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einst noch erben. Mir ist eS lieb, daß da- Mädchen nicht- hat; weiß e« doch nun, daß ich nur aus Liebe seine Hand bxMre." > MDer DeichbaUer streckte ihm seine Rechte entgegen. Er fand nicht sogleich Worte, um auSzudrückrn, was ihn bewegte. „Schlag ein!" sagte er endlich. „Wahrlich, ich lasse da- Mädchen ungern von mir und mag vicht daran denken, daß sie von mir geht; aber Euch mag ich sie nicht vorent halten, weil Ihr es ehrlich mit ihr meint und ich Euch zu gut kenne. Ihr werdet es nie bereuen; daher laßt sie auch nie ihr Herkommen fühlen!" Er stand auf und trat an das Fenster. Marie schritt so eben über den Hof und nickte ihm freundlich lächelnd zu. Er hätte sich umwenden und jede« Wort zurücknehmen mögen, das er so eben gesprochen. Er blieb fest. Wußte er denn, ob sie eben so gern bei ihm blieb? Halte sie Claus nicht vielleicht schon ihr Wort gegeben? Rein — nein! dann konnte sie nicht so heiter lächeln. „Habt Ihr schon mit ihr darüber gesprochen?" fragte er hastig. „Nein — noch kein Wort. Sie kann e« nicht ahnen. Ihr vertretet die Stelle eines Vaters bei ihr — deshalb habe ich zuerst mit Euch darüber gesprochen." „So wartet!" sagte Homann, „ich will es ihr selbst sagen und sie mag Euch antworten." Der Gedanke, daß sie sich weigern möge, durchzuckte ihn. Er trat zur Thür, um sie zu rufen. Claus sprang empor, um eS zu verhindern. „Jetzt nicht — jetzt nicht!" rief er. Hierauf wat er nicht vorbereitet. „Laßt mich selbst — allein zu ihr sprechen!" ES war zu spät, der Deichbauer hatte sie schon gerufen. DaS Blut war dem jungen Manne in'S Gesicht ge schossen. Der nächste Augenblick sollte über sein Lebensglück entscheiden. Verwirrt, ängstlich blickte er auf die Thür. Da trat Marie ein, unbefangen und heiter. Bon der Arbeit waren ihre Wangen etwas mehr geröthel, al- gewöhn lich — sie sah noch schöner aus als je. Der Deichbauer selbst schien in Verlegenheit zu kommen. Er faßte sich mit Gewalt. „Marie!" sagte er, „Claus hat um Dich angehalten, nun — gieb ihm selbst Bescheid." DaS Mädchen erröthete und senkte unwillkürlich die Augen nieder. Es sollte Bescheid geben auf eine Frage, über die eS noch nie mit sich selbst zu Rath gegangen war, an die eS nicht einmal gedacht hatte. Marie schwieg. Claus sah sie ängstlich an und auch deS DeichbauerS Auge ruhte auf ihr; ein triumphirendeS Lächeln zuckte um seinen Mund, weil er in ihren Mienen zu lesen glaubte, daß sie nicht einwilligen werde. „Sprich, Marie!" drängte er. „Du hast ja zu ent scheiden — nicht ich!" „Ich halte es noch immer für einen Scherz von Euch!" preßte sie endlich hervor. „Nein!" rief Claus; „eS ist wahr und Gott sei mein Zeuge, daß ich es ehrlich und aufrichtig meine. Ich habe Dich geliebt, seitdem ich Dich zum ersten Male gesehen habe, und mehr als einmal hat es mich gedrängt, Dir zu gestehen, wie es mir um's Herz war. Jetzt sprich, Marie! — das Glück meines Lebens hängt von Deiner Antwort ab!" DeS Mädchens Angst und Befangenheit hatten sich ge steigert. Auf ihren Wangen wechselten Röthe und Blässe. Sie fühlte die Blicke, die auf sie gerichtet waren. „Laßt mir Zeit!" rief sie endlich halb flüsternd, und stürzte aus dem Zimmer. Unbeweglich blieb Claus stehen und sah ihr nach. Alle seine Hoffuung war mit einem Male gesunken. „Laßt mir Zeit!" hallte eS in seinen Ohren wieder. Claus verließ den Deichhof in der trübsten Stimmung. ES reute ihn, daß er diesen Schritt gethan, daß er das Mäd chen in sein Herz geschlossen, daß er