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Tageblatt Anzeiger für Sas Erzgebirge 17. Jahrgang Nr. SS Donnerstag, äen S. März 1S22 ,.Mfp»ch.5nschl»« Nr. SS. fchMss.» .n.sp«ch,n»., n«d,tt. Lsligrammi« Tcigrbiott fiurirzgrblrg«. Enthalten- -ir amtlichen Bekanntmachungen -es Nates -er Stabt UN- -es Amtsgerichts /iue. p-stschrck-ttonto, flml Leipzig Nr. 1»»» Das Wichtigste vom Tage. Aus Brüssel wird gemeldet, baß die belgische Regierung einen neuen Antrag in derKaiser- aburteilungssrage am 4. März den alliierten Kabinetten zugestellt babe. ' * Tie Liga für Menschenrechte hat bei Poin- eare nochmals beantragt, dem Becs.piel von Deutsch land und Oesterreich zu solchen und die Ver- öffentlichung der in den Archiven lagernden >! l l r> n über den U r s P r n n g de» K r t e q e ü zu ver- r lassen. Ter Sozialdemokratische Parteitag soll n August dieses Wahres slaitsinden. Als Ort der Tn- nng ist Augsburg gewählt. Die Agence Halms meldet vuS N e!v hort: Tie V e r- chnigten Staat e n Haven die Teil u a h m e au der onserenz von Genna ab gelehnt. Die Blutegel. (Vvu unserem Berliner Mitarbeiter s Besonder'» abstosiend wirkt in dein Thsleni der Be- ditläuna und der 'Auspressung der Verliererslaaien durch die siegreiche Entente das System, neben den seslge 'chien nninbglichrn Leistungen nun auch noch sonst gh erlet ans dem völlig verarmten Zentralenrvpa heraus- '.usaugeir. Al« Fehrenbach noch Reichskanzler mar, wie» er einmal treffend darauf hin, dach der Entente intlilartömuS in den besehterr Gebieten einfach unsere Rcparalionsfähtgkeit anffrißt. Was da 'ist, svird von vornherein, durch Besatz» ngScwmee und durch die, un zähligen Kommissionen absorbiert. Es ist überaus wich tig, dach seht in jenem Teile deck vormals sein blichen Auslandes, wo die Vernunft noch nicht ganz .rstorbcn ist. .sich selber Stimmen 'gegen diesen Wahnsinn regen. ?er Lord Newton hat den Milt gehabt, im britischen Oberhanse den Finger in diese, schwärende Wunde zu legen. Seine Auszählung ist 'in keiner Meise vollstän dig; denn er Wendel sich nur gegeln die Kommissionen der Entente in Mitteleuropa. Weitaus mehr Milliar den werden durch die B e sa tz n ngs ar in e.e verschlun gen. Dazu kommt aber noch dass die Besatzung strnp- hen ungezählte Milliqrdenwerte, der deutschen Wirt schaft entweder vernichten oder aber ihre Nu hu na in prodnk.tvev Beziehung verhindern. Was an Ackerfläche im Rheinland Deutschland zertrampelt wird, daS geht in viele lausend Hektar. Inwieweit der Verkehr seinen natürlichen wirtschaftlichen Funktionen durch den un- grodnkiiven Militarismus entzogen wird, darüber gibt e» keine Statistik. Wieviel der Gegner regniriert, auf faust oder an fremden Lnxnswn.ren ins iliheiitlaud^ ein- schmuggelt, u>lch davon erzählt keine Statistik. Tennvch wird dadurch Deutschlands WiedcrgutmachungSiühigkeit auf da» Schliuimste vermindert. Tas alle» muß man zunächst einmal den Ausfüh rungen des Lord Newton shlnznfügen, iveuu man ein wirkliches Bild der Blnlegeipolitik erhalten tvill die die Entente mit uns treibt, liebevoll werden, diese Blut sauger angesetzt, sie wohnen tu den besten Hotels, füh ren nur Automobil und führen, auch sonst, ein Leben, da» mit der schlimmen Not, die in den zentrale rropä- ischen Ländern, von der kleinen Oberschicht der Schieber abgesehen, herrscht, in schreiendem Gegensätze steht. In welchem Umfange dieser Wahnsinn geübl wird, das hat mit geradezu Plastischer Anschaulichkeit Lord Newton üargelegl. ES gibt Militärmissionen, Marinemisstonen, Luftfahrtmissionen, Finanzmissionen, LebenSmitiellnisstv- uen, Eisenbahnmtssionen usw. nsw. Geradezu schlagend ist das Beispiel, das Lord Newlon über Wien erzählt Dort sind in einem Jahre. 