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674 - - übertroffen, denn die allgemeine Harmonie und die so wohl vorbereiteten Effecte sind nie erreicht worden. Das Theater, Museum, Augusteum, die Post und die kunstvollen Dekorationen am Augustusplatze bildeten unstreitig den Höhepunkt des Ganzen. Der Schwanenteich war durch Sterne und Figuren auf dem Wasser, und die Promenaden und Parkpartien zauberisch schön erleuchtet. Am 6. Septbr. Vormittags hat sich der Kaiser in Begleitung unseres Königs und des Kronprinzen des Deutschen Reiches, sowie der übrigen fürstlichen Gäste, mittelst ExtrazugeS zur Parade des 12. kgl. sächs. Armeecorps nach Böhlen begeben. Es hatten sich natürlich auch viele Tausende als Zuschauer eingefunden ; mittelst 18 Extrazügen wurden 23,000 Menschen befördert. Die Parade war */»2 Uhr zu Ende, und um 4 Uhr fand im Schützenhause königliche Tafel statt, wobei unser König Albert einen Toast auf Kaiser Wilhelm brachte, den dieser erwiderte, indem er auf das Wohl des Königs von Sachsen und des ganzen königlichen Hauses trank. Am Abend war Festtheater, wo das Göthe'sche Schauspiel „die Ge schwister" und „Eigensinn" von Benedix gegeben wurden. Der dann auf dem Augustusplatze abgehaltene Zapfenstreich vov der gesammten Musik nebst dem Tambour- und Signalisten- chor des Armeekorps machte einen großartigen Eindruck; ein Feuerwerk bildete den Schluß. Am 7. Septbr. (Donnerstag) begaben sich die fürstlichen Herrschaften und Gefolge zu dem Corpsmanöver nach Gruna. Die Abreise des Kaisers nach Merseburg sollte am Abend erfolgen. Zeitz. Auf dem kürzlich hier abgehaltenen Schuh machertage ist der sehr gerechtfertigte Beschluß gefaßt worden, den Kunden nur 3 Monate lang zu borgen, dann aber 6 pro Cent Zinsen für die Schuld zu berechnen. Auch soll die Bildung von Rohstoff-Vereinen angestrebt werden. Berlin. Wie es heißt, wird der Reichstag auf den 23. Oktober einberufen werden. — Der BundeSrath soll noch im September zusammentreten. — Der Feldmarschall Frhr. von Manteuffel ist in wichtiger Mission nach Petersburg gesandt worden. Der selbe hat schon früher einmal in einem entscheidenden Moment mit dem Kaiser von Rußland direct und persönlich verhandelt, als es sich um die orientalische Frage und den Pariser Frieden handelte. Wenn die ihm jetzt zu Theil gewordene Mission mit Dem, was früher verhandelt worden ist, im Widerspruch stände, würde Frhr. v. Manteuffel sie gewiß nicht angenommen haben und so ist sie ein Beweis dafür, daß die deutsche Politik keine anderen Wege einzuschlagen gedenkt, als die, welche sie bisher Rußland gegenüber inne hielt; ferner ein Beweis für das ungetrübte Verhältniß der beiden Kaiser, welche jetzt den Frieden der Welt in der Hand halten. Bayern. In der Pfalz haben, nachdem die Ernte eingebracht ist, die Mäuse dermaßen überhand genommen, daß die Behörden die umfassendsten Maßregeln anordnen mußten. Um die Felder von dem Ungeziefer zu reinigen, ordnete man das Fangen an und zahlte für jede abgelieferte MauS 4 Pfennige; man hatte aber die Rechnung ohne den Wirth gemacht, denn in einer einzigen Gemeinde wurden in wenig Tagen 32,000 Mäuse abgeliefert und so die Kasse gesprengt, die jetzt nur noch 1 Pfennig für das Stück bezahlt. Frankreich. Das Project einer Weltausstellung im Jahre 1878 zu Paris wird von der Regierung bereits ernstlich behandelt und ist auch schon ein amtliches Reglement erschienen. Der ganze, für die Ausstellung bestimmte Raum wird zum wirklichen Entrepotplatze erklärt und bestimmt, daß alle Erzeugnisse deS Auslandes unter den Bedingungen des internationalen Transits ohne jede Durchsuchung, oder nach Wahl der Interessenten unter den Bedingungen des nationalen Transits mit einer nur summarischen Durchsuchung, direkt nach dem AuSstellungSpalaste befördert werden sollen. Das freuen hatte, ist am Sonntag Nachmittag geschlossen worden. Die Lotterie, zu