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/luer Tageblatt ZZZ Anzeiger für -as Erzgebirge WM rÄn^m^?as?diati Enthalten- -kl amtlichenvlkonntmachungln -es Natts -erEta-t UN--esNmtsglkichtsNut. pmsch,«-e»n„i ftmtEüttiga». ISS- Nr. 179 N. Jahrgang Donnerstag» den S. Rugust 1922 Das Wichtigste vom Tage wie verlautet, soll die Relchsregtrrung beab sichtigen, di« Reichsbeamten auf Grund des Ge setze» über die Pflichten der Beamten zum Schutz« der Republik einer nochmaligen Ver eidigung zu unterziehen- Nach einer Meldung des Newyork Herald soll die M eh r- h«it der Rrparationskommission in der Mora- toriumsfrage auf sriten Deutschlands stehen. « Die Dotschafterkonferenz regelte gestern verschiedene KMgen über die Anwendung der Frirdensoerträge. » o Die bekannte Führerin der Frauenbewegung und Politikerin Frau Minna C uner ist in Berlin gestorben. Le» DoNar stand h«»t« vormittag in Berlin Lorbörolich auf 850° Vernunft und Wahnsinn» lv», verltar, MUarbeiter.s Das ewige Gerede von der Lösung des Nepara- ! i o nsprvb l e m s hat über Nach!». durch zwei Noten eine Zuspitzung erfahren, dke von weliitistoris.i/er Tragweite sein kann. Der englische Minister Balfour hat an die Regierungen Frankreichs, Italiens, Jugo- slavienS, Rumäniens, Portugals und Griechenlands eine Note übermittelt, die auch dem amerikanischen Bot schafter aus Gründen der Höflichkeit zur Kenntnis ge bracht worden ist, worin sich Großbritannien be reit erklärt, alle ihm von 'den Alliierten geschuldeien Anleihen und die ihm von Deutschland geschuldeten Re parationen zu annullieren, wenn eine solche Po litik den Teil einer befriedigenden internationalen Re gelung bilden würde. Ta indessen Amerika von Eng land die Rückzahlung aller seiner Schulden nebst Zinsen verlange, so könne England nicht auf die Rückzahlung der Guthaben, die es bei seinen alliierten Schuldnern habe, verzWen, wenn nicht dieser Verzicht den Teil eines allgemeinen Planes zur Streichung per interna tionalen Schulden bilde. Mit anderen Worten fordert also , England seine europäischen Staatsschuldner auf. ihren Verpflichtungen gegen Großbritannien möglichst bald nach'zukommen. damit dieses die eigenen Schulden bei den Vereinigten Staaten abzutragen im stande sei. Natürlich weiß, die englische Regierung ge nau, daß seine europäischen Schuldner mir Einschluß Frankreichs jetzt garnicht an eine Abtragung ihrer Schul den denken können. Aber offenbar will die englisthtz Regierung noch unmittelbar vor der Londoner Bespre chung mit Poincare der Welt klar beweisen, wohin eS lührt, wenn jede einzelne Macht auf ihrem Schuldschein bestehl. Daneben bedeutet die englisch^ Note selbstver ständlich auch einen letzten eindringlichen EtnwtrkungS* ersuch auf Amerika, seine bisherige HgUung auszu geben und seinerseits durchs Gchuldennachlatz gegenüber England «ine gründliche Lösung de- ReparmionSvrv« blem» und daMit eine Gesundung der Weltwtrt- i chlaft zu ermöglichen. Ter internationale Schulden ausgleich allein kann die politische Und. wirtschaftliche Wvl.krisiS beseitigen. Werden die Bereinigten Staaten diesen mächtigen Appell an ihre Pflicht wiederum un beachtet lassen? Wenn nein, so kann In absehbarer Zelt .