7Vu Millionen Kronen, ver pulvert worden (wahrscheinlich handelt eS sich, um Gold kronen), davon Hal das arme Oesterreich nur Milli onen Kronen bezahlen können.ben Rest mußten die Alli- icrwü aus ihrer eigenen Tasche lwznblen. Am schlimmsten wird Deut s ch land ausgesogen. Die R e p ar attvns- kom Mission, die aus 17! Personen besteht, kostet monallich 82 Millionen Mark. Die Kontrollkom mission, die überhaupt nach völliger Abrüstung Teulfchlandl» vertragswidrig ist, best'ht dennoch Weller und umfasst ntäst Uwntger ä!s Ibllb Personen, die 28i/r 'Millionen Mark monatlich verschlingen. Dabei must Lord Newton selbst zugestehen, vast Deutsch,land völlig abgerüstet hak. Aber es ist dle alte Geschichte, ebenso wie die KctcgSgesellschaslen bei tun« bestrebt sind, ihre Existenzberechtigung immer wieder nachzuweisen ebenso wenig wollest die feindlichen Kommissionen freiwillig aboanken. Darum spüren sie vermeintlichem Vertrags Widrigkeiten nach, ersindcn sensätionelle Nachrichten, überlretban vereinzelt vorkommend« törichte Verstöße LShien die Eulwassnung-üestlmmungen nur um ihre Ueberflüssigkeit nicht offenkundig werden zu lassen Tis Sensationspresse ini feindlichen Auslände,, die von den ehrlichen Leuten der eigenen Nation verachtet wird, stellt sich jenen llebertreäbungen willfährig zur Versü- gung. Aber indem die Regierungen der feindlichen Länder sich, durch sie betrügen lassen, werden sie selber zu betrogenen Betrügern. Was ähre, Militärs hier ver geuden, .geht von unserer Leistungsfähigkeit ab und trifft so die Steuerzahler der eigenen Länder. Tas ist! freilich für uns, die wir bis zum letzten Quäntchen un serer Leistungsfähigkeit bluten müssen, ein. schwacher Trost. ' ' Besonders ungeheuerlich muieu die Miltei'luugBl des Lord Newton auch Über Ungarn an. Obwohl die se» Land keinen Ausgäng Zur See mehr hat und auf der Tvuan lediglich einige Koiitrollschiffchen besitzt ^hät man dennoch eine Martnekommission nach Ungarn entsenden wollen, die aus vier Admirälen besteht. Tie Militär kommission hat in Budapest!tm ersten halben Jahr 250 Millionen Kronen verschlungen, selbst jetzt toster sie noch 30 Millionen monatlich. Ein gemeiner englischer Sol dat erhält an Löhnung insgesamt soviel in einem Ato nal, wie der ungarische Premierminister m einem Jahr. Kein Wunder, dass der ansrichlige Lord erklärt, dast der Anblick dieser Kommissionen, die aus den, Bankrott des Volke« gedeihen, ein» der widerlichsten Bilder seit, dle man sich vorstcllen tkönne. Er schlägt vor,.dast Eng land endlich den Mut besitzen soll, dieser fhstematischen Aussaugung entgegeuzutreten. Ob Lloyd Getorge im vorkommeudeu Falle den Mut haben wird. dietsenk Shstem enlgegenzutrete'n, darf mach nach allen bisheri-, gen Erfahrungen billig beztveifel,n. Er beugt sich ja immer wieder der SensattonSp,reisse, und zum Teil lM er die. Stimmung, in der ein solches System erdichtet tverdeu konrue, selber lllit erzeugt. Deutsch t?.näs LcrsLun^on. His 31. vezbr. 