Volltext Seite (XML)
Mzeiger für -as Erzgebirge Donnerstag, den 23. März 1S22 17. Jahrgang Nr. 70 /luer Tageblatt --»q,»I«p»sti>>n«n,» M UAA^D^^M»-»u,—— m„», »-n-m-puu, «I,.,,». - «.«.In« —,NI,U». X ,„l. 7—m-q Rernsvrub»stnkhtus kl» -I, fttzUtti«» ,»is-i,ch«nt«r >-»»«. r,i»oramm.. r°g,di°tt >u.»ro,birg». Eathaltra- Sie amtlichen Sekanntmachllngen -es Nate- -er Sta-1 UN- -es Amtsgericht» /ins. p,stgh«r.g.nt», Nm« L,ipr>s Nr. iees Das Wichtigste vom Tage. Der Reichspräsident hat den Geheimrat Dr. Wtedfelpt -um Botschafter tn Washington ernannt. > > » !Fm HauptauSschutz de» Reichstage» äußer- t« sich der ReichSverkehrSmtntster Grüner ausführlich üder die gegenwärtige La«« her Reichseisen- b <th'nen Und kam zu dem Schluß, daß e«ne 40pro- zentige Erhöhung der Gütertarife ab 1. vprtl notwendig fei. ' Nach einer Pariser HovaSmeldung hat Potncare fetzt endgültig darauf vernichtet. nach Ge nua b« ae-en. Vliohd Georges Presse teilt mit, daß er in der ersten Aprilwoch« die RegterUstgspolitik für GenUa, wo er zwei Wochen bleiben wolle, in einer Nnterhau'-rede entwickeln werde, um sich dann ein Vertrauensvotum geben hu lassen. Der neue Reparationsroahnsinn. Veutfchlan- unter Vormundschaft -er Entente. Unmittelbar väk der Verabschiedung der neuen Steuergrsetze, die das deutsch« Volk bi- an die Grenze keiner Leistungsfähigkeit und teilweise darüber hinaus belasten, ist die Entscheidung der ReparationSkommts. sion in Berlin eingetroffen. Die geht an Schürfe und Unerbittlichkeit, an wirtschaftlichem Unverstand und Po litischer Unerträglichkeit weit über alles hinaus, wo selbst Pessimisten voraa-gesagt hatten. Vie wirft ur- plötzltch Deutsch lands Schicksal wieder vollstündig in» Ungewisse und führt innen- und außenpolitische Krisen herauf, deren Verlauf und MuStzang im Mugen- Slick niemand absehen kann. Ob unter diesen Umstünden die Steuergesetzgebung bis Ende dieser Woche, wie ge plant war, beendet oder al» zwecklos abgebrochen wer den wird, ob df« im Reichstag umlaufenden Gerüchte einer unmittelbar bevorstehenden Regierungskrise sich erfüllen werden oder nicht, darüber wird sehr baldi ^'arbeit geschafft« werden. Der Inhalt der neuen Forderungen der Rspara- ttonskommtsston zerfüllt in drei verschiedene Teile. Am wenigsten Ueberrqschung bringt der festgkftelltr Zahlungsplan, der sich im großen und ganzen an die Bestimmungen hült, di« bereit» in «könne» vereinbart waren. Danach sollen die Zahlungsvorschriften de» Londoner Ultima tum» für da- Jahr 1982 auf 720 Mtllionen Gold- mar? in Barzahlung und auf 1450 Milli onen Goldmark tn Sachleistungen herabgesetzt werden. Rach dem Londoner Ultimatum Hütten wir 2 Milliarden und 28 Prozent von der Ausfuhr zu zahl- len gehabt, die im letzten Jahr angeblich «in» Milliarde erbracht haben. Statt dieser zusammen 8 Milliarden jährlich sollen also für 1922 n ü r 2175 Millionen Gold- mark aufgebracht werden. Der ganz« Rachlatz betrügt demnach 825 Millionen od«r rund 80 Prozent. Da» ist wahrhaftig keine übermäßige Milderung und sicherlich immer noch weit mehr, qls Deutschland tn seiner jetzigen Lage bet der fortgesetzten Geldentwertung za leisten im stande ist. Gs Wirtz aber überdies noch ausdrücklich be tont, daß diese Erleichterung hinfällig wird, falls di« Deutsche Regierung oder ihre Organe bet den Sachlte» ftrungen Obstruktion treiben sollten. Die Entscheidung darüber, ob aus Obstruktion oder aus sachlicher Unmvg- ltchkett die Zahlungen verzögert