« Well gesunden, bleibt dagegen Amerika harthörig, w erfährt die Weltkrise eiste Verschärfung, bk in den nächsten Monaten schon zu unabsehbaren Katastrophen sichren kann. Lies um so mehr, als der französische Ministerprä sident Poincare die Frage der Ausgleichszahlungen uan» offensichtlich -u einer französischen Macht probe innerhalb der Alliierten ausgestalten möchte. Ohne sich mit diesen zu verständigen, Hot Frankreich in schärfster Form von der deutschen Negie rung bis zum 5. August eine Erklärung verlangt, ob sie rotz ihres Stunduugsgesuche» die am 1ü. August fällige tt.a.e von zwei Millionen Goldpfund auf da» Ausgleichs- lvnio zahlen wolle oder nicht. Kaum hatte die deutsche 'Antwort darauf erwidert, daß das abhängig gemacht werden müsse von der Entscheidung über da- Morato rium. da« bet der ReparaltonSkvmmtssion von Deutsch land beantragt sei, da schickt Poincare postwendend ein« womöglich noch gröbere Not«, worin er unter An- drohung von Ausgleichsmaßnahwen darauf besteh», däß Lvutschland bi» -um v. August di« Versicherung abM- gebe«» habe, da- «» die Pfltchtsumme von L Million«» Pfund Sterling am 1ö. August bezahlen werd«. Wel ch«» die AusgleichSmatznahmen sein sollen, darüber ver weigert Poincare ausdrücklich jede Mitteilung! er be schuldigt nur noch die deutschen Privatleut«, da- ktt durch Ankäufe fremder Devisen die Markentwertung selbst verschuldet hätten. Wie ist die Rechtslage?, Deutschland ist in der Tat durch das Diktat vom 10. Juni' d. I. verpflichtet, monatlich 2 Millionen Pfund Sterlings -um Ausgleich von Borkriegsschulden an alliierte Gläubiger zu zahlen. Es ist dieser Verpflichtung, bisher regelmäßig nachgekom* men. Nach dem aber die letzten gewaltigen Mark st ü r - ze die Unmöglichkeit ergeben habiep, in Zukunft neben den Reparationszahlungen auch die monatlichen AuS- güeichsraien, die fast ebenso 'hoch sind, zu leisten, har Tvuischland für beide Zahlungsverpflichtungen je ein Moratorium verlangt. ES hat keineswegs anpekllndigt daß es die Zahlungen der nächsten Termine nicht leisten wolle, es hat sich' im Gegenteil erboten, statt der jetzt unmöglich hohen Raten geringere zu zahlen Poincare aber verlangt, daß Deutschland die Entscheidung der Alliierten, die selbstverständlich gemeinsam von ihnen getroffen werden muh, garnicht abwartst, sondern schon im voraus erklärt, den nächst fälligen Termin KV die Aukgleich'Szahlung wahr nehmen zu »vollen. Das ist selbstverständlich eine ganz unberechtigte Forderung, und sie kann um so weniger durch Gtrafmaßnahmen verstärkt iverden, als ja Deutschland mit seinen Zahlungen Ü bfe r- haupt n och' nicht in Verzüg geraten ist. Tas un- reusche Verlangen Poincares ist.um so verwunderlicher, als inzwischen sowohl die belgische wie die eng lische Regierung offen und korrekt erklärt haben, daß sie die beiden Moratoriumsgesuch!« Deutschlands gleich- eitig beraten und beantworten »vollen. Poincare be findet sich also mit seiner rachsüchtigen Ttrohnote nicht nur im Unrecht gegenüber Deutschland, sondern auch im Widerspruch-güt seinen Bundesgenossen. Wenn er trotzdem in barscher Weise auf seinem Willen besieht, so kann der Grund nur darin 'liegen, daß er vor der Lon doner Zusammenkunft Tatsachen schaffen möchte, die Llohd George und den anderen alliierten StaatSmän-. nern zeigen sollen, dcktz Frankreich! buch allein uni? einseitig gegen Deutschland, vorzugehen imstande ist. Gleichzeitig soll für die Londoner 'Zusammenkunft ein Ko mpen satiio nSvbjekt geschaffen werden, um bei den dort zweifellos einsetzenden gegenseitigen 'Abhand- lungsversuchen Frankreich eine Möglichkeit zu verschaf fen, etwaige Zugeständnisse teuer zu verkaufen. Es ist also nicht so sehr der Wunsch, am M August die un verkürzte