1^21 etwa b'/r Milliar-en Gol-mark. Ter UiiedergutmachuugSanSschust veröifenUtcht eine amtliche Mitteilung, durch die er die bi» zum 31. De zember 1921 von Deut sch lan d erfolgten Lei stungen bewertet. Die Liste 'lautet wie folgt: 1. Zahlung in Gold und ausländischen Devisen a) direkt von Deutschland bis 31. Dezember 1921 geleistete Zahlungen: 1041 419 000 Goldmark. b) Einnahme aus anderen Quellen, die -ür Rechnung Deutschlands erfolgt: 1. Zahlung Dänemarks für die Abtretung eines Teiles von ' Schleswig-Holstein 05 Millionen Golcnuark. 2. 'Verkauf der, zerstörten Kriegs materialien 40 900 000 Goldmark. 3. Verschiedenes 057 000 Goldmark. > e) Einnahmen aus bev Durchführung der Abgabe von etngeführteu deutschen Waren, tu England (Reev- verh Art) 30 139 000 Goldmark insgesamt 1134171000 Goldmark. 2. Sachlicferungen (schätzungsweise) a) an alliierte und assoziierte Mächte 2 700 250 000 Goldmark. b) Verkauf au Luxemburg an die Tertilallianz der Vereinigten Staaten usw. 39 092 000 Goldmark. insgesamt 2 799 342 000 Goldmark. Unter l und II sind also insgesamt etnzegangcn 3 933 514 000 Goldmark. 3. In den abgetretenen Geieten übernommene Staattzver- mögen nach bei: gegenwärtigen Schätzungen unter Ausschluß der schleswig-holsteinischen Güter, die unter Ib) 1. be reits verrechnet sind 2 504 342 000 Goldmark. Insgesamt 0 487 855 000 Goldmark, In dieser Ausstellung sind Vicht enthalten die von Teuischland zurückerstatteteu Gegenstände, für Vie. e» 'kleinen Anspruch auf Gutschrift besitzt, ferner die von Deutschland für die verschiedenen Kommissionen gezahl ten Beträge, die ihm 'nach dem Wortlaut des Friedens- Vertrages zur Last fallen. Der Gesamtbetrag in Höhe von etwa O'/u Milliarden Goldmark kann für fol gende Posten Verwendung finden! '1. Rückzahlung der Vorschüsse zur Erleichterung der ^ohleuUefernngcn aus Grund de» Abkommen» von Spach in, Höhe von etwa 390 Millionen Goldmark. 2. BesatznngSkvsten bis zum 1. Mat 1921, svivelt sie durch di« Zahlung in Papier mark und in den oben erwähnten Leistungen nicht ge deckt sind. 8. Reparationen. Tie Mitteilung bemerkt ferner, daß die vorläufige Abschätzung der Zahlungen und Leistungen bis zum 1. Mai 1921, die seinerzeit eine Gesamtztffer von etwa 7V» Milliarden ergab, di« pbenstehcnde Abschätzung bi» Ende des Jahre» 1921 'demnach nm ungefähr eine Mil liarde übertrifft. Tiefer Widerspruch erkläre sich da durch. dast die vorläufige Abschätzung der Leistungen bis 1. Mal 1921 folgende Posten umfaßt habe, die in der anderen Abschätzung nicht enthalten seien: Zahlun gen Deutsch lands für seine Versorgung mit Lebensmit- teln und Rohstoffen, direkte Leistungen Teutschtand» an die Besatzuupcarmeen durch Zählungen in Papiermark, Warenlieferungen und Dienstleistungen, schließlich Vie Kosten der verschiedenen Kommissionen, die zu Lasten Deutschlands gehen. Dagegen umfasse die Abschätzung bis zum Ende des Jahves 1921 folgende Posten..die in der vorläufigen Abschätzung der Leistungen bis zum 1. Mai nicht enthalten waren: Staatseigentum in den ab- gelrete.nen Gebieten, sowe.il dessen Wert nicht durch Bar zahlungen eingelvst wurde, und die Zählungen und Lie ferungen in natuvä zwischen dem 1. Mai und dem 3l. Dezember 1921 in Höhs von ungefähr 1 400 000 000 Goldmark. ' ' Tiefe Aufstellung der Neparalionökommission ist eine glaite Milchmädchenrechnung. Sie unterichläg- völ- ltg die deutschen Vorleistungen, die durch Ab lieferung der deutschen Kriegs- und Handelsflotte, durch veu Wert dec deutschen Kolonien, durch das Uogldierte deutsche Eigentum