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— 130 — eines Geschäft», zur vortheilhaften Bewirthschaftung eines größeren Grundstücks, zur erfolgreichen Betheiligung an den Gemeindeangelegenheiten absolut nicht mehr ausreichen. Die Nützlichkeit und Nothwendigkeit von Anstalten, in denen rin weitere» Maß von Schulbildung erlangt werden könne, werde dadurch klar. Gewerbliche und landwirthschaftliche Fortbildungsschulen würden nur von den Wohlhabenderen besucht werden können: man müsse dem allgemeinen Bedürfnisse entgegen kommen. Die Sonntagsschulen, deren Besuch freiwillig war, verfolgten diesen Zweck; aber die mit ihnen gemachten Er fahrungen hätten immer wieder die Forderung der obliga torischen (gesetzlich gebotenen) Fortbildungsschule erneut. Ob diese den gehofften Einfluß gewinnen werde, komme auf ihre Einrichtung an. Nach tz 14 des Gesetzes und 8 32 der Ausführungsverordnung wird nun diese Einrichtung betrachtet. Es sei vor Allem die Mäßigung des Gesetzgebers in seinen Anforderungen zu bewundern, aber darin liege eine Gewähr der besseren Durchführung. — Ein Hinderniß werde außer den obengenannten in den verschiedenen Berufsarten der Schüler liegen ; Handwerkslehrlinge und Gesellen, Schreiber nnd Handlungslehrlinge in kleinen Orten, würden den Kern bilden, schwerer würden Fabrikarbeiter, Gesinde und Hand arbeiter zu behandeln sein. Der Vortragende empfiehlt hier die bei Olvecop'S Erben in Oschatz erschienene kleine Broschüre: „Die bevorstehende obligatorische Einführung von Fortbildungs schulen", die diese Schülergattungen ausführlicher charakteri- sire und für die Bekanntschaft mit dem vorliegenden Gegen stände überhaupt sehr zu empfehlen sei. (Preis 40 Pf.) Bon den Schulen wende sich der Blick auf die Lehrer. Mit großer Sorge sehe der mit 32 wöchentlichen Lehrstunden und einem umfänglichen Kirchendienst belastete Lehrer der neuen Verpflichtung entgegen, aber die Hoffnung auf Hebung der intellektuellen und sittlichen Bildung des Volkes helfe der für allgemeine Bildungszwecke gern eintretendeu Lehrerschaft auch diese überwinden. Sodann weist der Vortrag nach, daß bei wöchentlich nur 2stündigem Unterrichte der Zweck „weiterer Ausbildung" schwerlich erfüllt werden und eShöchstens nur zu „Befestigung derjenigen Kenntnisse und Fertigkeiten kommen könne, die für das praktische Leben vorzugsweise von Nutzen sind." Ferner erklärt sich ter Vortragende gegen die Verlegung des Unter richts auf die Sonntage und auf die Zeit des Feierabend», und bezeichnet als passendste Unterrichtszeit im Sommer die Stunden von 6—8 des Morgens, im Winter von 5—7 Uhr vor dem Abendessen. Selbst in erweiterten Fortbildungsschulen könne die durch da« Gesetz vorgeschriebene Menge der Unterrichtsgegenstände nicht bewältigt werden. In der 2 stündigen könne man über Schreiben, Rechnen und etwas Sprachliches nicht hinauSgehen; auch in der 3 stündigen solle man bei diesen Gegenständen stehen bleiben und dem Rechnen 2 Lektionen zutheilen. Erst in der 4slibdigen könne er die Hinzunahme deö Zeichnens bevorworten; in der 5 stündigen komme Formenlehre, in ecr 6stündigen endlich Unterricht in den Realien hinzu. Gegen Aufnahme de« Religionsunterrichts müsse er sich erklären. — Die Errichtung gewerblicher Fortbildungsschulen mit besonderem Fachunterrichte sei jedenfalls in vielen Orten ein Bedürfniß. Auch für die Mädchen möchte bald etwas in dieser Hinsicht geschehen. Den 3. Theil des Vortrags behandelt die Frage: Was muß nun von allen Betheiligten geschehen, daß die Fort bildungsschule nicht papiernes Phantom, sondern eine in frischer Lebenskraft wirkende Anstalt werde? Der Staat muß den Schülern die, ihrem Schüler- verhaltniß entsprechende sociale Stellung auweisen und ihnen z. B. gesetzlich den Besuch von Schankstätten und Tanzlocalen verbieten; es seien Legitimationsbücher einzuführen; die Gemeindeobrigkeiten müßten auf strenge Durch führung der