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Verantwortlicher Redaeteur: I. G. Hartmann. . V 86. Erscheint mit Ausnahme der Sonn« und Festtage ILgltch Abend« und Ist durch alle Postanstalten zu beziehen. Sonnabend, den 28. April. Preis für da« Vierteljahr Thaler. Insertion»-Gebühren für den Raum einer gespaltenen Zeile l Neugroschrn. 1856 Nichtamtlicher Theil. Nedersicht. Tagesgeschichte. Telegraphische Nachrichten. — Dresden: Vom königlichen Hofe. — Leipzig: Meß bericht. — Wien Eisenbahnangelegenheiten. Gebete für die Kaiserin. Die Vorbereitungen zur Grundsteinlegung der Volivkirche. Verminderung der österreichischen Truppen in den Donaufürstenthümern.— Berlin: Reise Sc. Maj. des Königs nach Dresden. Vom Landtage. Festesten zu Ehren d,S Ministtkpräsidenten. I4r. Wichern in den preu ßischen Staatsdienst getreten. General Wrangel und Graf v. d. Asteburg nach Braunschweig. — Weimar: Die Verabschiedung über das Kammervermögen betreffend. — Paris: Zur Armeereduction. Errichtung von Syndika!- kammern in Algerien. Vorsichtsmaßregeln bezüglich dec aus dem Orient heimkehrenden Truppen. Diner beim preußischen Gesandten. Die russische Ratification ringe- troffen. Reihenfolge in der Heimkehr der Krimtruppen. — Brüssel: Die bevorstehende Jubelfeier der Thronbe steigung König Leopold'-. — Turin: Die Rückkehr der Krimtruppen. Eine geheimnißvolle Geschichte. Besserer Gesundheitsstand. — Genua: Die österreichischen Trup penbewegungen in Parma. — Madrid: Vermischtes. — London: Gerüchte von Veränderungen in den höchsten Militärstellen. Lord Dalhousie. Herr Oliphant als Gouver neur der Colonie Victoria bezeichnet. Aus dem Parlamente. — Christiania: Pferdeeinfuhrverbot. — Kopenhagen: Aus dem ReichSrathe. — St. Petersburg: Feier der Geburt deS französischen Thronerben. Die Mission des Herrn v. Kisteleff. Die vom Eonstitutionnel mitgekheilte Rede deS Kaisers ist unecht. — Konstantinopel: Aus der neuesten Post. — Belgrad: Untersuchung bezüglich der eingewanderlen Sachsen. — Trapezunt: Truppen verstärkungen. Waffenstillstand. — New-?)ork: Die Wirren in Centrakamerika. Local» und Provinzialangelegenhkiten. Dresden Einnahme der Leipzig-Dresdner Eisenbahn. — Chemnitz': Zur Fremdenpolizei. Armenangelegenheiten. — AuS der Lausitz: Neue Hofmeisterin in Joachimstein. — Elstra': Feuer. Betriebsübersicht der Staatseisenbahnen vom Monat März d. J.j Beilage. Protokoll der zu Konstantinopel am II. Februar I8S« in Betreff der Donaufürstenthümrr getroffenen Be stimmungen. Local- und Provinzialangelegenhkiten. Dresden: Aus den Verhandlungen der Stadtverordneten. — Chem nitz: Der Lugau-Würschnitzer Steinkohlenbauverein. — Radeberg: Brandstiftung in Leppersdorf. — Leisnig: Waldbrand. Tagesgeschichte. Telegraphische Nachrichten. London, Freitag, 2S. April, Morgens*). In der gestrigen Sitzung des Unterhauses deponirte Lord Palmerston die auf die amerikanischen Angelegen heiten bezüglichen Papiere. Bulwer kündigte eine Motion darüber an. Goderich beantragte, die Be werber um Civildienststellcn einem Gramen zu unter werfen. Die Regierung erklärte sich hiermit ein verstanden, nur will sie, daß die Bewerber von den *) Eingegangen Vormittags ^II Uhr. Departementshäuptern vorgeschlagen werden sollen. Bei der Abstimmung siegt Goderich mit IV8 gegen 87 Stimmen. Im Oberhause versicherte Lord Clarendon, die österreichische' Besetzung deS HerzogthumS Parma habe eine geringere Wichtigkeit, als man ihr beilege, binzufügend, die italienische Krage sei in Paris reif lich erwogen worden. Lord Lyndhurst annoncirte einen die Lage der Dinge in Parma betreffenden Antrag. Genua, 21. April. (Tel. Dep. der Oest. Corresp.) Der „Corriere merkantile" meldet, die piemontesische Armee werde ungefähr um 16,0O0Mann redurirt werden. Dresden, 25. April. Se. Majestät der König haben Sich heute Nachmittag nach 4 Uhr mittelst