werden, behält sich ein seitig die ReparattonSkommisston vor. Damit bleibt da« Damoklesschwert unermetzlicher Gntentefovderungen stün dig über dem deutschen Wirtschaft«' und gtnanzleben schweben und bedrvht nicht nur di« Kreditfähigkeit und die Gesundung per deutschen Wirtschaft, sondern die Existenz de» deutschen Volke». Schlimmer qls der Zahlungsplan sind die Bestim mungen, dis al» ' Garantien für -Es durchftlhrung -kfes Plans» bezetchnot werden. W» wird nämlich t« der Rote dar Reparationskommission behauptet, dis von der Deutschen Regierung angebotenen Maßnahmen und Garantien, die in den bekgnntqn weitgehenden »arif»rhsdung»n und in den 14 neuen Gteuergesetzsn besteh«» seien ungenügend. Die ReparattonSkommisston for dert deshalb eine Zusatzbesteüerung.die ein« völ lige Deckung des Reich-Haushalt- einschließlich der Re- parattonsschuld sicherstellt, «los Grund der Nachprü- fun- de» deutschen Retchshaushaltes kommt hierbei dis Entente su der Fordsrung einer Zulatzsteusrvon 89 Millionen Papiermark, als» zur.Fordsrung einer Verdoppelung der bisherigen neuen Mauern Dabet wird aber noch verlangt da- sich diese Zusatz, besteuerung automatisch einer etwa fortschreitenden deut- schen Geldentwertung anpassen, uNd datz diese neu« Gteuerart bis zum 31. Mal tn Kraft gesetzt werden und bis zum 31. Dezember 1'922 bereits 40 Millionen Pa- piermarrk erbracht haben soll. In welcher Form diese neue Steuer auszuschreiben sei, das übevlätzt man gü tigst der Erfindungsgabe der deutschen Gteuersachversiän- digen; man schreibt ihnen nur vor, patz die Veranlagung möglichst einfach sein müsse, um schnell Erfolge zu ha- ben. Don allen steuertechnischen Dersttegenh eiten die ser Forderung abgesehen, werden sie das deuttche Wirt- schafts- und gtnanzleben derart belasten, datz die deut sche Valuta immer tiefer sinken und das zu deckende Defizit im Reichshaushalt immer größer sein mutz. Geradezu ungeheuerlich und unannehmbar sind aber schltetzltch dio Kontrollmaßnahmrn, die die Reparationskommission ankündigt. Sie will durch ihren GarantteauSschuß nicht nur tn jedem Augen blick nachprüfen, ob die deutsche Steuergesetzgebung den neuesten Forderungen genügt und welch« Erträgnisse sie bringt, sondern sie behält sich eigene Eingriffe tn die deutsche Finanzhoheit vor für den Fall,§ datz nach Ablauf furz bemessener Fristen die von ihr, vorgeschriebenen Maßnahmen nicht ergriffen worden sind oder sich nicht al» ausreichend erwiesen haben. In diesem Falle will sie nicht nur eine Erhöhung der deut schen Einnahmen, sondern auch eine Verminderung der Ausgaben anordnen können. Da» bedeutet in Wirklich keit also die Befugnis der Reparationskommission, ,je- derzeit von sich au« Steuern au-zuschret- ve-i, Tarife zu erhöhen oder aber Minderbe- zahlung von Beawten und GtaaiSarbet- tern, Entlassung von nach ihrer Ansicht überflüssi gen Hilfskräften und andere einschränkende Maßnahmen zu treffen. Da» geht weit über die Ftnanzknechtschaft früherer Zeiten hinaus und übertrifft an demütigende« Härte selbst die Vorschriften, die sich die Türkei und andere bankrott« Staaten früher gefallen lassen mutzten. Demgegenüber spielen die weiteren Forderungen, die die Kontrolle über die Ausfuhr, über den Eingang vier Devisen, über die Rückkehr der nach dem Ausland ge schafften Kapitalien, di« Verhinderung der Kapital flucht und die volle Unabhängigkeit der ReichSbank be treffen, «ine verhältnismäßig nebensächliche Roll«. Wie zum Hohn