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Dresdner Journal. Verantwortlicher Redakteur: I. G. Hartman». 2. Erscheint mit Audnahme der Sonn« und Festtage täglich Abend« und ist durch all« Postanstalten zu beziehen. Sonnabend, den 3. Januar. Pret« für da« Vierteljahr Lhaler. Insertion««Gebühren für den Raum einer gespaltenen Zeile I Neugroschen. 18S7 Amtlicher Theil. Dresden, 24. Dec. 1856. Se. Majestät der Königshaben di, erbetene Entlassung Allerhöchst.Jhre« Generaladjutanten, Generalleutnant« der Reiterei Reichard, sowie die wegen überkommener Invalidität nachgesuchte Entlastung de« in Wartegeld stehenden Major« der Reiterei von Polentz, mit der gesetzlichen Pension und der Erlaubniß für Ersteren, die Uniform der König!. Generaladjutanten und für Letzteren, die Armeeuniform fortzulragen, allecgnädigst zu bewilligen geruht. Dresden, 26. Dec. 1856. Se. Majestät der König haben den Major Freiherrn von Fritsch, vom Garde-Reiterregi- mente zu Allerhöchst-Jhrem Flügeladjutanten, allergnädigft zu ernennen geruht. Nichtamtlicher Theil. Arbersicht. Tagesgeschichte. Telegraphische Nachrichten. — Dresden: Vom königlichen Hofe. — Wien. Oberst v. Manteuffel. ZeitungSstHistik. — Berlin: Der Schweiz noch eine Bedenkzeit gewährt. Da« Militärjubiläum de« Prinzen von Preußen. Keine Rückäußerung Dänemark« eingegangen. — München: Erhöhung der Beamten gehalte. — Gera: Steuerausschreibung. Ausgabe von Staatsschuldscheinen. Die neuesten Beschlüsse der Geraer Bank. — Altenburg: Rückblick auf die landschaftlichen Verhandlungen. — Pari«: Die Eonferenz eröffnet. — Bern: Dufour zum Oberbefehlshaber ernannt. Ver tagung der Bundesversammlung. — London: Zur Bol- gradfrage. — St. Petersburg: Die Beschießunzsange- legenheit beiJeni-Kaleh. — HelsingforS: Die FestungS- mauern von Riga sollen geschleift werden. Seebefrstigung auf KaSkö. — Konstantinopel: Conferenzen bezüglich der Donaufürstenthümer. — Hongkong: Der Eonflict mit den Engländern. Local« und Proviuzialaugelegrnheiten Dresden: Bildung eine- neuen ArmendistrictS. Leihhausgeschäfte. Selbstmorde. — Löbau: Gasbeleuchtung in Aussicht. — Kamenz: Bürgermeisterwahl. — Schandau: Un glücksfälle. Aus der Geschäftsübersicht des Dresdner Stadt- verodnetencollegiumS pro 1856. Oeffentliche Gerichtsverhandlungen. (Dresden. Meißen.) Betriebsü der sicht der StaatSrisenbahnrn pro November 1856. Feuilleton Inserate. TageSkalender. Börsrvnachrichten. Tagesgeschichte. Telegraphische Nacbrtckten. Frankfurt a. M., Donnerstag, L. Januar. Das heutige „Frankfurter Journal" meldet in einer tele graphischen Depesche aus Bern vom heutigen Tage, daß der Proceß der Neuenburger Gefangenen am LS. Januar eröffnet werden solle. Dieselbe enthält fer Der, daß die Royalisten in Neuenburg eine Deputa« tion nach Berlin senden wollen, um Sr. Maj. dem Könige von Preußen die Bitte vorzulegen, vom Kriege gegen die Schweiz abstehen zu wollen. Die Gerüchte von einer Vermittelung Englands und Frankreichs vermehren sich, die FriedenSausfichten erhalten sich. (Vgl, unter Berlin.) Dresden, 2. Januar. Die am königl- Hof, auS An laß deS Jahreswechsels gestern stattgehabte GlückwünschungS- cour ist ganz in der im Programm bezeichneten Weise vor sich gegangen und war sehr zahlreich besucht. Abends 8 Uhr war Assemblee in den Paradesälen des königl. Schlosses. Wien, 31. December. (Ostd. P.) Der königl. preußische Flügeladjutant, Oberst Baron v. Manteuffel, hatte gestern gleich nach seiner Ankunft mit dem preußischen Gesandten, Grafen v. Arnim, und heute mit dem Herrn Minister des Aeußern, Grafen v. Buol, Besprechungen. Für morgen ist derselbe bei Graf v. Arnim zum Diner eingeladen. — Nach dem von der k. k. Postdirection heute auSgegebenen Verzeich nisse erscheinen im Jahre 1857 in Oesterreich folgende politi sche Zeitungen: 43 in deutscher Sprache, 3 in slavischer, 3 in polnischer, 2 in serbischer, 1 in