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Dresdner Journal. Verantwortlicher Nedacteur: I. G. Hartmann. n 1856 Mittwoch, den 2». Februar — Erscheint mit Ausnahme der Eonn- und Festtage täglich Abend» und Ist durch alle Postanstalten zu beziehen. Pret« für da- Bietteljahr l^ch Thaler. Insertion«. Gebühren fSr den Ranm einer gesvattrnen Zeit« I Reugroschen. Amtlicher Theil. Dresden, 19. Fedruar. Seine Königliche Hoheit der Prinz Gustav von Wasa ist heute Nachmittag von Wien hier eing,troffen und in de», im Königlichen Schlöffe bereit gehaltenen Zimmern abgetreten. Dresden, 14. Februar. Se. Königliche Majestät haben zu genehmigen geruht, daß der Rentbeamte der Land,-schule und Procurator zu Meißen, Hauptmann a. D. Maximilian v. Wihleben, da- ihm verliehene Ritterkreuz zweiter blasse de- Herzoglich Anhaltischen Gesammthau- - Orden- Albrecht- de- Bären annehme und trage. » «..1.. UII'II' —r. —i.« »> . Nichtamtlicher Theil. Nebersicht. Tage-geschichte. Telegraphische Nachrichten au- London. — Dresden: Zur Abwehr gegen die Angriffe der TageSpresse. — Leipzig: Simonide- nach Berlin abgeliefert. — Berlin: Abreise de- Herzog-von Sachsen- Altenburg. Die Grafen Orloff und Chreptowitsch durch- passirt. Da- preußische Circularschreiben vom 3. Februar. — Pari-: Ackerbauunterricht in den Volksschulen. Mi nisterrath. Die bevorstehenden Eonferenzen. Lord Cla rendon angekommen. — Turin: General La Marmora. Massimo d'Azeglio. Kein Zwiespalt im Ministerium. — Genua: Credit mobilirr. — Kopenhagen: Die Ver handlungen in der Ministeranklage. — Au- der Krim: Auszug au- dem Tagebuche de- russischen Obercommandi- renden bi- zum 26. Januar. — Konstantinopel: Die Reformprojecte. Local - und Provinzialangelegevheitrn. Dr,-d,n: Die Vorlesungen über die Strafproceßordnunq. Selbst- Mdrtr. '— LeX dem Bericht» der Lrbeit-nach» weisung-anstalt. — Freiberg: Ein Schriftcheu über die Speiseanstalt. Feuilleton. Inserate. Börsennachrichten. Tagesgeschichte. Telegraphische Nachrichten. London, Dienstag, ZV Februar. Nach der „Time-" ist der Gesammtbetrag der neuen Anleihe auf LZ Millionen festgesetzt; hiervon würden indessen gegenwärtig nur S Millionen realifirt und die wei tern Iv Millionen erst später, jedoch noch vor dem Schlüsse der Parlamentssession, gefordert werden, in- dem der Schahkanzler nach geschloffenem Frieden gün stigere Bedingungen zu erlangen hoffe. Man sieht hierin ein für da» Zustandekommen dc» Frieden- gün stige» Zeichen. Dresden, 19. Februar. Unser Aufsatz in Nr. 37 über da- sogenannte schwarze Buch ist von manchen Seiten übel ausgenommen worden und die liberale Presse schickt sich an, diesen Gefühlen zum Ausdruck zu verhelfen. E- war vor- au-zusehen, daß eine so entschiedene Kundgebung Viele un angenehm berühren werde; die- durfte un- aber nicht ab schrecken, frei die Wahrheit zu sagen, nachdem da- Auftreten eine« Theil- der Presse zu einer offenen Erklärung heraus- gefordert hatte. Nach einer solchen Erklärung aber wird nicht von un erwartet werden, daß wir un- nut der liberalen Presse, die sich in ihrer jetzigen Aufregung nicht sobald beruhigen wird, noch auf weitere Verhandlung oder Polemik einlaffen sollen. Statt der Antwort auf ihre weitern Ergießungen nur noch eine Erklärung. Wir unterscheiden unter den Gothanern zwei Klassen: eine, welche den seit 1818 gemachten Erfah rungen sich nicht verschlossen, ihre damaligen Jrrthümer ein gesehen, die Gefährlichkeit der in den Jahren 1845—1850 verfolgten Grundsätze erkannt und sich demnach einem andern politischen Standpunkte ehrlich zugewendet hat, und eine zweite, welche auch jetzt noch bei jenen Grundsätzen verharrt. Diejenigen, welche der erstern Klasse angehören, konnten sich nicht durch unsre Erklärung getroffen fühlen. Allerdings kann auch ihnen die Erinnerung