Extrazuges nach Röderau begeben, um daselbst Se. Majestät den König von Preußen zu empfangen, Allerhöchstwelcher heute Abend nach 7 Uhr von Potsdam zu einem mehrtägigen Besuche am königlichen Hofe hirrselbst eintreffen werden. d Leipzig, 24. April. (Vierter Meßbericht.) Im Rauchwaarenhandel ging eS, nach unserm ersten Bericht, weniger lebhaft, weil die Einkäufer ihren Hauptbedarf gedeckt hatten und, der hohen Preise wegen, glauben, Michaelimesse etwas billiger ankommen zu können. Die in den Markt ge kommenen Polen sind ziemlich thätig und haben, besonders Marder, in bester dunkler Waare bis auf 175Thlr. gesteigert. In gefärbten Astrachanern geht es dagegen sehr flau, die Preise sind zu hoch und der Markt davon stark überführt. Für Hasenfelle scheint das Geschäft günstig zu werden, da davon große Vorrälhe nicht vorhanden sind. Man bezahlt für russische 160, Ukrainer 135, walachische 125, schlesische 115 und sächsische 120—125 Thlr. pr. Ballen von 500 Stück. — Im Wollhandel war der Verkehr sehr regsam und da wir in allen nur circa 3000 Ctnr. von verschiedenen Sorten am Markte hatten, so waren die anwesenden Spinner nicht im Stande, ihren Bedarf zu decken, und sahen sich, der höher bezahlten Weltpreise wegen, veranlaßt, ihre Garnpreise von 5 bis 6 Ngr. pr. Pfund zu erhöhen. Am gesuchtesten blieben feine Kamm - und gute Tuchwollen, doch vergriffen sich die am Markte gewesenen 1000 bis 1200 Ctnr. Locken, Stücken und Gerberwollen zu ebenfalls guten Preisen sehr bald. — Das im vorigen Jahr wegen Mangel an Export ganz danieder gelegene Strumpfwaarengeschäft hat sich infolge wieder eingestellten Exports erholt und ist jetzt in vollem Gange. Die Fabrikanten sind noch für Monate hin länglich mit Aufträgen versehen. Indessen war da« Meß geschäft in Chemnitzer Möbelstoffen weniger günstig, weil einestheils der durch die hohen Garnpreise gesteigerte Werth nicht überall erreicht wurde und anderntheils der Orient, als Hauptabsatzquelle, wenig Bedarf hatte. Dagegen fehlt cs den Fabrikanten in den Sorten für den Export nicht an Auf trägen und haben sie bis zum Juli vollkommen Beschäftigung. Der in Chemnitz fabricirte Kleiderstoff iUoksiee ckine spielte diese Messe eine Hauptrolle und wurden alle Vorräthe davon sämmtlich geräumt. Nicht minder fanden Chemnitzer halb seidene Kleiderstoffe, besonders in Neuheiten, einen sehr guten Absatz. — Der Kleinhandel, durch das anhaltend schöne Wetter begünstigt, war und ist noch immer außerordentlich lebhaft, der Zufluß der Menschenmengen hat täglich angc- halten, und trotzdem auch alle Artikel theurer sind, wird es wohl kaum einen Verkäufer geben, der diesmal nicht eine gute Messe gemacht hätte. Man kann ohne alle Über schätzung annehmen, daß das Ergebniß dieser Messe im All gemeinen ein sehr günstige« ist und die für die sächsische Jn- Hoftheater. Donnerstag, 24. April: Vrpheo, und Euridice. Oper in drei Acten, Musik von Gluck. (Neu einstudirt.) Or pheus — Fräul. Rosa Delmont als Debüt. Hierauf: Dadc- ruren. Lustspiel von G. zu Putlitz. Diese Oper Glucks ist, abgesehen von ihren hohen musika- lischen Schönheiten, noch von besonderm historischen Interesse, denn in ihr wendet sich Gluck zuerst von seiner frühern Schreib, weise ab und tritt mit energischer Reform der leeren, oberfläch lichen Form und der dramatischen Lüge der damals herrschenden italienischen Oper entgegen. Die reformirenden Bestrebungen deS großen Genius bestanden: in Wahrheit und Tiefe der dra matischen Gestaltung und de« Ausdrucks der Empfindung und der Leidenschaften, in edler Einfachheit und großem Pathos deS EiylS, und der melodischen und harmonischen Erfindung, in vollendeter Drclamation und treuer Auffassung deS Texte«, in stet« bedeutungS- und maßvoller Verwendung der Mittel, in Einführung der Chöre, endlich in einer planvollen Einheit und natürlichen afferireichen