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Aber er hörte nicht. Die bebenden Finger lösten das große Siegel, geisterhaft bleich wurde daS ganze Antlitz. „Verloren! verloren!" murmelten fast unhörbar die zucken den Lippen — „eine Commision eingesetzt werden zu noch maliger, genauer Vermessung — schonend verfahren — gegen die Widersetzlichen Expropriation erkennen zu sofortiger Voll streckung — verloren!" Die Hand mit dem Papier hob sich wie abwehrend empor, die Augen wurden starr und die Kinnlade sank kraftlos herab. Der Müller knickte vom Schlage getroffen, in sich zusammen, ohne noch ein weitere« Wort sprechen zu können. Toni'S verzweiflungsvolles Schreien rief die Hausbe wohner in'S Zimmer; Pater Clemens kam, ein Arzt wurde geholt, aber die Besinnung des Kranken kehrte nicht zurück. Gefahr für das Leben sei schwerlich vorhanden, meinte der Arzt, ob aber die Geisteskräfte des Müller« nach so furcht barer Anspannung sich jemals ganz wieder erholen würden, daS könne er vor der Hand nicht verbürgen. Wochen eines schweren Krankenlagers gingen hin; wildeste Raserei des Fiebers und gänzliche Lethargie wechselten oft an ein und demselben Tage. Die Bahngesellschaft, der Advocat, Gotthold und Pater Clemens; alle Einzelnen, mit denen er in mehr oder minder feindliche Berührung gekommen, schwebten dem Müller in verworrenen Bildern vor der Seele, ließen ihn den Streit und Hader der letzten Monate mit hinübernehmen in die Fieberträume seiner Krankheit. Worte des Hasses, des ungezügeltsten Trotzes, hörte ihn das geängstigte Mädchen ausstoßen; vergebliche Anstrengungen machte er, um die kraftlosen Arme zu erheben, wohl gar, um vom Bette aufzuspringen, Der Geistliche brachte jede Stunde, welche er seinen viel fachen Amtsgeschäften abmüßigen konnte, in der Mühle zu und hielt durch die ruhige Ueberlegenheit seines Geistes, die nie ermüdende Treue des ächten Priesters, den schwankend werdenden inneren Bau der Dinge aufrecht. Er beorderte einen gewissenhaften Wärter an das Bett des Kranken; tröstete und leitete das verlassene Mädchen; nahm besonnene. Rück sprache mit den neuerdings vermessenden Ingenieuren; brachte die tobenden Bauern energisch zur Ruhe und ließ sich endlich an jedem Tage von dem sremveu Obergesellen, der als un umschränkter Gebieter in der Mühle waltete, weil es eben nicht ander« einzurichten war, genaue Rechenschaft ablegen. Gotthold hatte sich erboten, so lange de« Müller- Krankheit andauere, zu kommen und da« Geschäftliche seiner Angelegenheiten zu verwalten. Pater Clemens antwortete ihm freundlich verweisend, daß er selbst sich schon ganz über Erwarten in die Müllerei hineingelebt habe, überdies aber auch kein rechter Mann bei guter Gelegenheit hindurchschlüpfen müsse, wo ihm der Zutritt versagt worden. Seinen Liebling aber, die hübsche, jetzt so blaß und traurig umhergehende Toni, ließ der vortreffliche alte Herr nicht« von der Sache merken, da er wohl wußte, welchen Einfluß ihre bittenden Augen auf seine Willenskraft ausüblen und doch unter jeder Bedingung standhaft bleiben wollte. (Fortsetzung folgt.) Kirchliche Nachrichten. Altenberg. Am 1. Psingflfesttag öffentliche Communion und Beichte; Vor nuttagspredigt über Apostelgeschichte 2, l—12. Von diesem Tage an beginnt die Beichte früh 8 Uhr; der Gottes dienst Vormittags '/-S Uhr und Nachmittags um L Uhr. Am 2. Festtag Vormittagspredigt über Apostelgesch. 2, 14—18. — Sammlung einer Collecte zum Besten des Kirchenbaues in Berg gießhübel. Kirchenmusik: Cantate von Bergt. Dippoldiswalde. Am l. Pfingstseiertage früh 6 Uhr Metten. Vormittags predigt Herr Superintendent Opitz. — Vorher Communion Herr Diaconus Gersdors. Nachmittags « Uhr Gottesdienst. Am 2. Pfingstseiertage predigt Hr. Diac. Gersdorf. Nachmittags Gottesdienst. Pfingstklänge. Die Blätterspitzchen im dunkeln Hain Zerbrachen der Knospe Gefängniß, Bei der Frühlingssonne zitterndem Schein Ward ihnen zu bang in der Engniß. Die schützenden Decken, sie sprengten sie los. Erschlossen den zartesten innersten Schooß Den Stimmen des Lenzes, der Liebe! Die Schwalben kamen vom südlichen Meer, Die frohen, willkommenen Gäste, Der Storch stolziert aus den Dächern einher Und sucht ein Plätzchen zum Neste, Die Finken locken und schlagen vor Lust, Als sollte zerspringen die schmetternde Brust Bei den Stimmen des Lenzes, der Liebe! Das Leben drängt sich hervor und quillt In tailsendfarbigen Blüthen — Was willst Du die Sehnsucht, die nimmer sich stillt, Im Busen verschlossen noch hüten? Hervor, was im Herzen Dir schlummert so bang, Daun wird auch die Klage zum Jubelgesaug In den Stimmen des Lenzes, der Liebe! Ein klösterlich Abschieds-Liedlein. In anmuthig Verslein gebracht vom Reim-Schmidt der Wahr heit, und zu singen nach der Melodei: „Es rillen drei Rciler rc." Es zogen drei Mönche zum Kloster hinaus — Ade! So hol' Dich der „Marck" denn, Du Ordenshaus — O weh! Ob „Aner", ob „Jner", ob „Jten" jetzt: Wir werden all' an die Lust gesetzt — O weh! Ade! O weh! Ter böse „Marck" mit dem langen Arm, Dem Falk! Er zwickt uns und zwackt uns, daß Gott erbarm'! Der Schalk; Er sperrt uns Wohnung und Brodkorb und Faß, Drumb sind wir geworden so mager und blaß, Wie an der Wand der Kalk! Fahr' wohl, Du Zelle, gemächlich, traut, Und klein, Wo nie die profane Arbeit geschaut Hinein! Wo wir der himmlischen Ruhe gepflegt Und still uns den heiligen „Tempel" gelegt Im strengen Buß-Verein. Fahr' wohl, Du Kreuzgang, ob eng und krumm — Ob breit: Du führtest vom Refektorium Nie weit; Da wurde im Schweiße des Angesichts Durch schwere Verdauung des ,-jüngsten Gerichts" Der sünd'ge Leib kasteit! Nimm, Garten, den Zoll unsers Lebewohl- Geflenn's, Im Herbst voll Früchte und blüthenvoll Im Lenz: Wo oft in den Lauben im Schatten tief Den grimmigen Kater man sanft verschlief — Nach schwerer Pönitenz!