Volltext Seite (XML)
Dresdner Journal. Verantwortlicher Redactenr: I. <8. Hartmann. .v.,1 Erscheint mit Ausnahme der Sonn« und Festtage tü-ltch Abends und ist durch alle Postanstalten zu beziehen. Dienstag, den 3. März Preis für da« Vierteljahr 1^ Thaler. Insertion««Gebühren für den Raum einer gespaltenen Zeil« 1 Reugroschen. 1857. Amtlicher Thcil. Bekanntmachung. Mit Genehmigung Seiner Majestät de« König« ist di« mineralogische Abteilung der königlichen Mineralien » und Natyralien-Sammlung von Letzterer getrennt und unter dem Namen: „Mineralogisches Museum" zu einer selbstständigen Sammlung erhoben, auch die zeitherige Bezeichnung der Na turalien-Sammlung in „Naturhistorisches Museum" abge ändert worden. Da« Ministerium de« Königlichen Hause« macht solch,« hierdurch mit dem Bemerken bekannt, daß dem naturhistorischen Museum der Direktor, Hofrath Professor vr. Reichendach, dem mineralogischen Museum der Director, Professor vr. Geinitz vorsteht. Dresden, am 2. März 1857. Ministerium des Königlichen Hauses, v« Aeschau. Nichtamtlicher Theil. Nebersicht. Tagetgeschichte. Telegraphische Nachrichten. — Dresden: Die Stellung de« „Dresdner Journal«" und der „Leipziger Zeitung" zur StaatSregierung. — Wien: Kaiserliche Handschreiben an den Feldmarschall Radetzky und den Erzherzog Max. Graf Gyulai commandirender General in Italien. Ein Vermächtniß d,S FeldzeugmeisterS v. Schönhals. — Agram: Der Erzbischof nach Rom.— Berlin, Aus den Kammerverhandlungen. Herr v. Bülow mit der dänischen AntwortSnote eingrtroffen. — Nürn berg: Vorläufig keine Veröffentlichungen über die Han- delSgesetzbuchSberathungen. — Altenburg: Resultate der freien Gerichtstage. Entsprungene Verbrecher. — Frank furt. Au- der BundeStagSsihung.— Pari«: Der Entwurf des Militärstrafgesetzbuch«. Marschall Randon nachFrankreich. Verkauf eine-Palastes derKöniginEhristine. Veränderung in derLeitung d,r„Patrie".—B rüsfrl: Der neueste Notenwech sel zwischen Oesterreich u. Sardinien. — Nizza: Hohe Gäste. — Madrid: Hohr Ordensverleihungen.— London: Par lament-Verhandlungen. Der rnglisch.perflsche Eonflict. — Kopenhagen: Die Antwort auf die deutschen Noten. — Konstantinopel: Unterstützung der Tscherkessen. — Persien: Waffenstillstand. — China: Die Engländer in die Defensive getreten. Local- nav VrooMzlalaugelegm-eite« Dresden: Brodpreise. Belohnung. Fremdenverkehr. Wasserstand. — Pirna: Vorträge über die Gewerbeordnung. — Löbau. Bewilligung für Gasbeleuchtung. — George- wih u. Mittel.Sohland: UnglückSfälle. Tagesgefchichte. Telegraphische Nachrichten. Wien, Montag, 2. März. Nach hier eingetrof- fenen Nachrichten au- Jassy ist der Kaimakam der Moldau, Herr Theodoriha Balsch, gestern (Sonntag) Nachmittag an einem Brustübel gestorben. London, Sonntag, L. März. Der heute erschie nene „Observer" sagt auf das Entschiedenste, daß Lord Palmerston da- Parlament auflösen werde, wenn Cobden's Tadel-antrag in der chinesischen Frage die Majorität erhalte. Sowohl von Lord Palmerston wie von Lord Derby find auf morgen Parteimeetings berufen. Dresden, 2. März. Es hat sich in neuerer Zeit ge zeigt, daß über Zweck und Bedeutung der beiden zur Regie rung in näherer Beziehung stehenden Zeitungen, de« „Dresdner Journal«" und der „Leipziger Zeitung", im Publicum noch immer irrige Ansichten herrschen. Schon auf dem letzten Landtage hat die StaatSregierung Gelegenheit genommen, auf da- Verhältniß dieser beiden Zeitschriften zur Regierung und unter sich hinzuweisen. Damals wurde namentlich her vorgehoben, daß al- officirlle« Organ der StaatSregierung jetzt nur da- „Dresdner Journal" zu betrachten sei, während die „Leipziger Zeitung" zwar eine RegierungS-Sntr,prise bilde und al« solche von der Regierung durch ch»e Organe gelei tet und einer gewissen Beaufsichtigung unterworfen werde, ihrem Inhalte nach aber einen fteiern Spielraum einnehmen solle. Hieraus folgt, daß ein in