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Dresdner Journal. Verantwortlicher Redaeteur: I. G Hartmann. ^U248 Erscheint mit Aufnahme der konn- und Festtage täglich Abend« und ist durch alle Postanstalten zu bezte-eir. Freitag, den 24. Oktober. Preis für da» Vierteljahr Lhaler. Ansertton». Gebühren für den Raum tiarr gespaltenen Zeile l Neugroschen. 18S6 Nichtamtlicher Theil. Nrdersicht. Tagesgeschichte. Telegraphische Nachrichten. — Dresden: Eröffnung des LehrrrinnenseminarS zu Aalln- berg. — Wien: DaS Kaiserpaar zurückerwartet. Erhö hung deS Zinsfußes der Sparkasse. — Prag: Das Eisrn- bahnproject von Zittau nach Böhmisch-Leipa.— Berlin: Vom Hofe. Herr v. Kissel,ff. Zur Neuenburger Frage. — Augsburg: Prinz und Prinzessin Adalbert elngetrvf- sen. — Paris: Der österreichische Gesandte zurück. Die Verminderung der österreichischen Besatzung in den Lega tionen. Der neapolitanische Gesandte nicht adqereist. Ein ladungen nach Eompiegne. Tagesbericht. — Rorschach: Die Kaiserin von Rußland einqetroffen. Die Eisenbahn nach St. Gallen. — Rom: Die WeinauSfuhr verboten. — Parma: Die Verhandlungen wegen Erneuerung des Zollvereins mit Oesterreich. — Madrid: Amnestie. Der Sequester auf die Güter der Königin-Mutter aufgehoben. Audienz deS Grafen Benckendorff. — Lo n do n: Unglücks fall. Die Eonsuln der Westmächte werden in Neapel ver bleiben. — Kiel: DaS russische Geschwader angekommen. — St. Petersburg: Der Einzug des gekrönten Kai- serpaareS. Local- und Provinzialangrltgrnheiten. Berichte aus Dresden (Stadtverordnetensihung), Leipzig, Eh?m- nih, Plauen, Hainichen, Rosenthal, Aus dem Erzgebirge und Pulsnitz. Oeffentliche Gerichtsverhandlungen. (Dresden. Leipzig. Borna. Annaderg.) Die Eisenbahnverbindungen Deutschlands mit dem Auölande. Feuilleton. Vermischtes. Inserate. TageSkalender. Börsennachrichten. LageSgeschichte. Telegraphisch« Nachrichten. Bern, Mittwoch, 22. October. Infolge der Be strebungen der Diplomatie Freilassung der Neuenbur ger Gefangenen. Der Bundesrath ist bereit, der Bun desversammlung den Erlaß einer Amnestie vorzuschla gen, vorausgesetzt Preußens gleichzeitige Anerkennung der Unabhängigkeit Neuenburgs. Der Bundesrath erstrebt Vertretung der Schweiz bei den Pariser Eon- ferenzen. Militärische Nüstungen. Venedig, 21. Oktober. (Tel. Dep. d. Oesterr. Eorresp.) Der hiesigen „Gazetta" wird aus Rom vom 16. d. M. mitgetheilt, daß Unzufriedenheitsäußerungen bei dem dort garnisonirenden Schweizer-Regi ment» vorgekommen sind, die jedoch in derHand- habung der DiSciplinihre Ursache hatten. Die Versicherung, daß gerechte Beschwerden berück sichtigt werden würden, beruhigte sie sofort. Dresden, 23. Oktober. Se. Durchlaucht der Fürst Otto Victor v. Schönburg-Waldenburg hat den vielen wohltä tigen, mit hochherziger Munisicenz von ihm schon begrün deten Anstalten eine neue wichtige Stiftung hinzugefügt. Es hat nämlich derselbe mit einem Fonds von 26,000 Thlrn. eine BildunqSanstalt für Lehrerinnen gegründet, derselben zu Kallnberg bei Lichtenstein in reizender Lage ein vortrefflich geeignetes Grundstück zum Geschenk gemacht und die vor handenen an sich schönen und umfänglichen Gebäude für die Zwecke der Anstalt in einer Weise umgcbaut und eingerichtet, daß kaum noch Etwas zu wünschen übrig bleibt. Diese An stalt wurde am 20. d. M. von einem Eommissar des k. Mi nisteriums des EultuS und öffentlichen Unterrichts, dem geh. Kirchen- und Schulrath Dr. Gilbert übernommen und feierlich eröffnet. Nachdem an den vorhcrgegangenen Tagen die zur Aufnahme angemeldeten Zöglinge aus Sachsen, Preußen, Hannover, Bayern, Anhalt-Bernbrug und Lippe-Detmold von dem Lehrerpersonale im Beisein des genannten k- Eom- missars geprüft und 20 derselben ausgenommen worden waren, erfolgte am 20. Vormittags um 10 Uhr in Anwesenheit Sr. Durchlaucht des hochherzigen