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ft- 1 ' M - sl- Kt". W -M K W U» V M s-> >>. Tagesgeschichte. Dresden. Die 2. Kammer hat da« königliche Decket, den Ankauf der sächsisch-thüringischen Bahn durch den Staat betr., an die Finanzdeputation verwiesen. . — Die Unterhandlungen, welche in letzter Zeit zwischen dem königl. Finanzministerium und den Verwaltungsorganen der Chemnitz-Komotauer Eisenbahn-Gesellschaft über den Ankauf der Bahn durch den sächsischen Staat schwebten, sind am 23. Mai zu einem, für beide Theile be friedigenden Abschluß gelangt. Die Herstellungskosten der Bahn sind auf 15 Millionen Mark geschätzt; die Regierung ist bereit, 50 pro Cent dieser Summe als Kaufpreis zu bieten. — Die Dresdner Gewerbebank (Fröhner u. Co), hat die Liquidation der Gesellschaft beschlossen. — Auch die sinh so sehr Gemeingut aller Gebildeten geworden, daß Niemand den Stillstand zu predigen wagen kann, ohne Gefahr zu laufen, unter die Böotter geworfen zu werden. Was also ist das Trennende, welches sind die Ursachen der verschiedenen Strömungen und Gegenströmungen im politi schen Leben? Offenbar nichts weiter als die Macht- und Jnteressenfragen. An die Stelle der alten Parteien sind verschiedene Schichten des Volkes getreten, welche ihre tzeineinsamen Interessen zur Geltung zu bringen bestrebt find. Fünf solche Klaffen oder Schichten der Bevölkerung sind es, welche zur Zeit in erkennbarer Weise im Vorder gründe der Aktion stehen. 1) die Klaffe des intelligenten Bürgerthums, welche bisher die Majorität im Reichstage bildete, im Wesentlichen die innere und äußere Politik des D Reichskanzlers unterstützte, und deshalb die herrschende oder h. Reichsregierungspartei genannt worden ist (die National- Liberalen); 2) die Fortschrittspartei; 3) die ultramontane Partei: 4) die Socialdemokraten und 5) die erst neuerdings unter ven Namen der Conservativen, Agrarier, Steuer- und Wirthschastsreformer rc. aufgetretene Partei. Diese fünf Klaffen werden selbstverständlich die größten Anstrengungen machen, bei den bevorstehenden Reichstagswahlen die Majorität zu erlangen und auf diese Weise ihre Jnter- essen zur Geltung und zur Herrschaft zu bringen. Stellen ' wir eine vorläufige Prüfung an, welche Aussichten für Er- langung der Majorität bei den Wahlen diese fünf Gruppen haben, so läßt sich wohl mit einiger Sicherheit behaupten, daß die unter 2), 3) und 4) genannten Gruppen deshalb > die Majorität nicht erhalten werden, weil sie numerisch zu schwach und auf die große Masse zu einflußlos sind. Un gleich höher schätzen wir die unter 5) genannte Gruppe, , welche sich in der Hauptsache aus den Trümmern der Feudalaristokratie, sowie aus einem Theile des Großgrund besitzes und der Bureaukratie zusammensetzt. Vermöge der materiellen Mittel und des bedeutenden Einflusses, welche dieser Gruppe zu Gebote stehen, wird dieselbe besonders in ländlichen Wahlkreisen öfters die Wahlen dominiren. Bei dieser Sachlage, und da die unter 2—5 genannten Gruppen häufig eine Coalition einzugehen pflegen, sobald es sich um ' Bekämpfung eines der 1. Gruppe angehörigen Wahlcandi- daten handelt, scheint uns die Befürchtung nahe zu liegen, daß es dem nächsten Reichstage an einer zuverlässigen kompakten Majorität überhaupt fehlen werde. Jedenfalls müßte man es beklagen, wenn eine solche Eventualität ein treten sollte. Nicht minder aber würde es von bedenklichen Consequenzen sein, wenn an die Stelle der patriotisch ge sinnten geistigen Aristokratie, welche bisher die Majorität in unserem Reichstage gehabt, eine andere Majorität treten sollte, deren Liebe zum Vaterlande erst noch die Probe zu bestehen hat. Möge das deutsche Volk sich vorsehen, daß es nicht zu viele Bohrwürmer wählt, deren