überhaupt in dieser Gegend sich niedergelassen hatte. Sein Stolz war verletzt. War eS nicht eine Schmach für ihn, daß die Tochter eine- Waldhüters ihn zurückgewiesen? — Und doch wäre vielleicht Alles anders gekommen, hätte er mit dem Mädchen allein reden können. Auch gegen den Deichbauer richtete sich ein Theil seines Grolles. Dieser jubelte Anfangs über den errungenen Erfolg. Er hatte die feste Hoffnung, daß Marie bei ihm bleiben werde. Bald kehrte indeß die ruhige Ueberlegung in ihm zurück, und er mußte sich gestehen, daß er nicht recht gehandelt habe, daß er dem Glücke des Mädchens nicht entgegenstehen dürfe. Noch an demselben Abend sprach er mit Marie, um sie zu überreden, daß sie die Bewerbung des jungen Wald« bauerS nicht zurückweise. Er stellte ihr vor, wie Claus sie wirklich liebe und nicht darauf rechne, daß sie einst von ihm erben werde. Auch Marie war mit sich selbst zu Rathe gegangen. Sie mußte den jungen Mann achten und glaubte an seine Liebe; deshalb gab sie ihre Einwilligung, so schmerzlich ihr es auch war, ihren väterlichen Beschützer verlassen zu müssen. Sie blieb zum wenigsten in demselben Dorfe, konnte ihn täglich sehen und für ihn Sorge tragen. Ein eigenthümliches Gefühl belebte die Brust des Deich bauerS, als er am andern Morgen nach dem Waldhofe ging, um dem jungen Besitzer desselben des Mädchens Antwort zu überbringen. Es war Freude und Schmerz zugleich, was ihn bewegte. Außerdem hatte er die Genugthuung, Alles gethan zu haben, um Mariens Glück zu begründen. Nicht ohne Aufregung empfing ihn Claus, der nichts anderes, als «ine abschlägige Antwort erwartete. Kaum hatte der Deichbauer ihm indeß mitgetheilt, daß Marie die Seine werden wolle, so ergriff er ungestüm dessen Hand. Die Freudcn- lhränen traten ihm in die Augen und er wandte sich ab, um sie zu verbergen. Dann riß er sich los und verließ den Hof, um zu Derjenigen zu- eilen, die ihn so glücklich gemacht hatte. Lächelnd folgte ihm der Deichbauer. So aufgeregt hatte er den jungen Mann noch nicht gesehen. Jeden Tag, wenn die Arbeit vollendet war, eilte Claus nun nach dem Deichhofe, uw die Abendstunden an Mariens Seite zu verbringen. Je mehr er das Mädcheu kennen lernte, um so glücklicher fühlte er sich, und nicht um eine halbe Welt hätte er ihren Besitz aufgegeben. An ihrer Seite saß er eines Abends wenige Wochen später. Auch Marie hatte ihn wirklich lieb gewonnen, und nicht der leiseste Zweifel stieg in ihr auf, daß sie mit ihm je unglücklich werden könne. Nur selten dachte sie noch an Franz, den sie tobt glaubte, weil sie nichts wieder von ihm gehört hatte. Früher als gewöhnlich wollte Claus an diesem Abende sie verlassen. Marie bat ihn, daß er noch bleiben möge. „Laß mich fort!" bat ec; „ich finde heute keine Ruhe. Den ganzen Tag hat ein verdächtig aussehender Bursch den Waldhof umschlichen. Ich kenne ihn nicht; aber ich bin fest überzeugt, daß er nichts Gutes im Sinne hat, deshalb möchte ich zeitiger als sonst heimkehren." Er ging. Der Deichbauer hatte sich schon früher zur Ruhe begeben, und auch Marie legte sich jetzt schlafen. Ge waltsam wollte sie jede Besorgniß von sich scheuchen. Immer und immer kehrten ihre Gedanken darauf zurück. Selbst im Traume verfolgten sie dieselben. Ihr Schlaf war ein unruhiger. (Schluß folgt.) Sparkasse zu Höckendorf. Nächster Erpcditions > Tag: Sonntag, den 3. Januar, Nachmit tags 3—5 Uhr. Kirchliche Nachrichten. Dippoldiswalde. Am Soimtage nach Neujahr (3. Januar) predigt Herr Diaconus Gcrsdors. Nachmittags Bibelstunde.