Steigerung hinsichtlich der ganzen Struktur der Oper. Glucks spätere Werke übertreffen den Or pheus anEinheit, dramatischer Wirkung und Fülle der Phantasie, aber nicht an Schönheit, zartem Reiz und stelenvoller Sprache der Melodie, an rührendem Au-druck der LiebeSsehnsucht und LiebeSklagr, und an höchster Vollendung der Deklamation. Der zweit« Act mit den Furienchören und den herzergreifenden Bitten de« OrpheuS ist rin Meisterwerk an poetischer Conception, er- haben, fesselnd und in seiner Art unübertroffen. Der trefflichen Biographie Gluck« von A. Schmidt folgend, theilr ich noch einige historische Thatsachen über diese Oper mit. Feuilleton. Gluck hatte in Wien dem k. k. Rath Raniero v. Calzabigi, einem Manne von ästhetischer Einsicht und poetischem Talent, seine Meinungen über die damalige italienische Oper eröffnet. Dieser, hocherfreut, Gluck für die beabsichtigte Kunstveredlunq die Hand zu reichen, dichtete „Orleo eck Lurickice". Der Abbate Metastasio wurde wenigstens dahin gestimmt, sich nicht gegen die neue Gattung Oper zu erklären. Diese wurde am 5. Ociober 1762 im Hofburgtheater aufgeführt und erregte, wenn auch nicht ein reine« Vergnügen, so doch Ueberraschung und Erstaunen: denn die Ohren der an den alten Sauerteig der Recitative und an den bisherigen Zuschnitt der italienischen Arien gewöhnten Zuhörer wurden von der neuen Art dramatischer Tondichtung ganz in Verwirrung gesetzt. Indessen machten die großen Schön heiten, womit die ganze Tonschöpfung erfüllt ist. einen außerge- wöhnlichen Eindruck auf alle Mustkkenner, und die einfachen rührenden Scenen, sowie der Hobe musikalische Ausdruck, der sie beseelte, riefen in gefühlvollen Herzen ganz neue Bewegungen hervor. Nur da, wo die Italiener Stimme und Urtheil hatten, fand die Oper keinen Eingang. Gluck selbst dirigirte damals Gesang und Orchester, der Dichter daS Spiel der Schauspieler, Aegiolini die Ballete und der erste Sänger Guadagni hatte so viel Sinn, Gefühl und Lenksamkeit (drei seltene Gaben bei vir- tuosen Sängern), um seine große Aufgabe begreifen und rühm- lich lösen zu können. Er erlaubte sich bei Gluck« höchst natür lichen und treffenden Melodien keinen Zusatz und keine Ferma, sondern trug Alle« auf« Getreueste im Sinne de« Meister« vor; selbst der Balletmeister beschränkte seine Tänze nur auf Panto- mime, Grazie und dramatischen Au«druck. (Die- schreibt über dustrie so wichtigen, wohlthäligen Folgen nicht au-bleiben werden. Tüten, 23. April. (Ostd. P.) Die Frage über die gali zischen Eisenbahnen soll heute entschieden worden sein. Wie wir vernehmen, soll die „FerdinandS-Nordbahn" die Bewilli gung erhalten haben, von Dembica nach PrzemiSl und Lem berg, und von Lemberg nach Brody zu bauen. Andererseits soll die galizische AdelSgesellschast, an deren Spitze der Fürst Sapieha steht, die Concession zum Bau einer Bahn von Lemberg bis nach Czernowitz errungen haben. WaS die Bahnstrecke nach Brody betrifft, so soll sie mit Rücksicht auf ein russisches Bauprojekt geführt werden, welche- alle Aus sicht hat, ins Leben zu treten: wir meinen die Bahn von Odessa nach Brody. Jedenfalls eröffnen sich nun Aussich ten auf eine großartige Verkehrsbewegung in Länderstrecken, die bisher trotz ihrer Fruchtbarkeit vereinsamt und abseits von den großen Culturwegen der modernen Civilisation lagen. — Die „O. O." schreibt: Die Concessionswerber für die Pardubitz-Reich,nberger Eisenbahn, Jos. Liebig und A. Lama samml Genossen, haben die Bewilligung zu den Vorarbeiten für eine von Jaromir nach Schwadowitz zu führende Flügelbahn nach gepflogenem Einvernehmen aller diesfalls berufenen hohen Behörden erhalten. Im Sinne des Eisenbahnconcession-gesetzes vom 14. September 1854 ist ihnen die gedachte Bewilligung für die Dauer von neun Monaten ertheilt und unter Einem die k. k. Statthalt,rei für Böhmen angewiesen