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/luer Tageblatt Mzeiger für -as Erzgebirge Donnerstag, cken 13. Juli IS22 N. Jahrgang Nr. 1S1 Rernsorech»MalihiuH Ur. -3. ktzliu;«» .»ispi.ch,»»«« N«»«nt, ^«ligkamm»! Tageblatt ^ueerzgedlrg». Snlhaiteuä die amtlschrn atEatvüMKchtUiAdn ütS KattA der Staüt unü des Amtsgerichts /lue. p,gfch,<k.5on«»i flm» Leipzig Nr. ISS« Das Wichtigste vom Tage. In einer Sitzung des sächsischen Landtages am 2 8. oder 2 9. August vrird über die im Volks begehren geforderte Landtagsauflösung bera te» und beschlossen werden. «.er Reichstag genehmigte gestern den Rest des Gesetze» zunt Schutze der Revublik nach den ^Beschlüssen des A u s ^ch u s.se s. Tas Garantickomitee hat seinen Bericht nahe zu vollendet. Seine Auffassung der Lage ist sehr pessimistisch, da alle neuen Steuervorschlä ge durch den Markstur'z illusorisch gemacht s-ten. ,. ' Italienische >md englische Vertreter in dcr> Rcparationskvm miss ton sollen die Gewährung j eine» sofortigen Moratoriums begünstigen.' '! TerDollar setzt seine rückläufige Beweg»».»g fort. Tas ist darauf zurüc^ufiihr.'n, daß : :n I il n ern eine gewisse Bcruhi ^ung eingetceren ist. Tos Neuterbüro erfährt aus dem H aag, der P rä sident der Konferenz teilte mit, daß er infolge! der von Russland eingenommenen Haltung! nutzlos ist, die Verhandlungen fort zu sehens Noch keine Entspannung! (von miserm parlamentarischen Mitarbeiter) Noch immer ist die politische Lage bedrohlich. Jeder Tag kann schlimme Ueberräschungen dringen. In allen Verantwortlichen politischen Kreisen wächst zwar die Ein sicht, daß eine RötchstagSauflüsung und Neu wahlen in gegenwärtiger Zeit nicht nur innerpolitisch, sondern erst recht gegenüber dem Auslände karastro-! p'hal wirken müßten. Trotzdem "können in der Hitzeder Leidenschaft Beschlüsse Plötzlich kustande kommen, die eine Reichstagsauflüsung unabwendbar machen. Es wird deshalb alle'politische Staatskunst fetzt darauf verwen det werden müssen, derartigen Üblen Ueberräschungen beizeiten vorzubeugen. Darunter darf aber natürlich! die Hauptaufgabe dieser Zeit, der energische Schutz und! die dauernde Sicherung des republikani-, scheu Staates, nicht leiden. Auf zwei Wegen soll ! diese Hauptaufgabe erfüllt werden: durch neue scharfe i Gesetze gegen die Mürderbanden und gefährlichen Ge- heimorganisationen, sowie durch Zusammenfassung aller republikanisch zuverlässigen Kräfte zu einer breiten Re- gierungsbasis. Auf beiden Wegen wird seit dem Tode Ralhenaus eifrig gearbeitet. Wenn man dabei nicht in gleicher Weise auf beiden Straßen gut vorwärts ge kommen ist, und wenn das gemeinsame Ziel noch immer nichi erreicht wurde, so liegt das an den fachlichen und teilweise auch an den persönlichen "Schwierigkeiten die sich enlgegenstellen. Es kommt auch wirklich nicht so sehr darauf an, ob man jetzt einen Tag früher oder später fertig wird, wie darauf, daß die neuen Wege mit Vor sicht b schritten werden, damit die schwerwiegenden Ent schlüsse, die Lu fassen sind, auch wirklich von Dauer sein können. " ' In diesem Sinne sind die vier Gesetze zum Schuhe und,zur Sicherung der Republik "(Sch u h g e i.e h. Am - nesttegesetz, Beamtendtszipltnargesetz und Neichskrimtnalgeseh) in den Ausschüssen trotz der Kürze der Zeit eingehend und gründlich beraten worden. So viel man "hört, find diese Ausschußberatungpn ziem lich gla t verlaufen, sodaß aus ihnen keine Besorgnisse um die glückliche Verabschiedung der