an die vergangene Zeit nicht angenehm gewesen sein; sie haben sich aber dafür lediglich bei der „Weimarschen Zeitung" und den andern Organen jener Partei zu bedanken, welche den Staub von 1848 wie der aufgeschüttelt und gewiß Vielen einen schlechten Dienst damit geleistet haben. Die Parteigänger der andern Klasse aber, welche immer noch dieselben Grundsätze verfolgten und welche eS auch jetzt noch gelüstet, ihre gefährliche Rolle fort zuspielen. werden sich am wenigsten beschweren dürfen, wenn sie mit Mißtrauen betrachtet werden und wenn ihnen offen erklärt wird, daß es Pflicht der Regierungen ist, ihr Treiben zu bekämpfen. Im Uebrigen ist eS ein offenbarer Mißgriff, wenn man einen innern Widerspruch darin erkennen will, daß wir die fragliche Schrift für ein Privatunternehmer: er klärten und es gleichwohl in Schutz nahmen. Ebenso wenig als eS unser Beruf sein konnte, der Regierung eine Vertre tung zu überlassen, die sie nicht zu übernehmen hat, ebenso wenig konnte es unsre Aufgabe sein, da- einmal zur Sprache gebrachte Unternehmen den leidenschaftlichsten Angriffen preis- zu geben; und wenn wir bei dieser Entgegnung etwas aus führlicher geworden sind, so wird e- dem geneigten Leser nicht entgangen sein, daß diese unsre Entwickelung weniger dem schwarzen Buch, als den Parteibestrebungen galt, welche nicht sowohl gegen daS schwarze Buch, als vielmehr gelegentlich desselben mit einer seit langer Zeit nicht wahrgenommencn Lebhaftigkeit in der Presse aufqetaucht waren. Die Regierung kann im Allgemeinen nicht Anspruch auf Unfehlbarkeit machen. Sie ist daher weit entfernt, jede Po lemik über die leitenden RegierungSgrundsätze zurückzuweisen. Diese Grundsätze würden nicht verdienen, die leitenden zu sein, wenn sie die öffentliche DiScussion nicht vertragen könnten. So wenig aber die Regierung sich gefallen lassen darf, daß ihr Grundsätze aufgedrungen werden sollen, welche ihre Probe so schlecht bestanden haben, als die der Gothaner, so wenig kann sie auch eine solche Polemik für die berechtigte erkennen, welche die Politik der Regierung nur tadelt und anfeindct, ohne mit Klarheit und Bestimmtheit die Grundsätze zu be zeichnen, die sie für die bessern hält, und ohne den Weg an zugeben, auf dem die erwünschten bessern Zustände herbei geführt werden sollen. Vom letztern Standpunkte auS dürfte aber gegen die Polemik, die von der „Freimüthigen Sachsen- Zeitung" in neuester Zeit wieder gegen die Regierung geführt wird, Vieles einzuwenden sein. Unter der Aufschrift: „Alte Geschichten", kämpft die „Freimüthige Sachsen-Zeitung" in einer Reihe von Aufsätzen gegen die Regierung. Sie will den Mangel eines einheitlichen Regierung-spstems entdeckt haben; sie rügt Schwankungen deS System-, Widersprüche zwischen der Leitung der äußern und der Entwickelung der innern Politik, ejn schonungsloses Verfahren gegen die Ari stokratie in der ersten Kammer und Verletzungen de- RechtS- gefühlS, si, sucht diese Angriffe durch die Geschichte der Oc- ganisation-frage zu rechtfertigen und nimmt ausschließlich für die Partei, welche von ihr als di- „RechkS-Partei" bezeichnet wird, da- Verdienst euner. conseqzzenleu Politik, daS Verdienst der Rettung der monarchischen Verfassung, der entschieden sten Verlheidigung deS historischen Rechts in Anspruch. Ader wir vermissen hierbei die Angabe des Weges, den die Regierung hatte cinschlagen sollen, um den ihr gemachten Vorwürfen zu entgehen. Und wenn die „Freimüthige Sach- senzcitung" für die Verdienste der Pattei, die sie zu vertreten behauptet, das Zeugniß der Geschichte anrufr,'so hätte sie vor Allem sich bemühen sollen, diese Geschichte wenigstens voll kommen richtig darzustellen. Soweit es sich um persönliche Verdienste handelt — wir sind weit entfernt, solchen Verdiensten die gerechte