worden, die betreffenden Vorarbei ten anstandslos gewähren zu lassen. — Die Gebete für daS Wohl Ihrer Majestät der Kai serin beginnen in der Wiener Erzdiöcese mit dem Monate Mai. — (W. Bl.) Morgen findet die feierliche Grundstein legung zum Volivkirchenbaue statt. Die Ausschmückung d,S Votivkirchenbauplatzes wurde heute beendet. An der Stelle des künftigen PortaleS der Kirche erhebt sich ein große- gothisches Kirchenthor, mit Blumen und rothen Seidenstoffen reichlichst geschmückt. In den Nischen sind sechs von Bild hauern ersten Ranges angefertigte Statuen der Heiligen Franz, Joseph, Elisabeth, Sophia, Maximilian und Leopold angebracht. Der Giebel deS Portales ist mit Rosenguirlan- den geziert und Rosen bilden den Namen „Maria". Bei diesem Portale werden der Baucomite und da- Episkopat Ihre Majestäten empfangen. Auf dem Raume, den die zu erbauende Kirche einnimmt, ist ein prachtvolle« Zelt für die Mitglieder deS allerhöchsten Kaiserhauses errichtet. Da« Zelt, ein längliches Viereck bildend, ist mit einem die Austria dar stellenden Gemälde geziert, mit Blumen, kostbaren Teppichen und den kaiserlichen Wappen reich geschmückt. Ihm zur Seite befinden sich drei kleinere Zelte für den Hofstaat, den hohen Adel, die Civil- und Militärautoritäten und daS diplo matische Corps. Auf dem Punkte, wo einst der Hochaltar der Kirche stehen wird, ist ein Thronhimmel mit den Bet stühlen für Ihre Majestäten errichtet. Der Altar für die kirchlichen Functionen, mit den werthvollsten Kirchengegen ständen versehen und in allen Bestandtheilen reich auSge- schmückt, befindet sich auf der Chorseite der Kirche und vor dem Altäre wird der Grundstein gelegt. Ein kunstvoll au«- geführtes MuttergotteSbild ziert den Allar. Der vom Oel- berge staffimende Grundstein ist auSgehöhlt und mit einer Deckplatte versehen, um die Widmungsurkunden und sonsti gen Dokumente aufzunehmen. — Die häufig aufgeworfene Frage, ob unsre Truppen die Donaufürstenthümer bei ««tretendem Frieden räumen werden oder nicht, beantwortet sich nach Ansicht der „Milit. Atg." einfach durch die Lage der Dinge, durch die Haltung der Machte, welche die türkischen Provinzen besetzt halten " i--..- . die erste Aufführung H. S. Frech, v. Nicolai, damals bei der kais. ruff. Gesandtschaft am Wiener Hofe.) Die Oper ward un zählige Male wiederholt. Dieses Meisterstück der Kunst, da« in seinem größten Theil allen Modelaunrn Trotz bieten kann, so lange noch gute Musik Geltung findet, wird sich als eine der genialsten Schöpfungen im merdar erhalten — wenn auch nicht auf der Bühne: denn der Stoff, arm und monoton an Handlung, und gedehnt durch mu sikalische Lyrik, kann unsre Anforderungen an daS Drama nicht erfüllen. Um so mehr aber ist ein dankenSwerthe- Beginnen eine- großen KunstinstitutS würdig, dies Werk ohne Rücksicht auf praktische Brauchbarkeit für da- Reperioir wieder in Scene zu setzen, und den Musikfreunden dadurch eine möglichst vollendete Anschauung desselben zu gewähren. Fräul. Delmont, welche al» „OrpheuS" drbutirtr, ist eine Anfängerin auf der Bühne, und e« wäre ungerecht, den Maßstab einer meisterhaften Darstellung dieser höchst schwierigen, die ganze Oper allein tragenden Partie ihrer Leistung anzulegen. Aber die Art und Weife, wie dieselbe ihre Aufgabe erfaßte und zu erfüllen suchte, mußte auf da« Wärmste und Entschiedenste für ihr Talent einnehmen. Fräulein Delmont besitzt eine schöne, pastöse und weiche Altstimme, die allerdings noch nicht gleichmäßig und fertig gebildet ist; namentlich ist der Uebergang in da« tirfd Brustregister noch nicht ausgeglichen, und die Tonbildung des- selben bedarf sehr der Verbesserung, um den Kehlton zu ver- meiden. Damit dürfte auch »ine größere Tragkraft de« Klange- erreicht werden, welche fehlt und für Altorgane stet« schwie riger zu erlangen ist. Die musikalische Auffassung aber war