der „Leipziger Zeitung" ent haltener Aufsatz nicht ohne Weitere- al- von der Regierung inspirirt oder al« Regierungskundgebung betrachtet werden darf. Findet die« aber schon auf den politischen Theil dieser Zeitung al« denjenigen Anwendung, welcher die Interessen der StaatSregierung am nächsten berühren kann, so hat eS noch in höherm Grade von den beiden mit der „Leipziger Zeitung" verbundenen wissenschaftlichen Zugaben, der „wis senschaftlichen Beilage zur Leipziger Zeitung" und der „Zeitschrift de« statistischen BureauS" zu gelten, da e« wohl in der Natur der Sache liegt, diß auf rein wissenschaftlichem Gebiete ein noch lebhafterer Austausch verschiedener Ansichten zulässig, ja sogar wünschenSwerth ist, al« im Felde der Po litik. Es muß daher nochmal« wiederholt werden, weder die „Wissenschaftliche Beilage", „noch die „Zeitschrift de« stati stischen Bureau«" (soweit eS sich um die Darstellung, Ver bindung und raisonnirende Beleuchtung der amtlich zuver lässigen Thatsachen und Zahlen handelt) sind, die Artikel mögen unterzeichnet sein oder nicht, al« amtliche Organe zu betrachten, und ,S ist ein vollständiger Jrrthum, Ansichten oder Schlußfolgerungen, welche in einer dieser Zeitschriften enthalten sind, bloS deshalb, weil sie dort gedruckt oder weil sie von einem Beamten verfaßt sind, al« Ausdruck oder An deutung der Regierungsansicht anzusehen. Noch viel weniger sind jene Zeitschriften gar blo« specielle Organe de« Mini sterium« deS Innern. Möchte durch diese wiederholte Er klärung jener Jrrthum endlich befeitiat und manche tüchtige Kraft der öffentlichen DiScussion zugewendet werden. Und möge man sich andererseits nicht abhalten lassen, Ansichten, welche in diesen beiden Zeitschriften ausgesprochen sind, von wem eS auch sei, rückhaltlos, wenn auch mit wissenschaftlicher Decenz, zum Gegenstand der Beurlheilung zu machen. Was insbesondere die „Zeitschrift des statistischen BureauS" anlangt, so ist der Mangel an Bekanntschaft mit allen ähn lichen Publikationen deS Auslandes zu beklagen, au« dem allein die Festhaltung jene« Jrrthum« erklärlich ist. Jedes statistische Bureau hat eine doppelte Stellung. Einmal als unmittelbarer Diener der Verwaltung, sodann als wissen schaftliches Institut. Die Ermittelung, Sammlung, Con- trole, übersichtliche Anordnung aller im Interesse der Ver waltung zu beobachtenden Thatsachen gehört dem ersten Ge biete an, dem zweiten die über blose Bekanntmachung der unmittelbaren Erhebungsresultate hinauSgehende Bearbeitung für die Veröffentlichung. Die Zahlen und Thatsachen stehen Jedermann zu beliebiger Benutzung und Schlußfolgerung zu Gebote. Je nach der wissenschaftlichen Grundansicht Tassen sich au« denselben Zahlen sehr verschiedene Resultate ableiten. Eden deshalb fällt die raisonnirende Bearbeitung ganz außer halb de« amtlichen Charakter-, denn ,S giebt in der Welt kein« officirlle Wissenschaft. Man könnte sagen? daß man sich deshalb auf die nackte Veröffentlichung der Thatsachen beschränken müsse. Die« ist ein Jrrthum. Sowohl für die Erhaltung von Geist und Leben in einem statistischen Bureau selbst, al« im Interesse der Statistik ist eine Bearbeitung wenigsten« einzelner Partien nicht zu entbehren. Sri auch die Ansicht d,S Bearbeiter- nicht die richtige, so zeigt sie doch an Beispielen die Behandlung statistischen Material« und regt zur DiScussion an. Die Zahlen und Thatsachen sind da« neutrale Material, dessen sich auch der Gegner be- dienen kann. Jede« irgend nennenSwerrhe officirlle statisti sche Bureau hat solche Veröffentlichungen in irgend einer Form, welche stet« unter eigener wissenschaftlicher Verantwort lichkeit der BureauchefS erscheinen und in ihren Folgerungen nie als Organe der RegierungSansicht behandelt werden. Wien, 1. März. Die heutige „Wien. Ztg." veröffent licht in ihrem amtlichen Theile die nachstehenden, auS Mai land ihr telegraphisch