Würdi gung zu versagen —, insoweit ist wohl dem Gewissen jedes Einzelnen zu überlassen, wie viel er in den Tagen der Ge fahr für die Rettung des Vaterlandes und des Rechtes ge- than zu haben sich bewußt ist. Wenn aber die „Freimüthige Sachsenzeitung" sich als das Organ einer Partei hinstcllt, der sie den Namen der Rechtspartei und das Verdienst der Rettung aus der Gefahr beilegt, und wenn eine solche Partei, die entscheidend in die Wiederherstellung des Rechts zustandes eingegriffen haben soll, vorzugsweise im Gebiete der landständischen Wirksamkeit sich thätig gezeigt haben kann, so hätte die „Freimüthige Sachsenzeitung" die Geschichte der letzten Jahre doch ihrem Gedächlniß wieder näher bringen sollen, ehe sie der Regierung alles Verdienst absprechen und ihrer Partei alle Erfolge beilegen durfte. Als Rechtspartei, soweit eine solche auf die politische Entwickelung Sachsen- eingewirkt haben soll, scheint nach den eigenen Anschauungen der „Freim. Sachsenzeitung" ein Theil der Ersten Kammer betrachtet werden zu sollen. Wollte aber diese einen Einfluß auf unsre politischen Verhältnisse ausüben, so durfte sie nicht blos in einzelnen Stücken verneinend der StaatSregierung gegenübertrelen, sondern sie hätte auch mit Entschieden heit den Gang bezeichnen müssen, den sie von der Regierung genommen zu s^en wünscht. Daß dies nicht geschah machen wir nicht etwa zum Vorwurf, aber verkennen läßt sich nicht, daß die Stellung der einen und andern Kammer in Fragen dieser Art eine weit freiere war, als die der Regierung. Letztere konnte bei der Restauration nur bis zu der Stelle zurückkehren, an welcher die wiedereinberufencn Stände zuletzt ihre Thätigkcil beschlossen halten. Sollte darüber hinausgegangen werden, so war es vor Allem Sache dieser Stände selbst, ihre frühern Anträge und Erklä rungen zurückzunebmcn, oder mindestens der Regierung zu erklären, daß sie alle Resultate jener letzten ständischen Wirk samkeit als offne Fragen wieder aufnehmen dürfe. Die Erste Kammer hat aber auf dem Landtage von 1850 gerade das Gegentheil hiervon gethan. Zwar wurde der von der Re gierung vorgeleqte Entwurf einer Revision der Verfassungs urkunde und des Wahlgesetzes von der Ersten Kammer ab gelehnt und die Regierung hat hierbei sich beruhigt, ohne deshalb irgend welche Schwierigkeiten zu erheben. In der Frage aber, aus welcher jetzt nur Vorwürfe gegen die Regie rung abgeleitet werden, in der Entscheidung über das Orga- nisalionswerk sind gerade von der Ersten Kammer selbst und zwar ohne Zuthun der Regierung, die Anträge und Erklä rungen ausgegangen, welche die Regierung an den von da ab eingeschlagencn Weg gebunden haben. Uebrr Mozart'- „Don Juan". (Schluß aus Rr. 42.) Au- dem zweiten Acte ersteht man im Manuskripte, daß Donna Anna, wenn ste die bekannte Brief-Arie: ^lon mi stir, bei istol win, vorträgt, nicht allein in der Scene erscheinen muß, denn hie Wort», die ste singt, find an den anwesenden Don Ottavio -ertcknrt, der «m Nnitalw fing», welche- dem der Donna Anna HprpHfgeht und dir Scene mit einem andern Rkkitativ schließt. EsiZlstb «was weiter, während der letzten Orgie de- Don Juan, wen« Donna Elvira mit den zärtlichsten Worten versucht, da- Herz ihre- unempfindlichen Gatten zu rühren, wirft ste sich am Ende auf dir Knie vor ihm nieder, und Don Juan thut, da flr sich weiqert auszuftrhrn, au- Uebermaß de- Spotie- desgleichen. Die- ist au-drücklicde Borschrisi von Mozart. Eine drlicarere Frage ist ob e« rarhsam ist, die zweite Partie de- letzten Finale- zu übergehen oder nicht. In der Original partitur kommen, nachdem Don Juan unter dem Standbild, de- Eomrhur- und in Gesellschaft der Teufel, welche dasselbe herauf beschworen, vom Abgründe verschlungen (inghiottiro unter den voven de-Theater») worden, Anna, Elvira, Zerline, Ottavio