wird schließlich noch! von dem derartig ge- knechteten deutschen Volke ein« inn «re deutsche An leihe neben der Zwangsanleihe bi» zum 30. April und der Entwurf von Bedingungen für die Auflegung einer äußeren Anleihe sowie di« Veröffentlichung einer vor- krtegsstatisttk wirtschaftlicher und finanzieller Art ge fordert. Al» ob tn Deutschland und im Ausland noch Ftnanzkrüfte vorhanden wären, die nach solchen Be dingungen Geld für inner« oder äußer« Anleihen her gäben l Die Auswirkungen diese» neuesten Ententewahn- sinns müssen zunächst mit möglichster Ruhe und inne rer Geschlossenheit abgewartet werd»». Jetzt kann nur noch Einigkeit und Festigkeit vor dem Untergang Letten. der Eka-rack -er arparatkonsrntjHelüung ka Serlka. Vas Echo -er Serliner presse. Die gesamte Berliner Abendpresft ist einig im Ur teil über die Unerträglichkeit und Unmöglichkeit der Forderungen der ReparattonSkommisston. Da- Berliner Tageblatt (demokratisch) be merkt dazu: In parlamentarischen Kreisen sieht man tn der Note mit ihren Fristsetzungen nicht nur einen fast unerträglichen Eingriff in die gesetzgeberisch« Souve ränität, sondern ist auch der Ansicht, datz schon durch die bisherigen Steuern die Dteuerkraft des deutschen Volkes bi» zu ihren äußersten Grenzen erschöpft ist. Welche Folgen die Note auf die innerpolttisch« Gestal tung der Verhältnisse hüben wird, läßt sich im Augen blick noch nicht sagen. Die Bossische Zeitung (demokratisch) schreibt unter der Ueberschrtft: Las unmögliche Rezept: Di neuen Steuern im JVHreSbetrag« von 60 Milliarden die die ReparattonSkommisston verlangt, sollen indirekte, cklso Verbrauchs» und Berkehrssteuern sein. Natürlich ist e» möglich, aiuf Befehl der Entente lösche Steuern einzuführen, di« auf dem Papier und schließlich viel leicht sogar im Papier den erwünschten Ertrag bringen. Aber gegen dcks Papiergeld, in dem sie ihn am Ende bringen werden, wird die Papiermark von heure noch Edelvaluta sein. Der Vorwärts (Soz.) äußerst sich u. a. folgender maßen: GS mutz ganz klar gesagt werden: es gibt kei nen Menschen tn Deutschland, der den gegenwärtigen Zustand, wie er tn der Entscheidung der Reparations kommission klar zu Tag« tritt, volkswirtschaftlich und staatsrechtlich für di« Lauer al- erträglich betrachten würde. Will man nicht den Weg gehen, der zu ein« völligen Aufhebung der staatlichen Selbständigkeit Deutschland» führt — und man kann ihn nicht gehen — dann muß das Schuldenverhältnt» Deutschlands zu den Alliierten sobald wie möglich zu einem normalen ge macht werden, wie e» in einem gesund*» Geschäftsleben üblich llt, d. h. es mutz ein End« hoben mit dem System der Zwangsexekutionen Und der kaum noch ver hüllten Schuldknechtschaft. Die Zeit (D. Vp.) schreibt:^ Da» neue Diktat be deutet gegenüber dem Erfüllungswillen der deutschen Regierung «in« neue Unmögltchmachung de» Erfüllen». Die.Folge dieser neuen Steuerbelastung mutz ein Er liegen unserer Wirtschaft sein. Dir Valuta mutz weit« sinken und Arbeitslosigkeit, Teuerung, Lohnsteigerung, Streik» im Gefolge haben. Wir stehen vor der kritisch sten Phase unserer Erfüllung-Politik. Es wird uns aber mals Unmögliches zugemutet, und wir stehen vor de« Frag«, ob wir da» Unmögliche wiederum zu erfüllen versuchen werden, obwohl wir wissen, daß der Ruin von innen heraus umso sicherer bevorsteht. Die Deutsche Tageszeitung (demschnational- agrarisch) betont, die Forderung der Emente bedeute auch den restlosen Zusammenbruch der