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— 614 — leidigung des Kaisers Wilhelm schuldig gemacht haben und zu Gefängnißstrafen verurtheilt waren, der Rest ihrer Strafe erlassen worden. Dresden. Nach der Rückkehr aus Ferien-Colonien hat hier die ärztliche Untersuchung der in dieselben entsendeten armen schwächlichen Kinder und die vorläufige Zu sammenstellung der gewonnenen Resultate stattgefunden. Mit erklärlicher Spannung blickten die Aerzte und Laien des Comitös dem Ergebnisse entgegen; aber der vielleicht noch hier und da vorhanden gewesene Zweifel daran, daß 3 Wo chen wirklich etwas Merkliches nützen können, wich bei jedem neuen gewonnenen Resultate der freudigen Einsicht: daß die Erwartungen sich reichlich erfüllt haben, ja in den meisten Fällen ganz bedeutend übertroffen worden sind. Mehr als ein Mal war das Resultat so außerordentlich, daß man glaubte, einen Jrrthum in den Zahlen annehmen zu müssen, noch ein Mal prüfte und die früheren Tabellen (die Tabellen der Nachuntersuchung waren vorsichtiger Weise von denen der Voruntersuchung ganz getrennt gehalten) herbeiholte. Am überraschendsten war für den Laien — ja selbst für den Arzt — die Zunahme des Körpergewichts. Während nach medicinisch-stattstischen Autoritäten die gewöhnliche Gewichts zunahme bei Kindern fraglichen Alters in dem betreffenden Zeiträume knapp V- Pfd. beträgt, hatten die Colonienkinder im Durchschnitt 3'/s Pfd. zugenommen; bei einzelnen betrug die Zunahme 12 Pfd.; weniger als 1'/, Pfd. hatte kein Kind zugenommen. Schon diese wenigen vorläufigen An gaben sprechen überzeugend von der höchst günstigen Ein wirkung der rationellen Beköstigung, den gesunden Wohn stätten und der Bewegung im Freien. Als eine sehr günstige Wahrnehmung wurde von den Aerzten bezeichnet, daß sehr viele der Kinder, vorzugsweise die Mädchen, im Leibesum fänge der Magengegend wesentlich (oft 6 em) abgenommen, dagegen im Brustumfänge bedeutend zugenommen hatten. Die Farbe der Schleimhäute war durchgehends frischer, röther geworden; Katarrh, Augenliderentzündung, Husten rc. war weggegangen. Dazu berichten die Tagebücher der Colonie- führer, daß diejenigen Kinder, die in den ersten Tagen bei den Ausgängen ermüdet zurückgeblieben waren, später allen, auch ganz bedeutenden Anstrengungen sich gewachsen zeigten; daß diejenigen Kinder, welche erst mit Widerstreben an die kalten Waschungen des Oberkörpers gegangen waren, schon nach kurzer Zeit dieselben lieb gewonnen hatten. Nichts ist erklärlicher, als daß unter dem ersten Eindrücke so günstiger Resultate bereits der Wunsch und der Vorsatz auftauchte, das Unternehmen über's Jahr zu wiederholen. — Angesichts der Nothlage des städtischen Grund besitzes hat der Hausbesitzer-Verein zu Dresden an sämmtliche Hausbesitzer-Vereine des deutschen Reichs einen Aufruf zur Beschickung eines Mitte September in Dresden abzuhaltenden Kongresses ergehen lassen und als vorläufige Tagesordnung eine Debatte über die Mittel zur Hebung des Grundcredits, zur Entlastung des städtischen Grundbesitzes, der Abänderung der den Grund besitz betreffenden Gesetze, wie der Hypothekenordnung des Sub- hastationsverfahrens, der Miethsgesetzgebung rc. festgestellt. — An der sächs.-böhm. Grenze zeigt es sich be reits, daß den Zollämtern durch die demnächstige vollständige Einführung der neuen Zollgesetze eine bedeutende Mehr arbeit erwachsen wird, denn es wird die Bewachung der Grenze eine viel strengere werden müssen, um dem schon jetzt — wo erst ein Theil der neuen Zölle zur Erhebung gelangt — merklich werdenden Schleichhandel zu wehren; dann erfordert auch die Vermehrung der zu verzollenden Artikel eine größere Waarenkenntniß und eine genauere Untersuchung der über die Grenze gelangenden Sendungen. — Ueber die schlechte Behandlung der Postpackete feiten