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Montag, äen 7. August IS22 17. Jahrgang Dr. 1S2 Muer Tageblatt ZMW Mnzeiger für -as Erzgebirge -OM -»««weich » Nasthlaß kl F, muss,»-»«qr-ch»»««'»«»-a. tto-Mau», lagldtatt fta-qg»»,,,.. Ekthkltekü -k amtlichen Sekaautmachuagra -es Kate» -er Sta-1 NN- -«» Amtsgericht» Mt». p»ststh,«.e,nt», ftmt a». ,ee« Das Wichtigste vom Lage. Die Sanktionen Frankreich» sollen, wie «ö heißt.Heute Wen Anfang nehmen und zunächst eins Mnzohl tm Elsaß vnlässiger Deutscher treffen. Die Londoner Reparationskonferenz nimmt heut« ihren Anfang, Ms Budapester Meldung von einem angeblichen Ultimatum derösterreichischen Regterungan di« Londoner Konferenz in der Kr e d ir frage bestätigt sich nach in Wien eingezogenen Informationen Ueber Pari» wird gemeldet, -atz die griechische Bewegung in Smyrna mit Waffengewalt un terdrückt wurde. Der Dollar stand heute vormittag in Ber lin vorb0r»lich auf 760. Die Schulä cier Oberschicht. VoN LegattonSrat Dr. Kurt Riezler. Die folgenden Darlegungen sind einem überaus lesen»werteu Aufsatz de« Verfasstrs tm demnächst er. scheinende Augustheft der Demokratischen Monats- schrift Die Deutsche Nation — entnommen. D. Schrift!. Armes zertretenes und zerquälte» Land! Bor Auk landskontroÜe, Sankttonsdrohung, am Rande einer Wk.fchaftÄkrise, die bald einer flüchtigen Blüte ein Ende beveUen mutz, zerrettzen wir uns in inneren Kümpfen, und zu allem übrigen erscheint am Rande des Hori zonte» der Schrecken des Bürgerkriege», da» Ende de» Einzigen, was Deutschland au- dem Zusammenbruch noch Hm retten können, unserer Einheit. Biele zucken bedauernd die Achseln, hoffen, datz e» »ich: so schlimm kommen werde, und. gehen ihren Geschäften nach, ge willt, wie bisher di« Dinge der Politik, von denen fitz nicht» verstehen, al» ein Fatum hinzunehmen, an dem sie nicht» ändern können. Die anderen, Gefangene von Paneimaschinen, Empfindungen und Erbitterungen, be schränken sich darauf, zu wiederholen, was sie schon bis her gesagt haben und was unter allen Umständen das Gegenteil dessen sein mutz, wa» di« parteipolitisch« Ge-> genseite sagt. Äe sind froh, wenn e» ihnen «inen Augenblick gelingt, mtt gesteigerter Stimme bi« ebensall» gestetgerte de» Gegners zu überschreien. Keiner aber ist bereit, sich zu besinnen. Tie Meinungen liegen fest. Ti« Trägheit der Herzen, die Verblendung der Geister wächst. Man sagt, im Leben der Nationen bewirke äutzerer Druck inner« Einigkeit.. Nicht» davon ist zu spüren. Ein« unsagbare Sehnsucht, au» dem Elend her auszukommen, lebt überall, und doch trottet jeder nur di« eigene Bahn. Dabei regt hier ein große» und arbeitsames Volk fleißig die Hände, tüchtig tm Einzelnen, völlig hilflos im Großen. Wenn man, nach den Urfachen forschend, mit Männern recht» und link» den Anteil der Nähten wie der Linken an dieser Entwicklung erörtert, begegnet man wohl unter vier Augen mancher vernünftigen Ein sicht. Aber jeder entschuldigt, datz er dieser Einsicht praktisch nicht folg«, mit dem Verhalten der Gegensetter Unsere Wähler sind auf» äußerst« geretzc. Elende getgi. heil! Jndeß: die Geschichte wir- hier die Schuld nicht gleich verretten. Zuerst ist die Oberschicht zur Ein sicht verpflichtet. Hier sitzen die Gebildeten. Auch Bildung verpflichtet. Sich au» der Perspektive von unten zur Sachlichkeit