mitgethrilten beiden kaiserlichen Hand schreiben : 1) Allerhöchst,- Handschreiben an den Feldmarschall Grafen Radetzky: „Lieber Feldmarschall Graf Radetzky! Mit jenem „tiefen Pflichtgefühle und der treuen Hingebung, womit Sie „in dem Zeiträume von 72 Dienstjahren Meiner Armee al» „unübertroffeneS Beispiel voranleuchten, haben Sie Mir auch „nun bei Meinem Eintreffen in Meinem lombardisch-venetia- „nischen Königreiche mit edler Aufrichtigkeit die Bürde Ihre» „hohen Alter« geschildert und zugleich die Bitte um Enthebung „von dem Posten eines Armee- Eommandanten und General- „gouverneurs unterlegt. — Ich habe dieser Bitte mit dem „tiefsten Bedauern nur aus dem Grunde nachgegeben, weil „Ihre Befreiung von so großer Last der Geschäfte Mir allein „die Hoffnung gewährt, Ihr Mir so theureS und ruhmvolle« „Leben noch für eine Reihe von Zähren in ungetrübtem Wohl- „sein erhalten zu sehen. Ich befehle unter Einem Alles an, „waS auf Ihre künftig« persönliche Stellung Bezug hat. Sie „werden stets in jedem Meiner Schlösser, sowohl zu StrL, „Monza, in der Villa reale zu Mailand als zu Wien in „Meiner Borg, im Palast« deS Augartens, dann zu Hetzen dorf nach Ihrer Wahl Mein herzlich gern gesehener Gast „und Ich dadurch in der Lage sein, Mich, so oft Zch e» be- „darf, Ihrer weisen Ansichten und Ihres erprobten Rache« „erfreuen zu können. Und so mögen Sie noch lange Meiner „Armee da« lebendigste Vorbild unser« Ruhmes, geliebt und „geehrt von Mir und alten österreichischen Herzen, in der „dankbarsten Erinnerung Ihre« Monarchen, wie in Ihren „eigenen glanzvollen Erinnerungen den Lohn einer so thaten- „reichen Vergangenheit genießen. Mailand, am 28. Februar „1857. Franz Joseph m. p." 2) Allerhöchstes Handschreiben an Se. k. k. Hoheit den Erzherzog Ferdinand Maximilian: „Lieber Herr Bruder Erzherzog Ferdinand „Maximilian! Um Meinen Unterchanen in dem lombar- „disch-venetianischen Königreiche einen brsondern Beweis Mei- „ner regen Sorgfalt für ihr Wohl zu geben, habe Ich be- „schloffen, Euer Liebden im Vertrauen auf Ihre bisher dar- „gelrgte vorzüglich^ Umsicht zum Generalqouverneur de« ge machten Königreichs zu ernennen und Sie in dieser Eigen- „schäft al« Meinen Stellvertreter mit den nöthigen Vollmach ten auSzustatten, damit Sie in der Lage find, Mich in diesem „Königreiche würdig zu repräsentiren, über einen gesetzmäßigen „und gerechten Vorgang, sowie über die rasche Förderung der „Geschäfte in allen Zweigen der öffentlichen Verwaltung mit „Erfolg zu wachen, in Allem, waS die geistige und materielle „Entwickelung deS Landes betrifft, die sich ergebenden Bedürf nisse wahrzunehmen und in den zu deren Befriedigung die nenden Maßregeln und Einrichtungen rechtzeitig und kräftig „die Initiative zu ergreifen. Sie werden abwechselnd in Mai- „land und Venedig refidiren. Ich mache e« Ihnen zur Pflicht, .Feuilleton. Dresden, 2. März. Hoftheatrr. In der Vorstellung am 28. Februar kam außer „Wallenstein'« Lager" und „De» Maler« Traumbild" auch ein einaktige« Lustspiel von Kotzebue: „Die Unglück! ich en" zum ersten Male nach der Bearbeitung von L. Schneider zur Aufführung. Die kleine, an sich werthlose PiSce, in welcher sich einem reichen Erblasser verschiedene Erb- schaftScandidaten nach einander zur Prüfung präsentiren, deren Ansprüche hauptsächlich in dem Gefühle ihre« wirklichen oder eingebildeten Unglück« liegen, gewährt in der modernistrten Ueberarbeitung eine ergötzliche Unterhaltung, namentlich wenn mehrere der Erbschaft-süchtigen von einem Schauspieler mit virtuoser Meisterschaft dargestellt werden. Herr Dawison gab drei derselben mit sehr scharf gezeichneter, grnrebildlicher Cha- raktrristik: einen Taugenichts, Trunkenbold, dessen Triebe sich in einem unendlichen Durst nach spirituellem Fluidum aufgelöst haben , ein Individuum au« dem Kleingeschäft de« Berliner ParasttenthumS, welche- sich mit raffinirter, aber