kroatischer, 1 in illirischer, 1 in ruthenischer, 19 in italienischer, 6 in ungarischer, 2 in romanischer, 1 in armenischer und 1 in griechischer Sprache. Zusammen 83 politische Zeitungen. Nichtpolitische Zeitungen erscheinen im Ganzen 235. Berlin, 1. Januar. Die Nachricht, daß unsre Re gierung bezüglich der Ausführung der gegen die Schweiz be schlossenen Maßregeln einen weitern Aufschub habe eintreten lassen, ist in der letzten Zeit wiederholt aufgetaucht. DaS Wahre an der Sache ist, wie man in gutunterrichteten Krei sen hört, daß Preußen der Schweiz so zu sagen eine letzte Bedenkzeit ringeräumt und erklärt hat, bis zu Ablauf eines neuerdings festgestellten Termin« — man sagt bi« Mitte Januar — mit der Freilassung der Neuenburger Gefan genen sich begnügen zu wollen. Diesem Augeständniß soll jedoch die bestimmte Erklärung beigefügt sein, daß nach erfolglosem Ablauf dieses Termins Preußen die ge gen die Schweiz vorbereiteten Schritte unverweilt zur Aus führung bringen werde und dann auch die Thatsache einer nachträglich erfolgenden Freilassung der Gefangenen nicht mehr al« ausreichend betrachten könne, von einem weitern Vorschreiten abzustehen. Bei dem unablässigen Bestreben der beim Londoner Protokoll betheiligten Mächte, eine Aus gleichung auf diplomatischem Wege zu Stande zu bringen, und da andererseits auch in der Schweiz bereits mehrfach Stimmen für em Einlenken des Buadesrachs laut geworden sind, so darf man sich wohl der Hoffnung hingeben, daß eS in der bis zum Verlauf des obeng,dachten Termins inne liegenden Zeit noch gelingen werde, eine Vermittelung her- beizuführeu. Berlin, 31. December. (B.Bl.) Der Prinz von Preu ßen, die Prinzessin von Preußen und der Prinz Friedrich Wilhelm sind gestern Abend aus Koblenz hier eingetroffen. Morgen, al« an dem Tag« des MililärdienstjubiläumS deS Prinzen von Preußen, bringen die sämmtlichen Musikchöre der hiesigen Garnison unter Leitung des Musikdirektors Wie- precht iM, Uhr eine Morgenmusik, die au« Rücksicht für den Feiertag nur bis 9 Uhr dauern wird und wobei nur Piecen geistlichen Inhalt« zum Vortrag kommen- Nach dem Gottesdienste wird um 1 Uhr Se. königl. Hoheit das hiesige OffijirrcorpS und die auswärtigen militärischen Deputationen, darauf die Eivildeputationen empfangen. Um 3 Uhr findet auf dem hiesigen Schlosse ein Diner statt, zu welchem an 700 Einladungen ergangen sind. Berlin, 1. Januar. Di, „Zeit" widmet dem heutigen Tage folgenden Artikel: „DaS Vaterland und die preußische Armee feiern heute einen festlichen Tag. Es sind heute fünfzig Jahre, daß der zweitgeborne Sohn Friedrich Wilhelms und Louisens mit dem Degen deS preußischen Soldaten sich gürtet,. Prinz Friedrich Wilhelm Ludwig, am ?2. März 1797 geboren, hatte das sechSzehnte Jahr noch nicht erreicht, als de- Vater« ewig unvergeßliches Wort sein Volk zum Kampfe für Preußens Unabhängigkeit in die Waffen rief. Der jugendliche Prinz blieb nicht zurück. Ritterlich kämpfte er in den Reihen der preußischen Krieger und half ihnen, sich den Weg nach Paris bahnen, die Scharte von Jena und Auerstädt auSzuwehen. Sieben Gefechte und Schlachten hatte der Prinz mitgemacht, al« er schließlich an der Seite seines schwergeprüften, heldenmüthigen Vaters, an der Seite von Franz und Alexander in die stolze Hauptstadt Frankreichs einzog. Seitdem ist der Prinz von Preußen, welchen Tit« Prinz Wilhelm seit dem Regierungsantritte seine« königlichen! Bruder« führt, eine Zierde der Armee, ein Gegenstand der Liebe und Verehrung de« LandrS gewesen. Vor sieben Jahren berief ihn das Vertrauen Sr. Maj. d,S König- an die Spitze der preußischen Truppen, denen die Aufgabe geworden war, die in deutschen Gauen blutig auSgrbrochene Flamme der Revolution zu ersticken. Man weiß, wie schnell und wie ent schieden diese Aufgabe gelöst wurde. Der dem Throne so nahestehende Prinz ist dem Throne zu allen Zeiten ein treuer