der 18,000 Loose auSgegebeo wurden, wird am 11. Septbr. gezogen. — Die Ernte-AuSsichten für Wein und Obst sind sehr schlechte. Leipzig. Unser Kaiser Wilhelm, der zum ersten Male als Kaiser Leipzig besuchte, ist am 5. Septbr. von unserer königlichen Familie, den anwesenden sonstigen Fürst lichkeiten und Militärs empfangen und von den Vertretern der Stadt feierlich begrüßt worden. Das erlauchte Oberhaupt des neuen Deutschen Reiches zog in die, bi» in ihre fernsten Vorstädte festlich gezierte, besonders aber auf dem Wege des kaiserlichen Zuges ebenso reich wie geschmackvoll ausgeschmückte Stadt ein. Der sonstigen einfachen Sitte deS hohen kaiser lichen Herrn entsprechend, fuhr er auch hier in zweispännigem .Wagen, an seiner Seite unser allverehrter Monarch; in langer Reihe folgten die Wagen der übrigen Fürstlichkeiten. Stürmischer Jubel empfing und begleitete, von Straße zu Straße sich , fortpflanzend und immer mehr steigernd, den kaiserlichen Gast und seinen Wirth. Als man in einem späteren Wagen den großen „Denker der Schlachten" Moltke und den ruhmvollen Sieger bei Metz, Prinz Friedrich Karl, erblickte, erneuerte sich der Jubel der dicht gedrängten, aber in größter Ordnung verharrenden Volksmenge. Kaiser Wilhelm hat sich über den begeisterten Empfang, der ihm zu Theil geworden, hocherfreut von der Herzlichkeit desselben, sehr befriedigt ausgesprochen; aber auch der Eindruck, den die Person des Kaisers auf Alle gemacht hat, ist ein überaus mächtiger und zugleich gewinnender gewesen. Sein frisches, rüstiges Aussehen, die aus seinem Auge, wie aus seiner ganzen Haltung hervorleuchtende Klarheit und Heiterkeit seines Wesens, die ungezwungene und darum so wohlthuende Freundlichkeit und Liebenswürdigkeit, die sich in jedem seiner Worte, wie in jeder seiner Geberden, ausspricht, Alles dies hat dem hohen kaiserlichen Herrn die Herzen, welche ohnehin schon längst sreud- und erwartungsvoll ihm entgegen schlugen, vollends zu eigen gemacht. Der erprobten Gesinnung von Leipzigs Bürgerschaft gegen Kaiser und Reich gab der Vicebürgermeister vr. Georgi in seiner Begrüßungsrede an Kaiser Wilhelm ebenso würdigen als warmen Ausdruck. Und in gleichem Sinne, unter wärmster Anerkennung der bundeSfreundlichen Haltung der Könige Johann und Albert, erwiderte der hohe Gast: „Ich danke Ihnen für den Ausdruck der Gesinnungen, welche Sie Mir im Namen der Stadt entgegentragen und die Sie so treffend geschichtlich begründet. Ich freue Mich, in einer Stadt zu verweilen, die so reich an großen Erinnerungen ist und diese Er innerungen stets an Ereignisse knüpfen kann, die für Deutschland entscheidend wurden. Was Sie von Resultaten der letzten Zeit ge sagt, spricht auch Meine Ueberzeugung aus, daß sie gnädige Fügung der Vorsehung gewesen; aber Ich muß auch hinzufügen, daß Ihr König als Feldherr durch Heldenmuth und Besonnenheit in Führung Seiner braven sächsischen Truppen sowohl, wie später durch das Commando einer Armee, zur Erreichung dieser großen Resultate wesentlich beigetragen hat. Auch in dem Erstreben der deutschen Einheit ist Ihr König den Fußtapfen Seines unvergeßlichen Vaters gefolgt und hat das vom deutschen Volke so lange Ersehnte mit er reichen Helsen." Unser König Albert hat seinerseits einen neuen sichtbaren Beweis davon, wie er so ganz mit dem Bestände und den großen Erfolgen deS neubegründeten Deutschen Reiches sich einverstanden erklärt, durch die Verleihung des Ordens der Rautenkrone (der höchsten Auszeichnung, die es in Sachsen giebt) an den Generalfeldmarschall Grafen Moltke geliefert. — An Bürgermeister vr. Georgi verlieh er das Ritterkreuz 1. Kl. des Albrechtsordens. Die Erleuchtung der Stadt am Abend de« Einzuges war ohne Vergleich die allgemeinste, reichste und sinnreichste, die seit der berühmten Illumination beim Jubiläum der Leipziger Schlacht (1863) hier stattgefunden, ja sie hat sie wohl noch