durchzuringen, ist unendlich schwer Daher mutz die Verantwortung der Oberschicht und ihrer voli.ttchen Organisationen vor di« der Ar- bet,ermassen und ihrer Führung gestellt werden. Die Ermordung Rathenau» könnte eine Tat bummer Jungen sein, au» der Wetter« Schlüsse auf den Geisteszustand erheblicher Bolk»teile nicht zu ziehen wä ren. Sie ist mehr. E» geht nur di« Saat auf, die gesät wurde. Und wenn, die gesät haben, nicht wutzten, wa» da ausgehen würde, so wqyen sie gedankenlos und fahrlässig, und die moralisch« Entschuldigung ist poli tisch« Belastung. Die Rechte «mpfind«t «« al» Beleidi gung, wenn der Mord an ihr« Rockschütz« gehängt wird. Nicht d«r Mord, wohl aber der Irrtum Verl Mörder, die Einbildung der. Organisation « fällt ihr zuv Last. Nicht nur ihr« Schuld ist brett verteilt auf «inen grotzen Teil der Schichten, di« die Gebildeten heitzen und sich gebildet dünken. St« ^trifft all«, diejenigen die wider bessere» wissen di« Dolchstotzlegend« aus gebracht, genährt und unterstützt, die nicht geruht ha ben, Jünglingen und Knaben zu erzählen, datz Juden, Sozialisten und Demokraten da» herrltch« «eich und eine ungebrochene Arme« an den Feind verraten hätten, di« für später Möglichkeiten de» Widerstande« vorgespiegelt haben, an die sie selbst nicht glaubten. Wer hat di« Stirn zu leugnen, datz nicht alle« das und noch viel mehr täglich geschrieben und gepredigt wurde? Ist irgend jemand von denen, die e» auch auf der Rechten besser wußten und besser wissen konnten, dagegen ausgetreten? Wer lassen wir ske, sie wären ungefährlich, wenn sie sich in der Grunvstimmung nicht ein» fühlen könn. ten mtt einem grotzen Dell derjenigen deutschen Ober schicht, die sie als die einzig nationale anzuevkennen gelernt haben. Erst die Grundstimmung der Oberschicht macht au» der Dummheit der Einzelnen ein Schicksal der Nation. Tie Oberschicht de» ehemaligen Staate» verfügt als Ganze» nicht mehr, Mer eine staatliche und geistige Bildung, die verpflichtete. Die Eigenschaften de» Geiste» und Eharakter», die den preußischen Wacht geschaffen und getragen haben, sind längst verfallen. Nur die Starrheit ist geblieben. Aber dies« Starrheit, die «Hedem sehend war, ist blind geworden Das! kon servative Preutzen endet in der Gefangenschaft der Mulle und Gräfe, in der Sorge um den Getretdeprei». Mn große» Erbe schmählich ist vertan. Und wenn auch der Oasen von Bildung mehr sein sollten als man meint, und allerorten Leute sind, ehrlich und tüchtig und um» Beste bemüht — warum schweigen sie alle? warum wi derspricht niemand? Nach einigen kleinen Zuckungen ^»klären die Teutschnattonalen, der Kur», der deutsch völkische, bleibe der alte. Und doch.ist es höchste Zeit, aufzuwachen, denn die Bismarck» Nomen und Grütze stündlich tm Munde führen, sind dabei, fein höchste» Werk in Trümmer 'zu zerschlagen. So wankt der Staojt tm Kampf der Erbitterungen: Arme» zertretene» Land. Kranken Gemütes und irren Verstandes l Und ist doch dein Schicksal auch das Schicksal -er ungezählten Tüch tigen und Braven, die heute., pur den eigenen Inter essen zugewandt, beiseite stehen, di« Hände im Schoß, Die deutsche Note an Poincarö. Kolk» Nachtsgrun-laga für neue Sanktlonen. Die Antwortnote der deutschen Regierung auf die Note der französischen Regierung in der Angelegenheit der Ausgleichszahlungen