Gründers, sowie in Gegenwart einer zahlreichen Versammlung, unter welcher sich die Vor stände der Kreisdirection und des Appellationsgerichtes zu Zwickau befanden, die Eröffnung der Anstalt in sehr ent sprechender feierlicher Weise. Zwischen mehren, Gesängen sprach zuerst der Ortspfarrer zu Kallnberg ein Eröffnungs gebet; darauf hielt der geh. Kirchenrath vr. Gilbert die Weihe rede über „den Marien-Dienst deS weiblichen Geschlechts bei der geistigen Bildung und Erziehung der Kinder", und be- beantwortete dabei im engsten Anschluß an die von Luk. E- 10, 38—42 berichtete herrliche evangelische Erzählung von Martha und Maria nach einander die vier Fragen: Worin besteht dieser Mariendienst? Was ist die eigne reckte Vorbereitung zu ihm ? Was werden die Prüfungen und Anfechtungen der Seele dabei sein? und was ist des Herrn eignes Urtheil über ihn. Nachdem sodann der Direktor Dr. Weber in geistvoller Weise seine Antrittsrede gehalten, dabei sein und seiner Mitarbei terinnen hohe und schwere Aufgabe und das Verhältniß zu den Zöglingen gezeichnet hatte, ward die Feier durch ein Gebet des Ortspfarrers und mit dem von ihm gesprochenen apostolischen Segen geschlossen. Wir sind gewiß, daß diese Feier einen tiefen Eindruck bei allen Anwesenden zurückge lassen hat und daß diese Anstalt unter einer tüchtigen Leitung für die Bildung der weiblichen Jugend höchst segensreich wir ken werde. LLten, 21. Oct. Ihre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin werden, nach der „Oest. Ztg.", im Laufe der näch sten fünf bis sechs Tage von Ischl wieder in Wien eintreffen. — Das Direktorium der erstes österreichischen Sparkasse macht bekannt, daß jene Sparkasseneinlagen, welche bisher nur mit 3 Procent oder mit 3'^ Procent verzinst worden sind, werden vom 1. Nov. d. I. an gleich den übrigen Ein lagen mit 4 Procent verzinst werden. Diese Ainsenerhöhung wird überdies denjenigen Beträgen, welche derzeit schon bei der Anstalt erliegen und am 31. Dec. l. I. daselbst noch vorhanden sein werden, vom 1. Juli d. I. an in der statu tenmäßigen Berechnungswcise zu Gute kommen. Hl Prag, 22. Oktober. DaS mehrerwähnte Baupro jekt von Zittau nach Böhmisch-Leipa mit dem Anschlüsse an die nördliche Staatsbahn bei Unterberkowitz ist in ein neues Stadium getreten. Auf Ansuchen des betreffenden Comites hat die Staalseisenbahngesellschaft den Ingenieur Herrn Koslik aus Wien zur vorläufigen Untersuchung des Terrains abge- sandt und hat dieser Herr die Arbeiten bereits an Ort und Stelle begonnen. Früher war auch das industrielle Warns dorf für die erwähnte Linie eifrig thätig; jetzt zieht man dort eine Verbindung Warnsdorfs über Kreibitz und Kamnitz mit Bodenbach vor. Noch ein anderes Projekt ist aufqetaucht, das nämlich einer Verbindungsbahn von Löbau über Böhmisch- Leipa nach Bodenbach. Beide letztere Projekte haben aber wenig Aussichten auf Realisirung, namentlich das erstere soll, nach dem Ausspruche von Sachverständigen, der Terrain schwierigkeiten wegen unausführbar sein. Hier in Prag inter- essirt man sich stark für die Verbindungslinie Zittau - Leipa mit dem Anschlüsse bei Unterberkowitz, da dadurch eine direkte Verbindung von Berlin eventuell den Ostseehäfen durch daS nördliche Böhmen bis Prag erzielt würde, die durch den be vorstehenden Ausbau der Prag-Pilsener Bahn noch eine erhöhte Bedeutung erhielte. Nicht unwesentlich dürfte daS Unter nehmen noch dadurch gefördert werden, daß dieKladnoer Kohle dann einen reichlichen Absatz in die industrielle Gegend von Leipa, Warnsdorf, Zwickau re. erhielte. Die Hauptbesiher der Kladnoer Gewerke, die Herren Klein und Lanna, sind aber bekanntlich energische und besonders im Bahnbau sehr rou- tinirte Manner und dürften diese günstige Gelegenheit für die Ausbreitung ihrer Etablissements kaum unbenutzt vorübergehen lassen. Berlin, 