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— 863 — Wir können dann, bevor Du auf's Bureau gehst, mit ein ander bei Barnadelli im Weinkeller frühstücken; wir haben ohnedies lange genug kein Glas zusammen getrunken." „Meinetwegen, ich bin'« zufrieden", sprach Oswald, den Paletot anziehend, „aber apropos, wie geht es denn mit Deiner Mathilde? Ich habe während der vierzehn Tage, das heißt, so lange ich diesen fatalen Posten verwalte, sie kaum einmal besuchen könne»; wie mir Fanny aber sagte, so erwarte Deine Frau ihre Niederkunft in einigen Wochen." „Gott sei Dank, befindet sich meine Frau ganz wohl," antwortete Elbert, sich dabei eine Cigarre anzündend, „und wenn erst ihre Niederkunft glücklich vorübergegangen, so habe ich vor der Hand keinen Wunsch mehr." „Du Glücklicher!" sprach Oswald halb seufzend, halb lächelnd, „bitte nur die unsterblichen Götter, daß sie nicht neidisch auf Dich werden. Du kennst doch die Geschichte vom Ringe des Polykrates?" „Ach, was scheere ich mich um den Neid dieser Götter, ich habe einen Schutzpatron, den heiligen Merkurius, und um die anderen olympischen Ambrosia-Esser und Nektar- Trinker kümmere ich mich verdammt wenig. Doch nun komm! Wir müssen eilen, wenn wir diesen Morgen noch frische Austern essen und Chablis trinken wollen!" Und Arm in Arm verließen die beiden Freunde das Haus, um bei dem Italiener im Weinkeller zu frühstücken. V. Versuchungen. Oswald war nun ungefähr seit sechs Wochen inter imistischer Haupt-Staatskassirer und während dieser Zeit hatte sich der Präsident von Borgsdorf in Mörners Hause eingebürgert. Er kam jede Woche regelmäßig drei Mal, am Montag, Mittwoch und Sonnabend und hatte dann stets einen neuen Borwand, eine nene Angelegenheit, die er mit Oswald besprechen mußte. Oswald waren diese Be suche, diese geflissentlich herbeigezogene Familiarität, im Innersten zuwider und er suchte sie auf jede mögliche Weise fern zu halten; die Höflichkeit des Herrn von BorgSdorf aber und seine schlangenglatte Gewandtheit nahmen ihm jeden äußern Anlaß, irgendwie eine Scene herbcizuführen, welche den Präsidenten genöthigt hätte, in Zukunft seine Be suche einzustellen und seinen Berkehr mit Mörner auf die amtlichen und geschäftlichen Beziehungen zu beschränken. Fanny war in der Regel bei diesen Besuchen des Herrn von Borgsdorf gegenwärtig, es traf sich auch wohl zuweilen, daß die junge Frau allein war, wenn der Präsident kam, und daß sie ihn dann schon aus Höflichkeit bis zur Ankunft ihre« Mannes unterhalten mußte. Solche Augenblicke wußte dann Herr von Borgsdorf trefflich zu benutzen. Im Anfänge war Herr von Borgsdorf nur galant und höflich und suchte sich durch zarte kleine Aufmerksam keiten Fanny's Gunst zu erwerben. So hatte er bemerkt, daß die junge Frau eine Freundin schöner und seltener Blumen war, und sofort begann er damit, ihr bei jedem Besuche ein Bouquet duftiger Blumen zu überreichen. Fanny liebte leidenschaftlich die Kamelien und kaum hatte sie einmal flüchtig im Gespräch ihre Neigung und Vorliebe für diese Abgottsblume der modernen Gesellschaft laut wer den lassen, beeilte sich Herr von BorgSdorf, ihr beim näch sten Besuche ein Bouquet der reizendsten Kamelien mitzu bringen. Eine kurze Zeit hatte hingereicht, den Präsidenten diesen Frauencharakter kennen zu lehren. Er sah, daß er eine junge Frau vor sich hatte, die bei einer gewissen glänzenden, jedoch nur oberflächlichen Bildung den Werth der Dinge und der Personen nach der mehr oder weniger schimmernden Außenseite abwog, daß sie, die Tochter eines zwar wohl habenden, aber doch bürgerlichen Kaufmanns, viel darauf gab, sich von durch adligen Namen, Titel und Orden aus gezeichneten Männern huldigen zu lassen, daß eS ihrer bür gerlichen Eitelkeit schmeichelte, in aristokratische Gesellschaft eingeführt zu werden und daß sie dabei das Bewußtsein von ihrer Schönheit in einem so starken Grade besaß, daß Bewunderung und Schmeichelei für sie Bedürfniß gewor den war. (Fortsetzung folgt.) Telegraphische Depesche. Dresden, den 29. Oktober. Der bekannte ehe malige „Eisenbahnkönig" Stronsberg ist in Peters burg verhaftet und nach Moskau abgeführt worden. In Prag ist über das Vermögen Strousberg's beim Handelsgerichte der Concurs eröffnet worden. Kirchliche Nachrichten. Dippoldiswalde. Am 23. Sonntage nach Trinitatis (Reformationsscst) predigt Herr Diaconus Gersdorf. Vorher Commnnion Derselbe. Kirchenmusik' Ts äeum Inuclamus, von Schicht. Nachmittags Gottesdienst. Am Resormationsseste wird eine Collecte für die Gustav-Adolf- Stiftnng veranstaltet. Allgemeiner Anzeiger. Am 28. October, Abends >/r 10 Uhr, nahm uns der Tod unser herzensgutes und lebensfrohes Gretchen im Alter von 7'/r Jahren. Mit großem Schmerz theilen dies lieben Verwandten und Freunden hierdurch mit Dippoldiswalde. Gustav Teicher, Alwine Teicher, geb. Schwarz. Herrn Postagent Rolze die herzlichsten Glückwünsche zum gestrigen Geburtstage. Für das am 24. d. M. im nieder» Gasthofe zu Reich städt von den Herren Baumeister Richter und Baugewerke Albin Herklotz in Reichstädt in so gütiger Weise bereitete Fest, zu welchem wir ehrende Einladung erhielten und daran theilnahmen, können wir nicht unterlassen, hiermit unser» aufrichtigen Dank auszusprechen. Der Gesangverein zu Reichstädt. Drin Verdikich stillt Kronr. Den blühenden Stand des Gewerbes durch ein frohe« Fest zu feiern, das war der nicht hoch genug zu ehrende Beschluß unserer Principale, der Herren Baumeister Richter in Dippoldiswalde und Baugewerke Albiu Herklotz in Reichstädt. Und jetzt, nachdem der schöne Tag vorüber, die Klänge des heiteren Festes verhallt, folgen wir dem Drange unserer Herzen, für dieses bereitete Fest unseren Herren Principalen den innigsten und wärmsten Dank abzustatten Möchte der Geist der Eintracht und des Friedens nimmer von uns weichen, wie auch dir Erinnerung an diese uns bereitete Freude un vergänglich in uns bleiben wird. Die sämmtlicheu Arbeitsleute. Pöklinge bei l.incke.