lautet: Herd Ministerpräsident! Eurer Exzellenz beehre ich mich, den Empfang der Not« vom 1. August zu bestätigen. Tie Reparationskom mission hat auf den Antrag der deutschen Regierung . vom 12. Juli 1922 auf Gewährung eines Moratoriums für die Reparationszahlungen mit einem Schreiben vom 13. Juli 1922 in Aussicht gestellt, daß sie ihre Entschei dung auf diesen Antrag vor dem 15. August treffen ünd mttteilen wird. Die königlich großbritannische Re- gterung hat auf den Antrag der deutschen Regierung vom 14. Juli 1922 auf Herabsetzung der monatlichen AuSgleichsraten mit einem Schreiben vom 26 Juli ge antwortet, daß sie beabsichtige, diese Frage bald mit, den anderen beteiligten Mächten zu erörtern und der deutschen Regierung die Antwort namens der Gesamt heit der beteiligten Mächte zugehen zu lassen. Die bel- gtsch« Regierung antworMe auf den gleichen Antrag, datz sie sich auf diesen Anwag zur selben Zeit wie über das Gesuch um «in Moratorium für die Reparationszahlun gen äußern werde. Die Abschriften dieser beiden No ten beehre ich mich zur gesl. Kenntnis Eurer Exzellenz beizufügen'. Tie deutsche Regierung kann danach an nehmen,. daß bereit» vor dem 18. August eine grundsätz lich« Regelung der Frage der Ausgleichszahlungen mög lich sein wird. Tollte diese Annahme, die sich auf da» Schreiben der Reparation-Vommission vom 13. Juli in Zusammenhang mit -en erwähnten beiden Noten stützt, nicht zutreffen, sv wird die deutsch« Regierung ihre ver traglichen Verpflichtungen im Rahmen ihrer Leistung», sühigkei'. zu erfüllen bestrebt sein. Auf die Frag« der Heranziehung der privaten A:rS- gkeich-schuldner zu der finanziellen Abdeckung der Ausgleich-Verpflichtungen wird die deutsche Regierung in ihrer Aeußsrung zu der Sach« selbst, die sie sich in ihrer Not« vom 1. August Vovbehieit, besonder» ein gehen. Schon jetzt sei bemerkt, daß ein dem ReichSrat vorliegender Gesetzentwurf ein« Minderung de» Verrech- nungssystem» vorsteht, nach der insbesondere auch die AuSgletchsschuldner stärker al» bisher Hera »gezogen wer den sollen. Eure Exzellenz bezeichnen di« in Ihrer Note vom' 26. Juli 1922 angekündigten Maßnahmen al» Retor- s io ns maß nahmen. Nach -em Abkommen vom 10. Juli 1921 ist Vie einzige Rechtslage der Nichterfüllung der von Deutschland übernommenen Verpflichtungen die. datz die beteiligten alliierten Mächte die» fristlo» kün digen können. Die Kündigung hätte die Wirkung, datz di« Bestimmungen de« vertrage« von »«rsaille» über die Zahlungen -er jeweiligen Debetsalden wieder Men» derungen finden würden. AU Sicherheil für den stall der Nichtzahlung gibt der Vertrag von Versailles ollen alliierten Mächten lediglich ein Pfandrecht an dem Erlös der Liquidation deutschen Eigen tum». Dem Sinne, und zwar gerade dieser für den Fall der Nichterfüllung vorgesehenen Bestimmungen würde die Anwendung der für -en 8. August 1922 an gekündigten Retorstonsmaßnahmen widersprechen, zumal für Zahlungen, die überhaupt erst am.18. August fällig jiM. > Seit Eurer EWellenz Not« vom 26. Juli 1922 hat sich -ie wirtschaftliche und finanzielle Lag« Deutschland» außerordentlich verschlechtert. Die Mark ist inzwischen bi» auf «in Zweihundertstel ihre» Frte denSwerte» gesunken und di« Leistungsfähigkeit Deutschland» dementsprechend weiter zurückgegangen. Unter diesen Umständen gibt