angenehmer und unschädlicher Zudringlichkeit durch die Welt füttert ; endlich »inen alten Tänzer, Deutsch-Franzosen, der, durch graue Haare und Twbonpoint von den Bretern vertrieben, seine Familie durch Tanzstunden mühselig ernähren muß. Die feine Be obachtung und dem Leben entnommene Wahrheit,, mit welcher der Künstler diese Figuren gestaltete, war von jeder effectulrendrn Uebertreibung frei und fand außerordentlichen Beifall. Zur Er heiterung trug demnächst auch die etwa- carikirte Figur einer Schauspielerin bei, deren Taufschein mit den jugendlichen Rollen in Zwiespalt gerathrn ist; ste wurde von Krau Schubert sehr belustigend gegeben. Für die Rolle de- reichen, behäbigen, west indischen Pflanzer- würde sich die Persönlichkeit de» Herrn Quanter oder Herrn Winzer besser geeignet haben. Beiläufig sei erwähnt, daß dem Vernehmen nach die zweite Aufführung der „Armide" auch die letzte in der jetzigen Saison sein wird. D. Dresden, 2. März. Ihre königl. Hoheiten der Kronprinz und die Kronprinzessin beehrten die Sonnabendvorstellung de» Circu- de- Herrn Wollschläger durch höchstihre Anwesenheit. Dresden, 28. Februar. In dem zweiten The»trr wurde am 26. Februar „Maria von Medici-, oder: Der lustige Page am Hofe Heinrich'- de- Vierten", Origiflallustspirl in vier Aufzügen von L. P. Berger, zum ersten Male aufge- führt. T- ist dasselbe »in heitere- Bild, zusammengesetzt auS Galanterien de» König» Heinrich und feinen Jntriguen seiner Gemahlin Maria, gerichtet gegen eine Herzen-verirrung ihre» galanten Gemahl-, welche ste zur Erreichung ihre- Zwecke», ein liebende« Paar zu verbinden und danach den Gemahl auf- Neue zu fesseln, trefflich zu benutzen weiß. E» war erfreulich, nach mancher derben Posse diese- feinere Lustspiel im zweiten Theater zu sehen. Die Ecenen zwischen König (Herrn Herrmann) und Königin (Frau Nr-müller) waren spannend und gelangen meist gut. Besonder- befriedigte die Sicherheit und gewinnende Herz lichkeit der Letzter». Fräulein Berthold zeigte auch in der kleinern Rolle der Emilie ihre Befähigung. Der lustige Page de- Fräulein Götz» (dir in Engagement hier getreten) war in Lebendigkeit und Mimik vorzüglich, aber Sprache und Haltung verdienen noch größere Aufmerksamkeit. Der eitle Marqui» v. Roqurlaurr kam durch Herrn o. Leuchert zu ergötzlicher Dar- sttflung, sowie auch Frau Balee ihrer Rolle wohl genügte. Au Eostum und Dekorationen war viel verwendet worden. Im letzten Acte ward eine Äartenillumination dargestellt, die stch recht hübsch auSnahm. Man muß sagen, daß der Fleiß der Di rektion, der sich auch in der Darstellung genannten Stücke« offenbarte, größerer Aufmerksamkeit feiten» de- Publicum- werth ist. DaS Liebhabertheater'in Weimar (1775—1779). Bon G. K. Feme». . (Schluß aus Nr. 4S.j Ich habe die vereinzelten Nachrichten über diese theatralischen Beschäftigungen ohne Rücksicht auf die Jahrr-zahlen neben einandergestellt. Welche Fülle von Genuß gewährten ste I welche angenehme gesellige Beschäftigung! welch« endlose Unterhaltung am Abendtisch in später» Zeiten? Auch blieben ste nicht ohne Gewinn. „Wilhelm Meister" ward in dieser Zeit entworfen und zum Theil geschrieben, und wenn man an Goethe'» Neigung denkt, überall seine eignen Erlebnisse zu gestalten, so wird man stch weder über den Reichthum von theatrali'chen Er fahrungen, den da- Werk enthält, noch über den Ernst ver wundern , der unter der Leichtfertigkeit verborgen liegt und ver möge dessen sich ein« Darstellung, die nur dem Geschmack der Masse zu schmeicheln scheint, al» ein Lntwickelnng-gang zur vollendetsten Bildung offenbart. Schwein-jagd am frühesten Morgen, ministerielle und diplo matische Sitzungen gegen Mittag, Proben am Nachmittag, grote»ke Serenaden oder Schlittschuhlauf bei Fackelschein a» Abend — so gingen viele von seinen Lagen hin; noch abgesehen von Bällen, Ma»keraden, Eoncerlen, Liebschaften und Gedichte»,