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— 846 — In der Nacht zum 12. dieses Monats wurden aus einem Hause in Riederschlottwitz mittelst Eindrückens einer Fensterscheibe und Einsteigens ein mit Perlen gesticktes und mit 36 Stück neuen metallenen Spielmarken gefülltes Portemonnaie sowie ein Klemmer gestohlen. Solches wird im Auftrage des Königlichen Staatsanwalts zu Freiberg zur Ermittelung des Thäters und Wieder erlangung des Gestohlenen bekannt gemacht wird. Dippoldiswalde, den 24. November 1879. Der Königliche Amtsanwalt. Bachmann. In der Nacht vom 29./30. vorigen Monats sind in Hermsdorf folgende Gegenstände gestohlen worden: 1 dunkelbraun angestrichener Handwagen mit 4 Nädern, Rüstleitern, beweglichem Rungenstück am Vordertheile, Schleif zeug und Spille, mit Stemmleisten am Hintertheile und ohne Deichsel, an einer Leiter ist eine Schwinge ausgebrochen und die vorderen Arme sind neu und nicht angestrichen; ferner ein grau und braun gestreiftes wollenes Mannshemd, 1 fast neues weißleinencs Mannshemd, 1 Handtuch vom weißem Zwillich, I fast neues weißleinenes Mannshemd, 1 der gleichen Handtuch und 1 Handbeil, in dessen Eisen der Buchstabe k. eingeschlagen ist. Dies wird hiermit zur Wiedererlangung der Diebstahlsobjekte und Ermittelung der Thäter öffentlich bekannt gemacht. Frauenstein, am 25. November 1879. Der König!. Amtsanwalt. Weitzenborn, Rfd. Bekanntmachung. Nachdem zur Vornahme der diesjährigen Stadtverordneten Crgänzu»gSwahl der L. December L878 anberaumt worden ist, so werden sämmtliche stimmberechtigte Bürger hiesiger Stadt hierdurch aufgefordert, gedachten Tages Vormittags von 9—1 Uhr an geordneter Rathsstelle vor dem Wahlausschuß bei Verlust des Stimmrechts für den gegen wärtigen Fall in Person zu erscheinen und die Stimmzettel, auf welchen aus der jedem Stimmberechtigten zugegangenen Wahlliste 2 angesessene und 1 unangeseffener Bürger als Stadtverordnete und 2 angesessene Bürger als Ersatzmänner zu benennen sind, zu übergeben. Dippoldiswalde, am 25. November 1879. Der Stadtrath. Voiqt, Brgrmstr. Das Landstreicherthum. Ein Referat, welches Ober-Bürgermeister Ziller aus Meiningen auf dem Thüringischen Städtetag zu Eisenach am 28. Octbr. d. I. erstattet hat und das jetzt in der „Deut schen Landwirthschaftlichen Zeitung" veröffentlicht worden ist, weist darauf hin, wie dringend nothwendig es sei, ernst liche Schritte zur Bekämpfung des Landstreicherthums zu thnn. Mit der Frage: Wie ist das Landstreichen zu be kämpfen? ist ein für die Gegenwart wichtiger Gegenstand der Verhandlung erkoren. Denn wenn auch das Land streichen ein altes Nebel ist, so hat es, wie als notorisch angesehen werden kann, von früheren Jahrhunderten abge sehen, erst in neuester Zeit seine jetzige bedenkliche Ausdeh nung genommen. Matt wird schwerlich zu hoch greifen, wenn man annimmt, daß gegenwärtig etwa 1 Procent der Bevölkerung, also 40000 Personen, in Deutschland vaga- bondiren. Offenbar müssen es tief einschneidende Ursachen sein, welche die Krankheit zu solcher Höhe haben anschwellen lassen, und man wird sich nicht der Erwartung hingeben können, daß ihre Wiedereindämmung in kurzer Zeit und mit Leichtigkeit sich werde ermöglichen lassen. Ganz besonders erfreuen sich die wandernden Hand werksgesellen der Gunst des Publikums, und gewiß war auch diese Begünstigung in früherer Zeit begründet, so lange nämlich, als der Wanderzwang bestand, so lange jeder Ge selle, mochte er die zum Reisen nöthigen Mittel haben oder nicht, zum Wandern gezwungen war, wenn er überhaupt sein Gewerbe seiner Zeit selbstständig ausüben wollte; so lange ferner der Besitz eines Wanderbuches den Nachweis lieferte, daß der Inhaber ein innungsmäßig ausgelernter Handwerker war. Äber gegenwärtig haben diese Verhält nisse eine vollständige Umwälzung erfahren. Zum Wandern wird Niemand mchr gezwungen, und andererseits: Wie vermag matt jetzt den Stromer vom ehrsamen Handwerks burschen zu unterscheiden? Eine Verpflichtung, eine Legiti mation bei sich zu führen, sich bescheinigen zu lassen, wo und wann sie gearbeitet haben, besteht für die Handwerks gesellen nicht mehr. Mit Leichtigkeit kann sich ferner jetzt jeder Handlanger eine Legitimation als Schneider, Schuh macher rc. verschaffe». Die meisten Stromer reisen jetzt als wandernde Handwerksburschen und wissen unter dieser Firma ihre Haupterwerbsquelle, die Privatwohlthätigkeit, bestens auszubeuten. Wie arg muß in dem Arbeiter, der sich mühsam im Schweiße seines Angesichts sein Brod erwirbt, und den nur die ehrenhafte Gesinnung abhält, sich gleichfalls dem Bettel hinzugeben, diese Gesinnung erschüttert werden, wenn er sieht, wie ein gleich ihm arbeitsfähiger, aber dem Müssig gang ergebener, unwürdiger Mensch sich mühelos durch milde Gaben ernährt? Man ist zu sehr gewohnt, sich bei Acten der Wohlthätigkeit lediglich die Frage vorzulegen: Wird durch diese Gabe Nutzen gestiftet oder wird sie nutzlos ver geudet? Man sollte sich stets die weitere Frage vorlegen: Wird durch nutzlose Gaben nicht geschadet, macht man sich durch unüberlegtes Geben nicht für diesen Schaden verant wortlich? Eine planlose Wohlthätigkeit trägt viel dazu bei, den redlichen Arbeiter zu verbittern, ihn vom rechten Pfade redlicher Arbeit abzudrängen, ihn dem Betteln und Land streichen in die Arme zu treiben. Gewiß hat die jetzige wirtschaftliche Krisis einen wesent lichen Einfluß auf die Zunahnie des Stromerwesens gehabt; Personen schwachen Characters, die aus ihrer gewohnten Arbeit gerissen worden sind, gewöhnen sich gar leicht, der regelmäßigen Arbeit überhaupt abhold zu werden und an einem müssigen, umherstromernden Lebenswandel Genuß zu finden. Nun soweit diese Ursache besteht, können wir wohl die Hoffnung hegen, daß eine Besserung eintritt, wenn die wirtschaftlichen Zustände wieder in das nöthige Gleichge wicht gekommen sind. Aber gewiß wäre es irrig, hierin allein die Ursache zu suchen. Nicht minder hat beigetragen die rasche Umgestaltung der Gesetzgebung, welche wir während