Gesetze zu erwach- sen brauchten. Trotzdem müssen die Freunde der Re- Publik auch bet den Beratungen, und Beschlüssen des Gesamtreichstages über jedes einzelne der vier Gesetze die Augen angespannt offen halten, damit nachträglich keine bösen Konflikte entstehen, "Unter diesen Gesichts punkten gewinnt der Widerstand Bayerns gegen einige Paragraphen des Schutzgesehes außergewöhnliche Bedeutung. Ter Reichskanzler hat in der ihm eigenen temperamentvollen Weise am" Dienstag abend eine Abrechnung mit bayrischen "Empfindlichkeiten und Eigenheiten vorgenommen, di« nicht als sehr glücklich bezeichnet werden kann. In einer Lage, wo der führende Staatsmann jede Stimme im Parlament braucht, um den Gegnern der Republik im Inland und den Gegnerri des Meiches im Ausland eine Möglichst eindrucksvolle Verstärkung seiner Position und seiner Regierung vor Augen führen zu können, "sollte er auf menschlich viel, leicht begreifliche, aber politisch unzweckmäßige Tempe. ramcniSauSbrüche unter allen Umständen verzichten. Sie sind nur allzu geeignet, schwankende Stimmen ob- zustotzen, statt sie zu gewinnen. Natürlich wird der Kanzler auf seine scharfe Neda ein scharfes Echo aus Bayern erhalten. Ta» bedeutet auf keinen Fall eine Erleichterung der schwierigen Lage. Noch bedenklicher erscheint die überraschende Ankündigung des Fraktions redner« der MehrhettSsozialdemokratie Willen, daß seine Partei die Zustimmung "zum Schutzgesetz, in der dritten Lesung von der Ausgestaltung der drei anderen Gesetze abhängig mache. Täs kann nur bedeuten, daß die Sozialdemokratie die "dritte Lesung des Gesetzes zum Schutze der, Republik hinausschieben will bis zur endgültigen Fertigstellung der anderen Gesetze. Ein» solche Taktik birgt schwere "Gefahrssn für das ge samte Gesetzgebungswerk in sich. Tas Schutzgeletz bedari als versassungsänderndes Gesetz einer Zweidrittelmehr heit. Es müssen also außer den Regierungsparteien auch die beiden Flügelparteien der Unabhängigen und der Tvuischen Volkspartei dafür stimmen. Die anderen Ge setze, die mit einfacher Mehrheit verabschiedet werden können, werden aber voraussichtlich mit wechselnden Mehrheiten angenommen werden, da die Volkspar te il er erhebliche Bedenken gegen das Beanuenvijzipli- nargesetz geltend machen, während die Unabhängi gen kaum dem "Amnestiegesetz glatt, zustimmen dürften. Bei diesen Zusammenhängen hieße es, die Zweidrittel mehrheit für das .Schuhgesetz unnötig gefährden, wenn man die Abstimmungen über alle drei Gesetze gleichzei tig in dritter Lesung vornehmen wollte. Es ist gar kein sachlicher Grund einzusehen, der zu solcher ungewöhn lichen Verkoppelung der Gesetze zwingen könnte. Partei-" taktische Erwägungen sollten aber Loch wirklich gegenüber so wichtigen grundlegenden Entscheidungen zurückzutre- ten haben. i Auf dem zweiten Wege, der, Verbreiterung der Reglerüngsbasts, ist man trotz aller eifrigen Be- Mühungen in letzter Zeit keinen Schritt mehr weiter, gekommen. ES liegt bisher nur die öffentlich, bekundete Willenserklärung der Deutschen Volkspartei vor, unter den ihr gestellten Bedingungen in die Regierungs koalition eintreten zu wollen und die Behauptung der Mehrheitssozialdemokratie, daß die Unabhängigen unter nicht näher bekannten Bedingungen ebenfa.lö zum Eintritt in die Regierung "bereit wären. Aber da die' MchrheitSsozialdemokratie gleichzeitig beschlossen "hat, Lik, Deutsche Volkspart.ei unter kemen Umständen jetzt zur, Regierung zulassen zu »vollem "helfen die Bereitwillig- keitserklärungen von rechts und links, so erfreulich jede einzelne für sich ist, nicht weiter. Einseitige Erwei terungen der Regierungskoalition nur nach links oder nur nach rechts können über die inneren und äußeren Schwierigkeiten der nächsten Wochen und Monate nicht "hinweghelfen. Man wird deshalb weiter wie bisher versuchen müssen, entweder die Regieruugöbasiö nach beiden Seiten hin gleichzeitig zu verbreitern, oder man wird, wenn das "bei den augenblicklichen Stimmungen unmöglich sein sollte, die Koalition lassen müssen, wie! sie "heute ist und die Erweiterungsabsichten auf spätere! günstigere Zeit zu vertagen "haben. So viel steht fest, daß die dringlichste von beiden politischen Gegen-! wartSaufgäben die der "Schaffung eines sicheren gesetz-" ltchen Schutzes der Republik ist. Dieser Auf»! gäbe müssen deshalb zunächst und vorbehaltlos alle vor» handeneu Kräfte gewidmet werden. Ihre Erfüllung darf i man nicht durch noch so wünschenswerte andere Aufgä-! ben gefährden, wenn deren Lösung im Augenblick nicht, durchführbar erscheint. Wie wir hören, vertritt auch" der Reichskanzler und die Reichsregierung! diesen Standpunkt und konzentriert deshalb vorerst alle! Aufmerksamkeit und Kraft auf "die schnelle Verabschtc- düng der, vier neuen republikanischen Sicherungsgesetze." Ein neues Moratorium. Es war unausbleiblich, daß der St urz der Mark",! der der Ermordung RathenauS und der daraus ent sprungenen Zuspitzung der innenpolitischen Verhältnisse folgte, die deutsche Republik vor die Unmöglichkeit stellte, die bisherigen Reparationszahlungen an die En tente weiter zu leisten. Die RetchSregterung entsandte deshalb Ende voriger Woche die Staatssekretäre. Fi» scher und Schröder nach Parts, um zunächst einmal inoffiziell mit den führenden Persönlichkeiten der Re« paraltonskommission die Möglichkeiten der Gewährung eines neuen Moratoriums zu besprechen. Diese Bespre chungen haben zu Ergebnissen geführt, die die Reich»- regterung veranlassen werden, alsbald einen offt- ztelilen Antrag aus Erlaß der Barzahlungen für einen längeren Zeitraum zu stellen. Nach der Stim mung, die in der ReparattonSkommisston herrscht, darf man annehmen, daß diesem Antrag stattgegeben werden wird. Ter katastrophale Marksturz hat so der Finanz« wie der politischen Welt England» und Frank« reich» endgültig die Augen darüber geöffnet, daß e» mit der bisherigen Politik nicht Wettergehen kann. Tie englische Presse erhebt ziemlich einhellig schwere Vor würfe gegen die französische Katastrophenpolttik und Frankreichs Festkleben an dem Buchstaben des Versailler Vertrages; in der sranzösischen Presse ist eine Ernüch terung unverkennbar. Wenn trotzdem der französische Vertreter in der Reparationskommission den englischen Vorschlag, Deutschland ein zwei- oder drei jähri ges Moratorium für alle Barzahlungen zu bewil ligen und auch die Sachleistungen zu ermäßigen» be kämpft hat, so darf man diesen Widerstand nach Luge der Tinge doch wohl als den letzten verzweifelten Ver such Frankreichs auffassen, den unvermeidlichen Gang dec Dnge noch einmal aufzuhälten. So blieb denn auch Frankreich vollständig isoliert, da sich auch Italien und selbst Belgien auf Setten Englands legen. Es ist kaum mehr zweifelhaft, daß nach der Rückkehr des Garantie komitees nach Berlin ein solcher Beschluß zustande kom men wird. Wenn aber die Entente, und vor allem Amerika, sich nicht endlich entschließt, die