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Donnerstag. Nr. 34. 25. März 1875. Weißerih-Ieitung. Amts-Matt für die HeriPts-Aemter und Stadträtße zu Dippoldiswalde und Irauenstein. Verantwottlicher Redakteur: Carl Zehne in Dippoldiswalde. Dieses Blatt erscheint wöchentlich drei Mal: Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Zu beziehen durch alle Post- Austaltcn und die Agenturen. — Preis vierteljährlich 1 Mark 25 Pfg. — Inserate, welche bei der bedeutenden Auflage des Blattes eine sehr wirksame Verbreitung finden, werden mit lO Pfg. für die Spaltcn-Zeile, oder deren Raum, berechnet. Tagesgefchiehte. Dippoldiswalde, 24. März. Am Montage ward hier der 5. öffentliche Bortrag von Hrn. Lehrer Stein ge halten. Der Vortragende hatte die Geschichte der Kultur pflanzen, von denen er namentlich drei: den Oelbaum, Feigenbaum und den Weinstock hervorhob, zum Gegenstände erwählt. Wir geben eine gedrängte Skizze des Vortrages: Die Geschichte der Kulturpflanzen sei innig wit der Geschichte der Menschheit verwoben. Der erste Schritt zu höherer Gesittung falle mit der Einführung von Kulturpflanzen zusammen. So bei den Völkern Griechenlands und Italiens. Je mehr sie sich von der Viehzucht ab- und zum Ackerbau hingewendet, desto höher sei die Bildung gestiegen. Von großem Einflüsse sei besonders die Ein führung der drei baumartigen Gewächse: des Oelbaumes, des Feigenbaums und des Weinstocks gewesen. Nunmehr mußten die Hirtenstämme das Wanderleben aufgeben, die Besitzungen mit festen Zäunen umgeben und künstliche Bewässerungen anlegen; da durch seien die Rechtsbegrifse über Grundeigenthum, Wege- und Bewässerungsrecht u. s. w. entstanden. An Stelle der Hütten seien solide Steinbaue getreten nud in der größeren Behäbigkeit habe sich die ästhetische Seite der menschlichen Ausbildung entwickelt. Der Oelbaum sei sür die ganze heidnische Alterthumskunde von größter Wichtigkeit. Seine Heimath sei Palästina; von da sei er nach Griechenland, Italien und Südsrankreich gekommen. Seine Frucht, die Olive, finde als Tafelobst und durch ihr Oel, als Nahrungs und Heilmittel, sowie in der Industrie die vielfachste Verwendung. Die Feige stamme ebendaher uud Habs dieselbe Wanderung durch gemacht. Im Alterthume sei sie auch zu heiligen Zwecken verwendet worden und jetzt noch habe sie eine hohe Bedeutung als Handels artikel. (Tafelobst, Heilmittel.) Der Weinstock sei aus den Ländern am schwarzen Meer über Griechenland, Italien und Frankreich zu uns gekommen und übe noch heute den gewaltigsten Einfluß aus die weinbautrcibenden Völker aus. Millionen und Milliarden be trage der Werth seiner jährlichen Frucht. Die näheren Details behält sich der Redner für einen zweiten Vortrag vor. Die Feinde des Weinstocks seien eine Pilzkrankheit und die Reblaus. Aber auch sie werde der Mensch durch seine Intelligenz zu besiegen wissen, die durch Widerstand nur gesteigert werde. Der germanische Stamm vereinige in sich die wesentlichsten Vorbedingungen zu einem höheren Kultursortschritte und zur Besiegung der ihm dabei entgegentretenden feindlichen Elemente. Damit war der Uebergang auf die Hervorhebung der historischen Bedeutung des Ä. März, Kaisers Geburts tag, gegeben. Der Redner schilderte die trefflichen Eigen schaften des kaiserlichen Charakters und schloß daran die Mahnung, im Kulturkämpfe treu auf des Kaisers Seite anszuharren. Nach diesem, von der überaus zahlreichen Versammlung mit Beifall aufgenom.menen Vortrage knüpfte Hr. Schuldirector Engelmann an denselben an und brachte unter Benutzung eines :m vorigen Jahre bei einer in Dresden stattgefundenen Feier des 22. März gedichteten Festspruches, ein Hoch auf Se. Maj. Kaiser Wilhelm von Deutschland, welchem sich der Gesang eines passend daran anschließenden Liedes anreihte. Auch der Festspruch ward gedruckt vertheilt. Ueber dem Rednerplatze war das transparente Bild des Kaisers aufge stellt, das die Unterschrift trug: Er ist ein Mann; nehmt Alles nur in Allem! Ihr werdet nimmer seines Gleichen seh'»! Nachdem der Männergesang-Verein noch durch den Bortrag zweier Lieder erfreut hatte, machte ein allgemeines Lied auf Kaiser Wilhelm, Feldmarschall Moltke und Fürst Bismarck der einfachen aber von erfreulicher Theilnahme gehobenen Feier ein Ende. — Ueber die Verhandlungen und Beschlüsse deS heute (Mittwoch, den 24. März) hier tagenden Bezirks-Aus schusses können wir erst in der nächsten, des Osterfestes wegen erst am 1. April erscheinenden Nummer unseres Blattes berichten. — Wie wir hören, wird die öffentliche Gerichts verhandlung gegen die, des Einbruchs in der hiesigen Amtshauptmannschaft Angeklagten Dietrich, Dörner und Liebscher von hier, am Mittwoch, den 31. März, in Freiberg stattfinden. — Am 30. März (3. Feiertag) werden mehrere Solisten der König!. Kapelle aus Dresden hier im Leuschner'schen Saale ein Concert geben, auf das wir ganz besonders aufmerksain machen. Das sehr gewählte Programm ist im Jnseratentheile d. Bl. abgedruckt. — Mit Ende dieses Monats werden die sächsischen Dreier, sowie die preußischen und kleinstaatlichen Zwei- undVierpfenniger, nicht mehr angenommen und werthlos. Dippoldiswalde. Um unseren Zöglingen, Lehrlingen oder Pflegbesohlenen auch nach der Schulzeit (vom 14.—17. Lebensjahre) eine entsprechende Fortbildung in denjenigen Schulfächern angedeihen zu lassen, welche sie für ihren Be ruf specieller brauchen, haben sich in hiesiger Stadt aus allen Branchen Meister und Lehrherren zusammengethan, in Ge meinschaft mit den hiesigen Lehrkräften eine Fortbildungs schule mit einem höheren Ziele als die von der Regie rung einzufnhrende Schule, welche alle Lehrlinge vom 14. bis 17. Jahre besuchen müssen, zu errichten. Eö soll mög lichste Rücksicht genommen werden, die Lehrstunden auf eine solche Zeit zu verlegen, wo der Prinzipal am Leichtesten seinen Zögling entbehren kann. Es ist ferner der Wunsch, daß jeder Lehrherr dem Consortium (s. das Inserat in voriger Nummer) dieser Fortbildungsschule angehören möge, da Lehr-