Ausgleichkrate aus Deutschland herauSznpres- sen als vielmehr der politisch« Beweggrund, Frankreichs Macht gegenüber den anderen Alliierten zu beweisen, der den französischen Ministerpräsidenten veranlaßt, Sanktionen für den 5. August änzukündigen im Faste der Nichterfüllung von Zahlungen, die erst am 15. d. Mt^ sällig werden. Ist Poincares Vorgehen auch' Heller Wahnsinn, so darf es doch angesichts der 'Machtlosigkeit Deutschlands nicht einfach mit Achselzucken hingcnommen werden. Die deutsch^ Negierung hat deshalb alsbald ernsthafte Be ratungen innerhalb der zuständigen Reichsämier und mt» den Parteiführern der Reglerungskoalttton begon nen, nm ihre Antwort auf diese letzte Herausforderung französischer Nachepolittk fest-ulegen. Deutschland unä Rußland. Ter Reichspräsident empfing gestern mittag den be vollmächtigten Vertreter uno Botschafter der russischen Regierung Krestin ski'zur Entgegennahme feines Be- , glaubtaunasschreibens. Bei dem Empfang war Reichs- kanz'ler Wirth als Letter des Auswärtigen Amte« zugegen. Botschafter 'Krestinski führte in einer Ansprache unter Hinweis auf den Bertraa von Rapallo aus. daß die Wiederherstellung der früheren regen Handelsbeziehungen iw Interesse des wirtschaftlichen Ausbaues der beiden Länder notwendig erscheine. Als Wei erer Schritt auf dem Wege der Förderung der bei derseitigen wirtschaftlichen Interessen wäre der Abschluß eines Handelsvertrags zwischen Deutschland und Ruß land und den ihm Verbündeten Republiken wünschens wert. Ter Botschafter schloß seine Ausführung»-» mit Wünschen für das Gedeihen der deutschen Republik und für das Wohlergehen de» demschen Volkes. Der RetchS- präsident betonte tn seiner Erwiderung da- aufrich tige Bestreben der deutschen Regierung, den wirtschaft lichen Aufbau der beiden Länder nach Krähen zu för dern Ter Vertrag von Rapallo, der nur friedlichen Zwecken dien«, entspringe der gleichen Erkenntnis. Iw diesen Bestrebungen, die beiderseitigen wirtschaftlichen Beziehungen zu. festigen, könne Rußland der Unterstüt- zung ded deutschen Regierung versichert sein. Es fei aber notwendig, hierbei' die hn Deutschland herrschen den Wtrtschaftsverh sttntsse zu berücksichtigen Mit Dank für dl« Wünsch« KrestinSktS schloß der Reichspräsident sein« Rede. Der widere istanäene Iacta. Mil Hängen und würgen ist endlich! da» neu« ttä-' lhentsche Kabinett zustande gekommen, und wenn man «» bet Licht besieht, so gleicht e» dem Vvrangegangenen fast auf» Haar, wenigsten» in feisten wich igsten Be setzungen. Die beiden Männer, dk. den Anlaß zur Entstehung der Krise gaben. Facta und Scharr »er, sind in ihre vorherigen Stellungen zurückpekehrt, der erstere als Ministerpräsident, Schan-er als Außenmini ster. Die schwere innere Krise de» Lande», die sich in der die Staatsgewalt aufS tödlichste verhöhnende Mobi!- listeruntz der Fasztsten und in einer anscheinend schei- ternden Generalstreikbewegurrg au-sprich't, hat eiste Ra dikale Lösung der Regierungskrise verhindert Und ledig lich zu einer Umbildung de» Kabinett» geführt. E» blieb schließlich auch nicht» anderes übrig, nachdem so ziem lich alle in Betracht kommenden Persönlichkoiten den Aus.rag zur 'Kabinettsbildung abgelehnt hatten, vder damii gescheitert waren. Ti« ursprünglich beabsichtigte Lösung, eine von den beiden Barteten getragene Re gierung 'zu schaffen, die die Krise herbeigeMrl hatten, den Sozialisten und Popularisier hätte angesich'rS dvr tollkühnen Entschlossenheit der