Erfüllung-Poli tik Wtrth-Rathenau, die nunmehr gerade de» entgegen gesetzten Erfolg gezeitigt habe, bür« diesem Umstande ergäbe sich wiederum die Tatsache, datz wir vor «in« neuen innerpvlttischen Krisis stehen, deren Folgen noch garnicht abzusehen sind. Dabei müsse ausdrücklich be tont werden, daß diese Krisis ihren Ursprung in der verfehlten Politik des derzeitigen Reichskanzler« finde. Der Auszug au» der Note der Reparationskom- Misston, der gestern mittag in Berlin vorlag, hat im< Reichstag einen geradezu deprimierenden Ein druck hervorgerufen. Eino offizielle Aeutzerung der Retchsregterung dürfte erst erfolgen, wenn der Wortlaut der Entscheidung, die in der Form eine» Briefe» an den Reichskanzler zur Mittagszeit Überreicht wurde, vor liegt, und da» Kabinett sich mit diesem Schreiben be faßt haben wird. Man hatte, wie von parlamentari scher Seit« erklärt wird, von der Entscheidung der Re- parationSkommtsston auf da» Stundung-ersuchen der deutschen Regierung eine finanziell« Erleichte rung erwartet. Dä« Entscheidung, so wie it« gefallen ist, bedeutet aber das gerade Gegentetl Gestern nachmittag wollte da» Kabinett sich mit der Entschei dung der Reparationskommission beschäftigen, ebenso die Fraktionen, wenn ihnen der Wortlaut de» Schrei, den» an den Reichskanzler vor läge. In den Parteien werde auch di» Frage ventiliert werden, ob nicht ange sichts der Not« der Reparationskommission das Steuer- kvmvrsmiß erschüttert und hinfälttg gewor- den sei. Di« anßenvolitische vage »erde als äußerst ernst angesehen. «vier Part« kommenden Nachrichten, di, von RückkrittsabOchten des Kabinett» Wirth wissen wollen, werben in den wandeigängen des Reichstages groß« Bedeutung.bet' gemessen. Auch in der Pariser PreNszstgt sich größte Bestürzung über dis ungeheuerlichen Forderun gen des yetndbundes. Di» Meisten Blätter Habs» sich ihrs Stellungnahme zu dieser Entscheidung dar Rsvara- tionskammisiion noch Vorbehalten. Der nächste Luftkrieg. Da"» Streben der siegreichen Ententestaaten geht be kanntlich angeblich dahin, e» nie wieder zum Krieg kom men zu lassen, und au» diesem idealen Grund« ist auch der Völkerbund in» Leben gerufen worden. Den Anfang hat man damit gemacht, daß man Deutsch länd tn «inen so vollkommenen Zustand der Wehrlosig keit versetzt hat, daß es heute selbst nicht in der Lag« wär«, sich mit Erfolg etwa gegen den Ruubstaa, Polen zu wehren. Indessen trauen die Ententestaaten selbst dem Frieden ganz und gar nicht und handeln nach wie vor nach dem alten Grundsatz: Wenn du den Frieden willst, so rüst« dich für den Krieg. In Amerika ist die Fabrikation der Giftgas.« auf eine ganz unvor stellbare Höh« gelangt, und tn England sieht man sich genötigt, sich besonder» liebevoll dem mtltcktrischen Vuftschtsfahrtswesen zuzuwenden, wenn der englisch» Luftschtfftchrtsmtntster bet dsr Einbringung seine» tzwus- hvtlt» im Unterhaus« mit starker vetonun» auf die Nolls htnwte», die dis deutschen Flugzeuge bei ihrem letzten Angriff auf London gespielt haben, und dazu bemerkte, tn Zukunft würden bet derartigen Angrtfftn vielleicht von zehnmajl mehr Flugzeugen Bomben von zehnmal größerem Gewicht und mit wenigstens vier- bis fünfmal größerer Sprengkraft abgeworftn werden, so geschah dois nach dem alten Sprichwort, daß man auf den Sock klopft und den Essk metnt. Natürlich dacht» dsr eng- llsche Minister dabet Nist,» Augenblick etwa an die deut sch« Gefahr, sondern an den Nüsn frop-üstlchtn Freund