im Auslände und durch dce unermeß lichen Werte in den abgetretenen Gebieten dargestellt werden. ES ist die Politik der U nw ah r h af t i g ke tt, die auch hier zutage tritt. Nachdem mau uns bis auf die Ha»:! auögeplündert hat, nachdem man uns alles bi» aus unsere Arbeitskraft und unsere wirtschafcliche'n Werte wcggenommen hat, Erklärt man heuchlerisch, daß wir nicht zahlen wollten. Diese unwa'hrhaftiae Politik wird unterstützt, wenn die Reparattonökomnitssion in ihren amtlichen Auslassungen solche Unterlassungssünden begeht, wie ste hier vorgokominen sind. Es will unS scheinen, daß die deutsche Negierung die Pflicht hat, solchen Nechenknnststückchen einmal amtlich Mir allem Nachdruck enlgcgenzutrelen. Das Steuerkomprom'ch gesichert. Mantelgesetz un- Zwangsanleihe noch auoftänSig. Die Sieuerausschüsse des Reichstages haben ihre umfangreiche Arbeit gestern Mittwoch zum Abschluß gebracht. Tie ihnen vorgelegten ^zahlreichen Steuerge- setzentwürse sind in zwei Lesungen dnrchbcraten worden und können nun an däs Plenum gehen. Es fehl:.aber >och das Mantelgesetz mit 'den Bestimmungen über Ne Z w a n g s cän l e i he. Gegenwärtig beschüitcgr sich der finanzpolitische Ausschuß des ReichSwirtschaftsraisS tat! dieser Materie. Er soll dem RBchZinangnInisteriUM möglichst bis zum Freitag ein Gutächten erstatten Am Sonnabend wollen dann die beiden Swueranöfchüsse deö Reichstags eine gemeinsame Sitzung abhalten und sich in ihr gleichfalls mit dem Mantelgesetz und der Zwangs anleihe beschäftigen. Inzwischen, werden auch dw Frak tionen da ul Stellung nehmen. Die Vvllspa'rt et liche ReichSlagösraklivn hat die Persönlichen and sach lichen Garantien, von deren Gewährung sie bekanntlich ihre Zustimmung im Plenum zum Steuerkompromiß nbhäugig macht, schon vor eluigeu Tagen 'm Einzeluen festgelegn Sie wird sie voraussichtlich Freitag den üb, rügen Parteien und dem Retchsfinanzminister wie dem Reichskanzler schriftlich überreichen. Wie man hört, legt mau bei der Volkspartei weniger Gewicht auf die per sönlichen, als aus die sachlichen Garantien. Sie be ziehen sich auf die Verwendung der neuen, durch das Sleuerkompromiß dem Reich zur Verfügung gestellten Mittel zur Ordnung seines innersen Hanshälts sowie auf die Ausschaltung der Tefizitwirtschasl in den Reichs- betrieben aus dem NetchSetät. Es soll sich also um ein Santerungsprogvanim handeln, das von den Kom- promtßparieleii und von der Neichsregiernng gemeinsam anzunehmen und durchzufütren wäre. Da der Wort laut dieses SanterungsProgrammS nvch nicht veröffent licht ist, haben die Regierungsparteien auch noch keine endgültige Stellung dazu nehmen 'können. Wahrschein lich wird dle erste Sitzung sämtlicher! Führer der Kam« proinißparieien im Läufe des Donnerstag oder Freitag Vvrmiung slattfinden. Von ihrem Verlauf dürfte , e» abhängen, ob das Sleuerkompromiß endgültig ais ge sichert anznsehen ist oder nicht. Im ersteren Fälle könnte das Plenum des Reichstags bereltö am Montag nächster Woche die zweite Lesung der Steuergesetze be ginnen. JweiNeäen äesNeichspräsiäertten. Ebert auf -er Leipziger Messe. Durch zwei Reden, bl« der Reichspräsident bet seil, nein Besuch in Leipzig gehalten hat, hat er den in Wettesten Kreisen unseres Volke» über ihn haftenden Eindruck eine» klugen, kenntnisreichen 'und taktvollen Staatsmannes erneuert und vertieft. Mit denselben klaren Worten, mit denen er bet der Begrüßungsfeier