deutsche Fi- nanzka astrophe durch viel weitgehendere Mittel onfzu- hasten, so wird ein Moratorium auch nur ein Tropfen auf einen heißen Stein bedeuten. Die Spur äer Möräer verloren. Tie Mörder Räthenaus sind auö der Umkrei sung entwischt, wie es scheint ist die Polizei durch fal sche Angaben wissentlich irre geführt worden. Trotz alledem ist es unverständlich, daß es der Polizei bisher nicht gelungen ist, zwei Mittellos umherirrende Burschen zu fangen. Wenn die Polizei den einen Ra- »Henau-Mörder und den einen Harden-Attentäter ge- faß- hat, so ist es nicht ihr Verdienst; der erste wurd^ von seinem Onkel ausgeliefert, der zweite a^f frischer, Tai vom Publikum gefaßt. Taß.dte Verfolgung gemein schaftlich mit einem Zeitungsberichterstatter ausgenommen wird, und daß die Ergebnisse vorzeitig in die Presse gebracht werden, widerspricht allen kriminalistischen Erfahrungen und dient nur einem Re klamebedürfnts, dessen Berechtigung nicht anerkannt werden kann. Tie Reichsregierung hat übrigens außer der bereits ausgesetzte»» Summe von 1 Million Mart noch einen weiteren Betrag von l Million Mark ausgesetzt, und zwar lediglich für die Personen, die Fischer und Kern ergreifen oder zur Ergreifung und demuächstigen Ablieferung an deutsche Behörden bei tragen Warnung vor Begünstigung. (Amtlich.) Nach den Feststellungen der Berliner poli.ischeu Polizei haben sich die beiden noch nicht er griffenen Mörder des Ministers Rachenau in der Zeit nach,dem Morde in den verschiedensten Orlen bei ehe maligen Kameraden oder Gesinnungsgenossen verborge»» gehalten. Es ist damit zu rechnen, daß sie auch weiter hin versuchen werden, in Kreisen ihrer Anhänger Un- terschlupl zu finden. Eine solche Asylgewähruug, ebenso wie jede sonstige Unterstützung, bedeutet eine Begünstig gung im Sinne des St.-G.-B. und zieht schwerste Freiheitsstrafen nach sich. Es wird daher drin gend davon gewarnt, den flüchtigen Mördern irgendwel chen Beistand zu leisten. In den letzten Lagen hat die .Berliner Polizei bereits mehrere Perivneu fest- gen v m men, die sich wegen einer solchen Begünstigung vor dem Strafrichter zu verantworten haben werben. , t Auf die Ergreifung des noch flüchtigen Ankern mann, der das A.tentat auf Maximilian Harden verübt hat, ist eine neue Belohnung von itlO l>Ot) Mark ausgesetzt worden. Das Befinden Hardens ist noch im mer bedenklich. Die acht schweren Kopfwunden sind sehr schmerzhaft und heilen schwer, so daß man noch immer Verschlimmerungen befürchten muß. > Deutscher Reichstag. Die Bedeutung der Abstimmungen zur zweiten Le- sung des Gesetzes Über den Schutz der Repu blik kam zunächst in dem äußeren Bilde der gestrigen Reichsmgssttzung zum Ausdruck. Die Fraktionen hat ten ihre von Berlin abwesenden Mitglieder telegraphisch "herbeigerufen und gleich bei Beginn der Verhandlungen war das Haus fast bis auf ben letzten Platz besetzt. Zu nächst wurde ein Gesetzentwurf erledigt, der tm Zusam menhang mit dein "Versailler Vertrag gewisse Fragen der Sozialversicherung und de» ArbettsrechtS in den ab« getre.enen und besetzten Gebieten regelt. Tann began nen die Abstimmungen über da» Schutzgesetz sofort Mit den» grundlegenden 8 1, der mit großer Mehrheit ge« gen die Stimmen einiger Leutschnattonaler und der Bayrischen Vo'.ksparieiler angenommen wurde. Die Ab stimmungen gestalteten sich aber alsbald schwieriger und rel.raubender, namentlich dank dem Verhalten der Kommunisten, die von vornherein ankündigten, daß