staatlichen Anordnungen, auf liberale Ausstattung der Schule und auf kräftige Unterstützung der Lehrer in diSciplinell er Hinsicht halten; die Lehr Herr en möchten, ihres eigenen geschäftlichen Nutzens und der Uebung des Schülers willen, ihre Lehrlinge zur Anfertigung ihrer geschäftlichen Schreibarbeiten mit verwenden. Schließlich bevorwortet der Vortragende eine andere Form der Entlassung aus der Volks schule, ermahnt die Lehrer zu peinlichster Pünktlichkeit beim Unterrichte, spricht von der Behandlung der Schüler, wünscht die jährliche Abhaltung eines einfachen Schulfeste« oder eine Excursion, verwirft dagegen alle Prämien, und hält den Schülern die Bescheidenheit, das Vertrauen gegen die Lehrer, da« Ehrgefühl und einen frommen Sinn al« Grundbedingungen eines erfreulichen Erfolg» vor. Dippoldiswalde, den 17. Februar. Zu unserer nicht geringen Verwunderung lasen wir in der vorigen Freitags- Nummer der „Dresdner Nachrichten", daß nächste Ostern bei un» eine Realschule 2. Ordnung in'S Leben treten solle. Denn wenn auch der Stadtralh die Einrichtung einer solchen Anstalt beschlossen, so war uns doch nicht bekannt, daß das Stadtverordneten-Collegium, dessen Sitzungen regelmäßig Freitags stattfinden, bereits an der Mittwoch in einer außer ordentlichen Sitzung dem erwähnten Beschlüsse beigestimmt hatte, und e« wäre wohl angezeigt gewesen, zunächst un« eine Notiz über jenen Beschluß zugehen zu lassen. Auch im „Dresdner Journal" finden wir in der Sonntags-Nummer eine Correspondenz au« Dippoldiswalde gleichen Inhalts, und so sind wir wohl genölhigt, auch unserntheil« über den er wähnten Beschluß zu berichten, obschon un« weitere officielle Mittheilungen auch jetzt noch nicht zugegangen sind. Zunächst kommt e« noch auf die Entscheidung des Ministeriums an, und es ist also nicht unbedingt sicher, daß die Eröffnung der Anstalt schon nächste Ostern erfolgen werde. Geschieht dies aber, so wird selbstverständlich nicht, wie man au« der Crrrespondenz in den Dresdner Nachr. annehmen könnte, eine vollklassige Realschule eröffnet werden, sondern es wird zunächst mit der Bildung einer untersten Klasse begonnen und so von Jahr zu Jahr durch Hinzufügung einer neuen Unterklasse die Anstalt nach und nach zu einer vollen Real schule gestaltet werden. Da nach der Verordnung vom 2. December 1870 die Realschulen 2. Ordnung 5klassig sind, so würde in 4 Jahren, also Ostern 1879, die Organisation derselben vollendet sein. Der Correspondent des „Dresdner- Journals" ist also im Jrrthum, wenn er dies erst in 6 Jahren erwartet, ebenso damit, wenn er annimmt, daß in die zuerst zu errichtende unterste Realklasse diejenigen Schüler einzutreten hätten, welche den CursuS der Volksschule beendet haben; die Aufnahme in diese unterste Klasse erfolgt bereits vom 10. Lebens jahre an, vorausgesetzt, daß die zu fordernde Vorbildung da ist, welche aber im Allgemeinen dem Standpunkte zu entsprechen hat, den ein nicht unfähiger Schüler der Volksschule mit dem 10. oder 11. Lebensjahre recht wohl erreichen kann. Wir stimmen vollständig damit überein, wenn die er wähnten beiden Correspondenzen ken betreffenden Beschluß der städtischen Collegien als ein sehr wichtiges Ereigniß bezeichnen, glauben auch, daß, wenn die Sache energisch in die Hand genommen wird, sich die Austalt, allerdings nicht bloS durch hiesigen, sondern meist auswärtigen Besuch, zu einem erfreulichen Bestände entwickeln könnte. ES wäre wohl zu wünschen, wenn von maßgebender Stelle aus recht bald weitere Veröffentlichungen in dieser Sache geschehen möchten. — Durch Beschluß der städtischen Collegien wird unsere Stadtschule hinfort unter die Kategorie der „mittleren" Volksschule fallen, wodurch verschiedene Erweiterungen des Unterrichts einzutreten haben, mit denen zu Ostern zu be ginnen wäre. — Bekanntlich hak die sächsische Regierung in Tepli tz ein Militair-Hospital errichtet zur Aufnahme kranker