un» Akasetto nochmal- zum Vorschein, entschlossen, fich an Don Juan zu rächen und ihn für seine Miffethaten zu strafen. Aber Leporello, der unter dem Tische versteckt geblieben, »Hut ihnen zu wissen, daß der uown 6i »»»an (der Mann von Stein) ihn bereit geholt und der Teufel ihn verschluckt (il äiaenln »o'l trunguggi»). Darauf folgt dann ein Schluß-Quintett. „Wenn — meint Viardvt — die Situation und dir Poesie diese- Finale- nicht be- sonder- zu loben find, so muß man doch auch bekennen, daß der Feuilleton. Komponist sie ebenfall- nicht durch seine Musik sehr gehoben hat. Nach der Ungeheuern Scene, welche mit dem Eintritte deS Eom- thurS beginnt und mit dem Sturze seine- Mörder- in den Ab grund der Hölle endigt, konnte Mozart fich unmöglich noch höher erheben , er hatte den äußersten Gipfel der dramatischen Höhe erklommen, und jede- Stück, welche- hier hinterher noch folgte, mußte, wenn e- auch noch so würdig befunden ward, irgend einen andrrn Platz in dem Meisterwerke rinzunehmen, noch- wendigerweise schwach und kalt erscheinen. Man hat also wohl- gethan, eS bei den Ausführungen auf den Theatern wegzu- lassen." Biardot fügt am Schluffe noch hinzu; „Eine- Tage- bat man Rosfini, er möge diejenige Oper nennen, welcher er unter allen seinen Werken den Vorzug gebe. „ES giebt keinen Vater," fügie man hinzu, „der nicht seinen Benjamin unter seinen Kindern habe," und darauf citirte der Eine den „Barbier", der Andere „Othello", ein Dritter die „Gazza", ein Vierter „Semi rami-", dann „Wilhelm Teil" rc. Rach langem Schweigen ant wortete Rossini: „Sie wollen wissen, welche- ich von meinen Werken am meisten liebe? Ich stelle am höchsten — Don Gio vanni!" — Al» Rotstni später der Madame Biardot einen Be- such abstatttte, verlangte er da» Manuskript dieser seiner Lieb- ling-oper zu sehen, indem er hinzufüqte: „Ich will mich vor dieser heiligen Reliquie beugen." Nachdem rr mehrere Blätter der Oriqinalpartttur umqewendet und tiesfinnend seinen Blick darauf hatte ruhen lassen, sag», rr zu Biardot, indem er seine Hand über Mozart'- Schrittzüq» au-brnrri«: Mein Freund, da- ist der Größte, da- ist der Reister Aller, da- ist der Einzige, der eben so viel Wissenschaft al» Genie und eben so viel Genie al- Wissenschaft besaß." Chemnitz Da- am 14. Februar stattgefundrne zweite Abonnem entroncert dieser Saison wies mehr Orchester produktionen auf, alS zeirher in diesen Concerlen gewöhnlich. Da» Auditorium wird nicht den entferntesten Grund haben, sich hierüber zu beklagen, da die Auswahl mit Geschmack und Tack getroffen wird und das Siadkorchester unter Mejo'S Leitung die gewählten Stücke in einer durchaus befriedigenden Weife zu Ge hör bringt, dadurch aber echte musikalische Genüsse zu spenden im Stande ist. Die-mal hörten wir die Symphonie >« «iur von Haydn, die „KingalShühle", Eoncertouvenure von Mendels sohn - Bartholdy, die Ouvertüre zu „Figaro's Hochzeit" von Mozart und die Musik B. A. Weber'S zur Schiller'schen Ballade „Der Gang nach dem Eisenhammer", welche von Hrn. Bergen, einem geschätzten Mitglied und Regisseur deS hiesigen Theaters, gesprochen wurde. Die Au-fübrung dieser sämmtlichen Pibcen darf Anspruch machen auf die Bezeichnung einer in allen Theilen wohlqelungenen. AIS eine neuerdinq- sehr empfohlene Säng.rin trat Frau Sophie Förster au» DreSven in dem Eoncert auf und hat den gespannten Erwartungen, die man an ihr Erscheinen knüpfen durfte, völlig entsprochen. Ihre Gesang-vorträg«, Arie: „Auf starkem Flttig rt." aus der „Schöpfung" von Haydn, Arie: vei raggio, au» „Semirami-" von Rossini und drei Lieder am Pianoforte, zeigten nicht allein, daß ste im glücklichen Besitz einer frischen, vortrefflich gebildeten, wohltönrnden Stimme ist sondern auch, daß fir riese Mittel zu einer remen, geschmackvollen,