Hort gewesen. Se. Maj. der König konnte die Rheinprovinz und Pommern nicht mehr ehren, als indem Er Seinen königlichen Bruder dort zum Statthalter einsetzte; der König konnte der Armee kein höhere« Zeichen der Achtung ertheilen, als indem Er den durch ausgezeichnete militärische Eigenschaf ten so hervorragenden Prinzen zum Generalobersten der In fanterie ernannte. So wird denn da« heutige Fest, obgleich vorzugsweise eia militärisches, mit gleicher Theilnahme auch vom ganzen Lande begangen. Preußen ist stolz auf seine Armee, denn sie hat sich überall noch bewährt durch Muth und durch Treue. Dem Herzen der Nation entwachsen, hat sie überall, wo sie sich zeigte, Ehre gebracht dem preußischen Namen und den Manen de« großen Friedrich. Möge der edle Prinz noch lange erhalten bleiben dem Vaterland» und der Armee, denen er eine Säule deS Ruhms und der Ehre ist!" — Die „Pr. Eorr." bemerkt heute: Die von einem hie sigen Blatte mitgetheilte Nachricht, daß in den jüngsten Tagen eine Rückäußrrung der königlich dänischen Regierung in Be treff der auf die deutschen Herzogthümer bezüglichen Streit fragen hier tingegangen sei, müssen wir al« durchaus unbe gründet bezeichnen. München, 3l. December. (N-M-Z.) Sicheren Verneh men nach haben Se. Majestät der König die gleiche Gehalts erhöhung, welche den Beamten im Bereiche de« k. StaatS- ministerium« de« Innern zu Theil geworden, auch den ent sprechenden Beamtenkategorien des k. Staat-Ministerium« der Finanzen allergnädigft zu bewilligen geruht. §§ Gera, 31. December. Die jüngste fürstliche Verord nung schreibt für da- Jahr 1857 neun Grundsteuertermine und zwölf Personal- und Gewerbesteuertermine au«.— Für die kündbare Staatsschuld d,S FürstenthumS Reuß jüngerer Linie, im Gesammtbetrage von 489,000 Thlr., werden vom I.Jan. 1857 ab vierprocentige StaatSschuldscheine, für welche da- gesammte Eigenthum und die Einnahmen de- FürstenthumS Reuß jüngerer Linie als Unterpfand haften, zur successiven Ausgabe auSgefertigt, die entweder, je nach Verlangen, auf den Inhaber oder auf den Namen lauten. Die Verzinsung erfolgt postnumerando in halbjährigen Terminen, den 30. Juni und 31. December jeden JahreS. Wenn die Zinsen inner halb vier Jahren vom Verfalltage nicht erhoben oder als Zahlung bei den Staatskassen in Anrechnung gebracht wor den sind, so verfallen dieselben zum Vorth,ile der Haupt- staatSkasse. Wegen Amortisation der Staatsschulden und Feststellung der Tilgungsrente wird da« fürstliche Ministerium seiner Zeit da« Nähere bestimmen. Zum landesherrlichen Feuilleton. Hostheater. Donner-tag, 1. Januar. Zum ersten Male: Sraf Ester. Trauerspiel in fünf Acten von Heinrich Laube. Esser: Herr Emil Devrient. Da« Geschick des Grafen Esser ist als Sujet einer sogenann ten Haupt« und StaatSaction bereit« seit länger al« einem Jahrhundert vielfach dramatisch bearbeitet worden. Lessing giebt uns in einer Besprechung de« Esser-Drama« von Thoma« Cor neille (N67) darüber specielle Auskunft. DaS älteste englische Esser-Drama ist von Joh. Bank« 1682, nach einer Novelle be handelt. Die sranzöfische Bühne besaß damals den Stoff schon in drei Bearbeitungen von Ealprenede, Boyer und dem jüngern Corneille. Siebzig Jahre später wurde der Esser von Bank« wieder umgearbritet, zugleich auch von Jone«, H. Brook und Jame« Ralph neu behandelt. Eine hiernach gefertigte und namentlich Bank«' folgende Bearbeitung kam 1773 zuerst in Wien auf die Bühne. Matthäus v. Collin gründete hierauf seine in der Form und durch die gebundene Rede veredelte Be« arbeitung, welche sich fast noch bi- vor einem Jahrzehend auf der Bühne behauptete. Gleichzeitig hielt sich auch eine Be arbeitung von I. Dyk besonders in Berlin lange auf dem Re- pertoir. Der dichterische Geniu», verwiesen Tragödienstoff in künstlerischer Vollendung dramatisch gestalte, fehlte, und er fehlt noch.'Doch bildete sich au« diesen