23. Oct. Se. Maj. der König und Ihre königl. Hoheiten der Prinz von Preußen und Prinz Friedrich Wil helm trafen, begleitet von dem Ministerpräsidenten Freiherr» v. Manteuffel, vorgestern Nachmittag 4 Uhr, von Branden btttg kommend, auf Sanssouci ein. Zu der daselbst statt findenden Tafel waren, außer den königl. Prinzen und den hoben Gästen, auch der Ministerpräsident Freiherr v. Man teuffel, der kaiserl. russische Gesandte für Paris Graf Kisse- leff, der kaiserl. russische General v. Mansuroff und der großherzoglich mecklenburgische Gesandte am hiesigen Hofe, v. Bülow, gezogen. Nach aufgehobener Tafel ertheilten Se. Majestät dem Grafen v. Kisseleff Audienz. — Die „H. N." erhalten aus Berlin die Miltheilung, daß der Antrag Preu ßens an den Bundestag in Betreff der Neuenburger Frage zwei Theile enthalte. In dem ersten fordere die preußische Regierung die principielle Anerkennung des Reckt,s Preu ßens auf Neuenburg, wie eS in dem mehrerwähnten Londo ner Protokolle festgestellt ist; im zweiten Theile werde die Bundesversammlung um Zuwendung ihrer Theilnahme und ihres Schuhes für die gefangenen Royalisten ersucht. Augsburg, 21. Oct. <A. Z.) Se. königl. Hoheit der Prinz Adalbert von Bayern ist mit seiner erlauchten Gemah lin, der Infantin, heute Abend mit dem Pariser Eilzuqe hier eingetroffen und hat im Hotel „zu den drei Mohren" sein Nachtlager genommen. Das neuvermählte Paar wurde am Bahnhofe von den geistlichen und weltlichen Bebörden empfangen. Morgen wird dasselbe seinen feierlichen Einzug in München halten. s Paris, 21. October. Der heutige „Moniteur" meldet die Ernennung des Hauptmanns Biatelli zum Ordonnanz offizier des Prinzen Napoleon. Ferner berichtet er, daß das gemischte Transportschiff „la Durance" gestern von Mar seille mit Truppen nach Ajaccio abgegangen ist. — Der Seincpräfect Haußmann wird während seiner Abwesenheit durch Merruau, Generalsekretär der Seinepräfeclur, vertreten werden. — Dem „Nord" zufolge ist der Baron v. Hübner vor gestern in Paris eingetroffen und hat sich gestern nach Eom- piegne begeben. — In einigen Tagen wird hier eine inter essante Brochure unter dem Titel: „Die Intervention in Neapel" erscheinen, als deren Verfasser ein junger Schrift steller, namens Alpbons Franklin, der Schn eines Jnstruc- tionsrichterS des Seinetribunals, genannt wird. — Die durch die anhaltende oder vielmehr steigende Theuerung aller Lebensbedürfnisse entstandene Aufregung ist noch keineswegs geschwunden. Man spricht von neuerdings in der Vorstadt St. Antoine vorgefallenen Störungen und stattgefundenen Verhaftungen. — Der „Eonstitutionnel" enthält heute folgende, gestern bereits telegraphisch erwähnte Note: Wir erfahren aus sicherer Ouelle, daß infolge von Unterhandlungen mit dem römischen Hofe daS österreichische Eontingent in den Marken und Le- Fen iH e ton. Hoftheater. Mittwoch, 22. Oktober. Zum ersten Male: Neber', ZU,er Schauspiel in einem Act von G. zu Putlitz. Dann: Ehestandserercitien. Scherz von Gen^e. Endlich: Per Zwei kampf im drittkn Stock von Angely. In der Zwischenpause und zum Schluß: Tanz von Senora Pepita de Oliva vom Hoftheater zu Madrid. Richt „übrr'S Meer!", nem „in'S Meer!" würde man auSrufen, wenn dieS Stück eine Katze wäre. Ach, warum ist eS keine Katze! DeS Herrn Nachbar- und Gevallerü Katze zu tödten, die durch ihr Miau und Geschrei langweilt, ballen selbst alte, sehr moralische HauSmannSfrauen sür keine Sünde. Sie fangen daS liebe Thierchen rin mit Speck und Schmeichelwort, binden ihm ein Steinchen an daS Hälschen und lassen eS in der Dämmerung dann gemüihlich und von ungefähr in- Wasser fallen. Tin kleiner Schusterjunge geht vielleicht gerade vorbei und fleh» eS, und da er sehr beschränkt ist, improvisirt er folgen des Epigramm mit Schurzfellbegleitung: Nur wenig Menschen sah ich ruhig scheinen Beim eignen Mißgeschick; doch