der Unterbeamten bei dem Ver- und Umladen ist schon oft Klage geführt worden. Das kaiserl. General postamt hat jetzt strenge Weisung ergehen lassen, daß mit den Packeten behutsamer umgegangen und dieselben nament lich nicht geworfen, gegen einander gestoßen oder zu Boden fallen gelassen, sondern vorsichtig niedergelegt werden sollen. Tharandt. Am 19. und 20. August fand hier die Jahresversammlung des Dresdner Hauptvereins der Gustav-Adolf-Stiftung statt, wozu 69 Deputirte aus Sachsen, Schlesien, Böhmen, Ungarn und der Bukowina eingetroffen waren. Die Verhandlungen fanden an beiden Tagen im Albert-Salon statt; der Festzug am Mittwoch in die Kirche war über alle Erwartung imposant, die Fest predigt hielt Herr Diac. v. Kriegern aus Leipzig, und der Jahresbericht gab ein erfreuliches Zeugniß von der segens reichen Wirksamkeit der Gustav-Adolf-Vereine. Berlin. Die Frau Kronprinzessin wird noch eine Badereise antreten und sich Anfang September zu mehr wöchentlichem Aufenthalt nach Gastein begeben. Ein Be such Elsaß-Lothringens durch das kronprinzliche Paar während der dortigen Kaisermanöver wird durch die Gasteiner Reise nicht ausgeschloffen. — Fürst Bismarck ist mit Gemahlin und dem Grafen Herbert von Kissingen nach Gastein gereist und dort vom zahlreich anwesenden Publikum mit Hochrufen begrüßt worden. — Im Monat November wird im ganzen deutschen Reiche eine Ermittelung der Ernteerträge stattfinden. Mit der Vorbereitung und der technischen Leitung der er forderlichen Arbeiten, sowie mit der Zusammenstellung und Drucklegung der Resultate, ist das königl. preuß. statistische Bureau beauftragt. Dieses bildet die Centralstelle für die Versendung der Drucksachen und die Rücksendung der aus gefüllten Formulare, sowie für die Erledigung von Anfragen, welche die Aufnahmen etwa Hervorrufen. Die unmittelbare Ausführung der Erhebungen in den einzelnen Bezirken ge schieht durch die Verwaltungs- und Communalbehörden nach Anleitung vorgeschriebener Formulare. Die Regierungen überwachen die Ausführung der Ermittelungen und haben für die Jnstruirung der Kreis- und Ortsbehörden zu sorgen. Wo in Gemeinden und Gutsbezirken die Verhältnisse es fordern, können für die Ermittelungen Schätzungs-Commis sionen gebildet werden. Es ist der wirkliche Ernte-Ertrag, und zwar in Gewicht anzugeben. Aus der Angabe, wie viel Fläche in jeder Gemeinde und jedem Gutsbezirke mit den einzelnen Früchten bestellt ist, und welche Menge hier von auf je einen Hectar der damit bestellten oder bestan denen Fläche im Jahre 1879 im Durchschnitt geerntet wurde, wird das statistische Bureau dann berechnen, wie viel Kilo gramm Weizen, Roggen, Gerste u. s. w. in jeder Gemar kung, jedem Kreise, jedem Regierungsbezirk, jeder Provinz und im ganzen Staate gewonnen worden sind. Aehnliche Berechnungen müssen gemäß Anordnung des Bundesrathes für jeden Staat des deutschen Reiches aufgeführt werden. — Am Nationaldenkmal auf dem Niederwald hat man soeben mit der Niederlegung der Gerüste begonnen und das schöne Monument ragt bereits weithin über den Saum des Eichwaldes empor. Die Erzfiguren, der schönste Schmuck des Denkmals, fehlen natürlich noch, ebenso die am Abhange anzulegenden Terrassen und Vorplätze; die sonstigen Steinhauerarbeiten aber sind beendigt. — Der am 18. ds. Mts. in Berlin zusammengetretene allgemeine deutsche Schneider-Congreß, an welchem ca. 300 Meister theilnahmen, beschloß einstimmig die Be gründung eines Bundes selbstständiger Schneidermeister. Mecklenburg. Hier ist man sehr besorgt, daß die Nähe der dänischen Küste und die Möglichkeit, von dort mit leichten Booten von den auf langen Strecken fast un bewohnten, zum Theil an schwer zugänglichen Wald und Moorgrund grenzenden Strand überall zu erreichen, den Schmuggel in Folge des neuen Tarifs in größerem Um-