die deutsche Regie rung e» der eindringlichen Erwägung der französischen Regierung anheim, die Ange legenheit einer nvchmaligdn Prüfung zu unter ziehen und ihre Entscheidung bk» zu den in den an- liegenden englischen und belgischen Noten erwähnten Verhandlungen der beteiligten alliierten Mächte zurück- -ustellen. (gez.) Dr. Wir t h. polncarös rrjk plagr über Deutschland. Nach einem Tommuniquee der Agence Havas focht« die französische Regierung, da die deulsche Regierung nur «ine dilatorische Antwort erteilt habe^ bestimmt« Beschlüsse, wonach die Au»gleich»ämt«r von Pa ris und Straßburg bi» auf weitere» kein« deut schen Forderungen anerkennen und kein« Ent schädigungen zahlen und die Wirkungen de» fran zösisch-deutschen Abkommen- vom August—September 1921 suspendiert werden. Da» Tommuniquee stellt weitere progressive Bestimmungen für den Fall in Aussicht, daß die Mqtznghmen zur prompten Regelung -er Frage nicht auSreichen. DK fiusbrutuag Druljchlaoös. Tie Baseler Nattonalzeitung meldet au» Part» : In der Pressebesprechung am Sonnabend früh gab Poin- car« die ersten offiziellen Mitteilungen über die Sanktionen gegen Deutschland. Poineave nannte insgesamt 15 Sanktionen, die fueeessiv durch- geführt würden, da technische Schwierigkeiten ein sofor- :ig«S gemeinsames Inkrafttreten qm 5. August verhin derten. Deutschland hätte für innerpoltttsche Zweck», für Ausnahmeverorünungen und für die Ergreifung von Mordbuben Millionen von Mark zur Verfügung, wäh rend.es jetzt gar die Deviseneinkäuse für die Rö- parattvnen einstelle. Diese« Spiel sei zu Ende. Die Sanktionen würden sich von einem Dermin zum anderen fühlbarer machen und die Hquptquellen der deutschen Finanzen den französischen Ansprüchen unter werfen. Ihr Endziel sei di« direkte Ausbeutung der Hilfsquellen Deutschland» durch Frankreich. Der Inhalt der Sanktionen, soweit sie sofort in Kraft tre ten. soll Sonntag oder Montag in der Presse ver öffentlicht werden. -zgltm -er Sanktionen am Montag! Journal de» Debüt» schreibt, offenbar beeinflußt: Gegenüber der Berliner Darstellung, -aß Frankreich nicht berechtigt sei, wegen der Ausgleichszahlungen vor dem 15 August Sanktionen zu verhängen, weist man tn Pari» davaus hin, daß Deutschland ja nur die Frage nicht hätte aufwerfen und nickt die Absicht hätte an -en Tag zu legen brauchen, sich seinen Verpflichtungen zu entziehen, ferner, daß Deutschland, wenn «».loyal denke, nur sofort mitzuteilen brauche, daß e» bezahlen Werve, und datz unter diesen Umständen hie Verweigerung einer Antwort einer Absage gletchkomm« und Zwangsmaß nahmen rechtfertige. Wie dem auch sei, scheine di« fran zösische Regierung entschlossen zu sein, zur Tat zu schreiten, wenn Deutschland sich seinen Verpflich tungen entziehe. Tie Sanktionen würden vrsgressi- ver Art sein. Tie ersten würden am Montag.er griffen werden und eine Anzahl im Elsaß ansässiger! Deutscher treffen. In der Fotze würde man zu Matz- nahmen ernsteren Eharakter» übergehen, .wenn Deutschland den französischen Forderungen nicht nach komm«. Die äeutsche Auslanäsanleihe eine Illusion? Krpnr» S«tz Nrporattoassra-». In einer liberalen Versammlung in Oxford hklt Key ne« «tn« Red«, tn der er auSführt«, er habe nicht» an der Not« Balfour» üd«r die alliierten Schulden au-zusetzen, vorausgesetzt, datz sie der «st«, ntcht dar