niemals fand ich einen, Der nicht mit christlicher Ergebenheit Ertragen hätte seine» Nächsten Leid. Da» ist wahr. Aber ein Stück umzubringen, welche» Das selbe thut, wie eine solche geduld-ermüdende Katze, und noch dazu da» Stück eine» so talentvollen und liebenswürdigen Dichter» wie Putlitz, da» wäre rin Frevel. Wen stört auch diese» Schauspiel? Wen beschädigt e«? Wir sehen darin eine junge, äußerst un- gezogene Creolni, die un» nicht interesfirt, zwei Marine-Offiziere, die uns Richt- angehrn, eine gefallsüchtige Witwe in besten Jahren, die unS fern steht, und einen alten Neger, dessen Humor in der endlosen Thierguälerei d,S Worte» „Massa" beruht. Auch sagt er einmal: „Setze meinen Nacken auf Deinen Fuß!" welches ich leider wegen Uebersüllung deS HauseS nicht habe auSführen sehen. In dem kleinen Drama findet man weder eine Darstellung transatlantischer Verhältnisse, eine Absicht — die auch gerade so lächerlich wäre, als wollte man an einer gedeckten Hutsche tadle ck'düte speisen lassen —, noch fsind darin menschliche Lharaklere fesselnd und mit psychologischer Feinheit geschildert. Die Scene könnte eben so gut bei willkürlich anderer Einkleidung auf einem Landgute spielen und die beiden Offiziere könnten auS Berlin sein. Die Bühne verlangt Wahrheit und Enthüllung deS MenschenheizenS, welche man durch die äußere Stichwörter romantik: „Ereolin", „schwarzer Mensch", „wilder Papagei", „in See stechende Fregatte Hektor", „Plantage" rc., nicht ersetzen kann, so wünschrnSwerth auch die Bequemlichkeit wäre. Putlitz hat sehr hübsche dankbare Lustspiele auS dem modernen Salon leben geschrieben und wird gewiß mit Glück zu jenem Genre zurückkehren. Senora Pepita tanzte natürlich unter so vielem Beifall wie immer. Otto Banck. * Zwickau, 22. October. Hier in der GeburtSstadt Robert Schumann'» soll am 28. d. M. eine vom hiesigen Mufikver- ein« veranstaltet» EnnnerungSfrier an den früh vollendeten Meister gehalten werden. ÜS soll dieserhalb da» fünfte Abonne- menlroncert, welche» am gedachten Tage unter Mitwirkung aus wärtiger Kräfte staitfindet, ihm gewidmet sein. Auch gedenkt man, demselben ein Monument an seinem Geburt-Haus« oder einem sonst geeigneten Platze hiesiger Stadt zu errichten, und werden zu diesem Zwecke freiwillige Beiträge bei dieser Gelegen heit dankbar angenommen. Literatur. „Bilder deSLebenS in Gott. Dichtungen von Moritz Zille. (Verlag von Herm. Luppe in Leipzig.) Eine Zeit, in welcher materielle» Streben mit dem Streben zur Geltend- machung de» Positiven um dir Herrschaft ringt, wird zur Er- zeugung guter religiöser Dichtungen kaum al» geeignet erklärt werden können. Wenn nun aber doch dergleichen auftauchen, so liefern sie immer wieder den Beweis, daß di» deutsche Natur in ihrem sinnigen und gemüthlichen Wesen unverwüstlich ist. AuS diesem Grunde wird man auch gegenwärtige Bilder, die sich als Bilder de» Herzen-, Bilder der heiligen Geschichte und Bilder der Zukunft darstellen, immer al» eine erfreuliche Erscheinung betrachten können. ES würde die» freilich in weit höherm Maße möglich sein, wenn der Verfasser bei seinen Schilderungen sich einer größer» Prägnanz befleißigt hätte. — Dir Herau-qabe der sämmtlichen Werke Friedlich'» de» Großen in 32 Bänden (Berlin) wird in diesen Tagen voll endet sein. Einige Nachträge werden indeß noch erscheinen. Wissenschaft. König Mar von Bayern hat dem Professor Johanne» Roth die Bewilligung zu einer Reise nach dem Orient ertheilt und zugleich die hierzu nöthigen Geldmittel au» der EabinetSkass» angewiesen. Di« auf zwei Jahre berechnete Reise soll sich vom Ouellgebiete de» Jordan» an südwärt» bi» zum rothen Meere erstrecken, hauptsächlich aber di« Länder östlich vom tobten Meere umfassen, über welchen seit Jahrhunderten ein tief,» Dunkel schwebt. Roth hat bereit» 184H Palästina besucht un»