankreich di« Grundsteine de» Versailler vertrage» stüt zen und sie auch der Annäherungspolitik zum Funda ment machen. Nur von diesem Gesichtspunkt au» müsse man die praktischen Vereinbarungen mit Deutschland in« Auge fassen, welche allerding» kein« intime poli tische Zusammenarbeit «inschließen dürften. Wenn Frankreich heute größer« Handlungsfreiheit ver lang«, so geschehe da» nicht, um die Entente zu brechen, denn die Geschichte de» verflossenen Jahrhundert» und der letzten Jahre habe gezeigt, daß man sich in England besinnen und verstehen werde, daß ein Aufgeben der betretenen Wege die Wiederherstellung der germanischen Aggr«fsivkräst« bedeute, und daß Frankreich vietleicht auf «inen Weg gedrängt werden könnt«, welcher «S von sei- nen Verbündeten endgültig trennt. Die Annäherung». Politik Frankreich» bedeute nicht da» Suchen neu« Freundschaften, sondern nur di« Beaufsichtigung eine» unzuverlässigen Nachbarn. - M ch D