wiederholten Bearbeitungen eine Bast« für die Conceplion und die Charaktere de« historischen Stosse«, welche sich neuern Dichtern natürlich und berechtigter weise zur Benutzung darbietet. z» H. Laube ist diesen vorhandenen Vorarbeiten bei der drama tischen Organisation seines Stückes in den drei ersten Acten wesentlich gefolgt und mit Bortheil für den scrnischen Aufbau ; auch die Zuthat neuer Figuren, namentlich de« Jonathan, Cuff, Ralph, gelang ihm in vorzüglicher Weise, keineswegs aber der eigen gewendete AuSgang de« Werke« in den beiden letzten Acten. Während der Inhalt der früher» Bearbeitungen de« Esser- stosse« wesentlich eine Hofintrigue festhielt, wollte Laube eine historische Tragödie schreiben; er wollte den Hofmann Esser al« stolzen Aristokrat, al« ein?n letzten Vertreter de« Trotze mittelalterlichen Dasallenthum« gegen die Krone hinstellen. Und wohl eignet sich Esser dazu, wenn man ihn für eine Idee, für die Selbstständigkeit de- Adel« oder für ehrgeizige Herrschbegier fallen läßt, und in dem tragischen Streit, wo energischer Wille, Recht und Macht sich in großer Leidenschaft auf Tod und Leben bekämpfen, die Conflicte de- Herzen« sich mit ihrer rein mensch lichen Gewalt dazu gesellen. In dieser Weise hat Laube die Er- Position de« ersten Acte« vortrefflich angelegt; aber zur Ausfüh rung in diesem Sinne würde mehr gehört haben, al« die äußer liche theatralische „Mache", die vor Allem darauf auSging, ein Stück zu schreiben, welche« durch stet« bewegte und spannende Handlung, effektvolle Situationen und die geschickte, praktisch-, spekulative Aufwendung aller Mittel unterhalte, anrege, glänze erschüttere und Kaff« mache. Esser erscheint bei seinem Auftreten dem sorglo« vertrauenden, ritterlichen Egmont sehr nachgebildet; seine Rückkehr au» Irland ist mehr Caprice de« Günstling« ; al« politischer Charakter, al« Träger einer Idee rntwickdlt er sich nicht. Erst al« ihu Elisabeth beleidigt, ersteht in ihm der Stolz de« gekränkten Feudalherrn und tvibt ihn in den Kampf zur äußersten Rache gegen di» Krone. Eben so stirbt er später au« persönlichem Stolz, weil er sich nicht demüthigen will, nicht aber für eine höhere Idee. Die Königin Elisabeth handelt zwar in der Gefahr männlich beherzt und energisch, geberdet sich aber sonst nie al« Königin, sondern nur al« eifersüchtige, leidenschaftliche Frau, die sich stet» al« „gut und edel" preisen hört, ohne diesen Eigenschaften gerecht zu werden: di» den Grafen mit privatem WeibeSzorn in dem Moment be leidigt, wo er sich al« Staatsmann glänzend vertheidigt hat; die endlich daS Recht und Gesetz de« Staate« nur gebraucht, um ihrer HerzenSrache zu genügen. So ist Laube'« Werk in seinem Verlaufe kein« Tragödie der Geschichte geworden, in welcher große Leidenschaften und große Charaktere den Inhalt bilden, sondern eine Tragödie, in welcher Zntrigue, Stolz und Eifer sucht, gehoben durch historische Personen und historische« Costum, sich bekämpfen. Der fünitr Act ließe sich ebensowohl zu glück lichem Ende gewendet denken. Ein liebenswürdiger und neben der nur in ihren Fehlern weiblichen Elisabeth wohljhuendrr, trrfflch gezeichneter Charakter ist die Rurland. Aber ihr Wahnsinn erscheint zu sehr al- rührende theatralische Zugabe, ohne psychologisch tiefere« Motiv; die« könnte nur in dem durch Elisabeth geweckten Gedanken liegen, daß Esser falsch sei, auch gegen sie; aber ihr Wahnsinn irrt in ganz andern Ideen umher. Nur im fünften Acte, der überhaupt da« Interesse für da« Stück lähmt und nur die Weigerung de« Esser enthält, den Ring, der ihm Begnadigung schafft, an die Königin zu senden, begegnet un« eine unmögliche Handlungsweise der Rutland. Die liebende Gattin wird, um Esser zu retten, keinen Scrupel darin finden, durch die« LiebrS- grschenk der Elisabeth, deren Neigung sie ja genugsam kennen muß, da« Leben zu erwltkbn. Sir würde es weit eher der altern«