Absicht, wie kürzlich ein Publicist sagte, dahingeht, das Schiff des Reiches unter der Oberfläche anzubohren und zum Sinken zu bringen. Sächsische Parfümerie-Fabrik (vorm. Bergmann u. Co.) beschloß ihre Auflösung. Die Verhandlungen zwischen der Berlin-Dresdner Eiseubahn-Geseslschaft und der preußischen StaatSregie- rqng dürften schon in nächster Zeit in ein raschere« Tempo kommen. Zunächst wird von Regierungskommissatien eine, Prüfung und Abtaxirung der Strecke stattfinden. — Eine Regierungsvorlage wegen nochmaliger Bewilligung von 500,000 Mark für den Neubau des Dresdner Poly technikums hat die Finanzdeputation veranlaßt, sich unge halten über die enormen Kostenüberschreitungen auszu sprechen, die bei diesem Staatsbau abermals vorgekommen, der ur sprünglich 500,000 Thlr. kosten sollte, und nun muß daS Land über eine Million dafür ausgeben. Dennoch beantragt die Deputation die Bewilligung der Nachforderung. — Als HauptauSsteller bei der Pferde-AuSstellung sind die Gebrüder Oppenheimer und Woltmann aus Hannover zu bezeichnen; Erstere stellten 156, Letzterer 30 elegante Reit- und Kutschpferde au«. Dann ist Heinze aus Obergruna bei Nossen und Leyser aus Leipzig zu nennen, die schwere Arbeits pferde von herkulischem Körperbau stellten. Als Muster exemplare sächsischer Pferdezucht sind die vom RittergutSbes. Mittag in Preititz bei Bautzen zu bezeichnen. Viele edle Pferde waren samwt Stallmeister und Knechten direkt aus Wien hierhergekommen, wodurch den Ausstellern bedeutende Unkosten erwuchsen, da auch für jedes Pferd noch 6 Mark Standgeld zu bezahlen waren, was bei den Hannoveranern allein 1116 Mark betrug. Die Prämien bestanden in silbernen Humpen, Pokalen, Bowlen, Fruchtschalen, Stutzuhren, einem aus Tisch und Stühlen bestehenden feinen Meublement rc. In der Wagen-AuSstellung zeichneten sich die von den Dresdner Hofwagenbauern Gläser und Köppen gefertigten aus; ein amerikanischer Trabrennwagen hatte nur 75 Pfd. Gewicht und eine Tragfähigkeit von 250 Pfd. — Auch König Albert besuchte die Ausstellung, und wurden die schönsten Thiere vorgeführt. — In den herrlichen Weingeländen von Pillnitz und Hosterwitz ist der Wein gänzlich erfroren. Die Pfirsichen, Aprikosen und Kirschen, selbst die Erdbeerpflanzen, haben überaus gelitten und bieten nicht die geringste Aussicht auf Frucht. Leipzig. Nachdem die Immatrikulationen bei hiesiger Universität für das laufende Sommersemester in der Hauptsache beendigt sind, ergiebt sich gegenwärtig ein Bestand von 2815 Studirenden, und es stellt sich sonach gegen daS zuletzt abgelausene Semester eine Minderzahl von 110 heraus. Von den im Wintersemester 1875/76 inscribirten 2925 Studirenden haben nämlich 871 die Universität verlassen, während nur 761 neu immatrikulirt worden sind. — Am 21. Mai starb In Leipzig eine der gefeiertsten Größen der dortigen Universität, der Geh. Hofrath vr. Wilhelm Eduard Albrecht. Mit ihm ist wieder einer der Göttinger Sieben, welche den Staatsstreich des Königs Ernst August 1837 nicht anerkannten und deshalb ihr Amt preis geben mußten, heimgegangen. Vor ihm starben Wilhelm Grimm, Dahlmann, Jakob Grimm, GervinuS und Ewald. CS lebt somit nur noch Einer: Weber in Göttingen, auch schon ein Siebzigjähriger. Berlin. Fürst Bismarck ist am 23. Mai nach seiner Herrschaft Friedrichsruh (im Herzogthum Lauenburg) abgereist und wird dort bis nach den Pfingstfeiertagen ver weilen. Oesterreich-Ungarn. Die Hoffnungen auf eine Wein ernte in den Badener, Gumpoldskirchener, Pfaffstättener und Vöslauer Rieden sind durch den Frost vollständig ver nichtet. In vielen Weingärten ist keine einzige Traube zu erwarten. — Aus Ungarn melden übereinstimmende Berichte, daß der Frost der letzten 8 Tage circa 80 pro Cent vom - ^02 —