Fasztsten, einer solchen ' Regierung mit Waffengewalt gegenüberzucreten, di« Enifesselung des Bürgerkrieges bedeutet. Wahrscheinlich hat auch die dicht bevorstehende Londoner Konferenz diese Lösung der Krise, die, kaum eine Lösung für dtp Tauer sein wird, beschleunigt. Italien erwartet bekannt lich von dieser Konferenz allerlei für seins Orient, inte reffen. Es ist an zu nehmen, daß daraus auch' die Wiederernennung Sch'anzers als Außenminister zurück- zuführen ist, da Sch'anzer seit Genua in einem besonde- deren Vertrauensverhältnis mit Llohd George steht. Da sich' an dem Charakter der Politik des neuen Kabinetts Faem nichts geändert Hat und es nach wie vor», unter Ausschluß der Fasztsten und Sozialisten, vor» denselben Par-.eien wie Vas aste getragen ist, und auch fast allke Ressortminister iw Amte' bleiben, dürfte nunmehr auch die Ratifikation des Abkommen- über den deutschen Be sitz gesichert sein. i Die Aohlentribute und das deutsche Volk. W.V. Für die breite Masse des nicht zahlen- und wtnschaftskunüigen Volkes ist eÄ schwer, Fragen richtig zu beurteilen, die mit Millionenziffern zu tun haben. So hat auch! die kürzlich erfolgte Festsetzung der Von Deutschland im nächsten Vierteljahr zu leistenden Kohd lentribute öffentlich keinen erknnbaren Eindruck ge macht. Die Zahlen sind aber ernst genug, .um alle mit der Nor ringenden Schichten unseres Volkes zu inter essieren. In den Monaten Mai, 'Juni und Juli hatten wir auf Anfordern der Reharattonskommission Monat lich 1 915 000 Tonnen zu liefern, das bedeutet mehr als r/t der gegenwärtigen Kohlenförderung im Ruhrgebiet. Gleich, nach Festsetzung! der letzten Kohlentriöute wurde der kohlenreiche Südosten Ob er schlechte ns endgültig den Pole,» übergeben. Seither haben die Zufuhren oberschlestscher Kohle tn da» Übrige Reich gänzlich ge stockt. Lurch den Verlust Oberschlestens und vurch den Rückgang der Förderung im Ruhvaebiet erfuhr die ge samte Kohlenproduktion Deutschlands einen R ück- g/l n g um mehr als 3 Millionen Donnen im Monat. In dieser Notlage richtete die ReichSregierung an die Reparationskommission die Bitte, ihr die Erfüllung der Lwferungsverpflichiungen tn britischer Kohle zu gesta.ten. Dieser Antrag wurde abgelebnt. Der Grund hiersür ist in Folgendem zu suchen: In Amerika besteht seit Monaten, ein heftiger Bergarbetterstreik, der zu einer völligen Stockung der KvhlenauSfuhr und so- gar zu einem bedenklichen Kohlenmangel in Amerika selbst gesühr. hat. Die britische, Kohle mutz.daher in Westeuropa, Asien und Afrika den Ausfall an ameri kanischer Kohle wettmachen. So kam eS, daß der bri tische Vertreter in der ReparationSkommissivn keinen Einspruch dagegen erhob, daß.Deutschland gezwungen wurde, seine Lieferungsverpflichtuntzen aus eigener Produk.ton zu decken. S» konnte nicht auSbletben, datz be» dem sich verschärfenden Mangel auf dem Kohlen- »vellmarkt die Preise für britisch« -Kohle zu steigen be gannen. Noch vor wenigen Monaten konnten deutsche grirerbliche Un.ernehm,ungen britische Kohle zu erträg lichen Preise»» beziehen. Nach der Preissteigerung tn- dessen'und besonders nach' der ungeheuren Entwertung de) deutschen Geldes in' den ietzt-n Wochen kommen süv zahlreich« Unternehmungen Kohlenkäufe au» Eng land nicht mehr in Betracht. Die deutsche Regierung hatte im Hinblick auf di« im hohen Grade kritische Kohlenlage de» Reich«» die Er mäßigung der monatlichen Ablieferungen um 800 000 Donnen ««beten. würde «in» monatliche Lttstrnng