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— 50-4 — r, „sie wickelt ihn um den Finger mit einem einzigen bittenden Blick ihrer blauen Taubenaugen — der hätte gleich Alles herauSgeplatzt. „Der Glücklichei er sieht Toni'S Augen, er wird sie im Brautkranze sehen — ich bin blind! Aber wenn nun mein Gesicht mir geblieben wäre und ich hätte sie dem Gott hold geben müssen, meinem Versprechen gemäß, dann erfuhr ich nie, daß sie mir sogar eines ihrer schönen, sanften Augen schenken würde, wenn sie eS nur könnte, dann wäre ich erst ganz ei« einsamer, verarmter Mann gewesen. „Meine Toni, mein Kind! das vergißt dir dein Vater «le, wenn er's auch nimmer angenommen hätte; du hast'S doch aus Liebe geboten! „Und was ist das Augenlicht, was sind alle Güter der Welt gegen ein Herz, das uns gehört? Ich will den Herr gott nicht wieder ungerecht nennen ; mag Er's vergeben, daß ich eS im Unmuthe so manches Mal that! „Der alte Schwarz soll auch staunen, bis sein ganzes Latein zu Ende geht, soll einen richtigen Festtag erleben nach der langen Zeit des Verdrusses und Haders. Wartet nur, je wartet nur, dieses Mal spielt der Conrad Steffen die Trumpfkarte aus, wenn er auch ein blinder Mann ist! Das Auge, was Toni mir schenken wollte, wird mit Zins und Zinseszins vergütet." Der Geburtstag des Mädchens, der fünfundzwanzigste Juli, kam heran. „Laß Alles scheuern und putzen, Toni!" hätte der Alte gesagt, „die Mühle soll stillstehen, die Leute können sich einen Feiertag machen und dann backe mir tüchtig Kuchen! Eö kommt doch Dieser und Jener aus dem Dorfe zum Gratuliren." „Vater, erwartest Du Besuch aus der Stadt?" fragte mit bebender Stimme das junge Mädchen, „kommt Jemand, den ich nicht kenne?" „Man kann's nicht wissen, Kind! — auch den Pater Clemens bitte zum Kaffee." „Gott beschütze mich!" dachte Toni, „es wird doch so sein. Aber ich thue es nicht, um keinen Preis!" Toni knetete mit schwerem Herzen den befohlenen Kuchen, und mehr als eine klare Thräne trank der würzig duftende Teig; ein gar bleiches, verweinte« Geburtstagskind schlich sie im Hause umher und ordnete Alles wie zum frohen glücklichen Feste, während sie sich ein stilles Grab tief unten im blauen murmelnden Mühlbache, als da« Beste ersehnte, was ihr der Geburtstag zum Angebinde bringen könne. Die Sonne de« Fünfundzwanzigsten ging endlich auf und der Müller schien heute sein hübsches Töchterlein nicht aü» den Armen lassen zu können. Er streichelte wieder und wieder die blassen Wangen, er schenkte ihr ein Kleid, da« jede Gräfin hätte tragen dürfen und bat nur, sie möge eS heute gleich anziehen. „Aber Vater," wandte Toni ein, „was sollen die Leute denken? Ein blaues seidenes Kleid am Wochentage!" „Thut nichts, mein Püppchen! Dein Vater kann sich schon eine kleine Ausgabe gestatten; zieh's nur immer an." DaS Mädchen that ihm den Willen und schmiegte sich stumm an seine Brust, da sie ihn ja nicht auffordern konnte, sie so angeputzt zu bewundern; das prachtvolle Kleid schien ihr der armen blinden Augen zu spotten. Der Müller sagte nichts, aber aus dieser Tasche holte er eine mattgoldene Kette und legte sie um den weißen Hals, aus jener eine Broche mit blitzenden Ohrgehängen. „ Mach'« fest, Kind, und dann komm' zu mir! — so, hier hast Du noch eine kleine Schachtel; was da drinnen steckt, das sollst Du nicht haben, sondern es verschenken! .... Nun öffne die Thür, es ist ein — Gratulant da!" „Vater, Vater!" rief mit heftigem Erschrecken das Mädchen; „Vater ich kann's nicht thun! O, lass' ab! lass' ab! ich bleibe bei Dir! einen Anderen heirathe ich doch nimmer! O, Vater! nimm die Schachtel wieder, ich bitte Dich!" Sie klammerte sich fest an seinen Hals und wollte ihn von der Thür wegziehen, aber er ließ sich nicht so leicht be siegen, der alte eigensinnige Müller; er nahm mit einer Hand sein widerstrebendes Kind und öffnete mit der anderen selbst die Thür. „Oho, mein kleines Mädchen, also richtig schon errathen, daß da draußen ein Freier wartet? Na, erst sieh ihn Dir an, bevor Du Nein sagst!" (Schluß folgt.) Kaltwasscr - Bade - Anstalt. Wasserwärme im Bassin am 25. Juni, Mittags: 16 Grad. Kirchliche Nachrichten. Dippoldiswalde. Am 5. Sonnt, n. Tnnit. (27. Juni) predigt Hr. Sup. Opitz. Vorher Coniiuunion Hr. Diac. Gers do rf. Nachmittags Bibelstuude. Allgemeiner Anzeiger. Kirschen-Verpachtung. Die heurige Kirschennutzung auf der dritten, vierten, fünften und sechsten Abtheilung der Dresden-Altenberger Chaussee soll Dienstag, den 29. ds. Mts, Nachmittags I Uhr, im Gasthofe zu Obercarsdorf an den Meistbietenden gegen sofortige Bezahlung verpachtet werden. Freiberg, am 9 Juni 1875 Die Königliche Bauverwalterei. Protze. «rtto». Montag, den s. Juli, soll die diesjährige Grasnutzung auf den zum Rittergut Reichstädt gehörigen^ circa 13,s Hectar (50 Scheffel) großen LehngUtSwiesen parcellenweise und unter den vor Beginn der Auction bekannt werdenden Bedingungen an die Meistbietenden versteigert werden. Anfang früh '/«9 Uhr am Lehngutsgebäude. Die Forstverwaltung des Rittergutes Reichstädt. Pohttsch, Revierförster.