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Dienstag. Rr. ««. 27. Mai 1879. Weißerih-Zeitung. Amts-Matt für die Königs. Amtsljauptmannschaft Dippokdiswakde, sowie für die Königs. Gerichts-Aemter und die Stadträtye zu Dipposdiswatdc und Kraucnstein. Verantwortlicher Redacteur: Cät'l Ithne in Dippoldiswalde. Dieses Blatt erscheint wöchentlich drei Mal: Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Zu beziehen durch alle Post- Anstalten und die Agenturen. — Preis vierteljährlich 1 Mark 25 Pfg. — Inserate, welche bei der bedeutenden Auflage des Blattes eine sehr wirksame Verbreitung finden, werden mit 10 Pfg. für die Spalten-Zeile, oder deren Raum, berechnet. Amtlicher Theis. Diebstahls - Bekanntmachung. In der Nacht vom 19. zum 20. dieses Monats wurde aus einem verschlossenen Stalle in Quohren eine weißschuppichte Henne entwendet. Solches wird behufs Entdeckung des Diebes bekannt gemacht. Dippoldiswalde, am 23. Mai 1879. Das Königl. Gerichtsamt. Klimmer. Auf Fol. 21 des hiesigen Handelsregisters ist heute verlautbart worden, daß Herr Carl Traugott Richter in Reichenau Stellvertreter des Directors und als solcher Mitglied des Vorstandes vom landwirthschaftüchen Consum-, Spar- und Vorschuß-Vereine für Reichenau und Umgegend, eingetragene Genossenschaft, ist. Königliches Gerichtsamt Frauenstein, am 23. Mai 1879 Küchler. Tagesgeschichte. Dippoldiswalde, 23. Mai. Gestern Nachmittag hatten sich im „Gasthof zum goldnen Stern" ca. 45 Mitglieder und Gaste des landwirthschaftlichen Vereins versammelt, um einen schon vor längerer Zeit zugesagten Vortrag des Herrn Generalsekretär v. Langsdorfs „Ueber die jetzige Lage der Landwirthschaft" zu hören. Der Vortragende con- statirte zunächst, daß Klagen der Landwirthe in allen deut schen Ländern laut geworden und diese ihre volle Berech tigung haben; sie datiren aus der Zeit, in welcher der Anschluß des deutschen Eisenbahnnetzes an das österreichisch ungarische erfolgte. Was den Getreidebau anlangt, so hat sich Oesterreich-Ungarn jedoch nicht als ein so ge fährlicher Concurrent gezeigt, fiir welchen es anfänglich ge halten wurde, weil die klimatischen Verhältnisse einer gleich mäßigen Production nicht günstig sind, weil die Bevölkerung stetig zunimmt und nur wenig oder gar keine neuen Cultur- flächen herangezogen werden können. Schon gefährlicher ist Rußland geworden, welches insbesondere nach dem Krim kriege anfing, durch Eisenbahnen das Land aufzuschließen. Am meisten ist jedoch der deutsche Getreidebau durch Nord- Amerika geschädigt worden, wo es einer thätigen und intelligenten Bevölkerung bei billigem Grund und Boden möglich geworden ist, in den Jahren 1869 — 1873 durch schnittlich 21 Mill, lcl, 1874—1877 42 Mill, kl und 1878 63 Mill. Irl Getreide auszuführen. Betreffs der Viehzucht wies Redner nach, daß man Oesterreich-Ungarn wiederum nicht zu fürchten hat, weil die geringe Menge wässeriger Niederschläge dem Futterbau ungünstig, ebenso wenig Ruß land, weil dort die Rinderpest heimisch ist. Dagegen wird Nordamerika furchtbar, nachdem die Versuche, lebendes Vieh nach Europa zu bringen, vollständig geglückt sind. Hierzu kommt noch, daß die Waare eine ganz vorzügliche ist und die Züchtung mit höherer Einsicht geschieht, als bei uns. Daher hat man bereits das berühmte Schiff Great Castern in der Weise zum Viehtransport eingerichtet, daß es 2200 Stück Rindvieh und 26,000 Stück Schafe aufnehmen kann. Nicht weniger hat die Schafzucht gelitten, da die ganze Welt durch australische und kalifornische Wolle überschwemmt wirs. Dem gegenüber sind die vorgeschlagenen Zölle für land- wirthschaftliche Products zu niedrig; das Brod des Armen wird durch die Zölle keine wesentliche Preissteigerung er fahren, da sie von Denen bezahlt werden müssen, welche importiren; der Zwischenhandel vertheuert Brod und Fleisch viel mehr und muß darum unterdrückt werden. Redner empfiehlt deshalb die Einführung von Brod- und Fleisch taxen nach Berechnungen auf Grund der durchschnittlichen Marktpreise. Die Forderung: die Grundstücke müssen zurück gehen, wird ebenfalls als ein schlechter Trost zurückgewiesen. Vielmehr fordert der Vortragende: Der Landwirth, und auch der kleinste, hat sich stets über die Fortschritte der Wissen schaft unterrichtet zu halten; die Viehzucht ist in jetziger Zeit dem Getreidebau gegenüber zu bevorzugen und ist die größte Aufmerksamkeit bei Auswahl des Mutter- und Vaterviehes zu beobachten; Düngemittel sind fleißig zu verwenden, in großen Posten zu beziehen und unter chemische Controls zu stellen; die Creditverhältnisse des Landwirthes müssen durch Errichtung von Darlehnskassen in jedein größeren Orte ge regelt werden. — Der Vortragende erntete für seine hoch interessanten Mittheilungen den allseitigen Dank der Ver-